Schlechte Rechtschreibung- War das immer schon so?

vom 13.09.2011, 12:18 Uhr

Bellikowski hat geschrieben:Mal da angefangen wo es mich selbst trifft: bei mir ist es mit Rechtschreibung seit der Reform vorbei. Die habe ich nicht verstanden, außerdem sehe ich immer noch nicht ein, warum ich 13 Jahre in die Schule rennen musste und nun soll ich Worte mit drei gleichen Buchstaben schreiben, was immer noch Panne aussieht.

Wovon ich heute an den Schulen nichts halte, ist dieses Schreiblernsystem, wo Kinder nach Gehör schreiben sollen egal ob das Wort nachher richtig oder falsch geschrieben ist. Seit es das gibt, trifft man nämlich dann in Internetforen immer wieder auf die jüngeren Leute, die alle komischerweise die gleichen Fehler machen. Einen Haken kann man nicht von Hacken unterscheiden und Gestalt wird fast grundsätzlich mit Doppel-L geschrieben und der Standard leitet sich neuerdings wohl auch von der Standarte ab.


Was hab ich gelacht! So nett geschrieben und auch so unglaublich wahr! Ich stimme zu 100 % zu!

Und ich denke, dass damit auch schon die beiden Hauptprobleme angesprochen wurden, denn auch ich meine, dass dieses Problem der zunehmenden und erschütternderweise scheinbar flächendeckenden Unfähigkeit zur einigermaßen annehmbaren Rechtschreibung, deren Begrifflichkeit allein schon aussagt, dass es sich um eine richtige Schreibweise handeln soll und nicht wirklich etwas mit dem Gesetz zu tun hat, mit der damaligen Einführung dieser größtenteils unsinnigen Rechtschreibreform und der Tatsache zu tun hat, dass eben doch Unterschiede im Lehrplan von heute zu damals vorhanden sind.

Jeder Jugendliche, den ich kenne, der diese Schreiben-nach-Gehör-Methode erlernt hat, hat eine wirklich saumäßige Rechtschreibung entwickelt, die er auch nicht wirklich wieder los wird. Und mir erschließt sich auch nach Jahren noch nicht der Sinn dieser Übung, zumal ich noch zu denen gehöre, die die Rechtschreibung gleich richtig erlernt haben und sich damit auch nicht schwerer getan haben als wohl diejenigen, die erst eine Zeitlang die Gehör-Schreibweise erlernen und dann beigebracht bekommen, wie man das, was sie sich schon falsch eingeprägt haben, richtig schreiben sollen.

Ich denke aber auch, dass heutzutage das Lesen von Büchern deutlich zu kurz kommt, und ich will hier nun ausdrücklich keine Diskussion über Computerspiele vom Zaun brechen, auch, wenn ich meine, dass diese tatsächlich ihren Anteil daran ausmachen, dass weniger Bücher gelesen werden. Jedenfalls war es schon zu meiner Schulzeit so, dass die Leseratten deutlich weniger Schwierigkeiten darin hatten, richtig zu schreiben und eben auch bedeutend flüssiger zu lesen, sich schwierigere Wörter und die richtige Zeichensetzung einzuprägen.

Vermutlich wird es verschiedene Faktoren geben, die sich darauf ausgewirkt haben, dass die Rechtschreibung heutzutage so dermaßen mies ist. Allerdings habe ich mich auch schon gefragt, ob uns das heute einfach deutlich mehr auffällt, weil wir durch die Nutzung des Internets und das Lesen und Schreiben in Foren doch wesentlich mehr mit den verschiedensten Menschen in Kontakt kommen und somit auch verschiedene Interpretationen der „Rechtschreibung“ kennenlernen. Wenn ich überlege, wie viele Brieffreunde ich noch vor zwei Jahrzehnten hatte, nämlich gar nicht so sonderlich viele, und mir vor Augen halte, dass ich eben nur deren Rechtschreibung und meine eigene kannte, so muss ich doch auch sagen, dass ich nun monatlich deutlich mehr von Menschen lese und somit auch die Anzahl derer proportional steigen dürfte, die meinen, dass der Begriff „Rechtschreibung“ irgendetwas mit Artikel 1 des Grundgesetzes und der Würde des Menschen zu tun hat, die bestenfalls auch in Sachen Grammatik und Zeichensetzung unantastbar ist.

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» moin! » Beiträge: 7218 » Talkpoints: 22,73 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Zohan hat geschrieben:Das die Rechtschreibung, gegenüber früherer Zeiten schlechter geworden ist, glaube ich gerne.

Endgeil sage ich nur. Und das gleich beim ersten Wort, gefolgt von einem Kommafehler beim ersten Komma, gefolgt von einer fehlerhaften Grammatik. Entschuldige, aber das ist wirklich zu herrlich. :lol: Danke! You make my day! Moment, ich muss mir mal die Tränen wegwischen. Ich habe kaum Vergleiche zu den Leistungen der Schüler vergangener Jahre. Man hat die Fehler ja früher nicht so mitbekommen. Ich kann aber bestätigen, dass die Kenntnisse jüngerer Generationen im Vergleich zu meiner Generation z. T. grauenhaft sind. Das Internet spielt da sicher auch seine Rolle, aber auch die Veränderungen in den Familien und im beruflichem Alltag. Viele haben zusätzlich das Sprechen verlernt und das äußert sich, nicht ganz wider Erwarten, dann auch in der Schriftform. Da helfen wohl nur viele Lesestunden, Diskussionen und schreiben, schreiben, schreiben.

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» Richtlinie2 » Beiträge: 1872 » Talkpoints: -0,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


moin! hat geschrieben:Ich denke aber auch, dass heutzutage das Lesen von Büchern deutlich zu kurz kommt ...

Absolut richtig! Wer liest heute noch ein Buch? Wenn ich bei sozialen Netzwerken die Angabe "keine Zeit dafür" bei dem Punkt:"Mein Lieblingsbuch" lese, kann ich nur kräftigst mit dem Kopf schütteln, um es mal sehr sachlich auszudrücken. Es sind alle ach so beschäftigt mit irgendwelchen Sachen. Dabei bin ich der Meinung, dass ein Buch wirklich bildet. Man kann sich hier schon einiges an Rechtschreibung und Grammatik aneignen wenn man genau und intensiv liest. Ich lese gerne mal ein Buch und dies auch täglich, wenn auch nur ein paar Seiten. Abends, wenn man im Bett liegt, kann man sich so wunderbar entspannen und sich in den Schlaf lesen. Wer so ein schläft, schläft in der Regel gut. Die Jugend sollte wirklich mehr lesen aber man hat ja angeblich keine Zeit für so etwas.

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» Zohan » Beiträge: 4398 » Talkpoints: 16,33 » Auszeichnung für 4000 Beiträge



Ich konnte schon während meiner eigenen Schulzeit nicht verstehen, dass Leute ohne Lese- und Rechtschreibschwäche es geschafft haben, in einem Diktat eine schlechtere Note als eine zwei zu erreichen. Letztendlich muss man einfach nur mitschreiben und selbstständig ein paar Kommata setzen. Im Grunde genommen ist das nicht so wild, dennoch gab es sowohl auf der Grundschule als auch auf dem Gymnasium reichlich Leute, die das einfach nicht hinbekommen haben. Nun sind ein paar Jahre vergangen und ich kann mir gut vorstellen, dass sich die Situation noch verschlechtert hat. Dieser Eindruck stützt sich unter anderem auf das, was ich manchmal in anderen Foren (ab und zu auch hier) oder im alltäglichen Leben mitbekomme. Auch an der Uni erlebe ich ziemlich viele Leute, die überdurchschnittlich viele Fehler machen. Im letzten Semester habe ich von einem Mädel Mitschriften aus dem vergangenen Jahr erhalten und mich darüber gewundert, wie jemand, der das Abitur abgelegt und Deutsch als Muttersprache hat, so viele Fehler machen kann.

Bei den ganzen Fehlern muss man meiner Meinung nach unterscheiden. Flüchtigkeitsfehler können jedem mal passieren. Allerdings machen viele Leute bestimmte Fehler mit System und gerade das sind die Fehler, die es sicher früher ebenso gab wie heute. Dazu gehört zum Beispiel die Verwechslung von seit und seid oder von dass und das. Solche Fehler erlebe ich auch bei Leuten über 25 regelmäßig. Diese Fehler kommen einfach durch eine gewisse Nachlässigkeit zustande, die Leute denken nicht darüber nach, was sie schreiben. Da beide Formen gleich ausgesprochen werden, ist für viele kein Unterschied erkennbar. Da sehr viele Leute nicht mehr lesen sondern höchstens mal irgendwelche Sport- und Computermagazine überfliegen, sind sie auch im Alltag nicht mit den richtigen Wörtern konfrontiert und verwenden dann auch in der Schriftsprache einfach ein Wort, das von der Aussprache her stimmig ist.

Neben diesen ganzen Fehlern, die vor allem auf Faulheit zurückgehen, gibt es auch noch die ganzen bewussten Fehler, die meiner Meinung nach zugenommen haben. Bei vielen sind die vielleicht gar nicht mehr so bewusst, sondern beruhen mittlerweile einfach auf Gewohnheit. Viele Jugendliche, Erwachsene weniger, verwenden mittlerweile eine ganz abartig verdrehte Sprache (auch schriftlich), gerade um sich abzugrenzen. Für viele gehört es einfach dazu, statt Mutter einfach Mudda zu schreiben – und das ist nur ein harmloses Beispiel. Manchen fällt sicher auf, dass es eine Diskrepanz zwischen der verwendeten Schrift und der korrekten Form im Duden gibt, aber ich könnte mir auch vorstellen, dass viele das wirklich nicht mehr wissen, obwohl sie zur Schule gehen und dort eigentlich auf die Verwendung der korrekten Rechtschreibung und Grammatik geachtet werden sollte.

Ich glaube nicht, dass man die schlechte Rechtschreibung vieler Leute nur auf den Computer schieben kann. Mit Sicherheit ist das ein Faktor von vielen, aber ich denke auch, dass es daran liegt, dass einfach nicht mehr so viel gelesen wird und es von bestimmten Gruppen von Jugendlichen sogar als uncool empfunden wird, sich vernünftig auszudrücken. Dazu kommt noch, dass man an allen Ecken und Enden mit schlechter Rechtschreibung konfrontiert ist – zum Beispiel im Internet. Wer dann selbst nicht nachdenkt und keine besseren Vorbilder hat, verwendet dann die miese Rechtschreibung, die er in Internet-Foren oder bei Freunden sieht. Wenn die Eltern dann nicht einmal darauf achten, dass das Kind wenigstens vernünftig schreiben kann, gibt es nur noch den Lehrer - und dessen Meinung zählt bei vielen einfach nichts mehr. Oft können die Eltern es selbst auch nicht besser.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Man kann natürlich, wie in vielen anderen Bereichen auch, dem Computer und hier dann den Rechtschreibprogrammen die Schuld an schlechten Leistungen im Bereich der Orthografie geben. Aber wenn wir mal ehrlich sind, dann erkennen wir doch ziemlich schnell, dass das nicht stimmt. Denn selbst das Bedienen einer Rechtschreibprüfung setzt ja nun einmal gewisse Grundkenntnisse voraus. Diese kann aber auch nicht alles berichtigen, denn dazu fehlt den meisten einfachen Programmen doch die Intelligenz. So bieten auch in diesem Thread einige Beiträge perfekte Beispiele dafür, dass die Groß- und Kleinschreibung durchaus nicht so einfach ist. Ich will mich da gar nicht ausnehmen, falls auch in diesem Beitrag entsprechende Fehler zu finden sind.

Dann hat sich die deutsche Sprache in den letzten Jahren verändert, wie beispielsweise in Die deutsche Sprache verungt beschrieben. Dazu liefert dann auch der erste Beitrag ein tolles Beispiel: Rechtschreibregeln würde es doch besser treffen als Rechtschreibregelungen. Der Wortschatz, der auch umgangssprachlich gebraucht wird, wird natürlich auch von Jugendlichen genutzt und ist dann auch in deren schriftlichen Arbeiten zu finden. So mag das im Thread Sagt ihr "einzigste"? diskutierte Wort ein Stilmittel sein, es ist aber falsch. Ähnlich sieht es mit "ebend/t" statt eben, "anderst" statt anders, der "Pupertät" statt Pubertät und anderen einfach nur gruseligen Wortenschöpfungen aus.

Nicht zuletzt hat sich natürlich in der Schule sehr viel getan und das nicht nur in den letzten Jahrzehnten, ich sehe den Unterschied schon zwischen meiner Großen und dem Kleinen, die gerade mal drei Schuljahre trennen. So hat der Grundwortschatz der ersten Klasse um einige Worte abgenommen. Dabei sind durchaus Worte gestrichen worden, die selbst erfahrene Grundschullehrer wieder gern im Grundwortschatz wüssten. Und das wird in den folgenden Klassen weiter geführt. Der Umgang mit dem Wörterbuch ist eher fakultativ; schade, denn so könnte man Kinder auch lehren selbst ihr Wissen zu festigen. Sicher lernt der Kleine jetzt andere Dinge, aber ich bezweifle den Sinn. Denn wenn ich die leistungsschwächeren Schüler beobachte, dann wäre eine Konzentration auf die Kernfächer für diese Schüler wünschenswert. Sicher hätten dann die leistungsstarken Schüler wieder Probleme, aber das ist dann ein anderes Thema. Wenn also in der Grundschule schon so wenig lernen, dann kann natürlich auch weniger darauf aufgebaut werden.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Das hat vermutlich viele Ursachen, ehrlich gesagt finde ich aber auch nicht, dass man das verallgemeinern muss, nur weil ein Lehrer diese Meinung vertritt. Es wird sicherlich auch Lehrer geben, die da anders denken und abgesehen davon, wird sich das auch bei der jeweiligen Schulform anders verhalten, weil ich mir jetzt nicht unbedingt vorstellen kann, dass es auf dem Gymnasium so schlechte Rechtschreibung gibt. Dennoch kann ich mir eine negative Entwicklung in diese Richtung gut vorstellen und denke, dass mehrere Faktoren dafür zuständig sind. Zum einen wären da sicherlich die Medien, Internet, Computerspiele, das Fernsehen auf der anderen Seite natürlich die verschlechterte Beziehung zur Literatur. Dann finde ich aber auch, dass Schüler heute anders lernen und die Eltern sich auch weniger darum kümmern, dass die Schüler vorbereitet sind, Schüler beispielsweise auch erst in der Schule schreiben lernen.

Meine Mutter erzählt beispielsweise häufiger davon, dass sie bereits vor der Schule schreiben konnte, dass konnten damals alle Schulkinder. Ihnen wurde zu Hause das Alphabet beigebracht, sie lasen zu Hause schon einfache Texte und Bücher und konnten etwas schreiben. Bei mir was das ebenso, weil meine Mutter sich damals nicht sicher war, ob man das auf deutschen Schulen können musste oder nicht. Ich war damals den meisten Schülern deutlich voraus. Man merkte diese Unterschiede aber auch bei den Schülern, die lasen und denen die es eben nicht taten, natürlich machten die Leseratten deutliche Fortschritte, egal ob es ums Vorlesen oder Schreiben ging.

Heute haben Bücher keine wichtige Rolle im Leben der Jugendlichen mehr inne, man merkt dies auch an ihrer Sprache. Liest man viel, gewöhnt man sich eine mehr oder weniger elegantere Sprache an, was zweifellos an der Sprachvielfalt liegt, natürlich auch an den ''gepflegten'' Ausdrücken. Die Sprache im Fernsehen ist natürlich eher platt und nicht großartig anspruchsvoll, Jugendliche übernehmen solche Floskeln, weil sie sich cool dabei fühlen und sich mit ihren Idolen, den kleinen Teenie-Stars identifizieren.

Natürlich wirkt sich dass dann auch auf die Rechtschreibung aus, die Jugendlichen lesen weniger und sie erlernen durch die Medien eine weniger gepflegte Sprache. Auffallend ist meiner Ansicht nach außerdem auch, dass viele Jugendliche auf Facebook und anderen Netzwerken so schreiben, wie auch im Fernsehen in der Werbung geschrieben wird oder auch in Songtexten aus dem Radio. Sie übernehmen Abkürzungen und Sprachfloskeln, klingen dann teilweise wirklich manchmal wie unsere Vorfahren längst vergangener Zeiten, die sich noch mit Grunzlauten verständigten.

Dennoch denke ich, dass man das nicht verallgemeinern kann, vielleicht ist die Anzahl der Schüler, die in der Rechtschreibung schwach sind größer, aber es trifft noch lange nicht auf alle zu und das Realschule und Hauptschule in solchen Dingen eh schwächer ist, ist doch eigentlich klar. Außerdem lässt sich in den letzten Jahren doch eh beobachten, dass immer mehr gute Schüler auf das Gymnasium gehen und die Gymnasien größer, die Anzahl der Abiturienten höher werden. Schlechtere Schüler weichen dann auf die anderen Schulformen aus. Diese Mode lässt sich schon seit Jahren beobachten, früher war es üblicher, dass man auf die Realschule gegangen ist und davor ist doch sogar der Großteil aller Schüler auf die Hauptschule gegangen, also wundert mich das jetzt nicht.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


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