abgetriebenes Baby und Beerdigung: ein Widerspruch?
Hier in diesem Thread Abgetriebenes Baby - was geschieht mit dem Leichnam? wurde angesprochen, ob ein abgetriebenes Baby beerdigt wird. Sicher wird ein Baby, was legal abgetrieben wird und in den ersten 12 Wochen abgetrieben wird noch keine 500 Gramm haben und deswegen auch nicht beerdigt werden können. Aber es gibt ja auch Babys, die später abgetrieben werden, weil sie behindert auf die Welt gekommen wären. Das hier soll aber keine Diskussion über Spätabtreibungen werden, die gibt es hier im Forum schon genug. Es soll eine Diskussion werden über die Beerdigung eines abgetriebenen Kindes.
Ist es nicht ein Widerspruch in sich, wenn man das Baby, dass man töten lies beerdigt? Ist es nicht Heuchelei sich dann vor dieses Grab zu stellen und zu trauern, weil das Baby tot ist, was man nicht so wie es ist haben wollte? ich muss sagen, dass ich es wirklich heuchlerisch finde, wenn jemand sein Kind abtreibt, weil er es aus irgendeinem Grund nicht haben will und es dann beerdigt und das Grab auch noch besucht. Schließlich wollte man ja dieses Kind so wie es nun mal war nicht haben. Wie findet ihr es, wenn man eine Abtreibung beerdigt?
Ich finde es schon ganz gut, dass es diese Möglichkeit gibt. Wenn man eine Abtreibung macht, weil die Mutter die Geburt nicht überleben würde oder durch die Geburt stark gefährdet würde beispielsweise, dann geht natürlich das Leben der Mutter vor. Oder wenn schon vorher fest steht, dass das Baby nicht lebensfähig wäre und man es aus diesem Grund abtreiben lässt. In den Fällen kann ich gut verstehen, dass man auch um das Kind trauert und finde eine Beerdigung eine gute Möglichkeit, um damit klar zu kommen.
Ansonsten finde ich es auch etwas absurd, wenn man das Kind erst abtreiben lässt, und es dann doch beerdigen will. Das finde ich irgendwie auch unlogisch und das klingt eher so, dass es dann eher der Gewissensberuhigung dient, wenn man dem Kind, das man abgetrieben hat noch eine "letzte Ehre" erweisen will. Ich glaube nicht, dass es wirklich echte Trauer ist, wenn man so etwas macht. Allerdings denke ich, dass es schon sinnvoll sein kann, ein abgetriebenes Kind zu beerdigen, da Abtreibungen ja nicht unerhebliche psychische Auswirkungen haben können und der Grab-Besuch dann sicherlich eine Hilfe sein kann, wenn man sich hinterher zu viele Selbstvorwürfe macht.
Wie pepsi-light schon sagte finde ich diese Möglichkeit auf jeden Fall sehr gut, wenn man das Kind quasi abtreiben "musste"; also nicht wirklich eine andere Möglichkeit hatte. Entscheidet man sich aber bewusst gegen ein Baby und lässt es abtreiben, fände ich es auch total heuchlerisch dieses dann beerdigen zu lassen um eine Trauerstätte zu haben.
Andrerseits kann ich mir auch vorstellen, dass es vielleicht viele Frauen gibt, die sich erst nach einer Abtreibung im Klaren darüber sind, was sie getan haben und es dann eventuell auch noch bereuen. Dabei könnte es vielleicht schon eine Hilfe sein, einen Ort zu haben wo man dem Kind nahe seien kann und sich darüber klar werden kann, was man getan hat.
Ich kenne leider ein Paar, das glücklich schwanger war. Erst im 5. Monat wurde festgestellt, dass das Kind unter einer schweren geistigen Behinderung leiden wird.Die Schwangerschaft wurde abgebrochen. Das Kind wurde nicht beigesetzt. Die Eltern haben so lange getrauert bis sich eine neues Kind angekündigt hat. Dann haben sie große Ängste ausgestanden, aber das Kind war gesund.
Ich würde es niemals heuchlerich empfinden, ein Kind abzutreiben und dann trauernd beizusetzen. Ich würde es auch nie verurteilen, wenn ich hören würde, jemand hätte "abgetrieben". Es kommt immer auf die Hintergründe an. Es gibt sicher viele Frauen, die ein Baby gerne behalten würden,aber einfach keine andere Lösung sehen und hinterher in schwere Depressionen fallen.
Die Chance eine "Abtreibung" beizusetzen ist zudem wirklich gering. Die meisten Unterbrechungen werden ja frühzeitig vorgenommen. Besetzungen finden erst ab einem Geburtsgewicht von 500 Gramm statt. Ich bin nicht mal sicher, ob dann überhaupt von "Abtreibung" die Rede sein kann. Denn oft ist es so, dass so ein 500 Gramm-Kind per Geburtswehen ausgetragen werden müssen. Immerhin wird hier ein vollständiger aber lebloser Körper geboren. Warum sollte man denn da nicht trauern dürfen?
Also ich bin der Meinung es kommt immer auf die Umstände an. Wenn man vorher schon weiß, dass das Kind nicht lebensfähig wäre, oder sonst irgendetwas mit der Mutter wäre, dann finde ich es im Prinzip noch vertretbar abzutreiben und dann finde ich es auch gut wenn man um das ungeborene Kind trauert. Auch finde ich es akzeptabel abzutreiben wenn eine Frau vergewaltigt wurde. Ich denke es wäre für viele Frauen mit Sicherheit schwer ein Kind aufzuziehen das durch ein Gewaltverbrechen entstanden ist und mit der "Beerdigung" nimmt man dann sozusagen Abschied und versucht mit diesem Thema abzuschließen.
Aber wenn nichts von alledem der Fall sein sollte und man das Kind nur abtreibt weil man nicht verhüten konnte und man dann zu jung, zu arm oder sonst etwas ist dann finde ich es recht unlogisch eine "Beerdigung" durchzuführen. Den dann liegt die Schuld einzig und allein bei den Eltern und sich dann verabschieden zu wollen hat für mich keinen Sinn.
Ich verstehe nicht ganz. Wenn ein Baby erst dann beerdigt werden kann, wenn es 500 Gramm wiegt muss - wie du selber sagst - ein Grund vorgelegen haben, wenn die potentielle Mutter sich für die Abtreibung entschieden hat. Und da kommen nun nicht all zu viele Möglichkeiten in Frage. Wieso sollte eine Frau, deren Kind eine schwere Behinderung gehabt hätte, nicht um ihr Kind trauern dürfen und es beerdigen? Nur weil sie sich für die Abtreibung entschieden hat?
Es gibt doch einen Grund, wieso diese Option der Spätabtreibung besteht. Zum einen weil es für das Kind unter Umständen nicht leicht gewesen wäre (ich will nicht darüber diskutieren, wann ein Leben lebenswert ist - aber es gibt Erkrankungen, die mit erheblichen Schmerzen einhergehen) und zum anderen damit dann auch für die Mutter (sehr pflegebedürftige Kinder sind enorm aufwendig, wenn man wirklich da sein will und sein Kind leiden zu sehen, wenn es sich quält ist abartig).
Wieso sollte man diese Frau verurteilen? Verurteilen kann man sich vielleicht dann, wenn sie es macht, weil es ihr zu anstrengend ist und das Kind aber eine Erkrankung hat, mit der man zurecht kommen kann. Aber selbst dann ist das leichter daher geredet, wenn man selbst nicht so eine Entscheidung treffen muss.
Ein vollkommen anderes Thema ist es, wenn ich vor der ersten Woche abtreibe und es dafür keine medizinische Indikation gibt. Sprich: ich will das Kind nicht. Ob das nun einfach so der Fall ist oder weil es gerade nicht passt: hier finde ich eine Beerdigung sinnfrei. Das steht der Frau dann nicht zu, finde ich. Man kann nicht um ein "Kind" trauern, was nicht erwünscht ist und nur gestorben ist, weil man das so wollte. Außerdem sieht man es, wenn man das tut, als Zellklumpen und nicht als Kind an und für den organisiere ich dann keine Beerdigung. Das ist mehr als nur ein Widerspruch. Aber wie gesagt: hier besteht die Möglichkeit einer Beerdigung ja auch gar nicht.
Ich würde hier unterscheiden zwischen nicht haben will und nicht haben kann. Ein Kind, das man nicht haben will, wird man schon sehr frühzeitig abtreiben. Das kann dann auch nicht beerdigt werden. In dem Falle glaube ich auch nicht, dass Trauer geheuchelt wird, die wird nicht erst entstehen.
Dann gibt es den Fall, wo ein Elternpaar erst sehr spät von einer grausamen Krankheit Kenntnis erhält, die dem Kind nur schlimme Schmerzen und Leid bringen würde. Wenn sich die Eltern dann entschließen, dem Kind dieses kurze, schmerzvolle Leben zu ersparen, bedeutet es schon alleine für die Eltern, die sich auf dieses Kind gefreut haben, eine bittere Entsagung, jemals dieses Kind in ihren Armen halten und kosen zu können. Denn sie entscheiden in diesem Falle für das Kind das Beste zu tun, obwohl ihr Herz bei dieser Entscheidung weint. Wenn sie dann das tote Kind beerdigen, haben sie voll das Recht zu trauern und um es zu weinen. Es ist nicht heuchlerisch, wenn sie am Grabe stehen und Zwiesprache halten. Denn sie wollten das Kind ja haben, nur hätte es nie glücklich werden können, nie lachen, nur immer mit großen Schmerzen leben müssen, ja müssen – nicht dürfen! Wäre das wirklich ein Leben gewesen? Oder nur ein Dahinsiechen? In solchen Fällen sollte niemand urteilen und sagen: heuchlerisch.
Handelt es sich jedoch um eine Behinderung, mit der das Kind zwar nicht alt werden kann, aber auch ein lebenswertes Leben führen könnte, würde ich eine Abtreibung und anschließende Beerdigung anders beurteilen. Dann könnte man den trauernden Eltern am Grabe sagen, dass sie nicht wirklich trauern und nur Gefühle heucheln. Wir können das zwar sagen, uns aber niemals in die Gedanken der Eltern hineinversetzen. Weil sie es erleben, nicht wir.
Diamante hat geschrieben:Ist es nicht ein Widerspruch in sich, wenn man das Baby, dass man töten lies beerdigt? Ist es nicht Heuchelei sich dann vor dieses Grab zu stellen und zu trauern, weil das Baby tot ist, was man nicht so wie es ist haben wollte? ich muss sagen, dass ich es wirklich heuchlerisch finde, wenn jemand sein Kind abtreibt, weil er es aus irgendeinem Grund nicht haben will und es dann beerdigt und das Grab auch noch besucht. Schließlich wollte man ja dieses Kind so wie es nun mal war nicht haben. Wie findet ihr es, wenn man eine Abtreibung beerdigt?
Ich kann das nicht nachvollziehen. Es wird die unterschiedlichsten Gründe geben, warum man sich für eine Abtreibung entschieden hat. Nicht alle Eltern, die ihre Kinder abtreiben, wollten sie einfach nicht. Es gibt auch die, die bereits sehr jung schwanger geworden sind, nämlich im Jugendalter. Oftmals fühlen sie sich zu jung, um Mutter zu werden und wenn sie von ihren Eltern keine Unterstützung bekommen, sieht es schwer aus das Kind großzuziehen. Sicherlich gibt es dann noch die Variante sein Kind zur Adoption freizugeben, aber viele haben sicher Angst, dass sie sich dann, wenn sie ihr Kind erst einmal zur Sicht bekommen, nicht mehr von diesem trennen könnten und es auch nicht übers Herz bringen würden, es wegzugeben.
Ich finde es gerade in solchen Fällen dann eine schöne Geste von den Eltern, dass sie ihr Kind wenigstens würdevoll beerdigen und es ihnen nicht egal ist, dass aufgrund ihres Mistgeschickes Leben zerstört werden musste. Man kann also nicht alle Abtreiber in einen Topf stecken und sie als Heuchler abstempeln.
Heuchlerisch würde ich nicht sagen. Es gibt sicher Frauen, die sich erst sehr viel später darüber bewusst werden, was eine Abtreibung bedeutet und die dann froh sind, eine Anlaufstelle für ihre Trauer zu finden.
Trauer überhaupt ist ein sehr komplexer Prozess, der manchmal jahrelang verdrängt wird. Eine Mutter, die ihr Kind abtreibt - das ist tragisch, denn das hinterlässt immer Spuren, ob Frau will oder nicht. Insofern fände ich das schon okay. Ich glaube, die wenigsten Mütter gehen dorthin wie zu einer Wurzelbehandlung beim Zahnarzt.
Mit dem Thema der Abtreibung und der dazugehörigen Moral sollte man sehr vorsichtig umgehen. Natürlich sollte das Thema auf jeden Fall ansprechen. Zum ersten treiben manche Mütter ja nicht ab, weil sie das Kind so nicht haben wollen. Diese wissen ja nicht, wie das Kind wird und kann es nicht aufgrunddessen, was es ist, annehmen oder ablehnen. In den ersten drei Monate weiß man ja fast noch nichts über das Kind. Wie auch immer, manche Mütter treiben, so blöd es auch klingt, das Kind zu deren Schutze ab. Manche können sich ein Kind zum Beispiel gar nicht leisten und manchmal hilft dann auch die beste Verhütung nichts.
Das mit der Beerdigung teile ich aber trotzdem, allerdings aus anderen Ansichten. Warum sollte man denn etwas beerdigen, das man selbst getötet hat? Ich finde das auch moralisch gesehen sehr merkwürdig. Denn dann steht immer noch die Frage im Raum, ob es denn schon ein Kind ist oder nicht.
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