Eine Firma im Lebenslauf = zuwenig Erfahrung?

vom 25.11.2011, 08:21 Uhr

Ich hatte nun zahlreiche Bewerbungsgespräche. Bei einem Bewerbungsgespräch musste ich jedoch schmunzeln, denn der Herr und Chef des Unternehmens meinte zu mir, das er lieber Bewerber nimmt, die mehrere Anlaufstellen bzw. bei mehreren Unternehmen gearbeitet haben als Bewerber, die jahrelang bei ein- und demselben Unternehmen gearbeitet haben. Wenn man mehrere Unternehmen durch hat, hätte man mehr Erfahrung, als wenn man nur bei einem Unternehmen jahrelang gearbeitet hat. Ich war etwas verwundert, denn wenn man z.B. 12 Jahre wie mein Partner in ein- und demselben Unternehmen am Stück arbeitet, sogar die Ausbildung noch dort abgeschlossen hat und aufgestiegen ist im Laufe der Jahre, heißt dies doch mehr, als wenn man nach einem oder zwei Jahre immer wieder den Arbeitgeber gewechselt hat oder etwa nicht?

Ich war etwas verwundert, jedoch finde ich es auch positiv, das er Bewerbern die Chance gibt, die durch Jahresverträge gekündigt bekamen, sich bei ihm zu bewerben. Er möchte auch keine Bewerber, die nur die Note 1 und 2 im Zeugnis haben. Bei ihm müssen die Bewerber schon mal ne 3 oder eine 4 im Zeugnis haben, denn er hätte die Erfahrung gemacht, das Bewerber mit nur der Note 1 und 2 versuchen besserwisserisch zu sein dem Chef gegenüber und zu meinen, das sie anhand ihrer Noten mehr Wissen haben als Andere.

Was sagt ihr zu diesen Kommentaren des Chefs? Findet ihr auch, das man mit einem einzigen Unternehmen im Lebenslauf weniger Erfahrung aufweisen könnt?

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» SybeX » Beiträge: 3896 » Talkpoints: 11,19 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Wieso schmunzelst du da? Es muss ja nicht schlecht sein, wenn jemand jahrelang in einem Unternehmen war und dort aufgestiegen ist. Aber wie du vielleicht schon mitbekommen hast, unterscheiden sich gewisse Dinge immer von Firma zu Firma und da kann es leicht passieren, dass man dann eben weniger anpassungsfähig ist, wenn man nur jahrelang in einem Unternehmen gearbeitet hat. Wenn man hingegen die Geflogenheiten von mehreren Firmen kennt, dann weiß man auch, dass es da teilweise recht große Unterschiede in der Arbeitsweise usw. gibt und ich denke schon, dass man da nicht wenig Erfahrung sammeln kann.

In gewissen Branchen ist es ja üblich, dass sie ihre Auszubildenden gern übernehmen und diese dann die Chance bekommen, im Unternehmen aufzusteigen. Wieso sollte man dann auch welche von Außerhalb nehmen, wenn die am besten von Anfang an eingearbeitet sind und alles genau kennen,inkl. den Marotten des Chefs? Ich denke es ist nicht verkehrt, wenn man also nicht so festgefahren ist und in verschiedenen Unternehmen rein geschnuppert hat und genau das wird die Ansicht dieses Menschen gewesen sein, vermute ich.

Sicherlich kann es auch schlecht sein, wenn man alle zwei Jahre den Arbeitgeber und die Firma wechselt. Dafür muss es dann ja einen Grund geben und den wird der Chef dann aber erfragen. Vielleicht ist es wirklich, um Erfahrung zu sammeln und der Grund wäre meiner Meinung nach dann durchaus plausibel. Wenn man natürlich immer selbst nach zwei Jahren immer gekündigt wurde, sieht das dann schon etwas anders aus.

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge


Ich finde die Einstellung des Chefs nicht ganz in Ordnung. Es ist doch besonders gut, dass jemand lange bei einem Unternehmen arbeitet und sich dort auch hoch gearbeitet hat. Das zeigt doch, wie wertvoll der Mitarbeiter für das Unternehmen ist. Außerdem kann er Arbeitserfahrung vorweisen, diese wird auch tiefgründig sein, wenn man jahrelang dort gearbeitet hat. Zu viele Unternehmen im Lebenslauf finde ich nicht gut und das sieht mein Chef genauso. Das heißt, dass der Mitarbeiter es nicht lange irgend wo aus hält und er auch nicht wertvoll für das jeweilige Unternehmen ist und auch keine gute Arbeit leistet.

» Jenna87w » Beiträge: 2149 » Talkpoints: 0,47 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Ich finde nicht, dass man mehr Erfahrung hat, wenn man schon in mehreren Unternehmen gearbeitet hat. Man kann auch in ein und demselben Unternehmen seine Erfahrungen sammeln und gut in seinem Job sein, dazu muss man nicht dauernd das Unternehmen gewechselt haben. Vielleicht meinte der Chef auch eher die Erfahrung, sich besser in neue Gegebenheiten anzupassen, weil man das ja oft musste wenn man das Unternehmen gewechselt hat.

Ich denke aber, man kann nicht jeden über einen Kamm scheren. Weder jemand der nur in einem Unternehmen gearbeitet hat, noch jemand der schon mehrere Unternehmen durch hat. Beide können gut sein, es kann aber auch genauso gut sein, dass einer von beiden trotz der Erfahrung gar nicht so gut ist wie man sich das vielleicht denkt. Es kommt für mich eher auf den Einzelfall an und auf die Unterlagen und nicht auf die Anzahl der Firmen, in denen man schon gearbeitet hat.

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» Vampirin » Beiträge: 5979 » Talkpoints: 30,32 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



SybeX hat geschrieben:Was sagt ihr zu diesen Kommentaren des Chefs? Findet ihr auch, das man mit einem einzigen Unternehmen im Lebenslauf weniger Erfahrung aufweisen könnt?


Die Ansichten dieses Arbeitgebers kann ich auch nur bedingt teilen und halte sie in erster Linie für Vorurteile, die man so eigentlich nicht stehen lassen kann. Auch ich meine, dass nur Einsen im Zeugnis nicht unbedingt gut sein müssen, aber dass jemand deshalb besserwisserisch gegenüber dem Vorgesetzten auftritt, ist doch wohl sehr weit aus der Luft gegriffen und trifft sicherlich nicht grundlegend zu, sondern eher im Einzelfall, wenn überhaupt.

Dass jemand in mehr als einem Unternehmen gearbeitet haben sollte, bevor er zu diesem Arbeitgeber kommt, ist wohl eine Sichtweise, die eher in Ordnung geht, denn ich denke, dass es ausgleichenderweise auch Arbeitgeber geben muss, die eher solche Arbeitnehmer bevorzugen, die weniger Glück mit ihren bisherigen Arbeitsstellen hatten – oder eben zu unbeständig, um immer an einem Ort zu arbeiten, denn ich denke, solche Arbeitnehmer gibt es auch und nicht jedes Ende einer Zusammenarbeit zwischen einem Arbeitnehmer und einem Arbeitgeber hat einen befristeten Arbeitsvertrag als Grundlage.

Ob es sich also bei seinen Bemerkungen um vermeintliche Argumente handelt, die aus seinen persönlichen Erfahrungen herrühren oder ob das bei ihm eher eine Schutzbehauptung ist, die er jedem Bewerber zukommen lässt, den er nicht einstellen will und in dessen Fall er sein Desintersse mit der zu wenigen Berufserfahrung eines Arbeitnehmers begründen kann, kann ich nicht sagen. Ich denke zwar auch, dass es recht hilfreich sein kann, wenn ein Bewerber in verschiedenen Branchen denselben Beruf ausgeübt hat, weil sich damit häufig ein umfangreicheres Grundwissen zu ein- und derselben Tätigkeit ergibt, aber es ist dennoch nicht von der Hand zu weisen, dass viele kürzere Einsätze in verschiedenen Unternehmen nicht unbedingt darauf hindeuten, dass der Arbeitnehmer sich auch längerfristig in einem Unternehmen wohlfühlt.

Ob mir das als Arbeitgeber nicht wiederum zu unsicher wäre, kann ich nicht mit Sicherheit sagen, aber ich denke, ich würde vermutlich doch lieber einen Arbeitnehmer einstellen, der über eine längere Dauer in einem einzigen Unternehmen war, weil ich in einem solchen Fall eher davon ausgehen würde, dass derjenige wirklich gute Arbeit geleistet hat und eben auch deshalb seinen Posten behalten konnte

Im Endeffekt, denke ich aber, wird es vermutlich noch ganz andere ausschlaggebende Faktoren bei der Bewerberauswahl geben, die darüber entscheiden, wer genau genommen wird. Es kann sicherlich keine grundlegend positive Taktik sein, die dem Arbeitgeber auch jeweils immer zugute kommt, wenn er ausschließlich Bewerber auswählt, die möglichst viele Wechsel zwischen Unternehmen hatten. Vor allem in den Fällen, in denen diejenigen aus irgendwelchen Gründen entlassen wurden, was der Bewerber ja auch durchaus im Vorstellungsgespräch galant verschweigen kann, könnte ich mir gut vorstellen, dass dieser Arbeitgeber seine Entscheidung für den unbeständigen Arbeitnehmer eines Tages bereut und sich bei seiner dann erneuten Suche nach einem Nachfolger doch eher an jemanden halten wird, der mehrere Jahre in einem einzigen Unternehmen gearbeitet hat, um sich dann auf eigenen Wunsch hin neu zu orientiren - aus gut argumentierten Gründen.

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» moin! » Beiträge: 7218 » Talkpoints: 22,73 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Ich muss ganz ehrlich sagen, wenn ich Arbeitgeber wäre, würde ich wahrscheinlich keinen Arbeitnehmer einstellen wollen, der seit mehr als 10 Jahre in einem Betrieb gewesen ist und da sogar die Ausbildung gemacht hat und mein Arbeitsplatz nun der nächste wäre. Die lange Betriebszugehörigkeit spricht an sich für den Arbeitnehmer, das gebe ich zu. Loyalität und so weiter. Kann mir als Arbeitgeber ja an sich nur Recht sein, wenn ich jemanden einstelle, der auf Dauer bleibt und nicht ständig seine Stelle wechselt und neue Herausforderungen sucht.

Allerdings kenne ich auch die andere Sicht aus meinem Berufsleben. Ich habe in mehreren Betrieben gearbeitet, in denen meine Kolleginnen entweder schon seit Jahren dort gearbeitet haben, zum Teil schon Jahrzehnte oder sie haben gar dort schon ihre Ausbildung gemacht und haben noch nie wo anders gearbeitet als in dem Betrieb. Und die waren total auf ihren Arbeitsablauf eingeschossen, was ja an sich nicht schlecht ist. Aber ich war in mehreren Betrieben und habe halt überall ein wenig was mitgenommen. Klar habe ich auch Sachen anders gemacht. Was teilweise Bestürzung auslöste, weil man das überhaupt nicht kannte.

Ich war lange im Betrieb meines Vaters angestellt. Meine Ausbildung habe ich zum Glück wo anders gemacht. Im Betrieb meines Vaters war auch meine Tante angestellt. Die hatte dort auch ihre Ausbildung gemacht. Ich kam da rein, mit neuen Ideen, frisch aus der Ausbildung und so weiter und die Sätze, das haben wir noch nie gemacht, das lässt sich nicht verkaufen, dafür haben wir keine Kundschaft und so weiter wurden mein ständiger Begleiter. Heute nenne ich es betriebsblind.

Ich würde die Aussage aber auch noch am Alter des Bewerbers fest machen. Ein Bewerber der Anfang 20 Jahre ist, der kann außer in seinem Ausbildungsbetrieb noch nicht viele Betriebe gesehen haben. Wenn mir ein junger Mensch mit einer Liste von 20 Stellen ankäme, wäre mir das suspekt. Ein Arbeitnehmer der aber schon über 40 Jahre alt ist und in dem Lebenslauf taucht nur ein Arbeitgeber auf, da würde ich schon ins Grübeln kommen. Etwas anderes wäre es in dem Fall, wenn der Arbeitnehmer selbstständig tätig war.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge


Ich denke, es kommt weniger auf die Anzahl der Unternehmen, für die man gearbeitet hat, an, sondern vielmehr auf die Anzahl und die Vielfalt der geleisteten Aufgabenbereiche und Projekte. Jemand der immer nur denselben Job macht, beispielsweise Rechnungen in eine SAP-Auswertetabelle einzutippen, hat nicht wirklich mehr Erfahrung, wenn er stets dieselbe Aufgabe bei zehn verschiedenen Unternehmen erfüllt hat. Die Anzahl der Unternehmen sagt daher - meiner Meinung nach - wenig über die Erfahrung aus, die jemand mit sich bringt. Viel wichtiger ist, dass jemand zeigen kann, dass er während seiner beruflichen Laufbahn sich stets weiter entwickelt hat und einem "roten Faden" gefolgt ist. Diese Information kriegt man jedoch nur im direkten Gespräch heraus und nicht aus einem Lebenslauf.

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» Cloud2907 » Beiträge: 23 » Talkpoints: 11,31 »



Ich finde die Ansichten dieses Chefs nicht völlig verkehrt, aber ich würde ihm auch nicht völlig zustimmen. Das eine war ja die Sache mit den Zensuren. Grundsätzlich nur Bewerber einzustellen, die mittelmäßig Zensuren haben, weil diese nicht alles umkrempeln wollen, ist wohl entweder Sturheit oder aber einfach nur ein Vorurteil. Es könnte aber auch von einer gewissen Unsicherheit des Chefs selbst zeugen. Natürlich können einige Bewerber mit sehr guten Noten durchaus auch schon mal arrogant sein und versuchen alles umzukrempeln. Andererseits können neue Impulse doch auch sinnvoll sein und dem Unternehmen gut tun.

Dass ein Bewerber, der nicht nur Jahre sondern schon Jahrzehnte nur in einem Unternehmen arbeitet unter Umständen weniger Berufserfahrung hat als ein Bewerber, der schon in verschiedenen Unternehmen gearbeitet hat, ist schon eher nachvollziehbar. Allerdings halte ich es auch für verkehrt hier allgemeingültige Maßstäbe nutzen zu wollen. Man kann gut in einem Unternehmen die verschiedensten Erfahrungen sammeln und sich weiter entwickeln. Man aber auch als Mensch, der sich nicht anpassen kann, regelmäßig die Arbeitsstellen wechseln ohne dass man dadurch viele Erfahrungen sammeln kann.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Wieso sollte es schlimm sein, wenn ein potentieller Arbeitgeber solche Ansichten hat? Sicher mag es ungewöhnlich sein, aber andererseits ist es auch nicht gut, wenn man regelmäßig seinen Arbeitsplatz wechselt. Gerade, wenn man in einer Firma Aufstiegschancen hat oder sich da pudelwohl fühlt, spricht ja nichts dagegen, dort zu arbeiten. Es mag sicherlich mal der Punkt kommen, an dem man einfach mal seinen Marktwert testen möchte oder dass man umsatteln will, und da macht es sich schon besser, wenn man mal einen anderen Betrieb mit drin hat. Als Chef wäre mir auch jemand lieber, der zwar beständige Arbeitszeiten hat, aber gleichzeitig auch sich mal etwas anderes angeschaut hat.

Andererseits kann ich einen Arbeitnehmer sehr gut verstehen, der einen unbefristeten Vertrag hat und diesen auch ungern aufgeben möchte. Wenn man sich den heutigen Arbeitsmarkt anschaut, weiß man, dass man in aller Regel erst einmal einen Arbeitsvertrag für eine befristete Zeit bekommt. Selten gibt es noch Anstellungen, wo man gleich die Möglichkeit hat, unbefristet eine Arbeitsstelle zu erhalten. Daher wird der Mut, die Arbeitsstelle zu wechseln, eher sinken anstatt zu steigen und das weiß auch ein Arbeitgeber. Zumindest sollte er dieses auch mit berücksichtigen. Und so betrachtet kann ich diesen Chef nun nicht mehr ganz so gut verstehen.

Dass dieser Chef aber nichts dagegen hat, oder es sogar ausdrücklich wünscht, wenn nur durchschnittliche oder schlechte Noten vorhanden sind, finde ich durchaus realitätsnah und ich gehe mal davon aus, dass er mit sehr guten Schülern oder Schulabgängern einfach schlechte Erfahrungen gemacht hat, auf die er weiterhin verzichten kann. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass alle sehr guten Schüler eben gern mal Widerworte geben oder arrogant auftreten.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge


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