Wenn der Ausbilder einen nur fertig macht- was tun?

vom 10.10.2011, 00:46 Uhr

Frau X. ist knappe 20 Jahre alt und hat vor kurzem eine Ausbildung begonnen. Vorher hat sie ungelernt in einem anderen Beruf gearbeitet, aber sie möchte gerne generell ihre berufliche Situation verbessern und hat sich deshalb um einen Ausbildungsplatz beworben und hat auch einen Ausbildungsplatz gefunden. Sie war auch vorher beim Probearbeiten und konnte bereits unter Beweis stellen, dass sie mehr kann, als Bewerberinnen die jünger sind.

Sie ist nun seit wenigen Wochen in dem Betrieb. Der Umgang mit ihrem Chef gestaltet sich aber schwierig. Sie kann zwar diverse Grundtätigkeiten, die in dem gewählten Ausbildungsbetrieb nützlich sind. Fachkenntnisse hat sie aber keine. Aus dem Grund will sie ja auch eine Ausbildung machen. Im Betrieb ist eine weitere Auszubildenden, die bereits im letzten Ausbildungsjahr ist. Allerdings dürfte die nicht viel älter als Frau X. sein. Laut Aussage des Arbeitgebers soll Frau X. nicht wirklich was selbst machen. Auch soll die andere Auszubildende sie nicht anlernen und ihr auch nichts zeigen. Etwas was ja generell richtig ist, da ja der Ausbilder für die Ausbildung zuständig ist. Nun kommt es aber immer wieder vor, dass der Arbeitgeber Frau X. vor der Kollegin und auch vor Publikum runter macht und sie als Dummchen hinstellt. Fragt sie aber wie es richtig geht, wird es ihr auch nicht gezeigt und sie wird weggeschickt mit dem Hinweis, dass müsste sie können. Sagt sie, dass sie keine Arbeit hat, wirft ihr ihr Chef vor, sie soll sich eben Arbeit suchen. Aber an bestimmte Sachen soll sie überhaupt nicht ran.

Im Austausch mit den anderen Auszubildenden in der Berufsschule, können die anderen Auszubildenden wohl wesentlich weniger, bekommen aber mehr gezeigt und erklärt. Generell langweilt sich Frau X.. Weist sie aber ihren Arbeitgeber darauf hin, kommen keine genauen Auskünfte was sie nun machen soll und später wird sie geschimpft, weil sie Sachen, die ihr nie gezeigt wurden, noch nicht erledigt sind.

Wenn es nur das berufliche wäre, wäre das für Frau X. eventuell noch zu ertragen. Aber der Arbeitgeber wird auch oft ziemlich persönlich und versucht sogar Frau X. zu sagen was sie essen darf und was nicht. Dabei wusste er bereits vor der Einstellung wie Frau X. aussieht. Auf der anderen Seite ist der Arbeitgeber auch sehr großzügig. Frau X. hat die Schlüssel für den Arbeitsplatz und trägt auch die Verantwortung für betriebsinterne finanzielle Dinge.

Frau X. weiß nicht so recht wie sie sich verhalten soll. Wenn sie ihren Arbeitgeber halt anspricht, kommen widersprüchliche Aussagen. An einem Tag soll sie es so machen und am nächsten Tag ist das falsch. Tätigkeiten die sie und die andere Auszubildende zeitgleich bekommen, kann Frau X. allerdings wesentlich schneller erledigen. Nur bei fachspezifischen Sachen weiß sie nicht wie sie es machen soll und bekommt es, auch auf Nachfragen, nicht wirklich erklärt.

Die andere Auszubildende kann Frau X. auch nicht um Rat fragen, da sie ihr keine Probleme machen möchte in deren letztem Ausbildungsjahr. Allerdings hat der Arbeitgeber wohl einen recht hohen Verschleiß an Auszubildenden. Frau X. hat er im Vorstellungsgespräch erklärt, die wären alle unfähig gewesen und hätten nichts gekonnt. Die Punkte die er da konkret ansprach, konnte Frau X. aber bereits im Vorfeld und konnte das auch unter Beweis stellen. Frau X. ist auf den Ausbildungsplatz angewiesen. Nur ist es das für den nervlichen Druck wirklich Wert? Wie kann sich Frau X. nun am besten verhalten?

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge



Das ist eine üble Situation und so Leid es mir tut, das sagen zu müssen: Frau X hat kaum eine Chance, da irgend etwas zu verbessern. Ich war einmal in einer ähnlichen Situation. Nach dem Abitur wollte ich eine Buchhändlerlehre machen und anschließend Bibliothekswesen studieren. Ich fand auch sofort einen Ausbildungsplatz, was ich nicht wusste war, dass der Chef ein ganz persönliches Hobby hatte, nämlich einmal am Tag eine Angestellte zum Heulen zu bringen. Die Belegschaft bestand aus dem Chef, seiner Tochter, seiner rechten Hand, die schon seit 30 Jahren bei ihm angestellt war, einer Buchhalterin, einer Auszubildenden im 3. Lehrjahr, einer im 2. und zwei im ersten Lehrjahr, wobei eine davon ich war. Die zweite war Töchterlein von Chefs bestem Freund, die ich schon aus der Schulzeit kannte und die mich damals schon nicht leiden konnte, weil ich vor Geld keine Verbeugungen mache. Diese hetzte noch hinter dem Rücken beim Chef über mich.

Täglich ging eines der Opfer vom Chef (entweder die Buchhalterin oder eine von uns drei Auszubildenden, Freund´s Töchterlein wurde verschont) in den Packraum um zu Heulen, je nachdem, wen der Chef gerade mal auf dem Kieker und zusammengebrüllt hatte. Kein schöne Atmosphäre und ich ging jeden Tag mit Bauchschmerzen ins Geschäft. Aber man ist ja dankbar, dass man überhaupt eine Stelle hat und so nahm ich mir vor, die Zeit durch zu halten. 14 Tage vor Ende der Probezeit teilte der Chef mir mit, dass er noch nicht wisse, ob er mich behalten würde. Da platzte mir der Kragen und ich meinte zu ihm, dass ich wohl nicht die Richtige für diese Buchhandlung sei, wenn er das nach 2,5 Monaten immer noch nicht wisse und dass es dann wohl besser sei, wenn das Ausbildungsverhältnis aufgelöst würde. Ich biss mir auf die Zunge, um nicht vor ihm los zu heulen und er fing an zu Toben wie ein Irrer, weil ich es gewagt hatte, so etwas zu sagen und nicht zu heulen. Damit war die Ausbildung für mich beendet und mir fiel nach dem ersten Schock regelrecht ein Stein vom Herzen. Aber ich hatte ja auch die Alternative des Studiums, von daher war das kein so großes Problem. Die Auszubildenden im 3. und 2. Lehrjahr hatten die Chance nicht und nur die Möglichkeit, durch zu halten und sich nach Ende der Ausbildung sofort eine andere Stelle zu suchen (was auch beide gemacht haben).

Ich kann mich sehr gut in die Situation von Frau X. hinein versetzen, das ist wirklich schlimm. Im Prinzip kann sie nur versuchen, sich ein dickes Fell zuzulegen und durch zu halten, nebenbei würde ich an ihrer Stelle im Hintergrund versuchen, vielleicht einen anderen Ausbildungsplatz zu finden, an dem sie die Ausbildung fortsetzen kann. Was natürlich nicht so einfach ist, da Ausbildungsplätze nicht allzu viel gesät sind.

» kerry3 » Beiträge: 892 » Talkpoints: 18,22 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Das alles klingt einfach nur schrecklich. Wenn es gar nicht besser wird, würde ich an ihrer Stelle noch einmal versuchen, mit ihrem Chef und ihrer Ausbilderin ein ernstes Wort zu reden. Hat das aber auch keinen Sinn, sollte sie sich wirklich überlegen, ob es das alles Wert ist. Entweder zieht sie die drei Jahre durch oder sie bricht die Ausbildung ab. Alternativ gibt es noch die Möglichkeit, dass sie sich an die nächst gelegene IHK wendet, damit die ihr in der Zwischenzeit einen anderen Ausbildungsplatz suchen und sie so lange noch da durch hält.

» Jenna87w » Beiträge: 2149 » Talkpoints: 0,47 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



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