Aufkommende Gewalt in unteren Fußballklassen
Ich spiele selbst Fußball in einer der unteren Fußballligen, in denen man denken sollte es geht einzig und allein um den Spaß am Sport. Leider meinen einige den Sport dazu zu nutzen um ihren Frust abzuladen und lassen ihre Aggression an Gegnern oder Schiris aus. Was besonders auffällt ist die Haltung von außenstehenden Zuschauern. Bei einem Spiel von uns in dieser Saison hat ein Spieler von uns beim Verlassen des Sportplatzes grundlos eine Glasflasche auf den Kopf geschlagen bekommen.
Ich finde sowas hat wirklich nichts auf einem Sportplatz zu suchen, zumal wir alle noch arbeiten müssen und andere Sorgen im Leben haben als das bisschen Gekicke. Was habt ihr für Erfahrungen gemacht? Ich komme aus dem Kreis Wiesbaden. Ist das bei euch teilweise auch so schlimm? Ich frage mich schon immer warum diese Leute sich nicht eine Kampfsportart aussuchen.
Ich komme aus Berlin und habe immer in den höheren Ligen gespielt, kenn jedoch durch Freunde auch die Situation in den unteren Spielklassen. Gerade dort spielen, zumindest kann man das von Berlin sagen, die Kids aus den sozial ärmeren Gegenden, die sich auch relativ schnell provozieren lassen.
Ich kann mich ehrlich gesagt an wenige Spiele erinnern, bei denen ich zugeguckt habe, bei denen es nicht mindestens eine Rudelbildung mit Handgreiflichkeiten gab. Ich weiß nicht wie dieses Phänomen zu erklären, denn Schiedsrichter gibt es ja auch in den untersten Spielklassen. Doch man kann wirklich das Gefühl bekommen, dass mit sinkender Spielklasse die Aggressivitätsbereitschaft steigt, vielleicht weil Spieler mit Potenzial einschätzen können, was ihnen so eine Aktion verbauen kann und die untersten Spieler keine Aufstiegschancen haben.
Das gibt es doch nicht nur in den unteren Ligen. Oder warum meint ihr, ist sonst das Polizeiaufgebot in den großen Stadien so hoch, wenn Spiele anstehen? Die Polizisten sind dort nicht grundlos, sondern aus Erfahrung, gerade wenn sogenannte Derbys anstehen. Und es wird auch nicht ohne Grund nur Dünnbier in den Stadien verkauft, weil eben die Gewaltbereitschaft mit höherem Alkoholpegel steigt.
Ich selbst war vor einigen Jahren das letzte Mal in Leipzig zum DFB-Finale. Wie man da schon beim Einlass kontrolliert wurde, war wirklich krass. Ok, ich hatte eh nichts verbotenes dabei und war auch nicht darauf aus mich dort zu prügeln. Aber eben auch Frauen wurden ordentlich kontrolliert.
Dazu wohne ich gegenüber eines Fussballvereines und habe daher regelmäßig die Möglichkeit die Spiele von der Wohnung aus zu beoabachten. Aber ich habe hier bisher noch nicht einmal die Polizei gesehen bei einem Spiel. Weil sie nicht nötig ist. Man kann also nicht pauschal sagen, das es nur in den unteren Ligen zu diversen Ausschreitungen kommt.
Ich habe das bei der Fussballmannschaft meines Ex-Freundes aus dem Kreis Hessen auch bemerkt. Was mir sofort auffiel war das ständige Trinken nach den Spielen. Es wurden meist Kästen mit alkoholischen und antialkoholischen Getränken ausgeteilt, jedoch der Anteil der alkoholischen Getränke überwiegte total. Wenn der Kasten leer kam, wurden noch die Hütchen verteilt (Schnaps usw.) in Runden (10 Gläser). Das war Gang und Gebe.
Wenn Derbys anstanden, war es am schlimmsten. Dies war pro Runde 3-4x der Fall. Dort musste dann getrunken werden. Bekam dann gesagt: "Das ist ganz normal. Das würde zuvor schon fest stehen, das dort getrunken wird. Das machen wir jedes Jahr so" usw. Es war für mich grauenvoll, denn ich trinke gar nichts. Jedoch gibt es 1-3 Spieler in dieser Mannschaft, die aggressiv werden nachdem sie Alkohol getrunken haben und ein gewisser Alkoholpegel erreicht ist. Diese provozieren dann auch unter Freunden oder wenn sich jemand anderes dazugesellt. Habe ich schon öfters mitbekommen, das seine besoffenen Freunde ihn dann zurück halten müssen.
Ich habe dieses Verhalten knapp 2 Jahre lang mitbekommen, was es heisst mit einem Menschen zusammen zu sein, der im Spielerausschuss tätig ist und nicht spielt und ich muss sagen: Nie wieder! Es ist schlimmer mit so jemandem zusammen zu sein als mit einem Spieler, denn er muss bei allen Spielen dabei sein, nicht wie ein Spieler nur bei dem Spiel, woran er auch teil nimmt bzw. mitspielt. Ich habe im Leben zuvor noch nie solch einen Verein gesehen, bei dem soviel getrunken wird. Selbst im Fussballverein indem mein Freund ab und an mitspielt, ist es nicht so extrem wie bei diesem.
Ein Grund könnte sein, weil im Verein meines Freundes hauptsächlich Familienväter spielen und im Verein meines Ex-Freundes von Männer spielen, die fast alle nur eine Freundin/Frau haben und kein Kind. Außerdem trinken die Spielerfrauen dieser Spieler auch selbst. So passt das wiederum, wenn alle trinken, fällt es niemanden auf bzw. stört es. Nur mich hat es massiv gestört, weil es kein Ende nahm. Selbst bei gewissen Veranstaltungen (Derbys, Oktoberfest im Sportheim, Feiern usw.) wurde so extrem getrunken bis in den Morgen um 6/7 Uhr. Bis eben nichts mehr in den Körper rein geht oder es raus kommt.
Ich finde solch ein Verhalten einfach nur schrecklich und bin froh, das diese beiden Jahre vorbei sind, denn das war u.a. der Hauptgrund, wieso wir uns immer stritten und wieso es zum Ende kam. Solch ein Verhalten kann oftmals das eigene Privatleben (Familie etc.) kaputt machen.
Das war doch im Fußball schon mehr oder weniger immer so, auch im Amateurfußball (und nicht nur da). Ich denke, dass es dann mit zunehmenden sozialen Problemen in einer Gesellschaft auch noch schlimmer werden kann. Das ist dann ein Ventil, um Luft abzulassen.
Im Amateurfußball habe ich auch schon erlebt, wie da provoziert und gepöbelt wird. Da machen aber alle mit. Es sind nicht nur die Spieler untereinander, es sind auch die Zuschauer, die ganz gezielt Spieler provozieren. Mich sieht man bei so etwas nie mehr. Das muss ich mir nicht geben.
Hier, das ist erst vor wenigen Tagen wieder passiert. A-Jugendliche schlagen einen Schiedsrichter ins Krankenhaus.
Provokante Sprüche gegenüber Spielern gibt es aber nicht nur bei den Amateuren. Nur bekommt man es in den großen Stadien nicht so mit, wenn da ein Zuschauer einen Spruch ablässt und der Spieler hört es auch eher selten selbst, was ihm da zugerufen wird. Da liegt eben an den Massen der anderen Zuschauer die drumrum stehen, das ein Einzelner da verbal eben untergeht.
@SybeX
Wenn eine Mannschaft nach dem Spiel noch zusammen was trinkt, von der Menge her mal abgesehen, dann ist das was anderes, als wenn du Zuschauer sich vor und während des Spieles betrinken und dann eben die große Klappe haben oder sogar körperlich angreifen.
So lange ich schon Fußballspiele besuche habe ich schon Gewalt erlebt, auch in den aller untersten Ligen. Ich will das nicht damit erklären dass es so etwas schon immer gab, aber meiner Meinung nach macht es schon einen Unterschied ob ein besoffener Rentner sich eine Rangelei mit dem Linienrichter liefert oder ob einhundert gut organisierte Hooligans das Stadion aufmischen. Gewalt ist Gewalt, das ist schon klar, aber Sport lebt auch von den Emotionen. Früher habe ich gesagt Fußball ist mein Leben und ich fieberte schon am Montag dem nächsten Spiel meiner Fußballmannschaft entgegen. Das sollte sich aber normalerweise mit steigendem Lebensalter geben.
Bei Fußballspielen fließt fast immer Alkohol und es gibt auch persönliche Empfindlichkeiten wenn eine bestimmte Mannschaft spielt. Das sind für mich entscheidende Faktoren. Wer in der großen Gruppe zu einem Fußballspiel fährt der trinkt meistens schon über Stunden Alkohol und bekannterweise fühlt man sich dann auch in der Gruppe stärker, die Schmähgesänge um die Gegner zu provozieren tun das übrige. Dann genügt ein kleiner Anlass oder auch nur einer der der sich leicht provozieren lässt und schon kann die Situation eskalieren und außer Kontrolle geraten.
Eigentlich auch bekannt ist dass die Präsenz der Ordner und der Polizei in den untersten Ligen nicht besonders groß ist und diese dann auch häufig überfordert sind. Eingangskontrollen finden kaum statt und die Sicherheitsvorkehrungen im Stadion sind auch nur marginal. Das ist doch logisch dass da Krawalltouristen angezogen werden weil sie nur dort so richtig auf den Putz hauen können ohne ernsthafte Konsequenzen befürchten zu müssen. Auch Hooligans legen es nicht gerade darauf an das Wochenende in einer Zelle zu verbringen oder empfindliche Strafen zu riskieren.
Ich selbst habe auch lange in den unteren Fußballklassen gespielt. In meiner Mannschaft war der Ausländeranteil sehr hoch. Dazu kamen die meisten aus der sozialen Unterschicht. Das heißt: eine schwache Bildung und fehlende soziale Kompetenz. Ich will damit nicht sagen, dass alle dumm und asozial waren, aber bei einigen konnte ich das Verhalten einfach nicht nachvollziehen. Ich habe trotzdem gerne mit ihnen gespielt, da alle gute Fußballer waren und alle sehr zuverlässig waren.
Als wir dann begannen immer besser zu werden und nach der ersten Saison aufstiegen, kamen aber auch immer mehr Provokationen dazu. Viele lokale Mannschaften fingen an uns zu beschimpfen. Häufig auch rassistisch. Während das an manchen spurlos vorbeigeht sind aber auch einige dabei, die das einfach nicht ignorieren können. Die flippen bei so was dann schon total aus.
Im Laufe der Monate entwickelte sich das dann immer weiter so. Auf dem Spielfeld waren harte Beleidigungen an der Tagesordnung. In den unteren Spielklassen kann ein Schiri da auch nicht durchgreifen. Das ist kein Vorwurf. Ich habe selbst miterlebt, wie Schiedsrichter nur unter Polizeischutz ein Vereinsheim verlassen konnten, weil draußen 6 Bekloppte mit Knüppeln bewaffnet auf ihn warteten. Auch meine Mitspieler waren aber nicht ohne. Schiris werden sofort beschimpft, wenn etwas gegen einen gepfiffen wird.
Außerdem gehen einige so in die Knochen, dass eine Verletzung häufig die Folge ist. Ich hatte manchmal das Gefühl, dass der Fußball in den unteren Klassen nur als Frustabbau dient. So oft wie es zu Zwischenfällen kam, fand ich schon sehr besorgniserregend. Gerade bei bekannten Krawallteams, sollte man doch präventiv eingreifen und diese Teams aus den Ligen verbannen. Immerhin soll es ja vor allem um den Spaß gehen und nicht wer am Ende am häufigsten zugehauen hat.
In meinen Erfahrungen gab es aber nur selten Eingriffe von Außen. Zuschauer haben sich selten und wenn nur mit der Stimme eingemischt.
Dumpfbacke hat geschrieben:[...] Gerade bei bekannten Krawallteams, sollte man doch präventiv eingreifen und diese Teams aus den Ligen verbannen.[...]
Hier bei uns ist es nun so weit. Die Duisburger Schiedsrichter (streng genommen Duisburg, Dinslaken, Mülheim) haben keinen Bock mehr. Sie haben beschlossen, die Schläger-Teams in den Kreisligen zu boykottieren, bzw. an diesem Wochenende haben sie es schon. D. h., dass der Verband hier im Kreis keine Schiedsrichter mehr stellen wird. Bis zum 10. Spieltag hat es hier in den unteren Ligen bereits 6 Spielabbrüche gegeben. Und wir sprechen hier ja nur von Duisburg, Mülheim und Dinslaken. Das ist zwar sicher ein Brennpunkt, aber eben nicht ganz Deutschland. Aber hier gab es Jagdszenen auf Schiedsrichter, ein Trainer wurde bewusstlos geschlagen, es gab eine Attacke eines Torhüters auf einen Zuschauer, um das, was sich alles nach den Spielen abspielt gar nicht erst zu nennen.
Hier werden nun 5 Mannschaften boykottiert: in der Kreisliga A Croatia Mülheim, TB Heißen, in der Kreisliga B Hertha Hamborn II und Hamborn 90 II und in der Kreisliga C Yesilyurt Möllen.
Und ja, bei der Mehrzahl von Spielabbrüchen scheint es so zu sein, dass es die Spieler mit Migrationshintergrund sind, die auffallen. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Aber dabei darf man nicht vergessen, dass die ganz gezielt auf respektloseste Art immer wieder beleidigt werden und Deutsche mischen oft genug mit. Das Argument greift also viel zu kurz und das eigentliche Problem sitzt wohl viel tiefer.
Nur muss man auch bedenken, es gibt hier im Kreis alleine in den Kreisligen ca. 600 Spiele je Wochenende und da relativiert sich das alles schon. Andererseits ist natürlich jeder Vorfall einer zu viel. Als (ehrenamtlicher) Schiedsrichter hätte ich auch keine Lust mehr, wenn ich wüsste, da kommt ein kreisbekannter, schwieriger Verein und es könnte ja mal wieder was passieren. Da wieder Ordnung reinzubringen ist wohl vor allem Aufgabe der Vereine, denn die kennen schließlich ihre Pappenheimer.
Dass das aber kein neues Problem ist, zeigt z. B. dieser Spiegel-Artikel aus 1999.
Für die Öffentlichkeit und höchstwahrscheinlich auch für etliche Fußballmannschaften ging am Wochenende eine bemerkenswerte Aktion der Berliner Schiedsrichter über die Bühne. Auf Grund wachsender Gewalt ihnen gegenüber wurden alle Spiele der untersten Ligen für 5 Minuten unterbrochen, damit wollte man den Mannschaften Gelegenheit geben sich einmal Gedanken über den Umgang mit den Mitgliedern der schwarzen Zunft zu machen. Viel gebracht hat die Aktion „Zeit zum Nachdenken“ nicht, an diesem Wochenende wurden trotzdem fünf Fußballspiele auf Grund von Gewalt und Bedrohung gegenüber den Schiedsrichtern abgebrochen.
Ein beteiligter Schiedsrichter meinte frustriert dass die Mannschaften die Zeit der Unterbrechung nutzten um taktische Anweisungen zu erhalten und sich lieber mit ihren Handys beschäftigten. Auch von den Flyern und Informationsplakaten die vom Berliner Fußballverband vor diesem Wochenende verteilt wurden war in den Stadien nichts zu bemerken, auch erfolgten kaum Durchsagen die auf diese Aktion aufmerksam machten.
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