Langsames Kind - Umgang im Kindergarten?

vom 16.10.2011, 09:04 Uhr

Frau A arbeitet in einer Kindergartengruppe als Erzieherin. Die meisten der Kinder haben keine Auffälligkeiten, entsprechen in den Entwicklungen ihrem Alter und haben so auch keine Probleme. Seit wenigen Wochen ist aber der dreijährige B. im Kindergarten und er ist motorisch nicht auf dem Stand eines Dreijährigen, vom Wesen und dem Charakter her ist er aber dem Alter entsprechend. Die Motorik scheint B. von seinem Vater geerbt zu haben, die Bewegungen sind sich in sich ähnlich.

Durch die motorische Entwicklung ist B. beispielsweise nur schwer in der Lage, sich allein an zuziehen und hinkt extrem hinterher. Frau A. möchte dem Jungen aber nun beibringen, dass er möglichst viel allein macht und es auch lernt. Würde sie ihm das Anziehen abnehmen, so würde B. sich selbst nicht daran gewöhnen, dass er sich allein anziehen muss. Es geht ja immerhin auch im Kindergarten darum, dass Kinder selbstständig erzogen werden.

Inzwischen hat es sich erheblich abgekühlt und die Kinder gehen dennoch regelmäßig an die frische Luft, um dort eben toben zu können. Dabei wird auf eine entsprechend warme Kleidung geachtet. Es ist nun so, dass B. wirklich extreme Schwierigkeiten hat, sich allein die wärmere Hose überzuziehen und auch die Schuhe allein an zuziehen. Frau A. sieht jedoch nicht ein, dies für ihn komplett zu übernehmen und will ihn dahin fördern. Allerdings besteht das Problem darin, dass durchaus eine halbe Stunde und mehr vergeht, bis B. komplett angezogen ist und er dadurch auch nicht mehr so viel draußen spielen kann.

Frau A. hat bereits mit Kollegen darüber gesprochen, die ihr aber auch bestätigt haben, dass es besser ist, wenn B. das Anziehen allein vornimmt, um auch eine Routine zu erhalten. Ein Elterngespräch steht noch aus, das ist erst in wenigen Wochen der Fall. Aber Frau A. ist langsam verzweifelt und wirklich genervt, weil B. eben etwas länger braucht und freundliche Aufmunterungen, als auch Geduld haben gar nichts bewirkt. Wie soll Frau A. mit dieser Langsamkeit noch umgehen? Welche Gründe könnte es haben, dass B. so langsam beim Anziehen ist und wie könnte Frau A. mit ihm arbeiten, dass es eben schneller geht? Immerhin leidet die ganze Gruppe darunter, weil Frau A. sich intensiv um B. kümmern muss, und Frau A. nicht mehr so viel Aufmerksamkeit anderen Kindern gegenüber leisten kann.

Normalerweise hat Frau A. noch einen Kollegen, der aber längere Zeit arbeitsunfähig ist und eine Krankheitsvertretung ist derzeit nicht möglich.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



Auch wenn das Elterngespräch erst in einigen Wochen geplant ist, sollte man das Gespräch mit den Eltern suchen. Denn nur wenn zu Hause B auch entsprechend gefördert wird, kann das im Kindergarten was bringen. Es nutzt nichts, wenn er im Kindergarten bestimmte Dinge allein machen soll, aber zu Hause die Eltern das übernehmen. Über kurz oder lang wird es B nämlich nicht mehr interessieren, ob er mit raus kann um mit den anderen Kindern zu spielen. Dann zieht er sich gar nicht mehr allein an, sondern wartet bis die anderen Kinder wieder reinkommen.

Außerdem würde ich es als besser empfinden, wenn B früher zum Anziehen geschickt würde, damit er auch sieht, wie schön es ist, wenn er mit den anderen Kindern zusammen rauskann. Weiterhin sollte den Eltern auch ans Herz gelegt werden, das man den Jungen untersuchen lässt woher diese Defizite in der Entwicklung kommen. Pauschal zu sagen, das er es vom Vater geerbt hat, ist sicherlich der falsche Weg. Auch wenn da ein gewisses Potential vorhanden ist, können dennoch andere Gründe dafür vorhanden sein, welche medizinisch abgeklärt werden sollten.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


In erster Linie müssen da auch die Eltern mit am Strang ziehen. Sonst "versauen" sie die ganze Arbeit, die A unter der Woche leistet, wenn sie am Wochenende wieder alles übernehmen. Auch die Eltern müssen dann entsprechend dafür sorgen, dass B sich allein an -und auch wieder auszieht, bzw. das entsprechend schneller als bisher macht. Wichtig fände ich aber auch den Grund warum B nun so langsam ist. Ist es wirklich generell ein Problem, dass B nicht altersentsprechend entwickelt ist? An was liegt das? Bekommt er da Therapien und wird sonst irgendwie gefördert?

Ist es vielleicht am Ende sogar "nur" ein Erziehungsproblem? All das wäre schon interessant, denn das beeinflusst schon, wie man mit der Situation umgeht. Wenn er wirklich nicht entsprechend entwickelt ist, sollte er ja therapiert werden. Denn damit muss man auf jeden Fall noch vor Schulbeginn anfangen. Ist es ein Erziehungsproblem, muss man ganz dringend mit den Eltern reden und dann auch noch auf die richtige Art und Weise. Und intellektuell ist er auch hinterher? Oder das nicht wirklich?

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge



Mit einem Elterngespräch würde ich nicht so lange warten. denn das könnte verlorene Zeit sein. Vielleicht ist es im Elternhaus tatsächlich so, dass die Mutter den Jungen beim Anziehen unterstützt und er sich daran gewöhnt hat. Die Idee, den Jungen schon vorab zum Anziehen zu schicken, finde ich gut. Vielleicht hilft ihm das, sich zu beeilen, bevor alle anstürmen.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Ich schließe mich da meinen Vorredern an, da ich auch als Erzieherin tätig bin. Bei solch dringenden Fällen kann man nicht wochenlang warten sondern muss die Eltern wirklich drauf ansprechen und ihnen klar machen, dass es wichtig ist, dass Erzieherinnen und Eltern zusammen helfen und B in ihrer Selbstständigkeit fördern.

Vielleicht sollte beim Gespräch auch darauf geachtet werden, dass etwas Positives von B auch fällt, ein besonderes Talent, dass er hat, dass es nicht nur negativ herüber kommt. Ich kenne solche Situationen ebenfalls aus dem Kindergarten und ich lasse die Kinder sich einfach umziehen. Wenn es mir zu lange geht, dann sage ich das betreffende Kind soll nachkommen. Das geht dann meistens ziemlich schnell, erstaunlicherweise.

» nordseekrabbe » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Das Kind vor den anderen Kindern zum Anziehen zu schicken, ist schlecht. Die Kinder und die Erzieherin gestalten jeden Morgen einen Stuhlkreis, bevor es nach draußen geht. B würde also den Stuhlkreis verpassen. Sicherlich könnte man den Stuhlkreis auch vorher gestalten, wobei es hier recht schwierig sein dürfte, da der Vormittag extrem straff durchgeplant ist. Aber ich werde dies mal Frau A. vorschlagen, ob so etwas nicht möglich ist.

Das Elterngespräch kann erst in wenigen Wochen stattfinden, weil die Eltern selbst sehr eng beruflich eingebunden sind und das Kind ausschließlich vom Großvater abgeholt wird. Dass sich Eltern mehr Zeit nehmen sollten, wenn es um die Belange des Kindes geht, ist natürlich logisch, aber leider nicht umsetzbar. Außerdem ist es Frau A. wichtig, dass der Kollege auch dabei ist, um die Eltern kennenzulernen.

Andere Defizite sind Frau A. nicht aufgefallen, bis auf diese Langsamkeit. B. kann sich sehr gut sprachlich äußern und von seinen Erlebnissen berichten, er ist einfach nur sehr langsam und motorisch müsste er auch etwas mehr gefördert werden. Ansonsten sind wie gesagt noch keine weiteren Auffälligkeiten vorhanden. Auch Anschluss hat B. sehr schnell gefunden, was auch gut und im Grunde förderlich ist.

Es ist ja nun nicht so, dass B. grundsätzlich nichts könnte - wie gesagt hat er wirklich andere Talente und Neigungen. Aber es gilt auch etwas, diese Langsamkeit eben zu reduzieren, um weiterhin den Anschluss zu haben und eben auch selbständig zu werden. Wie gesagt, das Elterngespräch steht noch an und dort wird natürlich auch darüber gesprochen, dass auch die Eltern mitarbeiten, ebenso andere Bezugspersonen, die B. nun hat.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge


Dass die Eltern des Kindes B beruflich sehr eingebunden sind, ist sicher ein Grund, der ein früheres Elterngespräch nicht einfacher macht. Aber ein Hinderungsgrund ist das nicht. Ich kenne es so, dass man dann eben die Person, die das Kind abholt einmal angesprochen hat oder aber die Eltern zunächst telefonisch kontaktiert hat und sich dort ausgetauscht hat. Ich sehe hier leider nur zig vorgeschobene Gründe statt wirklich nach einer Lösung zu suchen. Mag sein, dass ich das falsch sehe, aber wenn man so große Probleme mit einem Kind hat, dann sollte man nicht zögern sondern recht schnell mit den Eltern Kontakt aufnehmen, um den Ursachen auf den Grund gehen zu können und möglichst schnell auch Lösungen zu finden.

Ansonsten kenne ich es aus dem Kindergarten meines Jüngsten so, dass die älteren Kinder den Jüngeren beim Anziehen helfen. Denn auch da sind einige schneller, einige langsamer und Schnürschuhe sind für die meisten Kinder bis 5 Jahre ein Problem. Die Erfahrungen damit sind sehr gut, weil die Großen so lernen Rücksicht zu nehmen und ihre sozialen und motorischen Fähigkeiten weiter trainieren. Außerdem geht das Anziehen insgesamt schneller, wenn noch etwa 6 ältere Kinder mithelfen als wenn alles an vier bis fünf Erziehern und einer Mitarbeiterin hängen bleibt.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



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