Welche Berufe sind heutzutage noch einigermaßen stressfrei?

vom 10.10.2011, 11:43 Uhr

Burn Out gibt es heutzutage ständig und immer wieder hört man, dass der Beruf einen krank macht, weil der Stress der Freude am Beruf überwiegt. Viele Leute gehen schon mit Bauchschmerzen zur Arbeit, weil sie wissen, dass ein stressvoller Tag den Stundenplan überschattet.

Früher gab es das doch nicht in so einer Form, oder? Gibt es heutzutage noch Berufe, wo man wirklich stressfrei arbeiten kann? Oder zumindest einigermaßen stressfrei? Habt ihr einen stressfreien Job? Wenn ja, in welcher Branche?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Komplett stressfreie Branchen gibt es meiner Meinung nach nicht, ausgenommen mal die Politik. Kleiner Witz am Rande. Ich habe etliche Erfahrungen im Gesundheitswesen gemacht und kann von beiden Seiten berichten, von der absolut stressigen und auch von der stressfreien, angenehmen Seite.

Während er Physiotherapie Ausbildung hatte man zweieinhalb Jahre lang Praktika in diversen, verschiedenen Krankenhäusern. Über diese, aber auch über die Schule lernte ich viele Menschen kennen, Pfleger, Ärzte, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Chirurgen, Orthopäden, Logopäden, (die Liste lässt sich ewig weiterführen :-) ) und deren Azubis. Nach der Ausbildung arbeitete ich in Reha-Zentren, in Sportvereinen, in Physiotherapiepraxen und ehrenamtlich in einem Hospiz. Mittlerweile habe ich es geschafft, in einem stress.. naja sagen wir mal im stressgedämpften Umfeld zu landen. Aber von vorne.

Sämtliche vorhin aufgezählte Berufsgruppen, die ich im Krankenhaus kennen lernte und die dort arbeiteten litten, so wie ich in meiner Zeit dort, unter einem Riesenstress, denn Du bekommst Patienten, musst dich um sie sorgen, die Behandlungspläne ausdenken, alles mit diversen anderen Leuten absprechen und abklären und irgendwie nimmt man trotzdem noch ein bedrückendes Gefühl nach Hause. Selbst zuhause ist es nach stressigen Tage schwer abzuschalten. Besser, aber dennoch stressig war es in Reha-Zentren und im Sportverein, wobei es bei letzterem immer punktuell war, der Druck war groß, weil man wusste, dass man jemand in kürzester Zeit möglichst fit bekommen muss und es bei einem Nichtgelingen mitzuverantworten hat, wenn ein Sieg meinetwegen nicht geholt wird.

Meine ehrenamtliche Arbeit in einem Hospiz in der Nähe ist für mich nach dem unschönen Dahinvegetieren meines Großvaters eine Herzensangelegenheit, jedoch treffen einen die Schicksale dieser Einrichtungen sehr, ich würde es nicht als Stress bezeichnen, aber es nimmt einen sehr mit, es tut einem in der Seele weh, was man dort teilweise sieht oder sich anhört. Daher ist es zumindest an schlechten Tagen wirklich kein gutes Gefühl, wenn man nach Hause kommt.

Meine momentane Arbeit in einer privaten Physiotherapiepraxis ist das Gegenteil. Wir sind spezialisiert auf Sportler, natürlich haben wir dadurch nicht 100% nur Sportverletzungen, aber schon sehr viel. Man hat wenige Patienten lebensbedrohlichen oder degenerativen Krankheiten, sondern Massagen, Muskelaufbau, Mobilisation, Taping, das ganze Drum und Dran der Sporttherapie. Das macht zum einen Spaß und zum anderen ist es ein sehr angenehmes Klima. Dadurch, dass man selbst die Termine macht, ist es auch nie überfüllt und man hat zwischen den Patienten ausreichend Zeit einen Schluck zu trinken, alles sauber zu machen und kurz abzuschalten. Wenn man als Physiotherapeut oder Ostheopath also in einer Sportpraxis arbeiten kann, dann kann das eine stressfreie Arbeit sein - muss es aber nicht!

» benutzer7 » Beiträge: 2116 » Talkpoints: 49,80 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Wie kommst Du darauf, dass das früher (wann auch immer das dann gewesen sein mag) nicht der Fall gewesen sein soll? Selbstverständlich waren die Belastungen auch von 20 oder 30 Jahren hoch und auch damals erreichte wohl kaum ein Lehrer (um ein Beispiel herauszuheben) im Dienst sein Renteneintrittsalter. Eigentlich lag es u.U. auch genau daran, dass weniger über solche Probleme geredet wurde, weil es den Arbeitnehmern einfacher gemacht wurde, früher in Rente zu gehen. Es hat also bei der Problematik nichts (oder eher nachrangig) mit früher zu tun, sondern damit, dass heute die Gesellschaft sensibilisierter ist und heute eben auch darüber gesprochen wird.

Dass dies dann ausschließlich auf den Stress im Beruf zurückzuführen ist, ist dann auch ein Gerücht. Es ist vielmehr so, dass natürlich viele Faktoren einen Einfluss haben - gerade der private Bereich spielt eine mit entscheidende Rolle. Wer also letztlich Gefahr läuft, am Burn Out zu leiden, hängt nicht allein am Job sondern auch daran, wie das Leben drum herum organisiert ist.

Damit ist wohl jeder erdenkliche Job u.U. mit einem sehr hohem Stressfaktor versehen. Selbst wenn es nur der Stress ist, durch den Job wesentlich weniger einzunehmen als man ausgibt. Schließlich ist das auch ein Punkt bei den eher geringer geschätzten Arbeiten.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Eine entspannte Arbeit gibt es heute eigentlich nicht mehr. Egal, ob man als Hilfsarbeiter in der Fabrik beschäftigt bist oder einen hohen Posten in der Geschäftsführung inne hast, früher oder später wird jeder Job mal relativ stressig werden. Es ist letztendlich die Frage, was man daraus macht und ob man ein gut funktionierendes Team hat, in dem man mitarbeitet. Für mich persönlich macht es schon sehr viel aus und ist wohl auch mit der wichtigste Faktor, wenn es um die persönliche Meidung des Burn Out-Syndroms geht. Vielleicht sieht jemand es wiederum anders, aber ich persönlich denke eben schon so.

Selbst mein Job als Zeitungszustellerin ist oftmals mit Stress verbunden, auch, wenn man selten jemanden sieht. Und wenn, dann oft, um irgendwelche Beschwerden aufgrund der verspäteten Zustellung entgegen zu nehmen. Auch nicht so ganz toll, aber auch seitens des Verlages bekommen manche Zusteller wohl wirklich noch einmal Druck gemacht und sind dann auch relativ schwer überfordert. Ich gehöre nun nicht unbedingt dazu, denke aber schon, dass dieses frühe Aufstehen und sich danach noch einmal hinlegen auf Dauer zu einem Burn out-Syndrom führen könnten.

Ebenfalls bei der Arbeit mit Kindern habe ich manchmal das Gefühl hat, es wird mir alles zu viel und ich kann keine gute Betreuungs- und Erziehungsarbeit mehr gewährleisten. Was allerdings auch wiederum mit anderen Faktoren, die von außen kamen, etwas zu tun hatte. Es müssen schon einige Rahmenbedingungen einfach stimmen und die Chemie zwischen den einzelnen Mitarbeitern sollte eben auch gut vorhanden sein.

Allerdings will ich noch eine andere Ursache mit ins Spiel bringen. Ich habe einmal einen Bericht zum Thema Burn out-Syndrom gelesen, bei dem es darum ging, dass dieses Syndrom gern bei Überforderung und nicht abschalten können auftritt. Es ist ja auch verständlich, wenn man selbst am Feierabend und im Urlaub nur noch an seine Arbeit denkt. Aber auch eine gewisse Unterforderung kann dazu führen, sich ausgebrannt und leer zu fühlen. Man möchte mehr, bekommt aber nicht diese Herausforderung oder traut sie sich vielleicht auch nicht zu. Ich weiß nicht, ob es so ist, aber davon wurde im besagten Bericht auch etwas geschrieben.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



Ich meine, dass es nicht unbedingt die Berufe sind, die zwingend stressig oder eben stressfrei sind, sondern die Arbeitsplätze und das genaue Umfeld, in dem man arbeiten soll. Jedenfalls habe ich, und das meine ich wirklich so, das ist nun kein breitgetretenes Klischee, dass man als Angestellter im öffentlichen Dienst und auch als Beamter nicht wirklich Stress in diesem riesigen Gefüge einer großen organisierten Ordnung hat. Jedenfalls habe ich bisher noch nicht erlebt, dass man in einer Behörde oder einer staatlichen Einrichtung unter Zeitdruck arbeiten muss, und ich habe sowohl als Angestellte im öffentlichen Dienst als auch als Beamtin gearbeitet.

Wenn ich bisher mit Stress in der Arbeit zu tun hatte, dann lag das in der Regel an einer nicht optimalen Aufstellung des Arbeitsablaufs, der aber wiederum nicht abhängig von der Größe des Unternehmens zu sein scheint. Zwar scheint es mir so, dass in einem größeren Unternehmen eine bessere Struktur herrscht, die auch ganz gut eingehalten wird, allerdings gibt es auch kleinere Unternehmen, die wirklich optimal organisiert sind und dadurch schon einiges an Chaos bei der Personaleinteilung oder bzw. und der Arbeitsaufteilung auf das vorhandene Personal mit sich bringen.

Momentan arbeite ich beispielsweise in einer kleinen Rechtsanwaltskanzlei, in der außer mir zwei Chefs sitzen und ansonsten noch drei Bürokräfte eingestellt sind. Ich arbeite grundsätzlich alleine, außer mir ist also niemand im Büro. Und es ist einer Rechtsanwaltskanzlei selten der Fall, dass man keine Arbeit mehr hat, weil ständig welche nachproduziert wird. Man könnte theoretisch also als Büroangestellte wirklich Tag und Nacht arbeiten. Allerdings ist es bei uns so, dass mein Chef wirklich gut organisiert ist. Die dringenden Angelegenheiten, bei denen es Fristen zu beachten gibt, werden immer deutlich vor Fristablauf erledigt, alles andere ist nicht so supereilig, dass man Überstunden machen müsste. Wir können also Überstunden machen, wenn wir wollen, aber wir können auch pünktlich den Stift fallen lassen und nach Hause gehen.

Meine Arbeit ist wirklich das, was man als absolut stressfrei bezeichnen kann. Es gibt zwar wenige Situationen, in denen ich es mal etwas eiliger habe, aber als Stress kann man das nun nicht wirklich bezeichnen und diese Phasen gibt es an einem Arbeitstag höchstens einmal über eine Dauer von fünf Minuten. Es wird bei uns allerdings eben auch wirklich akzeptiert, dass wir auch nur Menschen sind, die ihr Möglichstes tun, die ihre Arbeit so gut wie sie können erledigen, aber eben auch Fehler machen und nicht alles unglaublich schnell erledigen können. Wenn also wirklich Situationen auftreten, in denen Stress aufkommen könnte, steht sofort mein Chef zur Seite, als hätte man ihn gerufen, und packt mit an, um eben diesen Druck zu nehmen und die Arbeit zusammen mit dem jeweiligen Arbeitnehmer zu bewältigen.

Insofern bin ich wirklich der Meinung, dass die Organisation eines Unternehmens und die Ansprüche an den Arbeitnehmer ausschlaggebend dafür sind, ob man Stress in seinem beruflichen Alltag hat oder nicht. Bei einer entsprechend guten Organisation und sinnvollen und angemessenen Aufteilung des Arbeitsaufkommens auf die Arbeitnehmer, die zur Verfügung stehen, kann jeder seine Arbeit gut erledigen, ohne in Hektik und unter Zeitdruck zu geraten. Da ist es dann auch unentscheidend, ob man in Nachtschicht bei einem Paketdienst arbeitet, in einem Amt oder als alleinige Sekretärin in einem Büro, die gleichzeitig telefonieren, Mandanten empfangen und Briefe schreiben soll.

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» moin! » Beiträge: 7218 » Talkpoints: 22,73 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Wenn du nach einem stressfreien Job fragst, würde ich als erstes den Beruf des Beamten bei der Stadt nennen. Wie ich das sehe, geht es ziemlich ruhig und ohne Stress da zu. Jeder schreit heutzutage „Stress“. Das ist aber nicht immer so. Viel Stress ist hausgemacht, bei schlechter Arbeitseinteilung und Arbeitsgestaltung. Stress oder zeitweiligen Stress hat es immer gegeben. Nur wurde versucht, den durch Mehrarbeit anfallenden Stress vernünftig zu bewältigen. Jeder sollte versuchen, den Stress zu bewältigen zum Beispiel durch Sport oder andere Techniken wie Autogenes Training oder dergleichen. Hat man durch Mehrarbeit mal zeitweise wirklich Stress, kommen auch wieder Zeiten, wo man entlastet wird und man sich erholen kann. Es muss niemand in Panik fallen. Ich meine jetzt nur den Stress am Arbeitsplatz. Anders sieht es aus, wenn jemand gemobbt wird und dadurch in Stress gerät.

Als Berufe, die mit enormem Stress verbunden sind, möchte ich den Arztberuf im Krankenhaus nennen und den Beruf des Feuerwehrbeamten, der zuständig ist für die bei Unfällen übergebliebenen Familienmitglieder. Dieser Job gleicht schon dem eines Seelsorgers und ist emotional sehr stressig. Sicherlich gibt es noch einige Berufe, die man nennen könnte.

Ich habe noch kein immerwährendes, stressfreies Arbeiten kennen gelernt. Wenn man gerne arbeitet, sieht man das nicht nur als Stress an. Es gibt dann auch wieder andere Zeiten. Aber heute schreit jeder schon „Burnout“! Die wenigsten haben ein echtes Burnout Syndrom. Dieses ist rübergeschwappt von Amerika und jeder meint, es zu haben. Es gibt allerdings heute teilweise ganz miese Arbeitsbedingungen, die die Menschen in der Tat total fertig und krank machen. Aber es sind auch viele andere, die in einer besseren Lage sind und trotzdem schreien.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


Bin zwar zum Glück nicht selbst davon betroffen, aber einige meiner Kollegen. Habe auch dazu von ca. einem Duzend anderer im Betrieb gehört, die betroffen oder gefährdet sind. Leute der älteren Generation, die selbst nicht mehr aktiv im Berufsleben stehen können das oftmals nicht richtig beurteilen und machen sich mit Sprüchen wie "ohne Burn-out ist man heutzutage nichts" oder "wir haben auch kein Burn-out gehabt und was geleistet" noch darüber lustig.

Die Berufswelt ist heutzutage eine andere. Schlimm finde ich auch, das in unserer heutigen auf Leistung getrimmten Arbeitswelt, dass derjenige, der ständig "Vollgas" gibt und nicht mehr innehält den anderen Kollegen als "leuchtendes Vorbild" präsentiert wird. Selbst wenn sein Krankheitsbild bekannt ist oder die Anzeichen sich verdichten, das er diese Krankheit haben könnte geht das oftmals so weiter um die anderen Kollegen zu pushen. Bis es dann zum endgültigen Zusammenbruch mit längerer Arbeitsunfähigkeit kommt. Nach der Arbeitsunfähigkeit habe ich schon beobachtet, dass es bis zum nächsten längeren Ausfall genauso weiter geht, weswegen ich mittlerweile meine Zweifel habe, ob das überhaupt therapierbar ist.

» Rob37 » Beiträge: 64 » Talkpoints: 33,52 »



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