Fehlendes Vertrauen der eigenen Familie

vom 25.09.2011, 19:32 Uhr

Als ich deinen Beitrag gelesen hab, hab ich mich ebenfalls wieder erkannt. Auch bei mir sah es nicht wirklich anders aus, ich hatte außerdem nie einen guten Draht zu meinem Vater da dort in der Kindheit einige Dinge vorgefallen sind, die ich ihm nicht verzeihen kann und möchte und auch die Achtung und seine Glaubwürdigkeit darunter gelitten hat. Ich bin ebenfalls ein Sandwichkind, auch wenn ich das 2. älteste Kind, und die älteste Tochter, der Familie bin. Von meinem Bruder und mir wurde immer alles erwartet, dass wir es perfekt machen quasi das ganze Leben war vom Kindergartenalter an durchgeplant - ich musste zum Leistungsturnen, mehrere Musikinstrumente lernen und noch andere Dinge machen auf die ich eigentlich gar keine Lust hatte, hauptsache Leistung zeigen war die Devise. Meinem Bruder erging es nicht anders, und durch den ganzen Druck über diese Freizeitaktivitäten hat auch die Schule darunter gelitten und wir haben beide nach der 4. Klasse keine Empfehlung für das Gymnasium bekommen. Ab dann hat es angefangen, dass wir in seinen Augen sowieso nur falsche Entscheidungen treffen würden und es zu nichts bringen.

Wir beide haben unseren Realschulabschluss mit einer 1,x abgeschlossen, während mein Bruder direkt eine Ausbildung als Mechatroniker angefangen hat, habe ich keinen Ausbildungsplatz in meinem gewünschten Beruf gefunden und habe dann erst einmal die Fachoberschule angefangen. Durch die Probleme Zuhause mit meiner Mutter und meinen zwei kleineren Schwestern, habe ich diese dann abgebrochen zu liebe meiner Schwestern und mich um die beiden gekümmert, die in der Zeit überhaupt nicht beachtet wurden von meinen Eltern und auch angefangen haben scheisse zu bauen. Um mich darum kümmern zu können, hab ich mich entschlossen doch erst einmal die Schule sein zu lassen und gejobbt. Als das ganze sich wieder etwas gefangen hat mit meinen Schwestern, habe ich eine Ausbildung zur Rettungassistentin angefangen und auch dort wurde mir immer von meinem Vater gesagt, was ich mit diesem Drecksberuf erreichen will den Dreck anderer Leute wegmachen blöde Arbeitszeiten und ein mieses Gehalt. Es wurde mir schlichtweg so schlecht geredet, dass ich oftmals in meinem Zimmer gesessen habe und fertig war ohne Ende, sogar an Suizid gedacht habe. Fast hätte er es geschafft mir das einzureden, dass ich es nicht schaffe da es in einigen Prüfungen nicht so gut gelaufen ist und auch in der Ausbildung wurde es mir nicht leicht gemacht mit Mobberein von Seiten der Ausbildern her. Deswegen bin ich von Zuhause ausgezogen (habe das auch nicht vorher erwähnt, einen Tag lang Kisten gepackt am Abend war ich weg), und habe den Kontakt zu meinen Eltern erst einmal abgebrochen da sie mir sowieso keine Hilfe waren. Nach dem Staatsexamen das ich bestanden habe, hab ich meinem Vater ins Büro ein Fax mit diesem geschickt und unten drauf geschrieben, ich brauche dich nicht um etwas zu erreichen. Darauf habe ich nie eine Antwort von ihm bekommen, scheint sich aber auch nichts geändert zu haben.

Inzwischen hat mein Bruder seinen Mechatroniker fertig gemacht, hinterher die Technikerschule besucht und Studiert das ganze nun an der Universität und arbeitet immer noch Teilzeit um seine kleine Familie ernähren zu können. Auch er hat es geschafft und ist zufrieden, auch wenn unsere Eltern weder an ihn noch an mich geglaubt haben. Ich studiere inzwischen im übrigen auch (wieder), und habe meinen Eltern davon gar nichts erzählt die sollen ruhig weiter glauben, dass ich es zu nichts anderem gebracht habe als zum Hintern abwischen.

Meine beiden kleinen Schwestern waren sowieso in der Familie nicht relevant, obwohl alle beide Hochbegabt sind. Als das heraus gefunden wurde, war es meinen Eltern total egal und haben sie auch nicht weiter gefördert. Deswegen saßen sie in der Schule und haben sich gelangweilt und aus Frust nichts auf die Prüfungen geschrieben um mit einer schlechten Zensur überhaupt einmal ein wenig Aufmerksamkeit zu erreichen. Erst als beide auf höheren Schulen waren, haben sie Lehrer gefunden das diese Talente gefördert haben und inzwischen ist eine bereits fertig mit ihrem Pharmaziestudium mit gerade einmal 22 Jahren und die andere mit 21 Jahren hat auch ihr Studium im nächsten Jahr beendet.

Wir alle haben es auch ohne die Anerkennung unserer Eltern geschafft, denn dafür hatten wir Geschwister immer uns untereinander und nach meinen Erfahrungen her bringt es auch nichts mit den Eltern darüber zu reden, da diese sich schon ein sehr genaues Bild über ihre Kinder gemacht haben und es in jeder Familie ein "Lieblingskind" gibt, für das ein perfektes Leben bereits geplant wurde und wenn es dann nicht so läuft wie gewünscht, fallen gelassen wird. Solang man jedoch noch jemanden hat der an einen glaubt und einen unterstützt, klappt wirklich vieles einfacher, aber es müssen nicht die eigenen Eltern sein.

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