Das Schicksal fremder Menschen

vom 29.10.2011, 20:45 Uhr

Ich sehe gerade "Das Supertalent". Dort wird wieder auf die Tränendrüse gedrückt mit Schicksalsschlägen der Kandidaten. Als die Kandidatin erzählte, dass sie mit 3 Monaten fast blind wurde und auch eine spastische Lähmung bekam hatten viele aus dem Publikum Tränen in den Augen und manchen liefen sogar die Tränen runter. Silvie weinte auch dicke Tränen, als die Kandidatin sang, was wohl auch am Lied liegen konnte, aber die Tränen hatte sie schon vorher in den Augen.

Ich bin unheimlich mitfühlend, was Menschen angeht, die ich kenne und da kann ich auch mitweinen und mitfühlen. Aber wenn ich von fremden Menschen solche Schicksalsschläge höre, dann kann ich irgendwie nicht mitfühlen. Dann ist es für mich ein Mensch wie jeder andere auch. Ich war nicht immer so. Früher hat mich jeder Schicksalsschlag anderer Menschen sehr mitgenommen, wenn ich sowas nur von irgendjemanden gehört habe. Aber mittlerweile nimmt mich wirklich nur noch das Schicksal der Leute wirklich mit, die ich kenne und die mir Nahe stehen.

Ich habe mir irgendwann gesagt, dass ich nicht weinend durch die Stadt gehen kann, weil an jeder Ecke ein Schicksal steht. Ich bin bestimmt nicht gefühlskalt. Aber ich sehe das alles mittlerweile nüchterner. Manchmal denke ich, dass ich doch auch Mitleid empfinden muss, wenn ein fremder Mensch so was erlebt hat. Aber ich kann es nicht. Anders ist es wie gesagt bei Leuten die ich kenne. Ist das gefühlskalt? Könnt ihr weinen, wenn ihr das Schicksal fremder (und ich meine wirklich fremde) Leute seht? Nimmt es euch mit, wenn völlig fremde Leute euch erzählen, was sie alles mitgemacht haben oder beschränkt es sich auf euren Bekanntenkreis? Ist es eine Art Schutz, den ich aufgebaut habe? Anders kann ich es mir nicht erklären.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Also ich muss ehrlich sagen, dass mich die Schicksale bei DSDS oder Das Supertalent und wie diese Shows alle heißen, auch nicht wirklich berühren. Für mich ist das einfach nur eine Masche, um eben weiter zu kommen, weil man ja so etwas Schlimmes erlebt hat und nun alle Mitleid haben müssen. Anders ist es für mich da schon, wenn ich dann in meinem Umfeld höre, was jemand erlebt hat. Ich habe dann durchaus auch Mitgefühl und stelle mir vor, welches Schicksal oder Leben der Mensch nun führen muss. Ich merke dabei immer, dass es mich nicht so sehr berührt, wenn ich es nicht so nah an mich ran lasse. Wenn ich mir mehr ausmale, wie es dem Menschen gehen muss oder eben ergangen ist, dann wirft mich das auch eher aus der Bahn.

Ich denke, dass man irgendwo schon so ein Schutzschild braucht. Schließlich kann man nicht allen Menschen helfen. Bei Freunden und Verwandten ist das sicherlich wieder etwas anderes. Ich bekomme oft Bettelbriefe, wo dann nach Spenden für arme Tiere oder notleidende Menschen gefragt wird. Man kann doch dann nicht für jeden etwas Spenden. Irgendwo muss das Mitgefühl ja auch seine Grenzen haben. Um es mir leichter zu machen, öffne ich die Briefe dann oftmals schon gar nicht mehr. Ich denke wirklich, dass es auch eine Art von Selbstschutz ist, dass man dann nicht mehr für jeden fremden Menschen Mitgefühl hat.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Ich würde dich nicht als gefühlskalt bezeichnen, nur weil du dir die Schicksale fremder Menschen nicht zu Herzen nimmst. Meine Einstellung dazu ist ganz ähnlich. Menschen in meinem persönlichen Umfeld stehe ich gern zur Seite, helfe ihnen, wo ich es kann. Aber ich sage mir, dass ich nicht die Sorgen der ganzen Welt teilen kann. Dabei würde ich mich sich selbst seelisch kaputt machen, ohne das es die Welt auch nur im Geringsten verändern würde.

Natürlich treffen auch fremde Menschen schlimme Schicksalsschläge. Sicher haben Menschen, die von Behinderungen betroffen sind, es in einiger Hinsicht schwerer als andere. Aber deswegen in Tränen ausbrechen kann ich nicht. Was würde es denjenigen auch nutzen, wenn ich sie bemitleide und wegen ihrer Schicksale bedauere? Noch dazu kann man bei jedem Menschen Stationen im Lebenslauf finden, die sein weiteres Leben beeinflussen und verändern. Der Unterschied besteht nur darin, dass manche ihre Probleme in den Medien breit treten lassen, um dadurch eventuell finanzielle Vorteile zu erzielen, während andere sie mit sich selbst und ihrem privaten Umfeld ausmachen.

» Doreen82 » Beiträge: 316 » Talkpoints: 7,93 » Auszeichnung für 100 Beiträge



In meinen Augen führen diese ganzen Gefühlsduseleien und das Mitleid sammeln nur dazu, dass die Menschen sich immer weniger für Situationen und Schicksale interessieren, sei es nun im eigenen Bekannten und Familienkreis oder auch bei fremden Menschen. Ich hab da mittlerweile eine zwanghafte Neigung entwickelt, die so aussieht, dass wenn irgendwer über seine ach so schwere Kindheit im Fernsehen lamentiert ich entweder den "Ton-Aus" Knopf ganz schnell gefunden habe, oder dass das Umschalten oder gar ganz Ausschalten des Fernsehers eine leichte und schnelle Übung geworden ist.

Werde ich mit Schicksalsschlägen in meinem direkten Umfeld konfrontiert, so zeige ich wenig Gefühle, sondern versuche diesen Menschen auf meine Weise zu helfen, sprich ich höre zu wo es sein sollte und fasse mit an, wo ich mit anfassen kann. Ich leide dann nicht mit diesen Menschen, denn das hilft ihnen nicht weiter, sondern ich bin eher der Typ Mensch, der versucht schnell und effektiv zu helfen, da ich der Meinung bin, dass es diesen Menschen einfach eine bessere Unterstützung ist, als mich daneben zu setzen und mit zu weinen. Gefühlskalt? Nein! Nur seit einigen Jahren nicht mehr in der Lage meine Gefühle nach außen zu zeigen. Was ich denke und fühle braucht niemand sehen oder versuchen mich zu verstehen. Damit fahre ich eigentlich ganz gut.

Die ach so schlimmen Schicksale im Fernsehen sind auch wieder zum Teil deutlich übertrieben dargestellt und sollen nur dazu führen, dass Jury und Publikum diese Menschen wirklich toll finden. Man erinnere sich nur an den Mundharmonika spielenden "Penner". Mittlerweile in Deutschland berühmt, auch wenn ich selber glücklicherweise den Namen vergessen habe. Das "schlimme" Schicksal hat ihm zu Ruhm und Geld verholfen. Toll für ihn, aber da gab es garantiert auch Menschen, die ein echtes Talent vorzuweisen hatten.

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» martin22 » Beiträge: 231 » Talkpoints: 0,58 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Es würde mich erstaunen wenn auch nur eines dieser vermeintlichen ''Schicksale'' halbwegs echt wäre. Blindheit finde ich kein bisschen zum heulen, und was sie spastische Lähmung angeht, ich habe die Sendung nicht geschaut und weiß daher auch nicht, wie ausgeprägt diese war, aber eine spastische Lähmung ist auch nichts weltbewegendes und kann durchaus gut ausgehen. Rührend finde ich das daher kein bisschen, das einzige was an dem ganzen Zeug rührend war, war vermutlich die Aufmachung bei RTL und das war es auch schon. Spätestens wenn ich mir vorstelle, wie der Kameramann mit den Tropfen angelaufen kommt und die ''Darsteller'' zum heulen anfeuert, finde ich das kein bisschen bewegend mehr.

Ich muss ehrlich sagen, dass ich lange nicht so mitfühlend bin, wie es einige Menschen vielleicht verdient hätten. Ich bin vielmehr der Meinung, dass besonders wir hier in Deutschland einfach zu verwöhnt sind und was für uns ein Schicksalsschlag ist, dem wir ewig hinterher heulen, dass tun andere Menschen mit links ab. Ich habe beispielsweise mit keinem Menschen, egal ob Bekannt oder fremd, Mitleid, weil er einen Verwandten oder Freund verloren hat. Natürlich kommt es auf das wie und wann an, aber der Tod ist etwas natürliches und ich bin gerne dazu bereit Menschen beizustehen, die einen solchen Verlust erlitten haben, ich heule aber nicht, wenn irgendwer mir erzählt, dass er schon in jungen Jahren seine Eltern verloren hat oder so.

Ich würde mal so spontan sagen, dass es in meinem Bekanntenkreis nur wenige wirklich rührende Schicksale gibt, ich könnte sie an der Hand abzählen. Aber ein solches Schicksal, ist einfach eines, egal ob bei jemandem den ich kenne oder nicht kenne, es würde mich genauso berühren, wenn es jemandem anderen passiert wäre und nicht unbedingt meiner Freundin.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Schwieriges Thema. Ich kenne die Menschen da nicht, aber manche Schicksale sind schon schlimm. Nur bin ich da auch niemand, der dann mit anfängt zu weinen oder dergleichen. Schlimmer finde ich es ja, wenn man die Menschen persönlich kennt. Da muss man sich noch nicht einmal nahe stehen, aber wenn man das eben wirklich live sieht, ist das einfach noch einmal was anderes. Ich kann also nicht sagen, ob es das gleiche ist, wenn man nun vorm Fernseher sitzt oder wenn man dem Menschen dann so gegenüber sitzt, wie es beispielsweise diese Jury da tut.

Und wie, Blindheit ist nicht zum heulen? Meinst du das wirklich ernst? Da sieht man nur, dass du scheinbar noch niemals das Problem hattest nichts sehen zu können und auch niemanden kennst, der blind ist. Man ist durchaus unheimlich eingeschränkt und ich persönlich finde das schon zum heulen. Wenn man sehen kann, kann man da groß mit tönen, dass es wesentlich schlimmeres gibt, aber ist das wirklich so? Für mich wäre das so ziemlich eine der schlimmsten Dinge, die mir passieren können. Und sicherlich kann eine spastische Lähmung gut gehen, aber wenn verdammt noch mal dein Kind das hat, denkst du da komplett anders drüber!

Ich muss ehrlich sagen, dass ich lange nicht so mitfühlend bin
Und ich muss ehrlich sagen, dass man das ja echt kaum merkt. Manche Aussagen treiben mich ja wirklich zur Weißglut. Dich sollte man mal mit Leid konfrontieren. Ich wäre gespannt, ob du dann immer noch so darüber denkst. Es ist eine Sache, wenn man sowas wie gesagt im Fernsehen sieht. Aber wenn man sowas persönlich erlebt oder gar betroffen ist, ist das noch einmal was ganz anderes.

Was ich unglaublich finde ist, dass rtl da null Rücksicht nimmt und das so aufmacht wie sie es tun. Immer schön noch traurige Musik und eine weinende Jury. Wie klischeehaft. Manche Schicksale sind wirklich traurig, verlieren aber an Glaubhaftigkeit durch genau solch ein Verhalten und das finde ich persönlich mehr als bedauerlich.

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge


Gerade, was die Schicksale betrifft, die immer wieder im Fernsehen gezeigt werden, denke ich mir schon oft, dass all das, was uns gezeigt wird, gar nicht echt sein kann. Insbesondere frage ich mich auch, was es damit auf sich hat, wenn jemand in einer Castingshow antritt und nicht auf das Talent hingewiesen wird, sondern mit welchen Umständen er zu tun und zu kämpfen hat. Hier wird ja schon deutlich, dass es eher darum geht, das Schicksal hinter dem Menschen auszuschlachten und nicht das Talent zu beleuchten. Ob das nun Supertalent oder Deutschland sucht den Superstar ist, irgendwann nervt es. Dazu können die Kandidaten nichts, wenn sie es ausgraben sollen. Wenn kein Schicksal dahinter steckt, kann es passieren, dass man selbst als absolutes Ausnahmetalent wieder ausgeladen wird. Man muss eine Story bieten.

Ich schaue das Supertalent grundsätzlich nicht, bekomme aber dennoch hin und wieder etwas davon mir. Aber ich denke halt, dass die Macher solcher Sendungen eben darauf aus sind, möglichst viele Mitleidsnummern abzuziehen, weil die Leute darauf nach wie vor anspringen. Umgehen kann man es ja letztendlich nur, wenn man solche Sendungen meidet und sich nicht mehr damit auseinandersetzt.

Schicksale berühren mich durchaus schon. Vor nicht allzu langer Zeit habe ich hier beispielsweise von einer jungen Frau erzählt, die einen sehr schweren Verkehrsunfall hatte und an den Folgen kurz danach verstorben ist. Ich kenne weder sie noch die Familie, wobei ich durch einen Zufall ihren Onkel kennengelernt habe, aber von dem ich es eben nicht wusste. Das hat mich nicht kalt gelassen. Auch, wenn im Radio nun wieder irgendwelche Hilfsangebote losgelassen werden, wie bei einem privaten Radiosender, wo man dann die Personen anruft und mit ihnen über ihr Schicksal redet, das berührt mich auch schon. Da waren schon einige Härtefälle mit dabei, wo ich auch schlucken musste.

Dennoch bin ich wohl auch jemand, der denkt, dass jeder sein Päckchen zu tragen hat und damit zurecht kommen muss. Mitgefühl kann ich zeigen, aber nicht bei jedem und überall, vor allem dann nicht, wenn ich gerade mal selbst mit mir zu tun habe. Denn auch ich habe ein Päckchen zu tragen und damit muss ich mich von Zeit zu Zeit auch mal auseinandersetzen. Mitleid oder -gefühl brauche ich nicht, nur mal eine mentale Streicheleinheit und dann ist es auch wieder gut. Nun könnte man schon so weit gehen und sagen, dass es anderen noch schlechter geht, aber dennoch muss man eben auch noch mal an sich denken und ich halte das durchaus für legitim und nicht egoistisch.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



Es kommt ganz drauf an. Ich bin gefühlskalt, wenn ein riesen Rummel um den Tod eines berühmten Stars gemacht wird, es Millionen Sondersendungen und ähnliches gibt und so getan wird, als ob ein weltberühmter Star immer 300 Jahre alt werden müsste und der Tod ganz überraschend kommt. Denn Menschen sterben nuneinmal, es ist häufig traurig, aber es ist diese große Aufmerksamkeit nicht wert.

Anders verhält es sich mit richtigen Schicksalschlägen. Ich erinnere mich an ein Video, dass ich vor kurzem von einem Freund gezeigt bekam. Dieses Video zeigt einen Kandidaten aus der koreanischen Supertalent-Show. Die Geschichte dieses Menschen hat mich sehr bewegt, obwohl ich kein Typ bin, der wegen fremder Menschen gerührt ist, doch bei ihm gab es das volle Programm mit Gänsehaut und Tränen. Als kurze Zusammenfassung wurde der Kandidat Choi mit drei Jahren in ein Waisenhaus gegeben, wo er geschlagen wurde und deshalb wegrannte als er fünf Jahre alt war. Er besuchte keine Schule, sondern verkaufte Energy Drinks und Kaugummis auf der Straße, wo er auch schlief, bis er einen Sänger hörte in einem Nachtclub und beschloss das auch machen zu wollen. Er ging zum Supertalent und auch wenn der Auftritt nicht perfekt war, so sorgte seine Arie für ein ganz ganz schweres Gefühl im Herzen. Soetwas nimmt jeden Menschen mit, vermute ich.

Ansonsten ist das nicht mein Ding, aber bei ganz extremen Fällen trauere ich auch bei Fremden mal. In der Familie, in der Bekanntschaft und im Freundeskreis ist das etwas anderes, hier nimmt einen etwas sehr schnell mal mit.

» benutzer7 » Beiträge: 2116 » Talkpoints: 49,80 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Ehrlich gesagt, kann ich da auch schon sehr gut unterscheiden, denn für mich sind solche Geschichten von den Casting Shows immer etwas seltsam und ich habe manchmal das Gefühl, das man da nur weiter kommt, wenn man wirklich eine tragische oder extrem traurige Geschichte in der Hinterhand hat. Das finde ich aber schon sehr traurig, denn eigentlich sollte da ja nur das Talent und nicht die Lebensgeschichte beurteilt werden. Die Schicksale berühren mich zwar auch irgendwie, aber nicht wirklich so extrem.

Schicksale aus meinem Freundes- und Bekanntenkreis berühren mich natürlich genauso, wie Schicksale, die in der eigenen Familie entstehen und da unterscheide ich dann auch, ob es Schicksale von Leuten sind, die ich kenne oder von Fremden. Auch die Lebensgeschichten von Fremden Menschen können sehr bewegend sein, aber da kann ich dann auch, nachdem ich sie gehört habe, wieder umschalten und sie belasten mich dann auch nicht so, wie zum Beispiel ein trauriges Schicksal von einem, den ich kenne. Da würde ich mich länger mit beschäftigen und auch näher an mich heran lassen. Man kann ja auch nicht alle Schicksale dieser Welt zu nah an sich heran lassen, denn dann wäre man ja ein psychisches Wrack. Mitgefühl kann man ja zeigen, aber man sollte es auch in keinster weise so nah an sich ranlassen, das das eigene Leben darunter leidet.

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» EmskoppEL » Beiträge: 3423 » Talkpoints: 20,21 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ich glaube schon auch, dass es sich hier um eine Art Selbstschutz handelt, den Du aufgebaut hast. Mir selbst geht es nicht so, dass mich das Schicksal mir vollkommen fremder Menschen kalt lässt, sondern mein Selbstschutz setzt erst später ein. Bei Menschen, die ich nicht kenne, deren Schicksal mich aber berührt, habe ich zunächst erstmal ein Interesse am Menschen, würde ich sagen, weswegen mich eben auch sein Schicksal interessiert. Sind mir diese Menschen allerdings fremd, so besteht mein Selbstschutz wohl vor allem darin, dass ich eine Art sehr distanzierte Sicht auf die Grundproblematik entwickle, die mich davor bewahrt, zu sehr mitzufühlen. Manchmal funktioniert das nicht und ich möchte dann gern in irgendeiner Form helfen, was teilweise wieder funktionieren kann, aber eben nur in Einzelfällen. Wie weit jeder Einzelne das Schicksal anderer Menschen an sich heranlässt, ist also vermutlich wirklich eine Frage der eigenen Persönlichkeit und der Erfahrungen, die man gemacht hat, und nicht zuletzt schreibst Du ja auch, dass Du nicht immer so warst, dass Du Dich in Bezug auf fremde Menschen so völlig distanziert und emotional abgeschottet hast.

Was allerdings diese Sendungen anbelangt, in denen vom Schicksal einzelner Teilnehmer berichtet wird, so muss ich sagen, dass das bei mir immer den Eindruck erweckt, eine Art von PR-Maßnahme darzustellen, was ich grundlegend eher verabscheue. Ich finde es in Ordnung, wenn man seinen öffentlichen Status dazu nutzt, um aufzuklären und Gutes zu tun, aber wenn man allein durch das Berichten über sein Schicksal einen Bonus kassieren will, um überhaupt ins öffentliche Leben zu gelangen, dann finde ich das eher armselig. Diese Aussage soll sich aber weniger auf die Teilnehmer beziehen, die das jeweilige Schicksal erlitten haben, sondern eher auf die Macher der Sendung, die hoffen, eben durch diese Schicksale noch mehr Einnahmen erzielen zu können, weil es so viele mitfühlende Menschen gibt. Ich finde also, hier muss man ohnehin schon unterscheiden, weil man nicht weiß, wie viel von dem Schicksal, von dem man berichtet bekommt, überhaupt wahr ist und außerdem auf der Hand liegt, wozu dieses Schicksal im jeweiligen Fall dienlich sein soll.

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» moin! » Beiträge: 7218 » Talkpoints: 22,73 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


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