Jugendliche in England beim Ladendiebstahl erwischt

vom 07.11.2011, 22:41 Uhr

Ein Mädchen, A, 15 Jahre alt, ist mit der Schulklasse in England und wird dort erwischt, wie sie ein Halstuch in einem Warenhaus klaut. Sie kommt zur Polizei. Die Lehrer müssen sie dort abholen und die Klassenfahrt endet für das Mädchen. Sie muss nach hause fliegen und die Eltern müssen sie vom Flughafen abholen und gleich mit ihr zur hiesigen Polizeistation gehen, wo sie Papiere abgeben muss, die die Engländer mitgegeben haben. Weiterhin wurde auch noch einiges an Papieren in das hiesige Polizeipräsidium gefaxt.

Das Mädchen muss vor den deutschen Richter. In den ganzen Papieren von England steht aber schon was von 14 Tage Jugendarrest, die wohl von England aus "vorgeschlagen" wurden. Die Verhandlung wird aber in Deutschland stattfinden. Was hat das Mädchen zu befürchten? Sie wurde noch nie hier in Deutschland beim Ladendiebstahl erwischt und hat auch keine sonstigen Vorstrafen. Die Polizei meint, dass der Vorschlag von England auf jeden Fall berücksichtigt wird und sie nur auf den Richter hoffen kann. Stimmt das? Kann A direkt mit Jugendarrest rechnen, wo sie doch das erste Mal erwischt wurde?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Ein Richter ist da ziemlich frei bei der Urteilsfindung, aber mich würde es doch schon sehr wundern, wenn das Mädchen deshalb gleich eine "harte" Strafe bekommt. Üblich ist das jedenfalls nicht und normalerweise würde ein solcher Fall eingestellt werden oder es würde eine Geldstrafe geben, maximal Sozialstunden, aber auch das wäre schon sehr hoch gegriffen. Aber da kommt es immer auf die genauen Umstände und den Richter an. Ich gehe davon aus, dass das Mädchen noch mal Glück haben wird und sie keine hohe Strafe bekommt.

» SuperGrobi » Beiträge: 3876 » Talkpoints: 3,22 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Wenn man den Ausführungen der verstorbenen Jugendrichterin Kirsten Heisig in ihrem Buch "Das Ende der Geduld" Glauben schenkt, haben jugendliche Täter insgesamt nicht viel zu fürchten. Falls das Mädchen noch keine Straftaten begangen hat oder bisher einfach nicht erwischt wurde, wird sie vermutlich mit einer Ermahnung davon kommen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie wirklich etwas zu befürchten hat. Ein Arrest wäre sicher abschreckend, wird aber sicher bei einem solchen, eher kleineren Delikt, nicht verhangen - zumindest nicht beim ersten Mal. Sozialstunden wären sicher angebracht, allerdings werden auch diese nicht unbedingt angeordnet. Eine kleine "Strafe" hat das Mädel ja schon bekommen, indem es direkt nach hause fliegen und zur Polizei gehen musste. Mehr wird vermutlich nicht nachkommen.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Das Mädchen wird allein nach deutschem Jugendstrafrecht verurteilt werden. Da haben die Engländer kein Wort mitzusprechen. Und das deutsche Jugendstrafrecht ist bezüglich der Strafen sehr flexibel. Für jede Straftat kann der Richter zwischen einer einfachen Verwarnung und 10 Jahren Jugendstrafe ausurteilen. Er muss es nur dementsprechend begründen. Der Richter ist also theoretisch so ungebunden, dass er für den Diebstahl des berühmten Brühwürfels gleich zehn Jahre Jugendstrafe ausurteilen kann und für einen mehrfachen Mord eine Verwarnung. Das darf er machen.

Eine ganz andere Sache ist, was er vermutlich machen wird. Ausschlaggebend für das Strafmaß ist immer die Persönlichkeit des Täters und die Tatumstände. Tat und Strafe müssen im Hinblick auf die Person des Täters angemessen sein. Wenn dieser Diebstahl in England also beispielsweise eine besonders teure Sache betraf, eine unnütze Sache für den Eigengebrauch war, im Rahmen einer Bande begangen wurde und das Mädchen auch noch ein Messer als Waffe dabei hatte, wird es eine höhere Strafe bekommen als wenn es seinem kleinen Bruder ein preiswertes Andenken mitbringen wollte, für das nur leider kein Geld mehr da war.

Im ersteren Fall würde ich auch bei einer ersten Tat schon mit einem Jugendarrest rechnen, vor allem, wenn das Mädchen auch noch dementsprechend (vorlaut und frech) vor Gericht auftritt. Im letzteren Fall und bei einem wohlerzogenen (schuldbewusst und ruhig) Auftreten gegenüber dem Richter würde ich mit einer Verwarnung und 15 Arbeitsstunden rechnen.

Es gibt also in Jugendstrafverfahren überhaupt keinen Grundsatz, dass es für eine erste Tat keinen Arrest geben kann oder grundsätzlich für einen einfachen Ladendiebstahl keinen gibt. Es ist möglich und es wird davon auch Gebrauch gemacht, wenn in der Verhandlung der Eindruck entstanden ist, der Jugendliche braucht diesen Arrest, damit er in der Lage ist, den Rest seines Lebens ohne weitere Straftat durchs Leben zu gehen. Dieser Erziehungsgrundsatz ist das einzig Ausschlaggebende.

Das Mädchen kann die zu erwartende Strafe im Vorfeld schon mal versuchen abzumildern. Immer sehr positiv bewertet werden selbst geschriebene (!) Entschuldigungen. Bitte wirklich keine von den Eltern vorformulierten Entschuldigungen, denn die erkennen jeder Richter und jeder Staatsanwalt aufgrund ihrer Erfahrung. Es kommt auch nicht auf den Wortlaut oder die Rechtschreibung an, sondern darauf, dass die Entschuldigung ernst gemeint ist und der Täter einsieht, was er angestellt hat. Die Entschuldigung sollte also nicht nur aus einem oder zwei Sätzen bestehen. Die Entschuldigung vor dem Abschicken bitte kopieren, damit man einen Beleg für das Gericht hat.

Ebenfalls sehr positiv wird es beurteilt, wenn vorher bereits der angerichtete Schaden ausgeglichen wird. Hat das Kaufhaus also einen Schaden erlitten, weil etwa die gestohlene Sache nicht mehr verkauft werden konnte, sollte der Täter (nicht die Eltern!) den Schaden begleichen. Hierunter fallen auch etwaige Gebühren, die für die Diebstahlsaufdeckung erhoben worden sind. Und zu guter letzt kann der Täter sich schon einmal eine Stelle für gemeinnützige Arbeit suchen und anfangen zu arbeiten, um seine Reue zu zeigen.

» SonjaB » Beiträge: 2698 » Talkpoints: 0,98 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Das mit dem Jugendarrest ist in meinen Augen Quatsch. Ich glaube kaum, dass die so eine satte Strafe zu befürchten haben wird. Wie es jetzt weitergehen wird, häng vom Wohlwollen des Staatsanwaltes ab und davon, wie schlau sie sich bei der Anhörung anstellen wird. Musste sie bereits in England ein "Geständnis" machen bzw. hat sie geschildert, was passiert ist und ist das aufgeschrieben und von ihr unterschrieben worden? Falls das erst in Deutschland der Fall sein wird, wird sie wohl zu nächsten Polizeistation müssen und dort nochmal den Vorfall schildern. Dabei muss sie natürlich betonen, dass es ihr Leid tut und es keine geplante, sondern eine spontane Tat war. Hat sie Glück, kommt sie dann nur mit einer Menge Ärger von den Eltern und Geläster der Mitschüler davon. Ansonsten wird sie sich wohl auf einige Stunden Sozialdienst einstellen müssen, vielleicht 15 Stunden oder sowas um den Dreh. Und nach zwei Jahren wir die Aktion aus dem Führungszeugnis gestrichen und es wird nie ein Arbeitgeber davon erfahren müssen. :wink:

» Cappuccino » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


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