Welchen Einfluss haben finanzielle Vorteile auf Charakter?

vom 20.12.2011, 22:31 Uhr

Immer wieder hört man den Spruch "Geld verdirbt den Charakter". Was ist dran an diesem Satz? Ich kann mir nicht vorstellen, dass mein Charakter ein anderer werden würde, wenn ich wirklich mal Geld hätte, welches ich ausgeben könnte ohne nachzudenken. Aber welchen Einfluss hat ein finanzieller Vorteil wirklich auf den Charakter? Verändert sich ein Charakter, wenn ein Mensch auf einmal Geld hat oder wenn er eine besser bezahltere Anstellung bekommt und nicht mehr so auf den Cent achten muss?

Konntet ihr in eurem Bekannten oder Freudeskreis solche Veränderungen feststellen oder vielleicht sogar bei euch selber? Denkt ihr, dass finanzielle Vorteile wirklich einen Einfluss auf den Charakter haben?

Benutzeravatar

» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Ich denke schon, dass Geld auch auf den Charakter einen Einfluss haben kann, wenn die Person dafür empfänglich ist. Vielleicht gilt das nicht bei allen Personen, aber es gibt sicherlich welche, die darunter ihren Charakter verändern und das zum negativen hin.

In unserem Bekanntenkreis gibt es auch einen jungen Mann, der hatte früher nie viel Geld. Seine Eltern waren nicht besonders gut gestellt und er hat eine Ausbildung im Einzelhandel gemacht, bei der man auch nicht die Welt verdient. Nun ist er schon seit einigen Jahren unabhängiger Versicherungsberater und macht dabei wirklich viel Geld. Er ist sehr erfolgreich damit und kann sich alles leisten. Seitdem fährt er fünfmal im Jahr in Urlaub, er trägt eine Rolex, er fährt einen Porsche und er bewohnt alleine ein großes Haus. All das wäre eigentlich nicht notwendig, denn die Leute um ihn herum würden ihn auch so nehmen wie er vorher war. Aber er glaubt, dass sein äußeres Erscheinungsbild wichtig ist und ihm ist unheimlich wichtig, was andere über ihn denken. Er prahlt auch meistens mit seinem Geld, indem er halt jedem erzählt, was er sich wieder tolles neues gekauft hat. Ich finde schon, dass das Geld seinen Charakter verändert hat und manchmal würde ich es besser finden, wenn er nicht so viel Geld hätte.

Benutzeravatar

» Vampirin » Beiträge: 5979 » Talkpoints: 30,32 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Ich denke schon, dass sich der Charakter dadurch ändern, wenn es ein Dauerzustand ist, aber ich würde nicht gleich sagen, dass er dadurch verdorben wird. Zunächst einmal würde ich sagen, dass Menschen mit finanziellen Vorteilen generell sorgenfreier leben und dies als eine Art Lebenseinstellung übernehmen, wenn dies von klein auf so ist. Wird man erst als Erwachsener reich, dürfte das vermutlich etwas anders ablaufen. Aber jeden Fall aber haben diese Menschen keinerlei Probleme mit Finanzen und vermutlich auch nicht mit dem Beruf und das ist letztendlich schon ein wichtiger Punkt, weil sich die Probleme sehr vieler Menschen um genau diese Themen drehen: unzufrieden im Beruf, überfordert, unterfordert, Schulden, kein Geld für nötige Anschaffungen und so weiter und so fort.

Durch diese Sorglosigkeit, kann es zu Probleme mit anderen Menschen kommen, die nicht so leben können. Versucht man beispielsweise einem finanziell gut dastehendem Menschen zu erklären, dass man finanzielle Probleme hat, wird dieser das weniger gut nachvollziehen können und daher auch kein guter Gesprächspartner dafür sein. Über solche Probleme kann man sich daher vermutlich nicht mit ihm unterhalten. Sicherlich kommt das auf die Person an, aber diese Menschen kennen diese Sorgen nicht und können es nur schwer nachvollziehen, wenn sie schon in Reichtum aufgewachsen sind.

Eventuell könnte es dann auch zu Probleme kommen, wenn es um gemeinsame Ausflüge und Ferien oder andere Unternehmungen mit Freunden geht, wo besagte Person dann bereit ist mehr Geld auszugeben, weil sie an einen gewissen Standard gewöhnt ist, wohingegen die anderen in dieser Hinsicht eingeschränkt sind. Dadurch dass man generell eher Markenkleidung tragen würde und auch als Jugendlicher vermutlich keinen Neben- oder Ferienjob bräuchte und das Auto finanziert bekommen würde, würde man gegebenenfalls auch Neid bei den anderen hervorrufen.

Bei einigen wenigen Menschen wird sich das dann auch so ausprägen, dass sie alles was sie haben als Statussymbol nutzen, sei es ihr Kleidung, ihr Auto, ihr Haus, ihr Handy, was auch immer. Diese Menschen sind dann wirklich irgendwo ein wenig verdorben und fühlen sich mit ihrem Geld besser, als andere, wollen sich abheben und damit angeben. Aber das ist keineswegs der Regelfall. Ich kann mir vorstellen, dass viele reiche Menschen etwas an Sensibilität verlieren, wenn es um die Sorgen anderer Menschen geht, weil sie in ihrem Überfluss leben, aber verdorben ist man deswegen nun nicht gleich.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich kann mir auch vorstellen, dass der Charakter durch Geld verdorben wird. Jemand, der zu plötzlichem Reichtum gekommen ist, wird keinen Blick mehr für andere, ärmere Menschen übrig haben, die ohne ihr Zutun in große Not geraten sind. Keiner erwartet von ihm, dass er sein Geld für andere Menschen ausgibt. Aber die von oben-herab-Haltung wird sich schnell angewöhnt. Die Einstellung ändert sich gegenüber alten Freunden und eben zu allen Menschen. Angeberei und Überheblichkeit werden nun ein Teil seines Charakters werden. Irgendwann hat er nur noch Freunde, die nicht ihn meinen, sondern sein Geld. Vielleicht habe ich ein zu düsteres Bild gezeichnet. Ich hoffe, dass nicht alle so werden.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Ich kann mir durchaus vorstellen, dass Geld den Charakter verderben kann, aber eben nicht muss. Ich glaube zum Beispiel nicht, dass ich mich groß verändern würde, wenn ich auf einmal eine Millionen Euro auf dem Konto hätte. Aber das würden vermutlich auch viele Leute sagen. Man hört aber ja auch oft genug, dass es etliche Leute gibt, die plötzlich zu Geld gekommen, aber trotzdem auf dem Boden geblieben sind.

» SuperGrobi » Beiträge: 3876 » Talkpoints: 3,22 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ich denke, dass es hier tatsächlich alle Möglichkeiten und keine klare Linie gibt, und das deckt sich auch mit meinen bisherigen Beobachtungen. So gibt es Menschen, die schon immer Geld hatten und wirklich herzensgute und überhaupt nicht oberflächliche Menschen sind und eben solche, die schon immer reich waren und wirklich mit hocherhobener Nase zur Welt gekommen zu sein scheinen, die nichts gelten lassen, was finanziell nicht in derselben Liga spielt und sich für besonders elitär hält.

Außerdem gibt es Menschen, die zu Geld kommen und sich dadurch verändern, aber das muss nicht immer unbedingt zu ihrem absoluten Nachteil sein. So behaupte ich, dass nicht jeder Mensch, der zu plötzlichem Reichtum gelangt, sich dahingehend verändert, dass er sich plötzlich für besonders wertvoll hält und meint, mehr Rechte aufgrund seiner gut gefüllten Brieftasche zu besitzen als andere Menschen, auch, wenn es solche Menschen sicherlich doch geben wird. Ich kenne aber tatsächlich auch Menschen, die wirklich großzügig sind, sobald sie irgendwelche größeren Geldeingänge bei sich verbuchen können und als wohlhabend zu bezeichnen sind, an deren charakterlichen Eigenschaften sich aber offensichtlich tatsächlich nichts ändert. Diese Menschen wären sicherlich auch schon immer großzügig gewesen, hätten sie schon früher die entsprechende Möglichkeit dazu gehabt.

Sicherlich ist es aber auch falsch, zu behaupten, dass Menschen mit einem geringeren finanziellen Spielraum die besseren Menschen sind, denn das wäre das Gegenteil der Unterstellung, die hier diskutiert wird, dass nämlich Geld den Charakter verderbe. Wäre es tatsächlich so, dass Menschen, die Geld haben oder zu Geld kommen, eine negative Entwicklung in Bezug auf ihren Charakter mitmachen, so wäre der Umkehrschluss, dass jeder, der nur wenig Geld hat, ein überaus guter Mensch sein muss. Das ist natürlich Unsinn. Aber es lässt doch wiederum einen Rückschluss zu, der als Antwort auf diese Fragestellung als gültig angesehen werden kann: Nicht jeder Mensch mit wenig finanziellem Spielraum ist ein guter Mensch, also ist auch nicht jeder Mensch mit großem finanziellem Spielraum ein schlechter Mensch.

Es ist meiner Meinung nach ergo nicht für den Charakter eines Menschen entscheidend, jedenfalls in den meisten Fällen nicht, ob er nun zu Geld kommt oder nicht, ob er schon immer welches hatte oder als arme Kirchenmaus zur Welt gekommen ist. Sicherlich mag Geld in manchen Fällen Einfluss auf den Charakter haben, aber eben nur in manchen, und das sind meiner Meinung nach wiederum doch eher wenige Fälle, die für die Bildung einer allgemein gültigen Meinung nicht ausreichen und somit für ein Vorurteil nicht taugen.

Benutzeravatar

» moin! » Beiträge: 7218 » Talkpoints: 22,73 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Crispin hat geschrieben:Ich kann mir vorstellen, dass viele reiche Menschen etwas an Sensibilität verlieren, wenn es um die Sorgen anderer Menschen geht, weil sie in ihrem Überfluss leben.


Das wurde auch in der Sozialpsychologie empirisch bewiesen. Wie einige meiner Vorredner bereits gesagt haben, kann ich mir vorstellen, dass, wenn man vermehrt Geld hat, das Leben einfach auf einem höheren Niveau lebt, und sich insofern daran gewöhnt, als dass man den bestehenden Standard nicht missen will und kann. Dieser Standard beeinflusst ebenfalls die Wahrnehmung aller anderer Sachen, wie bspw. die vorhin zitierte mangelnde Sorge gegenüber anderer Menschen. So etwas wie Sorge oder etwas, was in diese Richtung geht, kennt man vermutlich nicht so sehr, wie manch anderer Mensch. Wobei sich diese Sorge nicht auf Dinge wie Liebeskummer, Streit oder ähnliche zwischenmenschliche Phänomene bezieht. Dabei würde es sich um existentielle Tatbestände handeln.

Es is alles mit der Sozialisation verbunden. Menschen, die in diesem materiellen Standard aufwachsen, beanspruchen ihn das ganze Leben. Alles was darunter fällt, wird verachtet, was sich in Form von Arroganz zeigt. Menschen, die in ihrer Kindheit/Jugend nicht diesen Standard genießen konnten, es jetzt aber können, haben eine ganz andere, relative Wahrnehmung des Lebens. Ich würde sagen, dass Menschen mit mehr Geld insgesamt etwas hochnäsiger durchs Leben gehen. Damit beziehe ich mich auf den Anteil der Hochnäsigen innerhalb der Gruppe der Reichen im Vergleich zum Anteil der Hochnäsigen innerhalb der Gruppe der "Ärmeren". Ob es stimmt, weiß ich nicht. Das wäre jetzt so eine grobe Einschätzung, der es empirisch nachzugehen wert wäre.

Benutzeravatar

» esprit*87 » Beiträge: 456 » Talkpoints: 1,38 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich denke dabei kommt es eher auf den Menschen an, der entweder kein Geld bzw. viel Geld hat. Genau genommen kann ja auch wenig Geld den Charakter verderben, denn wohlhabene Menschen stehlen doch erheblich seltener als ärmere.

Meiner Meinung nach kommt es hauptsächlich auf die Erziehung an, man kann auch wohlhabend sein, jedoch mit dem Bewusstsein das man für sein Geld arbeiten muss. Ich persönlich kenne keinen Menschen in meinem Umfeld der sich erheblich verändert hat, als er ein wenig mehr Geld in der Tasche hatte.

Was ich jedoch an der Uni oft erlebe ist, dass sich Menschen ein wenig überlegen fühlen wenn sie mehr Geld, bzw. die Aussicht auf mehr Geld haben. Man merkt ihnen an, dass kleinere Arbeiten für sie nichts wert sind. Viele die von den Eltern alles finanziert bekommen haben eine ziemlich abwertende Sicht auf Nebenjobs.

Wahrscheinlich haben sie diese Sicht aber nur weil sie selbst nie arbeiten mussten, bzw. immer genug Geld zur Verfügung hatten ohne dafür etwas leisten zu müssen. Das soll nicht heißen, dass Kinder nicht durch ihre Eltern unterstützt werden sollten, aber ich finde Kinder sollten so erzogen werden, das sie begreifen, dass das Geld nicht von alleine kommt und auch kleinere Geldbeträge oder Arbeiten etwas wert sind.

» Mulucki1989 » Beiträge: 449 » Talkpoints: 14,27 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Schon immer ist Geld ja auch unmittelbar mit Macht verknüpft gewesen. Nun ist es so, dass jemand, der Geld und damit Macht besitzt, auch seinen wahren Charakter zeigen wird, da es keinen Grund zur Zurückhaltung mehr gibt.

Trotzdem würde ich nicht so weit gehen und behaupten, dass Geld den Charakter verdirbt, sondern nur, dass Geld den wahren Charakter zum Vorschein bringen kann. Hat jemand einen guten Wesenszug, so wird auch Geld nichts daran ändern. Ist jemand aber von Grund auf ein mieser Charakter, der sich möglicherweise zurückhalten muss, weil ihm Möglichkeiten fehlen, so wird das Geld ihn eher dazu bringen, sich "zu öffnen".

» LPFan » Beiträge: 304 » Talkpoints: -0,23 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Es kommt darauf an, wie viel Geld man hat, ob man das Geld plötzlich, zum Beispiel durch einen Lottogewinn oder durch eine Erbschaft bekommt, oder ob man vorher schon gut situiert war.

Bei mir ist es eher ein bisschen umgekehrt. Ich kenne alle Zustände von sehr wenig Geld bis zu genügend (zwar nicht ganz viel, aber für mich im Überfluss) Geld nach einer Erbschaft. Ich habe das Gefühl, dass ich schlechte Eigenschaften bekomme, wenn ich auf jeden Cent achten muss. Es kommen dann so Eigenschaften zu Tage wie Neid und Missgunst, die ich eigentlich nicht haben will, aber habe. Wenn ich zum Beispiel sehe, wie meine Schwägerin sich in Berlin das zweite Haus kauft, weil sie das einzige Kind in einer großen Familie ist, deren Mitglieder so nach und nach sterben und ihr alles vererben, gebe ich zu, dass ich neidisch bin. Das liegt aber auch daran, dass ich meine Schwägerin nicht mag.

Wenn ich Geld habe, bin ich großzügig und lade öfters einmal Leute ein, das sehe ich als positive Eigenschaft an. Aber so richtig viel Geld, dass ich damit angeben könnte, habe ich noch nie gehabt. Ich weiß nicht, wie mein Charakter sich dann verändern würde, glaube aber nicht daran, dass er schlechter würde. Im Gegenteil, ich denke, dass ich Leute teilhaben lasse. Zum Beispiel, dass ich meine Angestellten gut bezahle, Freunde mal zu einem Urlaub einlade und Ähnliches.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^