Ausbildung - Voruntersuchung Gewicht

Meine jüngere Schwester hat nun endlich eine Lehrstelle als Industriekauffrau gefunden. Der Ausbildungsvertrag ist auch schon unterschrieben. Es fehlt nur noch die Voruntersuchung beim Arzt. Davon hat meiner Schwester jedoch riesen Angst, da sie leider massives Übergewicht hat, obwohl man ihr das gar nicht so ansieht. Als sie in der Schule erfuhr, dass sie dort auch gewogen wird, war sie irgendwie traurig.

Nun denkt sie, dass sie die Stelle wegen ihres Gewichts nicht bekommen würde. Da ich schon länger arbeite und den ganzen Mist schon hinter mir habe, hat sie mich um Rat gefragt. Ist es irgendwie möglich den Gang zur Wage zu vermeiden? Dummerweise ist die Waage bei ihrem Hausarzt auch noch im Wartezimmer. Das alles ist ihr total unangenehm und vor allem auch noch vor anderen Patienten bzw. Menschen. Als wäre ihr Gewicht ihr sowieso nicht schon peinlich genug, müsse sie es nun auch noch in der Öffentlichkeit Preis geben.

Wie ich damals meine Untersuchung durchführen ließ, war mein Gewicht für den Arzt irrelevant. Er wollte es gar nicht wissen. Jedoch war das ganz wo anders, da ich da schon von Zuhause ausgezogen war. Für was will den der Arzt unbedingt das Gewicht wissen? Industriekauffrau ist doch kein körperlich anstrengender Beruf! Würde es nicht genügen, wenn meine Schwester es ihm nicht im Behandlungsraum sagen könne, wie viel sie wiege, wenn sie sich kurz davor Zuhause gewogen hätte? Was wäre, wenn sie sich weigern würde, sich zu wiegen. Würde sie dann kein "okay" für die Ausbildung bekommen? Was erfährt der Arbeitsgeber alles nach der Behandlung über sie? Muss sie für die Bescheinigung unbedingt zum Hausarzt?

Ich frage mich, wieso deine Schwester überhaupt für die Ausbildung zur Industriekauffrau zu einer Voruntersuchung muss. Ich kenne das so gar nicht. Ich dachte, dass nur Menschen im Lebensmittelbereich zu so einer Untersuchung müssen. Also zum Beispiel Fleichereifachverkäufer und Bäckereifachkräfte ect.

Vielleicht ist bei deiner Schwester diese Untersuchung ja gar nicht zwingend nötig. Wurde ihr denn durch den Arbeitgeber vorgeschrieben, dass sie diese Voruntersuchung machen lassen muss? Es kann ja auch sein, dass der Arzt sich nicht für ihr Gewicht interessiert. Aber wenn man ihr schon ansieht, dass sie Übergewicht hat, dann könnte das ja durchaus doch ein Thema werden. Dadurch könnte sie ja auch Rückenprobleme bekommen oder Beschwerden bei den Gelenken. Ich weiß ja nicht, in wie weit das für ihren Beruf relevant ist.

Ich finde auch, dass die Untersuchung hier ein wenig überflüssig ist. Ich glaube aber nicht wirklich, dass sie dort gewogen wird. Das ist in dem Berufszweig eigentlich unüblich, dass man untersucht wird. Normal ist das eher bei Berufen in der Lebensmittelbranche oder im Bereich des Gesundheitswesens der Fall. Ich muss aber sagen, dass ich auch zu einer solchen medizinischen Untersuchung geschickt wurde, nachdem ich mein Arbeitsverhältnis begonnen hatte. Das liegt aber daran, dass ich eben im Bereich Gesundheitswesen angestellt bin. Zwar bin ich in der Verwaltung tätig aber die Untersuchung ist dennoch Pflicht. Denn auch hier kann man in Kontakt mit Krankheiten oder ähnlichen kommen. Bei mir wurde aber nicht so viel gemacht weil ich keinen Kontakt mit Patienten habe. Deswegen fiel die Untersuchung auch nicht so groß aus. Mir wurde Blut gezogen, was allerdings freiwillig war. Im weiteren musste ich nur noch ein paar Fragen zu meinem Krankheitsverlauf beantworten und das ganze war schon zu Ende.

Ich finde aber die Reaktion deiner Schwester ist etwas komisch. Übergewicht ist in der Tat nichts schönes aber man sollte sich dahinter stellen und etwas dagegen tun. Alles zu meiden, was irgendwie auf das eigene Körpergewicht deuten könnte, halte ich für keine sinnvolle Lösung. Außerdem hat der Arzt ständig mit solchen Menschen zu tun. Für ihn ist es völlig normal. Wird sie denn den Arzt wiedersehen? Ich denke mal nicht. Sie braucht sich hier eigentlich überhaupt keine Sorgen machen. Der Arzt wird sie vielleicht darauf aufmerksam machen, dass Übergewicht nicht gut für Knochen und Kreislauf ist aber das weiß sie sicher schon. Du schreibst doch am Anfang, der Vertrag wäre bereits unterschrieben. Daran wird auch nichts mehr zu rütteln sein. Sie haben sie eingestellt und da haben sie auch gesehen, dass ein Übergewicht vorhanden ist, was sie scheinbar nicht weiter stört.

Sie soll sich mal keinen Kopf machen und einfach da hin gehen und ihre kleine Untersuchung absolvieren. Am Ende fällt die Untersuchung ähnlich aus wie bei mir und es geht mehr in Richtung eines Gespräches. Nur nicht verrückt machen lassen.

So weit ich mich erinnern kann, müssen noch nicht volljährige Auszubildenden eine Untersuchung im Rahmen des Jugendschutzes machen. Da ist es egal welcher Art die Ausbildung ist. Aber es geht wirklich darum, ob der Jugendliche der Ausbildung gewachsen ist. Weniger um den Aspekt übertragbarer Erkrankungen, sondern der körperlichen Eignung. Und auch im Bereich Industriekauffrau kann es da Einschränkungen geben. Zum Beispiel wenn es Rückenprobleme gibt oder bei manchen Behinderungen. Wobei es bei der Untersuchung einmal halt um die körperliche Eignung geht, aber auch um die Entwicklung. Bis zum 18. Lebensjahr muss der Jugendliche jährlich zu dieser Untersuchung. Da geht es auch um die Entwicklung während der Ausbildung. Beispiel: Der Jugendliche wird halt für den Beruf geeignet empfunden. Bei der nächsten Untersuchung stellt der Arzt fest, dass bestimmte Tätigkeiten zu Beeinträchtigungen führen, dann muss er das auch vermerken, bis hin zum Ausstellen eines Attest, dass bestimmte Tätigkeiten nicht mehr gemacht werden dürfen.

Zur eigentlichen Frage. Ich persönlich würde mich im Wartezimmer vor anderen Menschen nicht wiegen und auch nicht wiegen lassen und würde das auch so dem Arzt oder der Sprechstundenhilfe mitteilen. Das geht in meinen Augen auch niemanden was an. Ich kenne Waagen allerdings auch nicht im Wartezimmer. Verstößt auch irgendwie gegen die Menschenwürde und auch gegen die Schweigepflicht. Da man beim Arzt auch fordern kann, dass man bestimmte Dinge der Sprechstundenhilfe nicht mitteilt, wenn alle zuhören können, dürfte das auch im Bezug auf die Waage gehen.

Die meisten Ärzte werden bei dieser Untersuchung auch wiegen. Denn es geht ja um den allgemeinen Gesundheitszustand. Ähnlich wie ein jährlicher Check- Up. Ich finde das generell auch richtig, denn am Gewicht kann man auch andere Dinge fest machen. Die Ergebnisse werden aber an sich dem Arbeitgeber nicht übermittelt. Da steht nur drin, wie die Untersuchung generell war. Also keine genauen Diagnosen, es sei denn sie sind für den Arbeitgeber entscheidend. Und ich denke noch nicht mal dann. Dem Arbeitgeber wird quasi nur übermittelt, ob der Jugendliche gesund ist und für eine Ausbildung geeignet ist. Wobei man den Arzt mit Sicherheit auch fragen kann, was genau er weiter gibt.

Es gibt Unternehmen, die eine solche arbeitsmedizinische Betreuung wegen der Branche und der Tätigkeiten notwendig machen und daher ist dann auch eine Einstiegsuntersuchung angesagt. Allerdings gibt es bei einigen Unternehmen auch eine freiwillige solche arbeitsmedizinische Betreuung, die dann aber auch schon den Auszubildenden angedient wird.

Dass wegen des Übergewichts aber der Ausbildungsvertrag rückabgewickelt wird, das ist eher unwahrscheinlich. Denn wenn das Gewicht für diesen Ausbildungsplatz so wichtig wäre, dann wäre das schon zuvor überprüft worden. Immerhin ist dieses Schamgefühl doch ein Anreiz endlich mal ernsthaft etwas dagegen zu tun.

Ich denke auch nicht, dass sie sich da große Sorgen um ihre Ausbildung machen muss. Immerhin hat sie den Platz ja eigentlich schon sicher und wenn sie wirklich so extrem übergewichtig wäre, dann würde man ihr das auch sicherlich ansehen und somit wäre das keine große Überraschung für den neuen Arbeitgeber, da sie ja wahrscheinlich auch schon dort war und auch ein Bewerbungsfoto hin schicken musste.

Kann man diese Untersuchung nicht bei einem anderen Arzt machen lassen, wo die Wage nicht im Wartezimmer steht? Das finde ich nämlich wirklich etwas krass und auch mit Idealgewicht würde ich mich nicht wiegen lassen, da ich das trotzdem vor den Leuten unangenehm fände. Daher würde ich ihr schon empfehlen, dass sie zu einem anderen Arzt geht oder dort eben auch deutlich macht, dass sie das so nicht will und der Arzt gefälligst im Wartezimmer wiegen soll, vielleicht lässt er es dann auch ganz, da ihm das zu umständlich ist?