Evolution: Nur der Stärkere überlebt

vom 30.11.2011, 07:42 Uhr

Ich habe gestern mit einer Bekannten ein Gespräch gehabt, was mich zum Nachdenken brachte. Bei der Evolution heißt es, dass nur der Stärkere überlebt. Durch die Spenden an die armen und schwachen Menschen in der dritten Welt und durch die Hilfe, die wir den armen und schwachen Menschen zukommen lassen, machen wir die Evolution kaputt. Das meinte jedenfalls meine Bekannte. Weiterhin meinte sie, wie kann der Mensch und die Natur sich weiterentwickeln, wenn wir die Evolution nicht ihren Lauf lassen?

Sie meinte auch noch, dass die natürliche Selektion die Evolution erst zum Laufen gebracht hat und das aus uns gemacht hat, was wir sind. Aber wenn man der natürlichen Selektion nicht mehr ihren Lauf lässt, dann vernichtet die Menschheit sich selber. Wir würden dafür sorgen, dass die Erde überbevölkert ist und das ist eben nicht der Sinn der Sache.

Irgendwie hat sie ja Recht, wenn man mal darüber nachdenkt. Sie geht auch noch weiter. Sie meint, dass die ganzen Naturkatastrophen deswegen passieren, weil die natürliche Selektion durch den Menschen verhindert wird und deswegen müssen Naturkatastrophen wie Erdbeben, Tsunamis und Überschwemmungen her.

Irgendwie hat mich das zum Nachdenken gebracht, ob man wirklich durch Hilfe die Evolution verhindert? Was denkt ihr darüber? Sollte man wirklich so hart sein und die Menschen sich selbst überlassen, damit wirklich nur der Stärkere überlebt und die Evolution weiterhin eine Chance hat?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Deine Freundin klingt mir, um es auf den Punkt zu bringen, nach einer wenn auch nicht offenkundig, so zumindest latenten rassistischen, religiösen Person mit faschistischen und fundamentalistischen Zügen.

Die Mitschwingende Grundaussage ist "wir" in der westlichen Welt dürfen den minderwertigen Menschen im Rest der Welt nicht helfen, um nicht unsere Welt zu zerstören oder zumindest um unser Blut nicht zu beschmutzen. Das Ganze lässt sich als Sozialdarwinismus (Übertragung von Evolutionstheorie auf den Menschen) zusammenfassen und ist genau das, was Hitler stets propagierte.

Der Übertrag der Evolutionstheorie,(im Sinne von Fressen oder gefressen werden) auf den Menschen ist so 1 zu 1 nicht richtig. Das Wirken und die Möglichkeiten des Menschen sind schlicht zu groß geworden. Warum ist das Helfen von armen Menschen denn ein Einflussnehmen auf die Evolution? Genauso nahm der Mensch Einfluss und beutete eben diese Menschen über lange Zeit während der Kolonialzeit aus und führte sie in ihre Situation (stark vereinfachte Darstellung) - diese Einflussnahme war dann aus Evolutionsbiologischersicht legitim?

Du schreibst, dass die Welt andernfalls überbevölkert sein wird und das nicht Sinn der Sache ist? Welche Sache soll das sein? Gibt es für die Menschheit ein Ziel, etwas zu erreichen ist? Woher kommt dieses Ziel und welche Legitimation hat es? Aus ethischer und evolutionsbiologischer Sicht kann das Ziel des Menschen nur sein, dass er selbst als Individuum ein möglichst erfülltes Leben hat, sich fortpflanzt und möglichst allen Menschen ebenfalls dies versucht zu ermöglichen.

Der letzte Punkt, dass der Mensch am Leben andere interessiert ist und sich ebenfalls für ihre Interessen einsetzt, ist wiederum der Evolution zu verdanken. Diese hat Spiegelneuronen und somit die Lage sich in andere Menschen hineinzuversetzen hervorgebracht. Das bedeutet, dass es dir nur dann gut gehen kann, wenn es deinem Umfeld (dazu gehören letztlich alle Menschen und im geringeren Umfang Tiere) gut geht. Anderen Menschen nicht zu helfen ist somit "wider der Evolutionstheorie".

Stärke immer mit Kraft und materiellen Reichtum gleichzusetzen ist falsch.
Letztlich kann die Stärke des Menschen genau darin liegen anderen Menschen zu helfen. Was stärke war und was nicht, lässt sich nur posteriori feststellen, also wenn die Menschheit ausgestorben ist oder eben nicht. Evolution kann man nicht verhindern - sie geschieht. Jedes handeln beeinflusst die Evolution. Ob zum positiven der Menschheit oder nicht kann nur eine übergeordnete Macht wissen.

Die Vermutung, dass Naturkatastrophen stattfinden, wegen dieses vermeintlichen Eingriffs in die Evolution, setzt die Existenz einer höheren Gewalt voraus, die die Evolution steuert. Dabei zeichnet die Evolutionstheorie gerade die Unabhängikeit von einer solchen Macht aus. Naturkatastrophen geschehen, ohne direkten Grund, ohne Rachegedanke. Letztlich kann man einige Naturkatastrophen bzw. deren Intensität auf den Klimawandel zurückführen und somit auf den Menschen. Das wiederum bedeutet, dass der Mensch sich selbst zerstört durch sein Handeln.

Zum Schluss nocheinmal die Hitlerkeule: Analog zu deiner Argumentation könnte man meinen, dass Juden, die seit Jahrhunderten in einer unterdrückten Rolle lebten, nur minderwertig sein können, da sie keine "Stärke" zeigen. Deshalb war der Holocoust sinnvoll um die Evolution voran zu bringen.

Du merkst was für ein Müll die Thesen sind?

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» mich » Beiträge: 665 » Talkpoints: 2,91 » Auszeichnung für 500 Beiträge

Zuletzt geändert von mich am 30.11.2011, 10:51, insgesamt 1-mal geändert.

Wir Menschen haben die Fähigkeit Mitleid zu empfinden, zu helfen und Gutes zu tun. Diese Fähigkeit sollten wir nutzen. Das gemeinsame Leben miteinander funktioniert meiner Meinung nur dann gut, wenn man Rücksicht auf andere Menschen nimmt und sich gegenseitig ergänzt und hilft. Der Mensch ist in meinen Augen viel mehr als ein "höher entwickeltes Tier". Der Mensch hat tiefgehende Gefühle und Gedanken, ist mit einem Verstand ausgestattet und sehnt sich nach Liebe und Geborgenheit.

Die Evolution ist eine Theorie, welche noch lange nicht vollständig erforscht ist. Was wir heute beobachten können ist, dass sich die Lebewesen dynamisch an veränderte Umweltbedingungen anpassen. Was aber ganz genau in der Vergangenheit passiert ist, kann nur anhand von Indizien wie zum Beispiel Fossilien vermutet werden, aber niemand kann zu hundert prozent genau erforschen, was wirklich in der Erdgeschichte passiert ist. Dabei werden die Forschungsergebnisse auch durch die Grundgedanken der Evolutionstheorie beeinflusst. Es ist sehr schwierig, auf diesem Gebiet objektiv zu bleiben. Deshalb sollte man mit Aussagen wie "der Stärkere überlebt" sehr vorsichtig sein. Im Falle des Menschen empfinde ich diese Aussage kalt und gefühllos. Wir haben einen Verstand und brauchen nicht hilflos einer natürlichen Selektion zuschauen, solche Gedanken kann ich nicht nachvollziehen.

Nun zum Problem der Überbevölkerung. Es stimmt das die Erde in vielen Ländern überbevölkert ist. Trotzdem hat jeder Mensch das Recht zu leben. Jeder Mensch ist einzigartig und unschätzbar wertvoll. Es ist für mich keine Lösung, das Problem der Überbevölkerung einer "natürlichen Selektion" zu überlassen. Die Menschen in den Entwicklungsländern leiden und benötigen Hilfe. Ich weiß zwar nicht genau, wie man dieses Problem lösen kann, aber die "natürliche Selektion" ist sicher nicht die richtige Antwort darauf.

Was ich nicht verstehe ist, warum ein "verhindern der Evolution" zu Naturkatastrophen führen sollte. Wo und wann ein Erdbeben passiert, können wir Menschen nicht beeinflussen. Die Wirbelstürme und Unwetter können eine Folge der globalen Erderwärmung sein. Doch die Wissenschaftler sind sich nicht einig, ob die Erderwärmung durch Menschen verschuldet ist (und damit indirekt eine Folge der Überbevölkerung ist) oder ob diese nicht zu verhindern ist, weil die Naturgewalten einfach kaum zu beeinflussen sind.

Zusammenfassend kann ich den Gedanken deiner Bekannten überhaupt nicht zustimmen. Ich richte mein Leben nicht nach einer unvollständig erforschten Evolutionstheorie aus, sondern nutze meine Fähigkeiten als Mensch und helfe, wenn ich die Möglichkeit dazu habe. Ich werde weiterhin für schwächere Menschen Spenden zahlen.

» kengi » Beiträge: 886 » Talkpoints: 17,93 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Allein die Übersetzung von "survival of the fittest" als "der Stärkste überlebt" ist einfach falsch. Die Evolutionstheorie sagt nicht, dass der Stärkste überlebt. Oder kann deine Bekannte mir erklären, was an einer Ameise, einer Schnecke oder einem Schmetterling so unglaublich stark sein soll, dass sie jetzt leben aber Dinosaurier nicht mehr? Wenn wirklich der Stärkste überleben würde, was ist dann mit den Mammuts und Dinosauriern passiert, mit den Säbelzahntigern oder Neandertalern? Ich wette, die waren alle um ein vielfaches stärker als der Mensch (und nein, der Mensch stammt nicht direkt vom Neandertaler ab).

"Survival of the fittest", das kurze Fazit von Darwins Evolutionstheorie, bedeutet, dass das am besten angepasste Wesen überlebt. Der Mensch hat es geschafft dieses Prinzip zu bearbeiten indem er es möglich gemacht hat, seine Umgebung auch etwas an sich anzupassen - aber übrigens nicht die komplette Erde. Hurrikans, Erdbeben, Vulkanausbrüche, das alles gibt es schon länger als den Menschen und dagegen kann er sich auch bis heute nicht so richtig wehren. Also überlebt die Menschheit solche Naturgewalten nur, indem sie sich an diese Bedingungen anpasst, wie durch Luftpolster-Häuser im Erdbebengebiet Japan. Übrigens eines der höchsten technologisch entwickelten Länder der Welt. Witzig, dass diese "stärksten" Menschen mit am häufigsten von vernichtenden Naturkatastrophen (Erdbeben und Tsunamis) erschüttert werden, oder? Das stützt nicht gerade die Theorie deiner Bekannten.

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» Taline » Beiträge: 3594 » Talkpoints: 0,75 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Wenn man es mal ganz ohne Emotionen betrachtet, dann hat deine Freundin bei manchen Ansichten schon recht. Denn der Mensch ist ja nur dahin gekommen, wo wir heute sind, weil er sich den Gegebenheiten gut anpassen konnte. Und nur wer es eben schafft mit seiner Umwelt klar zu kommen, wird auch überleben.

Das wir durch die Unterstützung der Menschen in der dritten Welt der Evolution da teilweise ins Handwerk fuschen ist auch nicht von der Hand zu weisen. Aber es ist ja nicht nur bei den Menschen so, das man sich gegenseitig unterstützt. Auch in der Tierwelt kann man dies beobachten. Also Beispiel nur mal die Schwarmbildung bei Fischen, um ihr Feinde zu irritieren. Auch das ist soziales Verhalten, was es eben nicht nur bei Menschen gibt.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Ich finde, dass deine Freundin so klingt, als ob sie keinerlei Ahnung davon hätte, wie die Welt eigentlich funktioniert. Zunächst einmal ist es so, dass wir in der westlichen Welt oftmals dafür verantwortlich sind, dass es Menschen in ärmeren Ländern so schlecht geht. Durch unsere Wirtschaft und unser handeln fehlt es dort oft an den nötigsten Dingen, viele Regierungen verhindern auch, dass solche Länder wirklich auf den Vormarsch gelangen können. Mit der Hilfe von hier gleichen wir nur einen Teil davon wieder aus, ich verstehe gar nicht, wie man das mit dem Thema Evolution überhaupt in Verbindung bringen kann.

Die Verbindung der Naturkatastrophen hin zur Evolution sehe ich auch nicht so ganz. Die Naturkatastrophen sind ja teilweise ebenfalls durch den Lebenswandel bestimmt oder auch durch die Erderwärmung. Das hat aber mit den Hilfen für andere Länder doch nichts zutun. Wie leitet sie das denn bitte her?

Uns geht es hier gut, aber deshalb sind wir hier ja nicht unbedingt die stärkeren und die Menschen in ärmeren Ländern müssen deshalb weiterhin arm bleiben. Wir haben hier einfach nur Glück in einem Industriestaat zu leben, in dem es Arbeit, fließendes Wasser und genügend Lebensmittel gibt. Dieses Glück haben die Menschen in ärmeren Ländern nicht, das hat aber nichts mehr mit Evolution zutun, meiner Meinung nach. Selbstverständlich ist das Thema Überbevölkerung wichtig, denn Länder in denen Überbevölkerung herrscht, haben schon noch mal andere Probleme. Aber ich würde das jetzt nicht gleichsetzen mit Naturkatastrophen oder auch der Evolution, die wir mit unseren Hilfen verhindern. Irgendwie passt das alles für mich nicht zusammen.

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» Vampirin » Beiträge: 5979 » Talkpoints: 30,32 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Ich muss meinen eigenen Beitrag teilweise korrigieren bzw. ergänzen. Ich schrieb, dass die Evolutiontheorie nur unvollständig erforscht ist. Das ist kein guter Einwand auf die Aussage, dass nur der stärkere überlebt. Jede Wissenschaft ist mehr oder weniger unvollständig, schließlich ist es das Ziel der Wissenschaft stetig etwas Neues zu erforschen. Das ist aber nicht der Punkt. Es ist viel mehr so, dass die Evolutionstheorie von manchen Menschen falsch interpretiert wird. Die Aussage, dass der stärkere Überlebt, bezieht sich vor allem auf die Anpassung des Organismus, das hat aber nichts mit dem Verhalten der Menschen untereinander zu tun. Die Aussagen deiner Bekannten beruhen somit auf einer falsch verstandenen Evolutionslehre. Wenn man die Evolutionstheorie nur oberflächlich betrachtet und dann auch noch mit fremden Gedankengut vermischt, dann können leicht Aussagen entstehen, die nichts mehr mit dem ursprünglich Gemeinten zu tun haben.

» kengi » Beiträge: 886 » Talkpoints: 17,93 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich sehe das irgendwie etwas anders. Für mich bedeutet die Evolutionstheorie eben eher, dass der wirklich "Stärkere" überlebt. Das hat für mich beispielsweise nichts mit armen Menschen in armen Ländern zu tun, denn dort zählt einfach nicht die Stärke, sondern nur die Lebensumstände und das ist dann ja doch wieder etwas anderes. Die Menschen dort können ja nun nichts dafür, wenn sie nichts zu Essen bekommen. Wenn man nun zwei Monate kein richtiges Essen bekommt, dann kann man so stark sein wie man will, man überlebt trotzdem nicht. Daher ist da für mich eine große Lücke in der Theorie deiner Freundin.

Außerdem müsste man da auch noch weiter gehen. Das bezieht sich ja nun nicht nur auf solche Menschen, die in einem armen Land leben, sondern man kann das auch auf Deutschland ausweiten. Das würde dann bedeuten, dass es keine medizinische Versorgung gibt. Entweder man überlebt die Grippe oder man stirbt eben daran. Entweder man ist stark genug, um das zu schaffen oder man ist es nicht. Wenn man schon die Theorie so knallhart sehen will, dann doch bitte auch vollständig. Denn im Prinzip ist das alles ein Eingriff in die "Evolution".

» Wunschkonzert » Beiträge: 7184 » Talkpoints: 42,56 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Naturkatastrophen wie Überschwemmungen und dergleichen entstehen weniger, weil wir zu viele sind, sondern vielmehr, weil wir nicht entsprechend mit "unserer" Erde umgehen. Würden sich alle Menschen an gewisse Dinge halten, wäre selbst die Überbevölkerung schon ein bisschen unproblematischer. So verpesten natürlich sehr viele Menschen die Umwelt - aber seien wir doch mal ehrlich: das sind jawohl eindeutig weniger die Menschen, wo wir so schön sagen,dass sie aus der dritten Welt kommen, sondern ganz andere.

Bis zu einem gewissen Grad gehe ich da durchaus mit. Die natürliche Selektion hat uns zu dem gemacht, was wir heute sind. Sonst würden wir wohl kaum aufrecht gehen und unsere Entwicklung allgemein wäre sicherlich anders verlaufen, wenn nicht die "Stärksten", klügsten, handwerklich begabtesten usw. sich durchgesetzt hätten. ABER: und das unterscheidet uns nun einmal von den Tieren: wir haben nicht bloß Instinkte, wir denken über gewisse Sachen nach - oder sollten es zumindest.

Und wenn deine Bekannte denkt, dass wir die Menschen in Afrika lieber verhungern lassen sollen, dann fehlt ihr etwas, was sogar Tiere zum Teil zeigen: Nächstenliebe. Oder wie war das mit dem teilen im Rudel und der dergleichen?Wenn wir viel haben, können wir doch anderen etwas abgeben. Und man kann sich die Welt nicht aussuchen, in die man hinein geboren wird.

Es gibt sicherlich eine Vielzahl von sehr intelligenten Menschen, die nur leider die entsprechende Förderung oder erst einmal gar nicht das entsprechende Essen bekommen, damit sie sich entsprechend entfalten können. Dafür werden verwöhnte, eventuell nicht besonders schlaue Kinder in Familien hineingeboren, die viel haben und die wären in der Natur vermutlich gleich ausselektiert worden. So muss man das nämlich auch mal sehen: dann müsste man die dummen, aber reichen ja theoretisch auch verhungern lassen, oder? (mal extrem überspitzt geschrieben). Das geht natürlich nicht auf und deswegen bin ich klar der Meinung: deine Bekannte hat da nicht ganz zu Ende gedacht.

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge


Ich wüsste jetzt von keiner Evolutionstheorie, die besagen würde, dass nur die Stärksten überleben würden, abgesehen davon, ist die Evolution ''unkaputtbar'': Zunächst einmal heißt es nach Darwin ''survival of the fittest'' sowie ''struggle for life/existence''. In einem ''struggle for life'' befinden sich Gesellschaftsschichten wie etwa die in der dritten Welt, um mal auf dein Beispiel zurückzukommen, die ganze Zeit über, weil zu den geringen Nahrungsvorräten dazu kommt, dass wie Menschen uns nun mal vermehren ''wie die Ratten'', wir produzieren eine Überzahl an Nachkommen und das tut weder uns, noch der Erde sonderlich gut. Überleben tun in der Regel die bestangepassten, wobei das in unserer Welt schwierig zu erklären ist, weil unsere Anpassung letztendlich schon nahezu darin besteht, sich beim Arbeitslosenamt zu melden, wenn wir kein Geld haben, um uns zu versorgen.

Am Beispiel eines Kaninchens, wäre nun beispielsweise ein braunes Kaninchen in der Steppe bestens angepasst, wobei ein mutiertes Kaninchen (zum Beispiel ein Albino), auffallen und gefressen werden würde. Survival of the fittest. Und wenn jetzt eine immer größere Population auf ein gleichbleibendes Nahrungsvorkommen zurückgreifen muss, ist das der ''struggle for life''. Die dritte Welt hat aber letztendlich wenig damit zu tun, da es letztendlich unsere Schuld ist, dass es soweit gekommen ist. Hätte man Afrika ''in Ruhe gelassen'', dann sähe es dort heute deutlich besser aus, aber es ist nun mal ein Land in dem es viel zu holen gibt und der Fortschritt schleppt sich.

Es ist absolut albern zu sagen, dass der Eingriff in die dritte Welt die Evolution stören würde, weil das absolut nichts damit zu tun hat. Evolution heißt nämlich definitiv nicht, dass man alles ignoriert, was um einen herum nicht in Ordnung läuft und diesen Menschen dann die Hilfe verweigert. Ich frage mich was deine Bekannte wohl machen würde, wenn ihr Mann oder eines ihrer Kinder verletzt wäre, sagt sie dann auch, das ist der Lauf der Evolution, mein Junge, du musst nun leider sterben, weil du nicht stark genug zum überleben bist? Wohl kaum.

Das was in Afrika momentan passiert, war und ist keine natürliche Entwicklung. Mit dem Fortschritt hat der Mensch es sich einfach gemacht, wenn heute jemand stirbt, dann ist das nichts völlig normales mehr und wird als schlimmer angesehen, als es letztendlich sein sollte. Dadurch dass es auch in Afrika einen gewissen Fortschritt gibt, steigt die Population auch dort kontinuierlich, obwohl die Nahrungsvorräte dafür nicht ausreichen. Ich bezweifele auch stark, dass Deutschland sich selbst ernähren könnte, wenn wir keinen Import hätten, dafür ist das Land einfach zu ''vollgestopft''. Da es sich hierbei aber definitiv nicht um Evolution handelt, sondern einfach um Eingriffe aus Menschenhand, können wir hier auch nichts stören. Die Theorie der Evolution durch natürliche Selektion ist bei uns einfach nicht mehr gegeben. Selektiert wird hier vielleicht lediglich bei der Partnerwahl, da vermeintlich hässlichere Menschen geringere Fortpflanzungschancen haben, als nach unserem Ideal hübschere, aber sterben tun sie deswegen nicht und wenn jemand behindert ist, lebt er auch normal weiter, auch das wäre von der Natur nicht vorgesehen? Keine Ahnung also, was sich deine Bekannte bei dieser Aussage gedacht hat.

Die natürliche Selektion hat uns dorthin gebracht, wo wir jetzt sind und die Menschheit wird früher oder später einfach ihren Hochpunkt erreichen und dann gab es uns. Es ist nicht möglich, dass wir diese Erde immer mehr und mehr bevölkern, dass lässt die Natur nicht mit sich machen und irgendwann wird sich das rächen. Es ist also fraglich ob es ''gut'' ist, dass wir es bisher überhaupt dahin geschafft haben. Aber wenn deine Bekannte unbedingt auf der natürlichen Selektion besteht, dann kann sie sich ja dafür einsetzen, dass wir in Zukunft unsere ganze moderne Welt hinter uns lassen und zur Natur zurückkehren, denn nur dort kann die Evolution ihren Lauf nehmen. Das die Menschheit sich demnach selbst zerstört, versteht sich von selbst und dürfte kein Geheimnis mehr sein. Es ist nur noch eine Frage der Zeit.

Diamante hat geschrieben:Irgendwie hat sie ja Recht, wenn man mal darüber nachdenkt. Sie geht auch noch weiter. Sie meint, dass die ganzen Naturkatastrophen deswegen passieren, weil die natürliche Selektion durch den Menschen verhindert wird und deswegen müssen Naturkatastrophen wie Erdbeben, Tsunamis und Überschwemmungen her.


Keine Ahnung wie sie sich das vorstellt, aber da sitzt kein alter Mann mit grauem Bart im Himmel, der die böse Welle über die Insel schickt oder sich einen Tornado zurechmixt. Was für ein Blödsinn! Vielleicht kommt die Welle aber auch selbst drauf und nimmt sich vor, hey du, lass uns mal diese Insel da drüben wegfegen. Naturkatastrophen sind zufällige Begebenheiten, letztendlich rühren sie natürlich auch von der Klimaerwärmung her. Die Natur ist jetzt aber nicht in der Lage bewusst zu entscheiden, dass jetzt ein paar Menschen sterben müssen. Vielleicht sollte sich deine Bekannte mal in den Biologieunterricht aus der 8ten setzten, da lernt sie sicher noch was dazu.

Diamante hat geschrieben:Irgendwie hat mich das zum Nachdenken gebracht, ob man wirklich durch Hilfe die Evolution verhindert? Was denkt ihr darüber? Sollte man wirklich so hart sein und die Menschen sich selbst überlassen, damit wirklich nur der Stärkere überlebt und die Evolution weiterhin eine Chance hat?


Natürlich verhindern wir die Evolution. Aber doch nicht damit, dass wir der dritten Welt helfen! Wir tun es durch unseren Fortschritt. Selbstverständlich gibt es weiterhin eine gewisse Selektion, ''Mutanten'', beispielsweise Albinos, haben ja durch unser durch das von uns geschaffene Schönheitsideal (somit eigentlich unser selbst geschaffener, künstlicher Selektionsdruck) geringere Fortpflanzungschancen, als andere Menschen, demnach werden sie ausselektiert. Und würde jetzt die Kleidungsindustrie anfangen nur noch Kleidung in kleineren Größen herzustellen, würden bald die Übergewichtigen ''ausselektiert'' denn fett sein, wäre teuer. Eine gewisse Selektion besteht natürlich nach wie vor, auch in der Tierwelt, nur kommt der Druck jetzt von einer ganz anderen Seite.

Ein gutes Beispiel hierfür ist jetzt der Birkenspanner. Der Birkenspanner war ursprünglich ''dreckig weiß'' und somit bestens an die Brikenrinde angepasst, er wurde kaum gefressen. Durch die Populationsänderung und Zunahme der Luftverschmutzung im 20. Jahrhundert, verfärbten sich viele Birkenrinden in England schwarz, aufgrund des Russes. Unter den Birkenspannern gab es allerdings ab und an Mutanten, die schwarz waren und vorher natürlich stark in der Minderheit, denn auf der weißen Birke wurden sie schnell gesehen und gefressen. Nun waren sie bestens angepasst und um 1960 dominierte diese Art in England.

Die natürliche Selektion ist demnach nicht aufzuhalten, aber es sind nun oftmals wir Menschen, die den Druck in eine Richtung ausüben. Würden wir das wieder ändern wollen, müssten wir unsere modernen Welt den Rücken kehren und wieder in der Natur leben. Die dritte Welt sich selbst zu überlassen, ist kein Fortschreiten der Evolution, sondern Wahnsinn, denn schließlich ist es mehr oder weniger unsere Schuld, dass diese Menschen jetzt da sind, wo sie sind. Wir hätten genauso gut sagen können, nein, wir geben euch keine Impfstoffe, ihr bekommt keine Elektrik und ärztliche Versorgung etc. Dann wäre die Sterberaten bei den Neugeborenen so hoch wie früher, mehr Menschen würden an Krankheiten sterben und die Population würde erheblich verringert...so lange bist nur noch so viele Menschen in Afrika leben, die sie auch selbst mit Nahrung versorgen können.

Letztendlich ist es also Schwachsinn, deine Bekannte hat eine sehr fragwürdige Definition der Evolution, die sie wirklich noch mal revidieren sollte. Man sollte schon wissen, wovon man redet, wenn man mit solchen Behauptungen ankommt.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


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