Würdet Ihr Euren Arbeitgeber Stellensuchenden empfehlen?
Ich habe neulich von einer Umfrage des Jobvermittlers Stepstone unter europäischen Fach- und Führungskräften gelesen; genauer gesagt waren es 6.000 Personen aus 800 Unternehmen in 8 europäischen Ländern. In dieser Umfrage sollte geklärt werden, wie Arbeitnehmer ihren Arbeitgeber sehen. Eine Frage dazu war, ob man den eigenen Arbeitgeber Freunden und Verwandten empfehlen würde. In Deutschland waren es gerade einmal 14 Prozent der Befragten, die das ohne weiteres tun würden, ganze 33 rieten unter Vorbehalten zu einer Bewerbung. Bleiben dann immerhin noch 53 Prozent, die dann wohl eher nicht zu einer Bewerbung raten würden.
Nun würde ich gern wissen, wie es bei Euch aussieht. Könntet Ihr Euren derzeitigen Arbeitgeber an Freunde und Verwandte empfehlen? Wenn nicht, worauf beruht das? Fühlt Ihr Euch dann selbst überhaupt noch wohl? Wenn nicht, was tut Ihr dagegen?
Ich fühle mich in dem Unternehmen, in dem ich arbeite, schon wohl und mir gefällt es dort. Aber ich muss auch sagen, dass ich es verstehen kann, wenn jemand seinen Arbeitgeber nicht weiterempfehlen kann, auch wenn es ihm selber dort nicht schlecht gefällt. Es fällt eben immer auf einen zurück, wenn es demjenigen, dem man es empfohlen hat, nicht gefallen sollte. Darum würde ich meine Arbeitsstelle wohl auch unter Vorbehalt empfehlen und sagen, dass es mir gefällt, aber nicht zwingend jedem gefallen muss.
Ich würde generell niemanden meinem Arbeitgeber empfehlen, egal ob ich mich dort wohl fühle oder auch nicht. Denn das empfindet jeder anders und wenn ich im Vorfeld verspreche wie toll es dort ist und hinterher es für die empfohlene Person nicht so ist, dann ist die Enttäuschung groß und darunter leidet auch die private Ebene.
Ich halte es ganz einfach, Privat ist Privat und Job ist Job. Von daher möchte auch niemanden von meinem Privaten Umfeld auf der Arbeitsstelle sitzen haben und mich dadurch kontrolliert fühlen. Wenn sich die Personen dort selbstständig bewerben und genommen werden kann ich dagegen nichts machen und arrangiere mich dabei, aber ich werde keinen Ermutigen oder auch meinem Chef vorschlagen.
Aber auch wenn man dem Chef einen super tollen Mitarbeiter empfohlen hat den man persönlich kennt, dann kann dieser davon auch nicht sonderlich erfreut sein wenn es hinterher eben nicht so der Fall ist. Meistens kennt man sich im Freundes und Bekanntenkreis auch nicht aus, wie sehr sich jemand in seinem Job bemüht oder ob er einfach nur Durchschnitt ist. Von daher würde ich auch keine überzogenen Versprechungen machen, gerade nicht vor meinem Chef. Denn das könnte auch dafür sorgen, dass man selbst in seiner Gunst sinkt.
Ich finde auch, dass es nicht unbedingt ein Negativ-Urteil über den Arbeitgeber sein muss, wenn man ihn nicht zwangsläufig weiter empfiehlt. Es ist ja bekannt, dass die Anforderungen an einen Arbeitsplatz so unterschiedlich sind wie die Bewerber, und wo sich der eine pudelwohl fühlt, ist der andere am Durchdrehen.
Dazu kommt noch, dass es wohl keinen Job, keine Position und keinen Arbeitgeber gibt, bei dem zu einhundert Prozent alles rosig ist, und je länger man im Betrieb dabei ist, desto mehr fällt einem naturgemäß auf, was alles nicht rund läuft, welche Kollegen nur als tote Last durchgeschleppt werden und wo es mal wieder gerade menschelt. Das allein genügt eigentlich schon, um keine vorbehaltlose Empfehlung mehr aussprechen zu können.
Mein Gehalt bezahlt im weitesten Sinne die katholische Kirche. Es ist eine sichere Sache, ich erfülle die mehr oder weniger absurden Kriterien, der Job passt, das Geld passt und auf zwischenmenschlicher Ebene kann ich auch nichts sagen. Würde ich diesen Job meiner lesbischen, atheistischen, alleinerziehenden Freundin empfehlen? Natürlich nicht, genauso wenig wie ich einem ehrgeizigen und umtriebigen Bekannten zu einer ruhigen Kugel im Büro mit wenig Stress und praktisch nicht-existenten Aufstiegschancen raten würde.
Umgekehrt würde ich auch nur ungläubig schauen, wenn man mir beispielsweise eine jung-dynamische Werbeagentur mit 16-Stunden-Tagen, Wochenendarbeit als Ehrensache, und anschließender Party schmackhaft machen würde. Das heißt ja nicht, dass es sich um einen miesen Job handelt, sondern nur, dass dieser spezielle Arbeitgeber und mein persönliches Phlegma zusammen nicht glücklich würden.
Ich würde da ehrlich gesagt auch keine Empfehlung aussprechen, wegen der möglichen Enttäuschung. Jeder hat eben andere Bedürfnisse an den Arbeitgeber. Jemand, der viel Routine bräuchte, wäre bei meinem Arbeitgeber komplett überfordert. Ich würde mir erst einmal ein Bild von dem Fragesteller machen und dann ein differenziertes Bild meines Arbeitgebers mitliefern, aber nicht alles uneingeschränkt empfehlen oder davon abraten. Jeder sollte sich seine eigene Meinung bilden können, nicht mehr und nicht weniger.
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