Vorstellungsgespräch - Chef ist jünger als man selbst

Ich selber habe das noch nicht erlebt. Meine Freundin leitet aber auch mit gerade 23 eine Bank und da kommen natürlich auch einige ältere Leute, die sich dort bewerben. Bisher gab das eigentlich kein Problem und ich würde mich einfach ganz normal verhalten. In einem solchen Gespräch geht es ja vor allem um Professionalität und ich denke auch, dass man da keinen großen Unterschied machen sollte, ob der Chef nun älter oder jünger ist. Das würde für mich keine Rolle spielen.

Es kommt eben dann auch eher auf seine Persönlichkeit an, denn im Gespräch merkt man ja auch etwas, wie die andere Person nun eingestellt ist. Ich würde aber trotz allem professionell und vor allem respektvoll sein. Manche Leute respektieren das leider nicht richtig, wenn der Chef jünger ist und das ist sicherlich immer ein sehr schlechtes Zeichen und dann wird das mit der Stelle schwierig, wenn man sich für etwas besseres hält, weil man älter ist. Das meine ich nun nicht auf dich bezogen, aber meine Freundin hat das schon einige Male erlebt und das ist eben ein wenig ärgerlich.

Wenn man nicht anstrebt selbst irgendwann Chef zu sein, dann kommt man früher oder später in die Lage, dass die Chefs jünger sind als man selbst. Das liegt einfach daran, dass dann meist eine Unternehmensnachfolge an jüngere Personen stattfindet.

Ich selbst kenne es aus meinen Berufsleben, dass ich zwei von drei Geschäftsführern derzeit (minimal) jünger sind als ich selbst. Wegen das Alters habe ich überhaupt kein Problem. Lediglich mit einem der Vorgesetzten habe ich, aufgrund seiner Art Mitarbeiter zu führen, Probleme; wäre diese Art und Weise nicht, hätte ich sicher auch sonst keine Probleme mit dieser Person.

Persönlich finde ich es sehr schade, dass manch einer Probleme mit jüngeren Vorgesetzten hat. Denn ich selbst habe auch Führungsverantwortung und bin einigen Personen gegenüber weisungsberechtigt. Darunter sind auch einige Personen, die jegliche Anweisungen von jüngeren Personen irgendwie untergraben. Vielleicht sollten diese Personen sich einmal fragen, ob das nicht auch am Selbstbewusstsein liegt, an dem es mangelt.

Dass das Gespräch trotzdem nicht so gut gelaufen ist, ist sicher unangenehm. Aber das lag doch sicher nicht an dem Altersunterschied sondern an der merkwürdigen Art des Gespräches. Dass man zunächst etwas Smalltalk hält ist normal, aber dann noch einen Info-Abend, das ist schon ungewöhnlich. Übrigens würde ich mit vermeintlichen Freunden eher vorsichtig sein. Gerade wenn diese Freundschaften nur über Facebook existieren, dann ist doch die Frage, was für Freundschaften das wirklich sind.

Ich denke auch, dass es nichts damit zu hat, dass dieser Chef jünger war. Es gibt eben manche Firmen mit fragwürdigen Methoden. Andere Methoden mögen weniger fragwürdig sein, aber dennoch nervig für den Bewerber. Ich habe auch auch wesentliche ältere Chefs erlebt, die nur ihren Text herunter rasselten. Andere kamen gar selbst zu spät. Dies sind für mich Charaktereigenschaften und Verhaltensweisen, die unabhängig vom Alter sind. Und wenn ich bei einem Unternehmen oder einem Chef ein ungutes Gefühl habe und mich schon beim ersten Gespräch nicht wohl fühle, dann bleibe ich zumindest skeptisch. Mit dem Alter hat dies aber gar nichts zu tun.

Und wir alle werden selbst älter. Und irgendwann werden wir uns hauptsächlich jüngeren vorstellen müssen. Oder die Geschäftsführung wird an Jüngere abgegeben. Und wer selbst Chef wird, muss damit zurecht kommen, ältere einzuarbeiten, zu interviewen, zu führen, usw.

Spontan fällt mir kein Bewerbungsgespräch ein, in dem ich einen jüngeren Chef vor mir sitzen gehabt hätte, nein. Stören würde mich das aber auch nicht, denn ich denke, dass wohl jedem klar ist, dass eben jeder Mensch seinen eigenen Weg geht. Nicht jeder will sich selbstständig machen, genauso wie eben nicht jeder sein Leben lang angestellt sein möchte. In Fällen, in denen Angestellte in einer vorgesetzten Position agieren und eben eine höhere Stellung habe als ich, erklärt sich dieser Umstand ganz oft ebenfalls von alleine. Oft arbeiten diese Mitarbeiter entweder entsprechend lange im jeweiligen Unternehmen oder sie bekleiden eine bestimmte Position, weil sie die dafür notwendige Qualifikation in schulischer und beruflicher Hinsicht besitzen. Probleme habe ich damit aber nicht, wieso auch?

Dass Dein Vorstellungsgespräch nun so abgelaufen ist, würde auch ich nicht auf das Alter dieses Geschäftsführers schieben, sondern ebenfalls meinen, dass er vermutlich ein Geschäftsmodell vertritt, das eben ein eher ungewöhnliches, vielleicht auch unseriöses ist. Diese Informationsveranstaltungen kenne ich aus meiner eigene Erfahrung eigentlich nur von unseriösen Unternehmensmodellen, in denen man als Mitarbeiter vor allem als Vertreter angeheuert werden soll, oft auch unter dem Deckmantel, dass es sich dabei um eine Position im Angestelltenverhältnis handelt, was sich im Nachhinein dann aber als falsch erweist.

Grundlegend denke ich, dass Du Dich auf Dein Gefühl verlassen solltest. Wenn Du in Bezug auf diesen Geschäftsführer und seine Vorgehensweise bei der Auswahl seiner Mitarbeiter oder, wie erwähnt, auch in Bezug auf sein Wesen kein gutes Gefühl hast, dann solltest Du davon Abstand nehmen, Dich weiter mit ihm und einem Angestelltenverhältnis in seinem Unternehmen auseinanderzusetzen. Ich denke, dass nicht jeder Mensch mit jedem anderen Menschen klarkommt und man gerade in einer Beziehung wie einem Arbeitsverhältnis durchaus auch auf sein Bauchgefühl hören sollte. Wenn das nicht passt, würde ich die Finger davon lassen und Abstand nehmen - allerdings ganz unabhängig von der Frage nach dem Alter meines potenziellen Vorgesetzten.

4 Jahre finde ich ehrlich gesagt nicht großartig viel, da muss man sich keine Sorgen machen, ich hatte da schon schlimmere Situationen. Vor wenigen Jahren hatte ich einmal einen Aushilfsjob bei einem Geigenbauer, wir kannten uns auch privat und es war daher mehr Spaß als Arbeit, zumal ich selbst ja auch Streicher spiele. Auf jeden Fall sollte dann jemand eingestellt werden, der die Büroarbeiten übernimmt und mein Geigenbauer hatte einige Leute eingeladen, meinte dann aber selbst nicht erscheinen zu müssen und hat stattdessen mich dann dahin gesetzt und ich sollte die Vorstellungsgespräche machen und so weiter. Man muss bedenken, dass ich sicher an die 10-20 Jahre jünger war, als die Bewerber und ich habe mich auch nicht großartig wohl in der Rolle gefühlt, aber die Entscheidung fiel mir leicht, weil nur eine Bewerberin darunter war, die perfekt Deutsch wie Italienisch sprach.

Ich denke, dass solche ein Verhältnis teilweise einfach etwas merkwürdig rüber kommen kann, weil viele Leute eine bestimmte Vorstellung von der Person haben, die ihr Chef ist. Man stellt sich darunter meistens ja jemanden älteren vor, der schon viel Erfahrung im Leben gesammelt hat und so weiter, das ist aber nicht immer der Fall, es gibt immer mehr junge Unternehmer, die dann ältere Mitarbeiter einstellen und bei denen können denn mitunter durchaus mal Minderwertigkeitskomplexe aufkommen, wenn man sich denkt, mein Chef ist jünger als ich und hat schon mehr erreicht, als ich. Dennoch ist das heute keine Seltenheit.

Ich hatte bisher noch keinen jüngeren Chef, denke aber nicht, dass ich ein Problem damit hätte. Vor allem würde ich mir bei lediglich vier Jahren Altersunterschied auch keine Gedanken dieser Art machen. Natürlich kann es vorkommen, dass man sich überlegt, dass dieser jüngere Mensch schon mehr erreicht hat als man selbst. Aber auch solche Gedanken sollten einen nicht verunsichern, schließlich kennt man die Biografie des jungen Chefs nicht. Abgesehen davon wird man im Laufe seines Berufslebens immer häufiger auf Vorgesetzte treffen, die jünger sind als man selbst, es sei denn, man bekleidet irgendwann selbst den Chefposten. Als Angestellter steigt die Wahrscheinlichkeit, einen jüngeren Chef zu haben, aber einfach an. Wenn man selbst vielleicht schon die 60 überschritten hat, ist es relativ wahrscheinlich, dass der Chef jünger ist.

Ich fände es nicht schlimm, einen jüngeren Chef zu haben. Wichtig ist doch, dass der Mensch seinen Job als Chef gut macht. Das schließt auch die Führung der Mitarbeiter mit ein. Ich erwarte von einem Chef auch irgendwo ein eher souveränes Auftreten, was aber nicht nur auf Leute über 45 beschränkt ist. Ein Mensch kann auch mit Anfang zwanzig souverän wirken, während manche Leute mit 50 immer noch den Habitus eines dummen Schuljungen haben. Das ist auf keinen Fall eine Frage des Alters, auch nicht bei Vorgesetzten. Aber ganz unabhängig vom Auftreten des Chefs sollte man diesem Menschen natürlich mit dem nötigen Respekt begegnen und ihn auch in seiner Rolle als möglicher Chef ernstnehmen.

Bei einem jüngeren Chef ist man vielleicht eher mal geneigt, sich etwas lockerer zu verhalten. Das wiederum gibt einem jungen Chef direkt die Möglichkeit, zu testen, ob der Bewerber sich ernsthaft genug verhalten kann, oder ob er sich insgesamt eher als Spaßvogel aufführt. Ich finde es kindisch und unangebracht, wenn im beruflichen Bereich ältere Leute der Meinung sind, sich von jüngeren nichts sagen lassen zu müssen, obwohl diese über ihnen stehen. So etwas am Alter festzumachen, finde ich sehr unreif. Ein Vorgesetzter bekleidet einfach eine gewisse Position und man sollte nicht dauernd versuchen, diese in Frage zu stellen, nur weil derjenige, der den Posten innehat, etwas jünger ist. Und schon gar nicht sollte man sich auf Konkurrenzspielchen mit dem Chef einlassen.

Dass dein Vorstellungsgespräch nicht so gut gelaufen ist, wird sicher nicht mit dem Alter des Chefs zusammenhängen. Mit einem Chef über 60 hätte dir das Gleiche passieren können. Wenn jemand die Bewerber eher abfertigt als ein Gespräch mit ihnen zu führen, ist das ein Verhaltensmuster, das man in allen Altersklassen vorfindet.