Als Pfarrer außerhalb der Religion Heiraten

vom 18.12.2011, 20:37 Uhr

Dieses Thema ist zwar nicht mehr total aktuell, aber ich finde es schon wichtig. Vor einiger Zeit bekam eine Junge Frau die gerade dabei war Pfarrerin zu werden, Schwierigkeiten und wurde gefeuert, weil sie jemanden geheiratet hat, der nicht Evangelisch ist. Da dies durch die Presse ging, bekam sie die Erlaubnis ihre Ausbildung wo anders Fortzusetzen, wenn sie nicht mehr darüber redet. Ich persönlich finde eigentlich dass die Kirche heutzutage wirklich toleranter sein sollte. Sehr schade finde ich es, da es gerade eine Evangelische Pfarrerin war. Ich persönlich finde, dass es keinen Einfluss auf haben sollte, wen ein Pfarrer heiratet. Schließlich geht es um die Überzeugung des Pfarrers und nicht um den seines Lebenspartners. Alte Gesetze sind meiner Meinung nach heute einfach nicht mehr einsetzbar.

Soll sich jemand wirklich zwischen dem Beruf den er und dem Menschen mit dem er sein Leben verbringen will entscheiden müssen? Ich persönlich kann es nicht nachvollziehen, gerade weil in dem oben genannten Fall, er auch noch voll hinter ihr und ihrem Beruf stand. Findet ihr es okay dass Pfarrer nicht außerhalb ihrer Religion Heiraten dürfen?

Von Kirchen Seite hieß es, dass es nichts damit zu tun hatte, dass er Moslem ist. Das es bei jeder anderen Religion oder auch bei keiner Religion dasselbe gewesen wäre. Allerdings wurde auch gesagt, dass man von diesem Gesetz in bestimmten Fällen abweichen kann. Warum also nicht für eine Frau die einen Moslem liebt, der sich in der Jugendarbeit der Kirche beteiligt? Dann gab es auch noch Kritik an seiner Arbeit an der Jugendarbeit, was ich noch weniger verstehen kann. Ich betreibe ebenfalls Jugendarbeit in einer Katholischen Kirche, und bin selber Evangelisch. Daran nehmen die Kinder ja keinen Schaden.

Mich würde einmal interessieren, wie ihr zu dem Thema steht, denn auch wenn es in ihrem Fall gut ausging, wird es sicher nicht das letzte Mal sein, dass sich ein Pfarrer in jemanden mit einer anderen Religion verliebt.

Ich hoffe das Thema gab es noch nicht, hab zumindest bei der suche nichts Passendes gefunden.

» milli23 » Beiträge: 1214 » Talkpoints: 2,62 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich persönlich denke auch, dass das jeder Mensch für sich entscheiden soll, wen er oder sie heiratet. Denn in keinem anderen Beruf ist das ein Thema, wer geheiratet wird, oder ob überhaupt... Aber andererseits kann ich mir gerade bei Pfarrern gut vorstellen, warum darauf geachtet wird, dass jemand aus der Glaubensgemeinschaft geheiratet wird. Ich selber bin nämlich sehr religiös, evangelisch, habe sogar zeitweise darüber nachgedacht, ob Pfarrerin (mit Schwerpunkt Seelsorge) nicht ein Beruf für mich wäre.

Mein Partner hingegen ist absolut nicht religiös. Und ich weiß auch, dass er meinen glauben nicht versteht. Vielleicht hofft man, dass die angehenden Pfarrer, wenn sie jemanden heiraten, der ebenfalls gläubig ist (oder zumindest nicht offenkundig andersgläubig) nicht anfangen zu zweifeln, denn man hinterfragt bei dem Menschen, den man liebt doch auch mal, warum er glaubt. Oder in dem Fall, warum er nicht glaubt. Das wäre zumindest eine Erklärung.

» AngelHawk » Beiträge: 437 » Talkpoints: 5,40 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Hier bin ich ein wenig darüber verwundert, dass es zu so einer Konstellation überhaupt hat kommen können. Zwar mag ich hier unterstellen, dass sich die Kirche selbst gegen so eine Beziehung stellen sollte. Aber auch die Pfarrerin macht sich mit so einem Schritt ein Stück weit unglaubwürdig, und wäre für mich als Kunde (wenn ich evangelisch oder wenigstens religiös wäre) ebenfalls untragbar. Jedenfalls würde ich mich in Glaubensfragen auf keinen Fall mehr an eine Person wenden, der die Frage nach dem Glauben nach Feierabend offenbar nicht mehr wirklich wichtig erscheint bzw. die Person das ganze Gerede nicht wirklich ernst zu nehmen scheint.

Man darf bei dem Beruf nicht den Fehler begehen, und hier Vergleiche zu anderen Berufen ziehen. Denn Pfarrer (oder Pfarrerin) ist je kein Beruf zum Lohnerwerb. Man geht hier wesentlich weiter und folgt damit einer (inneren) Berufung! Man verkauft nicht seine Arbeitskraft, sondern gibt sich gänzlich dem Dienst hin. Anders als die Putzfrau der Pfarrerin ist es also kein Job, der eine Trennung zwischen Arbeitszeit auf der einen Seite und der Freizeit auf der anderen Seite erlaubt. Es ist kein Problem, wenn die Putzfrau nach getaner Arbeit in den Swingerclub geht. Bei der Pfarrerin wäre das wohl anders! Und niemand käme da auf die Idee, mögliche Sanktionen der Kirche mit dem Argument Privatleben zu beantworten.

Jetzt scheint die Pfarrerin einen Menschen zu heiraten, welcher nicht der eigenen Religion entspricht (entweder gar nicht gläubig oder sogar bei einem Konkurrenzunternehmen Mitglied). Das ist nicht das selbe, wie wenn ein Opel-Mitarbeiter privat einen Audi oder Nissan fährt! Denn hier ist der Opel Ingenieur tatsächlich (sofern kein überzeugter Opel Fan) nur Arbeitnehmer und vermutlich bereit, bei einem besseren Angebot von BMW das Unternehmen zu wechseln. Anders bei der Pfarrerin. Hier unterstelle ich mal, dass eine Stelle in einem jüdischen Gemeindezentrum mit mehr Personalverantwortung und höherer Besoldung sie nicht zum Konvertieren bringen könnte. Wenn sie aber jetzt so sehr von ihrem Gott und der Richtigkeit der sich aus der Religion (und deren Regelungen) ergebenden Gebote überzeugt ist, kann sie doch nicht bereit sein, zu zusehen wie ein Mensch neben ihr (der ihr am Nächsten sein sollte), gegen alles (zumindest vieles) verstößt. Das wäre so, als ob man einem Ertrinkenden bei ertrinken zuschaut, ohne was zu unternehmen.

Da Frage ich mich dann, was oder welche Werte so einer Frau dermaßen imponieren können, dass dafür die eigenen Wertvorstellungen (Religion spielt einfach in so einem Pfarrerinnenleben eine entscheidende Rolle) über Bord zu werfen. Es müssen jedenfalls Dinge sein, die nichts mit inneren Werten zu tun haben können. Denn diese spiegeln sich auch im Glauben wider. Eine solche Beziehung hat jedenfalls in meiner Sicht hier nichts verloren. In letzter Konsequenz muss sie sich hier entscheiden: der Mann oder der Glaube. Einfacher wäre natürlich, wenn der Mann einfach übertritt.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



@derPunkt, inwiefern macht sich die Pfarrerin selber unglaubwürdig, weil sie einen Mann außerhalb ihrer Religion liebt? Und das sie ihn heiratete, obwohl ihr dadurch ihre Arbeitsstelle genommen wurde, zeigt nur, dass sie zu ihm steht und zwar wie es im Treueversprechen heißt: "In Guten wie in Schlechten Tagen"

Und ich habe glaube ich, schon erwähnt, dass das Pfarramt ebenfalls etwas für mich gewesen wäre, vor einigen Jahren und dennoch ist nicht meine vornehmliche Frage, wenn ich jemanden kennen lerne, welcher Religion er angehört.

Man kann das "Gerede", wie du es nennst, ernst nehmen (sogar so ernst, dass man sein gesamtes Leben darauf ausrichtet), ohne dass man andere Ausrichtungen ausgrenzt.

» AngelHawk » Beiträge: 437 » Talkpoints: 5,40 » Auszeichnung für 100 Beiträge



AngelHawk hat geschrieben:obwohl ihr dadurch ihre Arbeitsstelle genommen wurde

Dagegen hätte ich ja nichts gehabt. Aber auch die Kirche hat hier viel an Glaubwürdigkeit eingebüßt. Schließlich wurde die Frau nur versetzt. Gerne noch mal zum Vergleich: ein Angestellter von Audi darf auch BMW fahren. Aber Audi würde wohl kaum BMWs als Dienstwägen an die Mitarbeiter geben.

AngelHawk hat geschrieben:ohne dass man andere Ausrichtungen ausgrenzt

Das ist grundsätzlich bei monotheistischen Religionen eben nicht der Fall und hat sich erst dadurch herausgebildet, dass "Kirche" an Macht und (weltlichen) Einfluss verloren hat. Das hat nichts mit der Toleranz der Kirchen zu tun, sondern mit dem Mangel an Mitteln zur Durchsetzung der eigenen Vorstellungen!

Glaubst du an einen Gott (im Sinne einer Lebensüberzeugung), dann weißt du, dass sich andere versündigen. Glaubst du an deinen Gott, dann sollte es dir nicht egal sein, dass dein Lebenspartner (!) sich eben an diesem Gott versündigt. Es kann nicht sein, dass dir dieses "Fehlverhalten" egal ist. Wenn du aber an deinen Gott glaubst und ihn eben liebst - was kann dir ein Partner an Geborgenheit und Liebe bieten, wenn er eben sonst deinen Gott (und damit einen wesentlichen Teil deiner Ideale) mindestens ignoriert?

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


derpunkt hat geschrieben:Glaubst du an einen Gott (im Sinne einer Lebensüberzeugung), dann weißt du, dass sich andere versündigen. Glaubst du an deinen Gott, dann sollte es dir nicht egal sein, dass dein Lebenspartner (!) sich eben an diesem Gott versündigt. Es kann nicht sein, dass dir dieses "Fehlverhalten" egal ist. Wenn du aber an deinen Gott glaubst und ihn eben liebst - was kann dir ein Partner an Geborgenheit und Liebe bieten, wenn er eben sonst deinen Gott (und damit einen wesentlichen Teil deiner Ideale) mindestens ignoriert?

Ich glaube an Gott und zwar im Sinne einer Lebensüberzeugung. Dennoch akzeptiere ich (inwieweit ich es gut heiße, sei mal dahingestellt) dass mein Partner (den ich ebenfalls liebe!) nicht an Gott glauben kann. Zumal sein Unglaube Gründe hat, die mir bekannt sind. Das eine schließt meines Erachtens das andere nämlich nicht aus. Ich könnte eine gute Seelsorgerin in der Kirche sein und gleichzeitig eine erfüllende Partnerschaft mit einem Ungläubigen haben.

Außerdem schrieb milli23: Da dies durch die Presse ging, bekam sie die Erlaubnis ihre Ausbildung wo anders Fortzusetzen, wenn sie nicht mehr darüber redet. Das bedeutet in meinen Augen, dass ihr die Arbeitsstelle genommen wurde, die Versetzung kam als Reaktion auf die Presseartikel.

» AngelHawk » Beiträge: 437 » Talkpoints: 5,40 » Auszeichnung für 100 Beiträge


@AngelHawk: Leider kann ich (aber ich bin ungläubig) diese Haltung in keinster Weise nachvollziehen. Du schreibst, deinen Partner zu lieben. Und du wieder behauptest, so sehr von deinem Gott und deiner Religion überzeugt zu sein, dass du sogar Seelsorgerin hättest werden wollen. Dann weißt du sicher, dass Gottes Erlösung nicht umsonst zu haben ist. Schließlich sind sowohl die Gebote (bedenke die ersten drei Gebote) sowie die Sakramente (wobei man als Protestantin weniger hat als die Katholiken) nicht zum Spaß aufgestellt wurden. Wer sich hier nicht daran hält, sündigt. Mindestens hier! Wie nahe bringt einen so ein "sündiges" Verhalten an die Erlösung bzw. führt es einen weg? Und jetzt akzeptierst oder tolerierst du bei deinem Partner dieses Verhalten?

Vielleicht dazu ein Bild dazu: dein Partner ist Nichtschwimmer, du hingegen bist im Bereich Schwimmen in der Oberliga angekommen. Du aber tolerierst, dass dein Partner mit deinem Hobby (welches du möglicherweise zum Beruf machen willst) nichts anzufangen weiß. Du akzeptierst ihn so wie er ist. Wenn es dann zu einer Situation kommt, bei der ihr auf hoher See im Wasser landet, nimmst du es auch hin, dass er ertrinkt?

AngelHawk hat geschrieben:und gleichzeitig eine erfüllende Partnerschaft mit einem Ungläubigen haben.

Das beziehst du jetzt aber ausschließlich auf die Körperlichkeit? Ostern, Pfingsten, Weihnachten und vieles mehr dann nur im Job?

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Also entschuldige mal, du vergleichst gerade den Glauben an Gott, mit Schwimmen können!

Und wie gesagt, ich kenne den Grund, warum mein Partner nicht an Gott glauben kann. Er akzeptiert, dass ich regelmäßig in die Kirche gehe (mich in die Gemeinde einbringe, soweit es meine Zeit zulässt) und ich akzeptiere (und respektiere es auch), dass er eben nicht in die Kirche geht, komme was wolle. Es würde auch nicht zu einer kirchlichen Trauung kommen, sollten wir einmal heiraten. Was wir aber eh nicht wollen.

Und das "erfüllende Partnerschaft" bezieht sich nicht auf das körperliche, denn auch wenn wir uns im Punkte der Gläubigkeit nicht einig sind, haben wir dennoch sehr viele Gemeinsamkeiten, die diesen Punkt wett machen.

» AngelHawk » Beiträge: 437 » Talkpoints: 5,40 » Auszeichnung für 100 Beiträge


AngelHawk hat geschrieben:haben wir dennoch sehr viele Gemeinsamkeiten, die diesen Punkt wett machen.

Aber dann würde ich doch meinen, dass du zwar zu den Mainstream-Gläubigen gehörst, aber definitiv die Sache keine Berufung für dich ist. Jedenfalls dann nicht, wenn die Wichtigkeit des Glaubens durch andere Dinge wett zu machen ist. Hier Glaube als "Lebensüberzeugung" zu sehen, was man mit anderen Dingen (gehen dafür gerne ins Kino und mögen Hunde oder ähnliches) auf- bzw. gegenrechen kann, trifft das dann doch nicht wirklich.

Glaubst du denn eigentlich an Konsequenzen in der Beziehung zu Gott, wenn man sich diesem so bewusst entfernt, wie es dein Freund macht? Wie kannst du - wenn ja - hier ruhigen Gewissens neben (oder mit) ihm schlafen? Und hier gerne wieder der Vergleich mit dem Schwimmen: siehst du denn als Gläubige es nicht als deine Pflicht, den ertrinkenden zu retten? Oder darf man als Protestant sich denken, dass es ja genug ist, für sich selbst zu sorgen (ich glaube, dass das tatsächlich der protestantisch-egozentrische Ansatz ist ;))?

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ich gehöre nicht zu den Mainstream-Gläubigen, doch ich gehöre zu den Gläubigen, die anderen Menschen ihren Glauben nicht aufzwingen wollen. Mein Lebensgefährte ist in einem katholischen Heim aufgewachsen, und wenn man sich so anhört, was da so abläuft, hat das wenig mit dem zu tun, was ich unter christlicher Nächstenliebe verstehe. Von daher kann ich mehr als gut nachvollziehen, dass er mit dem was die Kirche von Gott predigt nichts mehr wissen will. Und außerdem liebe ich ihn, als Person, der Mensch, der er ist und nicht was er glaubt!

derpunkt hat geschrieben:Oder darf man als Protestant sich denken, dass es ja genug ist, für sich selbst zu sorgen (ich glaube, dass das tatsächlich der protestantisch-egozentrische Ansatz ist ;))?

Wenn man das als egoistisch bezeichnet bin ich das!

» AngelHawk » Beiträge: 437 » Talkpoints: 5,40 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^