Ein Geheimnis mit ins Grab nehmen - würdet ihr es machen?

vom 07.12.2011, 17:19 Uhr

Wenn ein Verstorbener während seines Lebens seiner Familie etwas verheimlicht hat, was erst nach seinem Tod herauskommt, dann sagt man ja oftmals umgangssprachlich "Er/Sie hat sein/ihr Geheimnis mit ins Grab genommen".

Für viele Hinterbliebene ist es sicher schwer nachzuvollziehen, wieso derjenige es ihnen vorenthalten hat, wieso sie es erst Jahre nach seinem Tod durch einen Zufall erfahren und vor allem, dass sie ihn nicht mehr fragen können, was ihn dazu veranlasst hat, nicht ehrlich gegenüber ihnen zu sein. Bei einem Selbstmordtäter werden die Betroffenen beispielsweise nie erfahren, was der Auslöser dafür war, dass er sich selbst das Leben genommen hat.

Habt ihr auch Verstorbene in eurem Bekanntenkreis, die ein Geheimnis mit ins Grab genommen haben? Wie habt ihr bzw. die Hinterbliebenen darauf reagiert, als es irgendwann dann doch herauskam? Wie würdet ihr selbst damit umgehen? Würdet ihr euren Lieben vor eurem Tod alle eure Schandtaten beichten, oder gibt es etwas in eurem Leben, dass ihr auch selbst mit ins Grab nehmen wollt?

» iCandy » Beiträge: 1584 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ein Geheimnis mit ins Grab nehmen sollte nur jemand machen, der wirklich etwas Furchtbares angestellt hat, das die Hinterbliebenen völlig aus der Bahn werfen würde. Ich denke da an eine besonders grausame Tat, zum Beispiel einen Mord. So etwas würde die Angehörigen doch sehr belasten, dass sie jemanden in ihrer Mitte hatten, der zu so etwas fähig war. Für die Angehörigen des Ermordeten wäre es zwar ein Abschluss, wenn sie wüssten, was passiert wäre, aber für die Angehörigen des Mörders könnten sich Abgründe auftun. Da fände ich es also im Sinne der Angehörigen besser, solch eine Tat nicht zu gestehen.

Ich selbst habe kein Geheimnis, das ich für mich behalten würde, selbst über den Tod hinaus. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie bitter es ist, nicht zu wissen, warum jemand etwas Schreckliches getan hat. Mein Freund hat sich vor Jahren in einem Nachbarstädtchen im Wald erhängt. Das „Warum“ ist auch heute noch nicht geklärt. Er hat weder eine Notiz, noch einen Brief hinterlassen, noch hat er jemanden informiert. Weder seine Eltern, andere Freunde noch ich wissen, warum er das getan hat. Er hat den Freitod durchgezogen ohne irgendeinen Anhalt zu geben und hat das Geheimnis mit ins Grab genommen.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


Ich denke auch, dass es auf das Geheimnis ankommt, was der Verstorbene dann eben mit ins Grab nimmt. Wenn es die Familie direkt betrifft, dann haben sie doch ein Recht, es zu erfahren. Ich habe bisher nur mal gehört, dass eine Verstorbene Rezepte mit ins Grab genommen hat und niemand nun wusste, wie sie die besonderen Plätzchen gemacht hat. So etwas ist dann natürlich schade, aber nicht zu ändern.

Ich denke auch, dass der Verstorbene schon wissen wird, warum er sein Geheimnis mit in den Tod genommen hat. Manchmal gibt es dann ja Abschiedsbriefe oder eben noch ein paar letzte Worte. Wenn es etwas wirklich schlimmes wäre, würde ich es auch gar nicht wissen wollen und den verstorbenen Menschen lieber so in Erinnerung behalten, wie er eben war.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Es ist in unserer Familie schon mindestens zwei mal passiert, dass ein Angehöriger etwas mit ins Grab genommen hat. Wir haben es allerdings auch bis jetzt nicht ergründen können. Ich muss natürlich aus heutiger Sicht sagen, dass diese Geheimnisse uns nicht geschadet haben sondern einen Nutzen hatten. Wir wussten nämlich überhaupt nichts über die Art und die Schwere der Krankheiten unserer Angehörigen. Sie starben eben ganz plötzlich und völlig unerwartet für uns. Wie lange sie schon krank waren bleibt daher ewig auch ein Geheimnis.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich finde, dass doch jeder seine kleinen oder größeren Geheimnisse hat und ich denke auch, dass jeder der stirbt ein Geheimnis mit ins Grab nimmt. Sei es ein Rezept, wie Nelchen schreibt, oder sei es einfach etwas, was man einfach für sich behalten will. Ich denke, dass es keinen Menschen gibt, der wirklich mit seinem Partner, seinen Freunden oder Bekannten alles bespricht, sondern dass man generell auch mal was für sich behält. Da muss es nicht mal ein großes Verbrechen sein, welches man begangen hat und man dieses Geständnis niemals zu Lebzeiten gemacht hat.

Da man allerdings niemals hinter ein wirkliches Geheimnis kommt, weil das Geheimnisse so an sich haben, ist es auch nicht üblich, dass man weiß, wer ein Geheimnis mit ins Grab genommen hat. Denn dann wäre es ja kein Geheimnis mehr.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Ich persönlich könnte mir nicht vorstellen, ein Geheimnis bis zu meinem Tod für mich zu behalten. Selbstverständlich sind Geheimnisse dafür da, geheim zu sein, dennoch sollte man irgendwann und spätestens kurz vor dem Sterben damit auspacken.

Es kommt ja häufig vor, dass Leute erst auf dem Sterbebett die Geheimnisse ihres Lebens an die Familie ausplaudern - die Gründe für dieses Späte Veröffentlichen der Dinge, die sonst niemand weiß, sind unterschiedlich: Entweder man schämt sich für das Geheimnis oder man möchte es einfach sein Leben lang niemandem verraten. Eine weitere Möglichkeit wäre eine kriminelle Vergangenheit des Sterbenden: Da er für die illegale Tat oder womöglich einen Mord nicht bestraft werden und seine Angehörigen und Freunde nicht enttäuschen möchte, verrät er es sein Leben lang niemandem - bis zum letzten Moment.

» RS1 » Beiträge: 129 » Talkpoints: 6,53 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich weiß nicht mit Sicherheit, ob eine Person aus meinem Bekannten- oder Verwandtenkreis, die bereits verstorben ist, ein Geheimnis mit ins Grab genommen hat, aber ich gehe fast davon aus, dass es so sein muss. Mein Großvater, der 1905 geboren wurde, hat beispielsweise zwei Kriege miterlebt und ich weiß auch, dass er selbst an der Front war – wie quasi jeder einigermaßen dafür einsetzbare Mann zur damaligen Zeit. Ich weiß aber, wie wir wohl alle, auch, dass man damals zur Zeit des Dritten Reichs so einiges erlebt hat, das man vermutlich nicht preisgeben würde, wenn man nicht dazu gezwungen wäre.

Zwar kann ich mir zwar meinem Großvater nicht vorstellen, dass er dahingehend irgendwelche wirklich furchtbaren Dinge getan hat, zumal ich immer das Gefühl hatte, dass er mit sich selbst absolut im Reinen war, gleichzeitig aber eben auch jemand, der ein wirklich von Grund auf gütiger und guter Mensch ist, gleichzeitig weiß ich aber auch, dass Extremsituationen oft Seiten an Menschen hervorbringen, die sie eigentlich gar nicht besitzen. Und schon insofern kann ich mir grundsätzlich vorstellen, dass es das eine oder andere Erlebnis im Leben meines Großvaters gab, von dem er nie etwas erzählt hat und das er im Endeffekt auch mit ins Grab genommen hat.

Würde ich nun im Nachhinein aus irgendeiner belegbaren Quelle erfahren, was mein Großvater an schlimmen Dingen verbrochen hat, dann würde ich vermutlich, je nach Schwere seiner Taten, wirklich getroffen sein. Für mich war mein Großvater immer ein Held und ich weiß, dass er auch viel Gutes in seinem Leben getan hat, auch in eben jener Kriegszeit. Ich kann nicht wirklich sagen, wie ich damit umgehen würde, vermutlich würde ich versuchen, mir diese Taten irgendwie zu erklären, und im Falle des Krieges sicherlich mit der Tatsache, dass es sich damals um Ausnahmesituationen gehandelt haben muss, die für jemanden wie mich, der mit dem Krieg niemals irgendeine persönliche Erfahrung gemacht hat, eben nicht nachvollziehbar sind. Ja, ich denke, ich würde versuchen, diese Taten zu entschuldigen, allerdings würde ich das sicherlich nicht in jedem Fall können.

Wirkliche Schandtaten, die ich selbst begangen habe, gibt es nicht, aber sollte es sie noch geben, so wäre ich mir nicht sicher, ob ich sie meinen Angehörigen noch anvertrauen würde, bevor ich sterbe. Falls ich mich dafür entscheiden sollte, weil ich der Meinung wäre, dass sie davon wissen müssten, dann würde ich allerdings versuchen, mir einen guten Zeitpunkt dafür auszusuchen, zu dem ich noch fit genug bin, um die mit meiner Beichte verbundenen Fragen zu beantworten und meinen Angehörigen eben noch vollumfänglich Rede und Antwort stehen zu können, denn das würde ich dann auch für meine Pflicht halten. Es gibt aber sicherlich auch solche „Schandtaten“, die niemanden so richtig viel angehen, jedenfalls aber nicht die eigene Familie. Und ich denke, dass ich in diesem Fall auch keinen Gebrauch davon machen würde, irgendjemanden über meine Taten aufzuklären, den diese Taten eben nicht berühren.

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» moin! » Beiträge: 7218 » Talkpoints: 22,73 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Also ich könnte mir schon vorstellen ein Geheimnis mit ins Grab zu nehmen. Zum einen kann man möglicherweise, in dem man eine Krankheit verschweigt, seinen Angehörigen und Mitmenschen einige Sorgen ersparen. Außerdem finde ich es nicht unbedingt nötig groß darüber zu quatschen, welche Träume oder Ziele man im Leben nicht erreichen konnte, falls dies indirekt ala Vorwurf an die eigene Familie ausgelegt werden könnte. Die Geheimnisse müssen ja nicht immer gleich Kaliber wie Mord oder Ehebruch, etc. sein.

» Nesslie » Beiträge: 8 » Talkpoints: 4,07 »


Ich kannte die Redewendung bisher nur in dem Sinne, dass man das Geheimnis eines Freundes mit ins Grab nimmt. "Ich werde dein Geheimnis niemandem verraten und nehme es mit ins Grab."

In diesem Sinne sollte man das Geheimnis dann auch wirklich mit ins Grab nehmen, denn nur der, der es einem erzählt hat, hat das Recht das anderen zu erzählen. Es sei denn du hilfst mit diesem Versprechen eine Straftat zu decken. In diesem Fall sollte man dann aber auch nicht warten bis man stirbt um damit herauszurücken.

In der Art wie ihr das aber versteht denke ich, dass jeder das eine oder andere Geheimnis mit ins Grab nimmt. Ich habe noch nie erlebt, dass jemand der kurz vor dem Tod steht noch anfängt im Kreis seiner Lieben eine große Beichte abzulegen. Was nützt es denn auch die Leute noch unglücklicher zu machen um zu sagen, dass man beispielsweise den Kuchen den man einmal die Woche geschenkt bekam nie mochte?

Klar gibt es auch schwerwiegende Geheimnisse wie außereheliche Kinder. Da fände ich es auch unschön erst durch das Testament davon zu erfahren. Aber ob es viel bringt in den letzten Tagen noch einen großen Familienstreit heraufzubeschwören ist doch auch sehr fraglich.

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» Endymion » Beiträge: 1015 » Talkpoints: 21,43 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Im Grunde weiß man ja nie, ob ein Verstorbener ein Geheimnis mit ins Grab genommen hat, es sei denn, so etwas kommt durch einen merkwürdigen Zufall heraus oder man hat ein schriftliches Dokument hinterlegt, in dem dieses Geheimnis vermerkt wurde. Aber in dem Fall möchte der Verstorbene dann ja wohl, dass das Geheimnis auch entdeckt oder aufgedeckt wird. So wüsste ich jetzt auch nicht, wer nun ein Geheimnis mit ins Grab genommen hat oder nicht, wenn wir nun mal von einem natürlichen Tod ausgehen. Bei einem selbst ausgewählten Tod hinterlassen manche Menschen einen Abschiedsbrief, der nicht immer vorgefunden wird, aber ich finde, so fair sollte man schon den Hinterbliebenen gegenüber sein, wenn man diesen wählt.

Ich wüsste jetzt aber ehrlich gesagt auch nicht, ob ich mich zum Einen an alles erinnern kann oder auch erinnern möchte, was ich bewusst mit ins Grab nehme und zum Anderen wüsste ich auch nicht, welchen Sinn es hätte, die Hinterbliebenen noch zu beunruhigen, wenn es etwas gebe, was ich als ein "unangenehmes Geheimnis" bezeichnen würde und noch unbedingt loswerden müsste. Ich denke aber auch, dass man nun nicht zu viel in der Vergangenheit kramen sollte, und den Toten einfach ruhen lassen sollte. Er kann sich nicht mehr wehren oder sich dazu äußern.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge


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