Vorurteil: Gamer soziale Nachzügler?
Ich verstehe was du meinst, bloß muss man rein nüchtern gesehen sagen dass "sozial" perspektivenabhängig ist. Wenn ich mich oft mit Freunden treffe und was mit ihnen unternehmen sehe ich mich wahrscheinlich genau so sozial tätig wie Gamer die etwas mit anderen Gamern unternehmen. Doch auch meine Mutter pflegte schon zu sagen: "Verallgemeinerung ist die Philosophie der Dummen", ohne den Thread-Ersteller angreifen zu wollen .
Ich spiele auch hin und wieder gerne ein PC oder PS3-Spiel, wobei ich mich gänzlich aus der MMORPG-Szene zurückgezogen habe. Jeder muss für sich selber wissen wieviel Zeit er vor dem Gerät verbringen will, doch eins weiß ich aus eigener Erfahrung: Vermeintliche Freunde aus Onlinespielen werden, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nie reale Freunde ersetzen können. Da hat man knapp ein halbes Jahr täglich mit jemandem zu tun gehabt, überwiegend positiven Kontakt gehabt und plötzlich ist man dieser Person zu nichts mehr nützlich - abgeschoben.
Um nochmal auf das Headset einzugehen: Da muss ich dir Recht geben, ein Headset macht noch lange niemanden zum Hardcoregamer. Schon länger ist das Headset fast zum Haushaltsutensil geworden, sofern im Laptop nicht schon ein Mikrophon integriert ist, damit man über ICQ/Skype/MSN/TS³ etc. telefonieren und chatten zu können. Allerdings, um auf einen Punkt zu kommen, merke ich in letzter Zeit auch eine Verbesserung bezüglich der Wahrnehmung von Stereotypen. So wird man nicht mehr als "Suchti" beschimpft wenn man mal eben eine Runde CSS spielt oder sich einfach nur mal im TS³ unterhält.
Natürlich handelt es sich auch meiner Meinung nach bei der Aussage Gamer seien soziale Nachzügler vollkommen um ein Vorurteil und selbstverständlich kann man nicht alle Gamer sprichwörtlich über einen Kamm ziehen. Vor einigen Jahren spielte ich regelmäßig das Onlinespiel Archlord, wer dieses kostenlose Onlinespiel kennt wird wissen, dass es sich dabei um ein zeitintensives Spiel handelt. Jedoch ging ich natürlich auch weiterhin meinem Beruf nach, traf mich mit Freunden, kümmerte mich um meinen Haushalt und unternahm die üblichen Spaziergänge mit meinem Hund, welche ich als wichtiger ansah, als meine komplette Freizeit mit dem Onlinespiel zu verbringen. Dennoch verbrachte ich fast täglich 2 bis 3 und am Wochenende 4 bis 6 Stunden in dem Spiel, was sich nicht nur als Spiel sondern als Treffpunkt für bereits bestehende und neu gegründete Freundschaften erwies. Dass ich mich zu dieser Zeit selbst als sozialen Nachzügler angesehen, meine sozialen Kontakte, meine Familie, meine Tiere, meinen Haushalt oder meinen Beruf vernachlässigt habe kann ich jedoch nicht bestätigen.
Allerdings muss ich zugeben, dass ich auch Menschen in dem Spiel kennen gelernt habe, für die dieses Spiel das A und O im Leben geworden war, dabei vernachlässigten sie ihre Arbeitsstelle, was zu einer Kündigung führte, Familie oder Freundschaften, was zur Trennung führte und lebten in einem absoluten Chaos, da es laut deren Aussage ja keine Zeit mehr gab den Haushalt zu führen. Einer der Betroffenen campierte sogar am Computer, was bedeutet, dass dieser einen Raum zur reinen Gamerzone umbaute, das Bett befand sich direkt an dem Computertisch und das Badezimmer, sowie die Küche gerade mal einige Schritte entfernt. So musste der Spieler den Computer lediglich für einige Minuten verlassen, um seinen menschlichen Bedürfnissen nachzugehen. Auch wenn dies wohl die schlimmste Situation der Sucht des Gamers war, so gab es weitere von der Sucht geplagten Menschen, bei denen es sich jedoch noch in Grenzen hielt, wenn man das dann so sagen kann.
Natürlich und das möchte ich hier einmal untermauern gibt es auch zig Spieler, welche lediglich ihre Freizeit mit dem jeweiligen Spiel verbringen, weil sie Spaß am Spielen haben und Gleichgesinnte treffen wollen. Man kann, wie bereits erwähnt nicht alle Menschen über einen Kamm ziehen, was jedoch leider häufig der Fall ist. Heute, eventuell 2 Jahre nach meiner Erfahrung mit dem Spiel erfuhr ich durch einen anderen Spieler, welchen ich real kenne, dass sich der Betroffene Spieler mit dem enormen Suchtverhalten in einer Beziehung befindet und mittlerweile ein kleines Kind zu versorgen hat. Zudem geht er regelmäßig einer Arbeit nach und hat den Computerspielen den Rücken zugekehrt. Mich persönlich freut diese Entwicklung und es zeigt uns, dass jeder Mensch dem Suchtverhalten entfliehen kann.
Ich denke mal, dass man beim Chatten weniger offen miteinander ist, weil eben einfach nicht so viel Zeit zum Tippen bleibt, hm? Immerhin spielt man ja und wenn man über privates redet, kann man das durchaus mal einfach so nebenbei machen, ohne das es das Spiel behindert, es ist aber schon deutlich schwieriger, nebenbei zu Tippen und zu lesen, deswegen findet hier weniger Kommunikation miteinander statt und der Austausch erscheint weniger offen. Ich für meinen Teil würde die Behauptung allerdings durchaus bestätigen, ich finde das sich viele ''Gamer'' in Sachen soziale Kontakte schwer tun und ich für meinen Teil kenne die meisten Gamer, die ich so flüchtig im Bekanntenkreis habe, als Single.
Du findest zwar, dass ein gewisser Austausch durch dieses Headset stattfindet und das ist auch sicherlich der Fall, meine Frage an dich wäre jedoch, kann diese Kommunikation wirklich einen realen sozialen Kontakt ersetzen? Das sehe ich nämlich ehrlich gesagt nicht so, zumal ich mir auch nicht sicher bin, ob du diese anderen Gamer mit denen du da quatschst, überhaupt kennst oder ob man eben wirklich nur miteinander spielt. So wohnen diese Personen vielleicht gar nicht in deiner Reichweite, du hast sie nie in real gesehen oder nur ein Foto und der regelmäßige Kontakt kommt nur über das Spiel zustande, wo man sich dann beiläufig auch über privates unterhält. Für mich ist das aber definitiv kein Ersatz zu einem realen sozialen Kontakt und daher halte ich an meinem Vorurteil fest.
Mal eine kleine Anekdote aus meinem eigenen Freundeskreis: Eine Freundin von mir hatte vor einigen Monaten auch einen Freund, der süchtig nach Computerspielen war. Die ersten Monate war das noch ganz in Ordnung, aber irgendwann beschäftigte es sich wirklich nur noch mit seinem Computer und vernachlässigte nicht nur die Beziehung, sondern auch seine Zukunft in Sachen Bewerbung und Beruf, weil er auch gerade mit der Schule fertig geworden war. Auf jeden Fall litt die Beziehung da enorm drunter und sie trennte sich dann schnell von ihm. Ein gemeinsamer Bekannter konnte ihren Ex übrigens auch nicht mehr dazu bewegen, mal gemeinsam etwas zu unternehmen. Im Ganzen sah es so aus, dass dieser nur noch Kontakt zu seinen Freunden hatte, wenn man spielte. Für viele von ihnen war das fast normal.
Und eben das ist für mich kein sozialer Kontakt, man sieht die Person nicht in real und unterhält sich nicht mit ihr, man redet nur über das Internet mit ihr und das ist für mich eigentlich nichts. So viele Stunden wie diese Gamer teilweise am Tag vor dem Computer sitzen um zu spielen, ist es eigentlich kaum möglich, eine normale Beziehung oder Freundschaft zu anderen Menschen außerhalb des world wide web herzustellen, deswegen sind Gamer für mich sozaile Nachzügler und derartige oder ähnliche Beispiele wie das eben angebrachte, habe ich ständig in meinem Bekanntenkreis, wenn es um Gamer geht. Viele kenne ich ehrlich gesagt nicht, aber auf alle die ich kenne, trifft dieses Vorurteil voll und ganz zu.
Schon die Unterstellung als Basis, dass eine Person, nur, weil sie viel redet, sei es über Headset oder sonstwie, sozial kompetenter sei, als Personen, die wenig reden, halte ich für unzutreffend. Sicher gibt es Menschen, die mehr reden, und solche, die schweigsamer sind. Über die Intelligenz, die geistige Reife und die sozialen Fähigkeiten des Menschen sagt das aber wirklich nichts aus.
Im Gegenteil, es gibt Leute, die plappern immer und pausenlos, und die wirken dabei nicht gerade besonders schlau oder reif. Statt die reine Menge des Geredes zu betrachten, sollte man wohl eher auf das sonstige Verhalten der Person achten. Und eben darauf, wie sie mit anderen Menschen redet. Allerdings macht das die ganze Sache natürlich auch noch einmal bedeutsam komplizierter.
Dasselbe gilt übrigens auch nicht nur für die Menge der gesagten Worte. Auch die Anzahl der Sozialkontakte halte ich für weniger wichtig, als die Art und Weise, wie diese Kontakte strukturiert sind. Drei sehr gute Freunde reichen manchen Menschen halt. Sind sie dadurch irgendwie schlechter oder verrückter oder dümmer, als jemand, der 50 Freunde hat, und die dafür alle nur flüchtig kennt und mit denen er noch nie über Smalltalk hinaus gekommen ist? Die Qualität zählt, nicht die Quantität.
Und zudem ist vieles dann auch noch Geschmackssache. Ist ein eher einzelgängerischer Mensch automatisch "sozial schwach"? Muss jeder gerne in Bars oder auf Parties gehen? Na eben. Menschen sind unterschiedlich, und solange sie mit ihrer Art zu Sein glücklich sind, ist doch alles super. Wer hätte das Recht, sich einzumischen, wenn niemandem geschadet wird und auch keiner etwas ändern möchte?
bettelzwerg hat geschrieben:Natürlich gibt es auch sehr verschlossene Gamer. Mir ist aufgefallen, dass grade die verschlossenen entweder fast gar nicht oder wirklich immer, nahezu 24/7 online sind. Woran das liegt weiß ich selber nicht.
Meine Vermutung wäre, dass die, die kaum etwas sagen und kaum online sind, dem Gaming nur sehr unregelmäßig nachgehen. Daher haben sie vielleicht auch gar keine Lust oder gar kein Bedürfnis, irgendwie Kontakte zu anderen Spielern online zu knüpfen. Möglicherweise haben sie im Privatleben sonst schon sehr viel Kontakt zu anderen Menschen. Oder vielleicht auch nicht, und es sind einfach Einzelgänger. Das Verhalten im Spiel sagt über den Charakter in der Hinsicht nichts Eindeutiges aus.
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