Verrat, wenn man Witwe ist und sich neu verliebt?
Nein, ich denke nicht dass es ein Verrat an dem verstorbenen Partner ist, wenn man sich neu verliebt; meist kann man es sich doch eh nicht aussuchen, ob man sich verliebt oder nicht, sondern es passiert einfach. Ich kann verstehen, dass man vielleicht anfangs so denkt, trauert und sich gar nicht vorstellen kann, dass man wieder so jemanden findet, aber wenn es passiert, passiert es eben und ich denke man sollte diese Gefühle dann auch zulassen.
Wenn ich mir nun versuche vorzustellen, dass ich sterbe und mein Freund nach meinem Tod eine neue Frau findet, ist das natürlich kein unbedingt schönes Gefühl und ich fühle schon eine kleine Eifersucht, dass mein Freund nun mit einer anderen Person all die Dinge erleben kann, die er mit mir nicht mehr erleben wird. Aber ich möchte gewiss nicht, dass mein Freund nun des Rest seines Lebens ohne Partnerin bleibt, weil er um mich trauert.
Man kann doch auch weiterhin um einen geliebten Menschen trauern, und dennoch weiterleben. Wenn eure Freundin nun einfach noch nicht soweit ist, oder eben noch nicht die passende Person gefunden hat, ist das doch ok. Lasst ihr doch die Zeit; es wird schon irgendwann passen und selbst wenn nicht; dann ist das eben so. Natürlich ist es auch nicht richtig, wenn sie alles abblockt, aber wenn man mir sagen würde, ich solle mich doch mal neu verlieben, wäre ich genervt.
Wenn sie nun wirklich der Meinung ist, keinen anderen Mann mehr lieben zu können aus Resept vor ihrem verstorbenen Mann, kann da niemand etwas dran ändern und nur sie selbst muss sich damit wohl fühlen. Findet sie irgendwann wieder jemanden, dann ist das doch schön, aber das braucht sicher auch seine Zeit; egal ob es Monate, oder Jahre sind.
Ich kann deine Freundin auch sehr gut verstehen und ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es für sie richtig tragisch war und dass sie sich immer noch an ihn gebunden fühlt, weil es ja niemals eine richtige Trennung oder eine Aussprache zwischen den beiden gegeben hat, die die Beziehung zwischen den beiden beendet hat. So sind die beiden, rein theoretisch, ja immer noch zusammen und miteinander verheiratet.
Ich an eurer Stelle würde eurer Freundin einfach noch sehr viel mehr Zeit lassen. Es ist nicht einfach, wenn man eine geliebte Person durch einen plötzlichen Tod verliert. Auch wenn es schon 5 Jahre her ist, zeigt ihr Verhalten dennoch, dass sie noch nicht über den Tod hinweg ist und somit auch noch nicht reif genug für eine neue Beziehung ist.
Ich denke, dass eure Freundin schon merken wird, wenn sie sich neu verliebt und dann vielleicht noch ein zweites Mal einen Mann findet, mit dem sie den Rest ihres Lebens verbringen will. Aber das dauert auf jeden Fall sehr viel Zeit und deswegen solltet ihr ihr alle Zeit der Welt lassen, weil es nichts bringen wird, wenn ihr sie dazu drängt. Wenn sie körperlich und vor allem seelisch dazu bereit ist eine Person wieder so zu lieben, dann wird sie es auch von sich aus tun.
Nun gehe ich zwar auch davon aus, dass ich nach meinem Tod nichts mehr mitbekomme, aber angenommen, es wäre doch so, dann wüsste ich doch vermutlich – oder ziemlich sicher sogar – auch, dass Liebe eben auch bedeutet, dass man möchte, dass es dem geliebten Menschen möglichst gut geht. Wenn ich also selbst tot wäre und wüsste, dass ich meinen geliebten Menschen nur sehen kann, dann würde ich sicherlich auch wissen, dass weder ich ihm meine Liebe geben kann noch er mir seine, weil ich ja nun mal tot bin. Ich wüsste dann aber auch, dass meine Liebe zu diesem Menschen eben beinhalten sollte, dass ich ihm wünschen würde, dass er glücklich werden kann und nicht sein verbleibendes Leben lang um mich trauert.
Insofern würde ich also natürlich hoffen, dass mein noch lebender Partner einen neuen Menschen finden könnte, den er lieben kann, wenn ich schon nicht mehr zur Verfügung stehe. Ich denke nämlich, dass es wichtig ist, jemanden lieben zu können, also Liebe zu geben und sie eben nicht nur zu empfangen. Schon aus diesem Grund wäre es für mich wünschenswert, dass mein Partner einen neuen Wegbegleiter findet.
Was daran nun genau ein Verrat sein soll, weiß ich nicht wirklich, weil ich denke, dass Deine Freundin den Tod ihres Mannes lediglich verarbeiten würde. Ihr Mann müsste den Platz in ihrem Herzen nie verlieren, wenn sie sich auf eine neue Liebe einlassen würde und sie würde diese vergangene Liebe auch mit einer neuen nicht verleugnen. Verrat ist also meiner Meinung nach das falsche Wort, auch, wenn ich ihre Haltung irgendwie nachvollziehen kann. Ich denke, dass sie das tun wird, was für sie machbar ist und ich glaube auch nicht, dass sie sich aus irgendwelchen Gründen der Sturheit nicht auf eine neue Liebe einlassen will, sondern ihre Trauer einfach noch nicht vollständig verarbeitet hat. Dafür sollte man ihr sicherlich Zeit geben und ich würde sie nun auch nicht weiter unter Druck setzen, was einen neuen Partner angeht, auch, wenn Ihr grundlegend sicherlich Recht damit habt, dass ihr eine neue Liebe gut tun würde – aber eben wiederum nur dann, wenn sie auch bereit dafür ist. Und das ist sie offenbar noch nicht.
Dies ist sicher eine sehr subjektive Meinung und jeder Mensch hat eine andere Vorstellung vom Tod bzw. der Möglichkeit eines Lebens danach. Wer davon überzeugt ist, die Verstorbenen beobachten ihre Angehörigen, nachdem sie aus dem Leben geschieden sind und wachen über sie, wird es sicher eher als "Verrat" gegenüber seinem Partner empfinden, wenn man sich irgendwann jemanden anderen sucht.
Auf der anderen Seite würde ich an der Stelle der Verstorbenen aber auf jeden Fall wollen, dass mein Partner irgendwann über mich hinwegkommt und wieder so glücklich wie möglich werden kann. Jeder Mensch hat nur ein Leben, weshalb sollten dann die Verstorbenen wütend oder enttäuscht sein, wenn die Lebenden dieses genießen wollen, solange sie die Möglichkeit dazu haben?
Ich kann deine Freundin zwar ebenfalls verstehen, jedenfalls dahingehend, dass sie Angst hat, die Erinnerung an ihren Ehemann mit neuen Erlebnissen und vielleicht einer neuen Liebe zu überdecken. Ich finde aber auch, sie hat bereits soviel durchgemacht, dass sie es verdient hat, sich (wieder) dem Leben zuzuwenden und sich nicht von der Trauer zerstören zu lassen. Natürlich soll sie ihren Mann nicht vergessen, er sollte sogar immer einen Platz in ihrem Herzen behalten. Doch würde es mir für deine Freundin sehr leid tun, wenn sie all ihre Lebenskraft und -freude mit dem Tod ihres Mannes endgültig begraben hätte.
Von einer alten Schulfreundin ist vor einigen Jahren der Vater nach langer Krankheit verstorben. Für alle Familienmitglieder war dies natürlich eine furchtbare Zeit, in der sie viel getrauert und gelitten haben. Mittlerweile hat die Mutter aber einen neuen, sehr netten Lebensgefährten gefunden, der nun auch in das Haus eingezogen ist, in der auch die alte Familie gemeinsam gelebt hat. Jeder weiß, dass der neue Partner der Mutter nie den Platz des Familienvaters besetzen können wird, doch sie mögen ihn als neues Familienmitglied und haben eine neue Lebensphase eingeleitet.
Als ich vor kurzem bei der Freundin zu Besuch war, hing noch immer eine große, gerahmte Fotografie der Familie im Wohnzimmer, die zu Lebzeiten des Vaters aufgenommen worden ist. Dies war für mich das beste Zeichen, dass trotz der Tatsache, dass sich die Mutter neu verliebt hat und ein neuer Mann in das Haus eingezogen ist, der frühere Ehemann stets einen Platz in den Gedanken und Erinnerungen der Familie behalten wird und niemand versuchen möchte, ihn gänzlich durch jemand anderes zu ersetzen. Könnte der Vater sehen, wie glücklich die Familie wieder geworden ist, würde er sich sicherlich sehr freuen.
Also ich sehe das sehr zwiespältig, wenn eine Frau/Witwe das selbe gilt jedoch auch für den Witwer neu verliebt ist. Das Zwiespältige finde ich immer, wenn man die zeitlichen Abstände zum Ableben des Ehemanns der Ehefrau betrachtet und der Neuverliebung. Sicherlich gibt es für die Liebe keine angemessene Zeiträume, aber es wäre schon sehr seltsam, wenn der Ehemann vor 1 Monat verstorben ist und die Witwe erneut verliebt ist.
Ich würde es auf jeden Fall in Ordnung finden, wenn eine Witwe sich neu verliebt, aber nicht ein paar Wochen nach dem Todestag, denn man hat dort denke ich noch andere Dinge im Kopf als sich direkt neu zu verlieben. Ansonsten sehe ich einer neu Verliebung positiv entgegen, wobei ich es mir persönlich nicht vorstellen kann.
Eine erneute Liebschaft muss auch für die Witwe oder den Witwer gar nicht bedeuten, dass man an den verstorbenen Ehepartner keinen Gedanken mehr verschwendet. Viele retten sich auch in einer neuen Beziehung, weil sie den Tod des Ehepartners nicht verarbeiten konnten. Man sollte somit immer einige Aspekte bedenken, um wirklich urteilen zu können.
Na ja, es heißt ja auch "bis das der Tod euch scheidet" und das ist hier wohl der Fall. Anstelle der Frau hätte ich nach fünf Jahren kein schlechtes Gewissen mehr, mich neu zu verlieben. Es war bestimmt nicht im Sinne des Mannes, dass sie nun ewig unglücklich sein und ihm bis zum eigenen Tod hinterhertrauern wird. Egal, wie sehr man jemanden geliebt hat, irgendwann muss das Leben doch weitergehen und nach fünf Jahren sollte man sich doch zusammenreißen oder zumindest in Therapie gehen können.
Wenn ich sterben würde, würde ich auch nicht von meinem Partner verlangen, mir bis über meinen Tod hinaus "treu" zu bleiben, falls man das überhaupt so nennen kann. Natürlich würde ich davon ausgehen, dass er mir eine Weile hinterhertrauern und in dieser Zeit auch nicht zum Trost mit jeder X-Beliebigen ins Bett hüpfen würde. Das ist für mich in der Phase, in der man den Tod des Partners verarbeitet, selbstverständlich. Aber ich wäre bestimmt nicht eifersüchtig bei dem Gedanken, dass er nach ganzen fünf Jahren wieder jemanden kennenlernt, in den er sich verliebt. Man verliebt sich schließlich mehrmals im Leben und ob das Jahre nach meinem Tod oder nach einer Trennung stattfindet, macht für mich keinen Unterschied.
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