Selbst gebasteltes für Kinder – wie kommt das an?

vom 08.01.2012, 15:19 Uhr

Meine Nichte (zarte 8 Jahre alt) hat vor einiger Zeit verkündet, dass sie sich neue Kleider für ihre Barbiepuppen wünscht. Ich habe mich dann auf die Suche gemacht und festgestellt, dass die Auswahl heutzutage bedeutend geringer ist als zu der Zeit, als ich noch mit Barbie gespielt habe. Und ganz nebenbei bemerkt haben sich die Preise der Kleidchen auch nicht gerade zum Vorteil verändert.

Was ich in den Geschäften gesehen habe war mir jedenfalls zu teuer und hat mit teilweise auch schlicht nicht gefallen. Ich hatte noch das Bild eines weißen Hochzeitskleides vor Augen, das meine Schwester vor etlichen Jahren für ihre Barbie hatte und wollte für meine Nichte etwas ähnliches besorgen. Leider ohne Erfolg.

Irgendwann hab ich dann beschlossen selber Kleidchen zu machen und hab mich zunächst mit Wolle und Häkelnadel bewaffnet an die Arbeit gemacht. Die ersten Stücke waren wirklich zum davon laufen, aber nach und nach fand ich die Sachen immer besser. Meine eigens zu diesem Zweck angeschaffte Muster-Barbie war bald stolze Besitzerin eines Hutes mit Blümchen, eines Schals, einer Jacke und einer Umhängetasche. Im zweiten Schritt habe ich die alte Nähmaschine wieder ausgekramt, mit der ich vor Jahren schon nicht wirklich zurecht gekommen bin. Nach einigen Wutausbrüchen und Fehlversuchen sind aus abgelegten Klamotten und Halstüchern von mir nach und nach eine karierte Hose, ein paar Sommerkleider und ein Abendkleid entstanden.

Eigentlich war ich stolz auf meine selbstgemachten Barbiekleider, waren es doch echte Unikate die in keinem Kinderzimmer der Welt ein zweites Mal zu finden sein würden, aber irgendwie hat mich der Gedanke nicht los gelassen, dass meine kleine Nichte die Sachen doof finden würde weil sie nicht gekauft sind und man es ihnen eben auch ansieht weil sie nicht so bunt sind und eben nicht nach typischen Barbiesachen aussehen.

Am ersten Weihnachtstag hab ich ihr die Sachen dann überreicht – allerdings nicht ohne ihr vorher wenigstens ein Stück gezeigt zu haben und sie nach ihrer Meinung zu fragen. Ich habe ihr angeboten, dass sie sich die Sachen mitnehmen kann die sie mag. Die Sachen, die ihr nicht gefallen sollte sie ruhig im Kästchen lassen. Mitgenommen hat sie zu meiner großen Freude und Erleichterung alles. Und die Muster-Barbie durfte ich auch wieder mitnehmen um die Kollektion noch etwas zu erweitern.

Jetzt muss ich dazu sagen, dass meine Nichte eigentlich nicht wirklich materialistisch eingestellt ist. Ich habe nur generell den Eindruck, dass Kinder ab einem gewissen Alter mehr auf Marke setzen und selbstgemachte Sachen nicht gut ankommen. Wie seht ihr das? Habt ihr für eure Kinder, Enkel, Nichten oder Neffen in diesem Alter auch schon selbst gebastelt? Und wie kam es an? Haben sich die Kinder gefreut oder waren sie vielleicht enttäuscht?

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» ichwars » Beiträge: 562 » Talkpoints: 3,76 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ist doch super, wenn deine Nichte sich über die Sachen gefreut hat. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass meine Oma sich auch mal die Mühe gemacht hatte. Die Sachen sahen auch nett aus, aber ich glaube, dass ich nicht so sehr begeistert davon war. Mir haben aber einfach die Stoffkleider besser gefallen, als die gestrickten. Ich muss noch dazu sagen, dass ich eh nie der große Barbiepuppenfan war.

Süß finde ich ja, dass sie sich so sehr gefreut haben muss, dass sie gleich noch mehr Kleidchen haben will. Ich konnte nur beobachten, dass wieder mehr und mehr Eltern ihre Kinder lieber in selbst gestrickte Sachen stecken, als in die gekauften. Die sind dann immer ganz stolz, weil die Kinder nicht diese Massenware anhaben, sondern eben Eigenkreationen von der Oma. Ich amüsiere mich dann schon immer ein bisschen dadrüber, wie sehr man sich wieder darüber freut. Früher war es ja normal, dass man Kindersachen gestrickt hat, aber jetzt fangen die Generationen an, wo man Glück hat, wenn man eine Oma hat, die einem Sachen strickt und häkelt.

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge


Ich denke das deine Nichte schon stolz darauf sein wird, das nur sie diese Kleidungsstücke für die Puppe besitzt. Und aufpeppen kann man sie auch mit kleinen Perlen, so das sie noch mehr Ähnlichkeit mit den echten Barbiesachen besitzen. Und wenn die kleine Dame nun sogar noch mehr Sachen wünscht, dann ist das doch ein dickes Lob an dich.

Wobei ich sagen muss, das nicht alle Kinder wirklich auf Marken abfahren. Was aber eben auch mehrere Gründe hat. Wenn schon in der Grundschule bestimmte Arbeitsmittel von Marken verlangt werden, dann wird dieses Markenbewusstsein schon bei den Kindern entsprechend geprägt.

Allerdings muss ich auch sagen, das meine Töchter sich da sehr bewusst abgrenzen in der Schule und gerne selbstgemachte Sachen tragen. Da musste ich für diesen Winter schon einige Unikate stricken, welche aber dann doch für jede Kinder zusammenpassen sollen. Und meine Mädels sind stolz drauf sagen zu können, das Mama dies gestrickt hat.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Ich denke, es kommt sehr auf die Erziehung und das Umfeld an, ob Kinder sich noch über Handarbeiten freuen können, oder nicht, auch, wenn das jetzt vielleicht erst einmal etwas absurd klingt. Aber ich meine es eben so: Dieser Markenwahn, der manchenorts ziemlich heftig schon unter jungen Kindern grassiert, der fällt ja nicht vom Himmel. Grund ist gewöhnlich, dass die lieben Kleinen schon aus ihrem gesamten Umfeld mitbekommen haben, dass es bestimmte Marken gibt, und wer Dinge dieser Marken hat, der "ist wer". Das fällt einem Kind niemals von alleine ein, sondern das kommt von Freunden, Bekannten, Eltern, älteren Geschwistern, und so weiter. Auch von Klassenkameraden.

Ich denke, wenn ein Kind diesem Wahn nicht aufgesessen ist, freut es sich über alle möglichen Dinge, die es halt einfach schön findet. Darunter können auch Handarbeiten problemlos fallen, wenn sie dem Geschmack des jeweiligen Kindes optisch entsprechen. Eine prinzipielle Ablehnung von Handgemachtem und der Vorzug von Markenprodukten wird eben erst durch andere Leute anerzogen. Was ich übrigens sehr schade finde, denn es ist doch eigentlich echt traurig, wenn schon Grundschüler im Alter von sieben oder acht Jahren nur noch nach teuren Markensachen schreien, egal, ob in Sachen Kleidung oder Spielzeug. Oft endet das ja auch damit, dass die Kinder, die solche Markensachen nicht haben, weil sie sie nicht haben wollen, oder aufgrund finanzieller Schwierigkeiten auch einfach nicht haben können, ausgegrenzt werden.

Dieses Problem gab es übrigens allerdings auch schon zu Beginn der 1990er Jahre, als ich gerade anfing, zur Grundschule zu gehen. Auch da war der Markenwahn leider schon weit verbreitet. Mir war das immer recht egal, aber auch schon damals hat es viele Mitschüler von mir gegebenen, bei denen ich mir sicher gewesen wäre, wenn ihnen ihre Eltern oder auch Tanten oder Großeltern etwas selbst Gestricktes geschenkt hätten, dann hätten sie Heulanfälle bekommen oder aggressiv herumgetobt, weil sie enttäuscht gewesen wären, dass es ja kein Markenartikel ist. Irgendwie gruselig, wenn ich das mal genauer bedenke, was da schon für kleine Konsumzombies herangezüchtet werden, kaum, dass sie aus ihren Windel draußen sind.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



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