Ritual oder Gewohnheit?
Zwischen Ritualen und Gewohnheiten gibt es einen kleinen Unterschied. Rituale sind etwas Besonderes und sehr persönlich. Sie tun uns gut. Aber wir tun sie nicht gewohnheitsmäßig und regelmäßig. Bewusst genießen wir ein Badezimmer zum Beispiel am Sonntag mit duftenden ätherischen Ölen im verquirlten Wasser in der Wanne im Schein mehrerer Lichter. Wir lassen uns fallen, die Seele baumeln. Wir entscheiden uns ganz bewusst für dieses Ritual, weil es uns gut tut, wir genießen es. Solch ein Ritual kann aus einer Gewohnheit entstehen, wenn wir es vertiefen.
Aus Gewohnheit koche ich mir einen Tee und trinke ihn beim Zeitungslesen. Aber ein Ritual stellt das Zubereiten des Tees dar, wenn ich schon beim Zubereiten daran denke, dass ich etwas trinken werde, dessen Blätter Energie gespeichert haben aus Sonne und Erde, und ich den Tee mit geschlossenen Augen genieße und nicht mehr an die Zeitung denke.
Nicht jede Gewohnheit kann man zu einem Ritual ausbauen. Aber aus einer lieben Gewohnheit kann eine schöne Zeremonie werden. Welche Beziehung habt ihr zu Ritualen? Gefragt ist weder ein Voodoo-Zauber noch eine Geister- oder Dämonenbeschwörung, sondern einfach nur ein persönliches Ritual, wie es jeder von uns im täglichen Leben schon erlebt hat. Ist aus einer Gewohnheit bei euch ein Ritual geworden?
Ich denke mal dass positive Angewohnheiten die idealerweise bewusst erlebt werden und der jeweiligen Person Kraft, Ruhe, oder Freude schenken (oder auch alles zusammen) haben das Potential zu einem positiven Ritual zu werden. Das beginnt mit der von dir erwähnten bewussten Zubereitung und dem bewussten Genießen von Tee und endet bei Weihnachten. Gemeint ist hier natürlich der Teil fern des Komerzwahnsinns der heutzutage damit fix verbunden ist,
Ich habe derzeit keine solcher Rituale, jedoch habe ich alleine beim Lesen schon Lust auf einen Tee und eine Wanne bekommen. Ich habe in der Vergangenheit festgestellt, dass der Wandel von Gewohnheit zu Ritual auch "genauso gut" vom Ritual zur Gewohnheit werden kann. Man hat irgendwas Besonderes worauf man sich freut und vorbereitet und mit der Zeit macht man die Vorbereitung Teil-automatisiert und genießt lediglich das Ergebnis. Da es jedoch nicht lediglich um den Genuss der Sache geht, sondern der Weg bereits das Ziel ist, verliert das "Ritual" den besonderen Status.
In dem Beispiel mit dem Tee ist es ja nicht lediglich das Tee-trinken und das lesen, was die Besonderheit ausmacht. Eher ist es ja die beschriebene Vorbereitung und die damit einhergehende Vorfreude auf das Ereignis.
Ich habe aus meiner Duschgewohnheit in den frühen Morgenstunden ein Ritual geschaffen. Ich stehe mittlerweile früher auf, um noch ein kleines Bad zu nehmen. Meine Katzen stehen dann mit mir auf und unterhalten mich, während ich in der Badewanne sitze. Auch, wenn ich nun beinahe täglich bade, habe ich es zu einem Ritual werden lassen. Ich freue mich am Abend auf den nächsten Morgen, wenn ich mich wieder in das warme Wasser legen kann und meine Katzen mit dem Wasser spielen und einfach glücklich sind. Das bringt mir sehr viel Ruhe und Kraft, bevor es dann wieder mit dem Alltag weiter geht.
Mein zweites alltägliches Ritual ist das Waschen. Ich habe schon immer mit Weichspüler gewaschen, hatte aber immer einen günstigen gekauft und mich an den schnell verfliegenden Geruch schon so sehr gewöhnt, dass ich den Weichspüler eigentlich nur noch nutzte, weil er nun mal dazugehört. Neulich habe ich mir dann mal einen recht teuren Weichspüler gegönnt und dieser lässt die Wäsche noch lange im Schrank fruchtig riechen. Seither freue ich mich immer wieder aufs Waschen, da ich gespannt bin, wie die frisch gewaschene Wäsche riecht. Ich kaufe nun regelmäßig hochwertigen Weichspüler und muss diese auch gleich verwenden. Ich denke, dass dieses Ritual bald wieder zur Gewohnheit wird, aber bis daher genieße ich es noch, dass ich Freude am Waschen habe. Das kann ja schließlich auch niemand behaupten
Außer den beiden alltäglichen Ritualen habe ich noch keine Gewohnheit zu einer besonderen Sache gemacht. Das ist auch in dieser schnelllebigen Zeit recht schwer, da Rituale ja meistens mit Ruhe und Zeit verbunden sind.
Da ich Mutter bin, haben sich in unserer Familie zwangsläufig gewisse Rituale entwickelt. Eines, was wir alle lieben, ist das Zubettgeh-Ritual. Unsere Jungs machen sich Bettfertig, dann kuscheln wir uns zu Dritt im Bett des Jüngsten zusammen, lesen eine Gute-Nacht-Geschichte, dann singe ich noch ein ganz spezielles Lied für die Kids, das ich extra für sie erfunden habe, dann gibts noch eine kurze Kuschelzeit und dann ist für die Jungs Bettruhe und für mich kann ganz gemütlich der Feierabend beginnen.
Ich glaube ich besitze gar keine Rituale oder Gewohnheiten, denn die von dir geschilderten Beispiele kann ich auf keine Lebenssituation von mir vergleichen.
Ich mache nicht regelmäßig etwas immer gleich oder habe bestimmte Rituale. Es sei den du zählst die typische morgendliche Zigarette zur Gewohnheit und zu einem Ritual, denn wenn denke ich, dass es sich um beides handelt. Ansonsten habe ich wirklich keine Sachen, die ich als dieses Ritual oder die Gewohnheit bezeichnen würde.
Deine Beschreibung dessen, was genau ein Ritual ist, finde ich sehr gelungen, Cid. Tatsächlich empfinde ich es auch so, dass ein Ritual entgegen einer Gewohnheit, der ich generell nicht zwingend eine positive Bedeutung beimesse, von mir eher zelebriert wird. Ich empfinde in dem Moment, in dem ich einem Ritual nachgehe, immer eine besondere Form von innerer Ruhe und Genuss, ein wenig Entspannung vielleicht auch, aber vor allem dieser Erwartung, die kurz vor der Umsetzung in mir aufsteigt, dass jetzt gleich etwas Tolles passieren wird. Und dann ist es soweit, das ist jedes Mal wieder toll.
Auch, wenn es seltsam anmuten mag, aber ein solches Ritual, das zunächst einige Jahre lang eine reine Gewohnheit für mich war, ist für mich die erste Tasse Kaffee, die ich am Morgen auf meiner Terrasse trinke. Das sieht sicherlich nach außen hin nach wie vor total nach einer Gewohnheit aus, aber es ist für mich in der Tat ein Ritual geworden, vor allem eben in Kombination mit der Terrasse, die ich jetzt nutzen kann. Der erste einigermaßen wache Moment des Tages, an dem ich einen leckeren, frisch gemahlenen Kaffee trinke und dabei die ersten Sonnenstrahlen wahrnehme, das ist einfach herrlich, zumal ich gerade jetzt in der warmen Jahreszeit dabei diese vielen Vögel in meiner unmittelbaren Nähe zwitschern höre und in diesem Moment immer wieder das Gefühl habe, dass mir die Welt sowas von offen steht und ich nur noch hineinspringen muss. Das ist Freiheit. Das ist wirklich toll und vor allem schwer zu beschreiben, wenn nicht gar unbeschreiblich.
Auch ich habe derzeit keine Rituale, die ich bewusst zelebriere, aber natürlich auch die ein oder andere Angewohnheit, die ich schätze. Ab und zu zum Beispiel das schon beschriebene Schaumbad oder das Aufbrühen einer schönen Kanne Tee gehören für mich auch dazu.
Es wird aber behauptet, dass ein Ritual nicht regelmäßig stattfindet. Hier muss ich widersprechen. Ich glaube, dass der Unterschied zwischen "Gewohnheit" und "Ritual" im Alltag hauptsächlich im bewussten Ausführen des einen oder anderen liegt. Das Wort Ritual stammt vom Lateinischen Wort "Ritus" ab, was auch mit Brauch und Tradition übersetzt wird. Das heißt, es handelt sich schon um etwas regelmäßig Wiederkehrendes. Es muss ja nicht täglich sein. Aber ein Ritual wird vor allem sehr bewusst und feierlich ausgeführt, während eine Angewohnheit oftmals sogar unbewusst abläuft. Daher gibt es ja auch den Ausdruck "was für eine blöde Angewohnheit" oder "...ich merke schon gar nicht mehr, wenn ich das mache..." Angewohnheiten laufen oftmals also komplett automatisiert ab und werden demnach häufig im Gegensatz zum Ritual nicht besonders genossen oder intensiv erlebt.
Ich habe schon so eine Art Ritual, denn ich gehe vor dem Schlafen gehen immer auf die Toilette und putze mir die Zähne. Dies aber wirklich immer. Das selbe passiert auch genau so wieder morgens. Ansonsten habe ich wirklich keine anderen Rituale oder auch Gewohnheiten.
Ich ändere sonst eigentlich immer nahezu täglich meine Dinge, sodass kaum Rituale und Gewohnheiten längerfristig bestand hätten. Ich lege jedoch auch niemals auf so etwas wirklich wert.
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