Filmaufnahmen im Sportunterricht zur Auswertung?

vom 16.12.2011, 14:37 Uhr

A hat eine Tochter in einer Realschule. Der Sportlehrer meint seit einiger Zeit, dass er im Sportunterricht die Schüler und Schülerinnen filmen muss, damit er die gymnastischen Übungen und sportlichen Betätigungen dann zu hause in Ruhe auswerten kann. Eine Lehrerin macht dies auch und da regen sich keine Eltern auf. Aber bei dem Lehrer sind auf einmal alle Eltern auf den Barrikaden und sind gegen diese Filmaufnahmen, die der Lehrer und auch die Lehrerin übrigens machen ohne die Eltern darüber zu informieren oder gar eine Einverständnis zu haben.

Darf der Lehrer bei der Tochter von A und den anderen Schülern überhaupt Filmaufnahmen machen? Ist es einem Lehrer allgemein gestattet ohne die Eltern zu fragen oder zu informieren, irgendwelche Filmaufnahmen zu machen um sie dann zu hause auszuwerten? Was würdet ihr privat davon halten, jetzt außerhalb dem was erlaubt ist. Warum sind die Eltern bei der Lehrerin nicht so dagegen, aber beim Lehrer schon. Eine Frau kann doch die gleichen Gedanken wie ein Mann dabei haben.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Es ist das erste Mal das ich davon höre, dass ein gewöhnlicher Sportlehrer oder auch eine Sportlehrerin an einer gewöhnlichen Realschule (also keine Sportrealschule für den Leistungsnachwuchs) für den Sportunterricht Videoaufnahmen macht, um eine Auswertung nach der Stunde zu machen. Welchen Stellenwert will man dem Sportunterricht denn genau geben und wie genau wollen die Lehrer hier bewerten? Zumal sogar im professionellen Sportumfeld solche Videoaufnahmen ja gar nicht für den Trainer (allein) gedacht wären. Vielmehr müsste der Schützling sich das Videomaterial unter der Prämisse der Verbesserung der Technik anschauen. Als Lehrer hat man damit nichts anzufangen. Zumal es auch noch unglaubwürdig klingt, für die Sportnote abends noch zig Videos zu schauen, um ja keine Zehntelnote falsch zu liegen.

Als Eltern wäre ich hier schon früher gegen diese Praxis vorgegangen. Wobei mir egal wäre, ob ein Lehrer oder eine Lehrerin hier so ein fadenscheiniges Argument bringt. Schließlich machen die Kinder dort an der Stelle deshalb Sport, weil sie müssen und nicht, weil sie sich unter professioneller Anleitung verbessern wollen.

Ganz klar ist da die Angst vorhanden, dass das Filmmaterial zweckentfremdet wird. Es gibt tatsächlich Online-Anbieter, die so was für gutes Geld verkaufen wollen. Zig Seiten bieten offensichtlich legal Videos an, in denen Kinder zwischen 10 und 12 Jahren (Mädchen aber auch Jungen) sehr leicht bekleidet (aber nie nackt) tanzen und sich nicht altersgerecht bewegen. Aber selbst wenn hier das schlimmste nicht angenommen werden muss, finde ich so was tatsächlich bedenklich. Zumal ich mich frage, wer denn hier die Kamera hält und wer den Kindern Hilfestellung bietet.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Videoauswertungen können durchaus Sinn machen- allerdings eher, wenn man sich selbst sieht, bzw. in Teamsitzungen mannschaftliche Aspekte durchspricht, um diese zukünftig zu verbessern. Ob bei Filmaufnahmen die Eltern zustimmen müssen, weiß ich nicht, aber soweit ich informiert kann, darf jeder selbst entscheiden, ob er solche Angebot annimmt oder nicht. Ich hatte mal einen Lehrer, der jeden fotografierte, um daheim die Namen zu lernen. Das funktionierte dann auch ganz gut ohne Bild von mir, denn ich war die Einzige, die dabei nicht mitmachte. So konnte er sich meinen Namen sofort merken :lol:

Das die Schüler Sport nur machen, weil sie müssen, wie derpunkt schrieb, kann kein pädagogischer Ansatz sein. Wenn das alle Lehrer so sehen würden, dann müsste man gar nicht mehr über neue Lernmethoden reden. Natürlich bietet der Sportunterricht die Möglichkeit sich unter professioneller Anleitung zu verbessern! Und Videoanalysen sprechen grundsätzlich dafür. Vielen sind ihre Fehler doch gar nicht so bewusst.

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» Trisa » Beiträge: 3297 » Talkpoints: 31,17 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



@Trisa: Wir sprechen hier von Realschul-Sportunterricht. Das trifft alle Schülerinnen und Schüler, ganz gleich ob sportlich oder eben nicht. Und es gibt durchaus Schülerinnen und Schüler, die den Sportunterricht als "Demütigung" empfinden. Dann geht es auch nicht um eine Leistungsgruppe "(Geräte)Turnen". Es ist Sportunterricht, in dem Turnen, Leichtathletik und Ballspiele im Ansatz gezeigt werden. Wenn es hoch kommt, dann 2-4 Stunden die Woche! Hier mit Videos arbeiten zu wollen, ohne die Analyse mit den "Sportlern" zu machen, ist lächerlich. Hilfestellung bringt hier nur unmittelbar was. Der Lehrer sagt gleich bei der Übung, was zu verbessern ist. Eine "Auswertung" im stillen Kämmerlein ist hier definitiv von keinem Sportlehrer verlangt.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



derpunkt, ich verstehe gut, was du meinst. Ich hätte als Schülerin auch keine Lust auf solche Videos gehabt. Ich hasse das auch heute noch. Doch egal, ob nun beim Sport oder beim Reden vor einer Schulklasse. Allerdings muss ich auch sagen, dass ich mittlerweile glaube, ich hasse das, weil ich es hasse mich so zu sehen. Ich denke, es hätte mir oft gut getan (auch als Schülerin in der Regelschulzeit) wenn mir jemand mal direkter einen Spiegel (oder Videoaufzeichnung) vor die Nase gehalten hätte. Und zumindest als Schülerin der Mittelstufe hätte ich mich auch nicht als Einzige konsequent verweigert, wenn es darum gegangen wäre, solche Aufzeichnungen in einer Gruppe zu machen.

Heute weiß ich, dass das geht. In der Erwachsenenbildung dachte ich auch erst, dass es Stress gäbe, wenn ich als Einzige konsequent nein sage. Es gab einen eigenartigen Blick, ein Murren und dann hat der Lehrer sich auf seinem Plan notiert, dass ich die bin, die nicht fotografiert werden will. Der Lehrer akzeptierte es, wie auch fast alle anderen Menschen mich nicht so Fotos und Videos drängen wollen, wenn ich einmal klar nein sage.

Mir fällt auf, dass scheinbar alle davon ausgehen, dass der Lehrer die Videos im stillen Kämmerlein auswertet oder sonst was damit macht. Doch kann "zu hause in Ruhe auswerten" nicht auch bedeuten, dass er dies nutzt, um in der nächsten Stunde den Schülern ein persönliches Feedback zu geben, so wie es der Deutschlehrer mit Aufsätzen und die Kunstlehrerin mit Zeichnungen der Schüler macht? Es ist doch völlig normal, dass sich ein Lehrer nach Schulschluss mit seinen Schülern befasst, sie benotet, ihre Arbeiten korrigiert, vielleicht auch an Gesangsaufnahmen aus dem Musikunterricht oder Filmaufnahmen einer AG arbeitet.

Wenn ein Sportlehrer einmal in der Woche 90 Minuten zwanzig oder mehr Schüler betreut, kann er nicht von allen immer alles sehen! Wenn er nun Schüler individuell fördern möchte, muss er ihre Stärken und Schwächen kennen. Er sollte im Idealfall in einer Sportstunde doch der "Teamcaptain" sein, der seine Mannschaft kennt und jeden Einzelnen fördern kann! Andernfalls bräuchte es keine Sportlehrer, die jahrelang studieren, denn 25 Schülerinnen im Kreis rennen lassen und ihnen dann einen Ball zu geben ist keine große Leistung! Und einem Lehrer sollte daran gelegen sein, auf seine Schülerinnen eingehen zu können und ihre Stärken zu fördern. Andernfalls haben sie meiner Meinung nach ihren Beruf verfehlt.

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» Trisa » Beiträge: 3297 » Talkpoints: 31,17 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


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