Straight- Edge- Lebensstil
Vergangenes Wochenende war ich bei einem Freund von mir und habe ein wenig zu tief ins Glas geschaut. Am nächsten Morgen ist mir wie so oft der Gedanke gekommen, dass ich nie mehr Alkohol konsumieren sollte, da es mir augenscheinlich nicht gut tut und zum Teil auch sehr viel kaputt machen kann, vor allem im zwischenmenschlichen Bereich.
Ich habe mich deshalb dazu entschlossen keinen Alkohol mehr zu trinken, weil ich glaube, dass ich es ohne die vollständige Askese nicht schaffen kann mein Limit einzuhalten. Das bedeutet kein Feierabendbier, keine Cocktails auf irgendeiner Party und Orangensaft bei Sektempfängen. Dieser Schritt wird einige von euch vielleicht befremden und zu radikal vorkommen.
Als ich mich im Internet ein bisschen weiter mit dem Thema befasst habe, bin ich auf die Straight- Edge- Bewegung aufmerksam geworden. Ich hatte schon vorher etwas davon gehört, aber ich habe mich jetzt erst intensiv damit beschäftigt. Diese Gruppe lehnt es komplett ab Drogen jeglicher Art zu konsumieren. Das schließt Alkohol, sowie Tabakkonsum ein. Es geht also um ein Leben im nüchternen, wachen Zustand, ein Leben ohne Rauschzustände, die einem oft den Weg blockieren.
Ich finde diese Bewegung sehr interessant und habe mit dem Gedanken gespielt es vielleicht einmal auf diesem Weg zu versuchen. Da ich seit ungefähr 2 Jahren vegetarisch lebe, glaube ich zu wissen was es heißt auf etwas zu verzichten. Alkohol ist in der deutschen Gesellschaft stark etabliert, genauso wie Fleischkonsum. Man fühlt sich also irgendwie immer als eine Art Außenseiter. Diese Rolle kann einem aber auch helfen den Verzicht durchzuziehen, da man sich als Teil einer ausgegrenzten Gemeinschaft versteht, als eine Art Rebell sozusagen.
Infolge meiner Überlegungen habe ich auch das Shisha- Rauchen komplett aufgegeben und versuche das jetzt auch für mich durchzuziehen. Schon allein weil es meine Lebenserwartung möglicherweise stark verkürzen kann. Was haltet ihr grundsätzlich von dieser Lebenseinstellung? Findet ihr das übertrieben?
Diese Gruppe lehnt es komplett ab Drogen jeglicher Art zu konsumieren. Das schließt Alkohol, sowie Tabakkonsum ein. Es geht also um ein Leben im nüchternen, wachen Zustand, ein Leben ohne Rauschzustände, die einem oft den Weg blockieren.
Ich denke, dass nicht jeder Konsum von Alkohol oder Tabak gleich mit einem Rauschzustand gleichzusetzen ist. Der Gedanke, immer nüchtern durchs Leben zu gehen, mag zwar interessant klingen, aber es gibt noch viele andere Singe, die dafür sorgen können, dass man in einem bestimmten Moment mal nicht ganz da ist. Das können auch Schmerzmittel sein oder andere Medikamente oder einfach nur ein Tagtraum, der in einem ein gutes oder ein schlechtes Gefühl hervorruft und man so nicht mehr ganz klar und konzentriert ist.
Trinken muss ja nicht bedeuten, sich komplett zu betrinken. Aber wem es schwer fällt, das rechte Maß zu finden, dem kann es vielleicht wirklich besser helfen, ganz zu verzichten.
Ich selbst bin kein Vegetarier und es fiel mir auch wirklich schwer, für jemanden mal vegetarisch zu kochen, der kein Fleisch essen wollte. Weil ich es gewohnt war, dass zumindest Schinkenwürfelchen oder ein Scheibchen Wurst oder ein kleines Stückchen Fleisch überall dabei sind.
Genauso kann ich mir nicht vorstellen, komplett auf Alkohol zu verzichten. Ich betrinke mich nicht regelmäßig, aber manchmal hab ich schon Lust auf z.B. ein Biermischgetränk - vielleicht aller paar Tage mal - und mir würde etwas fehlen, wenn ich mir das verkneifen müsste.
Von einer Straight-Edge-Bewegung habe ich noch nie etwas gehört, aber da ich selbst Tabak beziehungsweise Rauchen ablehne und nicht praktiziere, als auch keinen Alkohol zu mir nehme, wobei ich manchmal Wein beim Kochen benötige, wenn es um eine Sauce geht, scheine ich ja doch etwas richtig zu machen. Dass sich das Ganze unter einem Begriff zusammenfassen lässt, finde ich bedenklich und zwar insofern, dass es scheinbar als etwas Besonderes gelten soll, wenn man auf Alkohol und Nikotin/ Tabak verzichtet. Für mich ist es ganz normal und ich sehe mich insofern auch nicht als etwas Besonderes an.
Mit Drogen habe ich direkt noch nie etwas zu tun gehabt und auch hier frage ich mich, ob dies wirklich so außergewöhnlich sein soll. Ich habe da auch keine Neugierde in diese Richtung hingehend entwickelt oder dergleichen. Somit müsste ich wohl 24 Stunden am Tag und sieben Tage wirklich einen nüchternen und wachsamen Zustand erreichen. Ich kenne es eigentlich auch nicht anders, von einem Alkoholexzess, über den andere Alkoholtrinker wohl nur lächeln können, vor vielen Jahren abgesehen.
Nein, ich halte es nicht für übertrieben, wenn man keinen Alkohol und keine andere Rauschmittel zu sich nimmt. Lediglich halte ich es für übertrieben, daraus ein Event zu machen und so zu tun, als sei es wirklich etwas ganz Besonderes und Außergewöhnliches ohne Konsum von Rauschmittel zu leben und noch schlimmer das Leben auch so genießen zu können.
Teilweise möchte ich dir zustimmen. Ich habe auch nicht davon geredet, dass ich mich damit von anderen abheben möchte, sondern dass man von anderen oft in eine Ecke gedrängt wird, also sozial ausgegrenzt wird, weil man auf etwas verzichtet.
Ich werde versuchen dir meine Aussage näher zu erläutern. Meine Freundin ist beispielsweise Veganerin und verzichtet komplett auf Alkohol und Tabakprodukte. Sie macht da auch keine große Sache daraus, redet ständig darüber, geschweige denn erhebt es zu einer Art Religion, aber trotzdem hat sie ein soziales Stigma. Wenn alle sich auf einer Party betrinken, steht sie am Rand und ist als Einzige nüchtern. Durch eine solche Entscheidung grenzt man sich also ab, ob man will oder nicht.
Ich habe damit nur gemeint, dass diese Ausgrenzung dir helfen kann, wenn du es in einer Gruppe tust und weißt, dass du mit deiner Entscheidung nicht alleine bist, und nicht, dass ich mich damit als etwas total Besonderes fühle oder besser als alle anderen. Ich versuche auch niemandem meinen vegetarischen Lebensstil aufzudrängen oder Ähnliches. Ich mache daraus also kein "Event". Da ich die Entscheidung relativ frisch getroffen habe möchte ich mich nur mal nach Meinungen umhören. Das wäre dann auch schon alles.
Wenn alle sich auf einer Party betrinken, steht sie am Rand und ist als Einzige nüchtern. Durch eine solche Entscheidung grenzt man sich also ab, ob man will oder nicht.
Vielleicht erlebt Ihr aber auch die Distanz zu den anderen, die keinen besonderen Lebensstil haben und sich „durchschnittlich“ ernähren aber auch als zu groß. Nicht jeder, der Alkohol trinkt, macht das in solchen Mengen, dass er betrunken wird. Eigentlich sind das nur Ausnahmen, von normalem Konsum wird niemand betrunken.
Dass Du aber dennoch auf einer Party das Gefühl hast, alle anderen wären stark angetrunken, lässt aber schon vermuten, dass Du Dich auch ein wenig als Außenseiter fühlst, schon jetzt.
Ich war noch nie in dieser Situation, weil ich sonst eher zu den Betrunkenen gehört habe und trotzdem habe ich gemerkt wie sich meine Freundin gefühlt hat. Das hat also zunächst mal überhaupt nichts mit meinem persönlichen Empfinden zu tun.
Ich glaube nicht, dass Trinken bis zum Rande der Besinnungslosigkeit in der heutigen Zeit noch eine Ausnahme ist. Zumindest nicht in meinem Alter. Zu später Stunde sind in der Disko eigentlich alle gut angetrunken, die nicht mit dem Auto da sind. So ist es nun einmal leider. Was für ein trauriges Bild das auf meine Generation wirft sei jetzt mal dahingestellt. Jedenfalls fühlte ich mich bislang nie als Außenseiter, zumindest nicht was das Trinken auf Parties angeht.
Ich selbst habe mich schon intensiv mit dieser Bewegung beschäftigt und auch schon einige Bücher zu diesem Thema gelesen. Ich selbst mag weder Alkohol noch Tabak, und das schon immer. Ich habe beides ausprobiert und muss sagen, dass es mir einfach überhaupt nichts bringt. Ein guter Freund von mir gehört der Punk-Szene an, die diese Straight-Edge-Bewegung ja quasi auch geprägt hat. Mit ihm habe ich mich dann ebenfalls lange darüber unterhalten und er meinte dann, dass mein Lebensstil auf jeden Fall Straight Edge ist. Dass man sich mit einer solchen Einstellung automatisch angrenzt, ist auch logisch. Ich bin nun aber auch nicht so, dass ich diese Meinung bzw. Einstellung zur Schau stelle und jedem davon erzähle. Es ist eben mein Lebensstil und ich bin ehrlich gesagt auch stolz darauf, aber ich muss es auch nicht jedem auf die Nase binden.
Arbeitskollegen haben auch erst vor knapp 2 Wochen herausgefunden, dass ich Vegetarierin bin, also ich hänge das echt nicht an die große Glocke und will mich auch nicht mit meiner Einstellung wichtig machen. Trotzdem sehe ich den Straight-Edge-Lebensstil als etwas besonderes an, und solange er diese Bedeutung für mich persönlich hat, ist für mich auch alles in Ordnung. Ich zwinge niemanden meinen Lebensstil auf, denn jeder muss für sich selbst entscheiden, wie er leben möchte. Es geht ja nicht nur um den Verzicht von Rauschmitteln (wobei man Schmerzmittel auch dazu zählen muss), die meisten Straight-Edge-Anhänger sind auch Vegetarier/Veganer und verzichten auf häufig wechselnde Geschlechtspartner, was gerade in der Jugend ja auch nicht mehr als normal gilt. Dabei will ich aber nicht alle über einen Kamm scheren, das ist klar.
Ich finde diese Lebenseinstellung keinesfalls übertrieben und wenn sie dir dabei hilft, gesünder zu leben und den Alltag auch mit ganz anderen Augen zu sehen, dann solltest du das auf jeden Fall durchziehen - egal was andere Menschen denken. Natürlich gibt es immer Menschen, die versuchen, einem das ein oder andere auszureden, aber es ist immerhin dein Leben. Ich weiß jetzt nicht, inwieweit du dich schon über diese Bewegung informiert hast (es gibt ein paar echt gute Bücher darüber). Vielleicht ist das ja echt genau das Richtige für dich. Das erfährst du jedoch nur, wenn du es auch ausprobierst, und genau das solltest du meiner Meinung nach auch tun.
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