Wann ist man unzurechnungsfähig?
Ich schaue mir sehr gerne Krimis oder Thriller an. Gerade bei irgendwelchen Fernsehsendungen, die größtenteils vor Gericht ablaufen oder damit zu tun haben, hört man immer wieder, dass jemand "unzurechnungsfähig" sei. Auch in Filmen scheinen viele so einem Urteil entkommen zu wollen. Also ist das wohl ein altbekannter Trick, der scheinbar oft eingesetzt oder zumindest versucht wird.
Ich denke mal, dass der Angeklagte in einem solchen Fall einige psychologische Tests durchführen muss und dann eben ein psychologisches Gutachten bekommt. Mich würde es mal interessieren, wie man unzurechnungsfähig sein kann. Ich war schon habe schon sehr häufig mal einen über den Durst getrunken und dann konnte ich mich oft am nächsten Tag nicht mehr daran erinnern, was ich alles betrunken gemacht habe. Ich glaube, dass man in solchen Zeitpunkten als unzurechnungsfähig gilt oder? Was für Fälle sind euch noch bekannt, in denen jemand scheinbar unzurechnungsfähig ist?
Also eigentlich sagt man wenn man schon nicht mehr geschäftsfähig ist, ist man auch unzurechnungsfähig. Dann ist man auch gleichzeitig teilweise oder sogar voll schuldunfähig. Allerdings wird man dann auch im konkreten Fall unter staatlicher Betreuung gestellt oder eben in eine Anstalt eingewiesen. Der letzte genannte Aspekt wird in der Regel dann am meisten angewandt, weil in den meisten Fällen auch keine rasche Besserung in Sicht ist.
Zunächst einmal ist der Begriff Unzurechnungsfähigkeit veraltet. Heute spricht man von Schuldunfähigkeit. Schuldunfähig ist man, wenn man seine eigenen Handlungen nicht zum Zeitpunkt einer Straftat nicht steuern kann oder nicht erkennen kann, dass man sich mit seinem Handeln schuldig macht. Das Strafgesetzbuch listet in § 20 verschiedene psychische Ursachen für den Zustand der Schuldunfähigkeit auf:
1. Die krankhaften seelischen Störung - Von ihr wird gesprochen, wenn das Gehirn des Täters sozusagen nicht mehr richtig arbeitet, so z.B. wenn er unter starkem Alkohol- oder Drogeneinfluss steht. Bei einem Tötungsdelikt, bei welchem der Täter zur Tatzeit eine Blutalkohol-Konzentration von mindestens 3,3 Promille hat, wird davon ausgegangen, dass er schuldunfähig ist. Bei 2,2 Promille gilt er nur noch als vermindert schuldfähig.
2. Die tiefgreifende Bewußtseinsstörung - Hierzu zählen Faktoren wie emotionale Verwirrtheit, massive Übermüdung oder Erschöpfung. Taten, die aufgrund einer solchen akuten Belastungsstörung verübt werden, können dem Täter zu einem Freispruch wegen Schuldunfähigkeit verhelfen.
3. Der Schwachsinn - (Ja, im Gesetzestext wird tatsächlich von "Schwachsinn" gesprochen!) Jemand, der an Demenz erkrankt ist, oder wegen eines verminderten Intelligenzquotienten als geistig behindert eingestuft wird, ist entweder vermindert schuldfähig oder schuldunfähig. Der IQ wird dabei in verschiedenen Abstufungen betrachtet. Wer einen IQ von 50 bis 70 hat, gilt nur als leicht geistig behindert. Von einer schweren geistigen Behinderung spricht man bei 20 bis 35 IQ-Punkten.
4. Schwere andere seelische Abartigkeit(en) - (Wieder so ein toller Ausdruck: "Abartigkeit"!) Wer z.B. unter einer Persönlichkeitsstörung leidet oder an einer Suchterkrankung (darunter fallen auch Kaufsucht, Spielsucht etc.), kann als schuldunfähig eingestuft werden.
Inwieweit man aufgrund der genannten Faktoren komplett schuldunfähig ist oder zumindest nur vermindert schuldfähig, wird von Medizinern, Psychiatern und den Rechtsorganen entschieden. Wer als schuldunfähig eingestuft wird, kann zwar für die eigentliche Tat nicht bestraft werden. Aber das Gericht kann beschließen, den Betreffenden in eine psychiatrische Anstalt, Entzugsklinik zur Sicherungsverwahrung in ein Gefängnis einzuweisen.
Kinder bis zum 14. Lebensjahr gelten übrigens nach § 19 StGB ebenfalls als schuldunfähig.
Doreen82 hat geschrieben:4. Schwere andere seelische Abartigkeit(en) - (Wieder so ein toller Ausdruck: "Abartigkeit"!) Wer z.B. unter einer Persönlichkeitsstörung leidet oder an einer Suchterkrankung (darunter fallen auch Kaufsucht, Spielsucht etc.), kann als schuldunfähig eingestuft werden.
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Das ist kompletter Unsinn, denn ein Kaufsüchtiger oder eben auch ein Spielsüchtiger ist vollkommen schuldfähig. Selbst bei extrem hohen Schulden muss er für diese entstandenen Schulden aufkommen. Natürlich immer nach seiner aktuellen finanziellen Situation. Diese Leute können nicht einmal im Ansatz als unzurechnungsfähig oder schuldunfähig eingestuft werden.
Selbst bei einer leichten Persönlichkeitsstörung wird das Vorhaben so nie klappen, denn die Art der Schwere der Erkrankung ist einfach nicht gegeben. Es muss schon eine sehr schwere Persönlichkeitsstörung vorliegen, damit man als schuldunfähig gilt. Aus meine Tätigkeit als Suchtberater kann ich es nur so bestätigen.
karlchen66 hat geschrieben:Das ist kompletter Unsinn, denn ein Kaufsüchtiger oder eben auch ein Spielsüchtiger ist vollkommen schuldfähig. Selbst bei extrem hohen Schulden muss er für diese entstandenen Schulden aufkommen. Natürlich immer nach seiner aktuellen finanziellen Situation. Diese Leute können nicht einmal im Ansatz als unzurechnungsfähig oder schuldunfähig eingestuft werden.
Du vermischt hier die Begriffe Schulden und Schuld. Schulden entstehen logischerweise, wenn man mehr Geld ausgibt, als man eigentlich zur Verfügung hat. Schulden machen ist aber per se kein Verbrechen. Wäre dem so, würde keine Bank jemals einen Kredit vergeben. Schuldig ist man nur dann, wenn man gegen die in Deutschland geltenden Gesetze verstoßen hat.
Allerdings kann es sein, dass ein Kaufsüchtiger, aufgrund seiner Suchterkrankung erheblich in seiner Einsichtsfähigkeit und seinem Hemmungsvermögen eingeschränkt ist. Seine Persönlichkeit verändert sich durch seine Sucht. Dies wiederum kann (ich sage bewusst kann, nicht muss) vor Gericht anerkannt werden, wenn der Erkrankte beispielsweise mehrfach Ladendiebstähle begangen hat, weil ihm sämtliche Kreditkarten gesperrt worden sind.
Als weiterführende Literatur kann ich dir "Praxis Rechtsmedizin: Befunderhebung, Rekonstruktion, Begutachtung" von Burkhard Madea empfehlen.
karlchen66 hat geschrieben:Doreen82 hat geschrieben:4. Schwere andere seelische Abartigkeit(en) - (Wieder so ein toller Ausdruck: "Abartigkeit"!) Wer z.B. unter einer Persönlichkeitsstörung leidet oder an einer Suchterkrankung (darunter fallen auch Kaufsucht, Spielsucht etc.), kann als schuldunfähig eingestuft werden.
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Das ist kompletter Unsinn, denn ein Kaufsüchtiger oder eben auch ein Spielsüchtiger ist vollkommen schuldfähig. Selbst bei extrem hohen Schulden muss er für diese entstandenen Schulden aufkommen. Natürlich immer nach seiner aktuellen finanziellen Situation. Diese Leute können nicht einmal im Ansatz als unzurechnungsfähig oder schuldunfähig eingestuft werden.
Schuldunfähig sein hat aber nichts mit Schulden zu tun. Wenn man irgendwo einen Schaden anrichtet, kann es sein, dass man aufgrund Schuldunfähig strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen, also nicht verurteilt wird. Man wird also nicht wegen der Straftat verurteilt. Dennoch muss man für den entstandenen Schaden aufkommen, das ist dann aber nicht mehr Strafrecht sondern Zivilrecht.
Allerdings heißt das auch nicht, dass sich jeder auf "Kaufsucht" oder irgendeine andere Sucht berufen kann. Denn um deshalb schuldunfähig zu sein, muss es sich schon um eine extreme Form handeln und das kommt nun auch nicht so oft vor.
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