Der Arztberuf, nicht mehr eine Domäne des Mannes?

vom 23.09.2011, 21:19 Uhr

Im Ärzteblatt vom 23, September 2011 erschien ein interessanter Artikel über den Arztberuf unter: „Die Medizin wird weiblich. Mittlerweile sind zwei Drittel der Medizin-Studienanfänger Frauen. Ende des 19. Jahrhunderts hielt man nichts von weiblichen Medizin-Studentinnen. Schon 2006 lag der Anteil der Frauen, die ein Medizin-Studium aufnahmen, bei 63 Prozent. Das Prestige des Arztberufes ist gesunken und damit auch die Gehälter. Das zieht Männer nicht mehr an. Hohe Einkommen bedeuten Frauen weniger als den Männern. Sie kämpfen nicht wie die Männer um bessere Löhne. Auf Teilzeit legen sie mehr Wert. In anderen Berufen kann man mehr Geld verdienen und hat weniger Verantwortung. Die Rahmenbedingungen des Arztberufes sind nicht gut. Der ehemals von Männern hauptsächlich ausgeführte Arztberuf hat für diese an Attraktivität verloren. Um den Ärztemangel zu beseitigen, müssen sich die Vergütungen ändern und die Arbeitsbedingungen in den Krankenhäusern verbessern. Die Karrierechancen für weibliche Ärzte sind in Krankenhäusern geringer. Es werden immer noch männliche Ärzte in gehobenen Positionen bevorzugt. Weibliche Oberärzte oder Chefärzte gibt es nur ganz wenige. Negativ wirkt sich Teilzeitarbeit der Medizinerinnen auf Karrierechancen aus.

Das Gesundheitsrisiko von Ärzten und Ärztinnen ist erhöht im Vergleich zu anderen entsprechenden Bevölkerungsgruppen. Viele leiden am „Burn-out“-Syndrom. Bis zu 65 Stunden arbeiten Ärzte einschließlich Bereitschaftsdienst. Wen wundert es da noch, wenn die Krankheit überhand nimmt? In anderen Ländern muss ebenfalls viel gearbeitet werden und auch das Geld ist knapp. Aber die Organisation ist sinnvoller und die Motivation ist besser. So kann es nicht verwundern, dass viele Mediziner ins Ausland abwandern. Mehr als die Hälfte würden keine zweites Mal diesen Beruf wählen. Während 25% den Studiengang abbrechen, fängt ein Drittel gar nicht erst an zu arbeiten nach dem Abschluss. Sie wandern in andere Beruf ab oder gehen ins Ausland.

Doch nach wie vor besitzt der Arzt das höchste Ansehen in seinem Beruf in Deutschland. Das Idealbild eines Arztes ist fürsorglich und beziehungsorientiert. Für viele ist dieser Beruf immer noch eine Berufung. Ein Lebensziel ist stets Hilfeleistung gegenüber anderen. Die ärztlichen Wertvorstellungen haben sich nicht geändert. Kinderlose Ärztinnen setzen sich genauso ein wie männlichen Kollegen. Doch ihre Chancen sehen sie pessimistischer. Im Laufe der Zeit werden sie entmutigt.

Glaubt ihr, dass manche Menschen ihren Idealismus über Bord werfen und den ursprünglich angestrebten Beruf des Arztes nicht ausführen, nur um mehr Geld zu verdienen? Würdet ihr das genauso machen und lieber einen Beruf wählen, der euch vielleicht keine Freude bereitet, aber Hauptsache das Geld stimmt?

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Im Großen und Ganzen kann ich dem Artikel als Medizinstudent durchaus zustimmen, ich stelle nämlich selbst fest, dass an unserer Uni wesentlich mehr weibliche Stundentinnen Medizin studieren als Männliche. Woran es genau liegt, ist sicherlich diskutabel, denn nicht alle Männer sind hinter Geld her, aber Geld spielt bestimmt auch eine Rolle. Vielmehr ist es in meinen Augen der Wandel, den die Medizin in den letzten Jahren über sich ergehen lassen musste: Angefangen von schlechteren/niedrigeren Gehältern bis eben zur genannten Überforderung, die letzlich im Burnout endet. Damit ist es jedoch nicht genug: Auch Patienten mussten bzw. müssen einiges auf sich nehmen. Das bekannteste Beispiel ist die Verweildauer, die in den letzten 10-15 Jahren immens abgenommen hat. Seit der Einführung der sogennanten Fallpauschale interessiert es die Kliniken/Krankenhäuser kaum noch, wie die Patientenversorgung postoperativ aussieht, es sei denn, man ist privatversichert.

Um auf deine 2.Frage zurückzukommen: Bestimmt gibt es Studenten, die wegen des Geldes das Studium abbrechen und mit etwas anderem anfangen. Bei solchen Leuten denke ich mir, dass es von vornherein eine falsche Entscheidung gewesen sein muss, überhaupt Medizin studieren zu wollen. Denn Medizin sollte man nicht primär des Geldes wegen studieren. Mein Beweggrund, Medizin studieren zu wollen, war bzw. ist beispielsweise die Tatsache, dass ich insgesamt naturwissenschaftlich veranlagt und interessiert bin. Darüber hinaus helfe ich anderen Menschen sehr gern, wo ich nur kann. Verantwortung zu übernehmen, macht mir persönlich nichts aus, ich übernehme gerne Verantwortung, und das künftige Arbeitsumfeld kommt mir ebenfalls entgegen: Ich arbeite gern in Gruppen bzw. mit anderen (Kollegen) zusammen und tausche Meinungen aus. All diese Sachen haben bei meiner Entscheidungsfindung eine Rolle gespielt, Geld war da nicht relevant.

Allerdings kommen immer mehr Fragen auf, je weiter man im Studium ist: Ich meine, man bekommt immer wieder über die Medien mit, wie schlecht die Medizinervergütung doch ist, wie viel die meisten Ärzte opfern müssen, wie viele Überstunden sie machen müssen und dass der Großteil der Absolventen nach dem Studium ins Ausland auswandern. Spätestens dann macht man sich auch Gedanken um Geld, Zukunftschancen, Karriere, etc. Ich persönlich bin aber der Meinung, dass in Sachen Karriere einem in Medizin keine Grenzen gesetzt sind. Ob man nun in Deutschland seine Weiterbildung zum Facharzt macht oder irgendwo im Ausland, spielt im Endeffekt keine Rolle, wobei das Ansehen deutscher Medizinstudenten im Ausland sehr hoch zu sein scheint. Ich denke mir, dass das Auswandern in erster Linie was mit dem Geld zu tun hat, denn im Schnitt sind die Löhne im Ausland deutlich höher als hier in Deutschland (wobei es auch hier regionale Unterschiede geben kann).

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» getku » Beiträge: 883 » Talkpoints: 11,06 » Auszeichnung für 500 Beiträge


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