Erntehelfer - Ein Knochenjob?
Ich könnte es mir nur schwer vorstellen einen miesen Job mit noch schlechterer Bezahlung aufzunehmen nur um die staatlichen Transferleistungen nicht in Anspruch zu nehmen. Gerade die schlechten Jobs sind oft für ungelernte Arbeitskräfte gedacht, aber leider gibt es oft nur Knochenjobs die ganz schlecht bezahlt werden. Wenn dann die Differenz zwischen Verdienst und staatlichen Leistungen äußerst gering sind dann lohnt es sich einfach nicht. Ich habe Respekt vor den Leuten die trotzdem solche Jobs annehmen, aber da bin ich wirklich ehrlich und würde lieber auf der faulen Haut liegen.
Um mal bei dem Beispiel der Erntehelfer zu bleiben, jeder der schon einmal solch einen Job gemacht hat der muss wirklich hart im nehmen oder arg verzweifelt sein. Die Arbeitszeiten beginnen spätestens um 5:00 Uhr wenn es noch dunkel ist. Entweder ist es zu heiß, zu kalt oder stürmisch und alle Knochen und Muskeln schmerzen spätestens nach einer Stunde. Gearbeitet wird im Accord und die Bezahlung ist oft Leistungsbezogen. Die Leute können sich noch nicht einmal mit einer guten Bezahlung trösten weil solche Fertigkeiten sich erst über einen längeren Zeitraum angeeignet werden müssen und auch die allgemeinen Stundensätze zu niedrig sind. Mal abgesehen von der sozialen Hängematte könnte ich mir mein Geld als Inventurhelfer oder Pizzabote wirklich leichter verdienen ohne solchen harten Jobs machen zu müssen.
Als Schüler und als Student musste ich oft auf den Feldern und Plantagen helfen die Ernte einzubringen, das waren obligatorische Veranstaltungen vor die man sich nicht drücken konnte. Die Bezahlung war eher symbolisch und wurde eh gespendet so dass die Motivation nicht besonders hoch war. Genau so ist es ja heute auch noch, die symbolische Bezahlung meine ich natürlich. Später wurde auch im Arbeitsleben immer mal die komplette Büro-Brigade bei der Ernte eingesetzt, hier aber mehr freiwillig weil es sich gut beim jährlichen Titelkampf (Kampf um den Titel „sozialistische Brigade“ mit Aussicht auf Prämienzahlungen) machte. So richtig glücklich war niemand der dort aushalf. Mag sein dass solche schweren Arbeiten nicht für jeden körperlich geeignet sind, aber das soll keine Ausrede sein. Natürlich taten mir immer alle Knochen weh, aber mich störte auch das ganze nebenher. Der große Aufwand um überhaupt auf das Feld zu kommen, ein Auto hatte ja kaum jemand. Dazu der Dreck und der Schweiß und die Aussicht so noch nach Feierabend eine Stunde im Nahverkehr zuzubringen und die geballte Dummheit die einem dort umgab. Das alles zusammen sind Gründe die mich solche Arbeiten ablehnen lassen.
Diamante hat geschrieben:Habt ihr schon mal als Erntehelfer gearbeitet? Was habt ihr geerntet? Wie war die Arbeit? Würdet ihr es nochmal machen? Versteht ihr die Leute, die nicht mal einen Tag aushalten und sich dann krank schreiben lassen?
Ich habe früher, als ich noch Schülerin war, immer in den Ferien in einer Gärtnerei ausgeholfen und dort sozusagen als Erntehelfer und so gearbeitet. Ich muß aber auch sagen, das es wirklich eine echte Knochenarbeit ist, weil man meistens in einer ungünstigen und unbequemen Körperhaltung arbeiten muß, aber dennoch war das Geld damals für mich der größte Reiz. Als Schülerin war man froh, über jede, damals ja noch DM, die man mehr hatte.
Wenn ich keinen Bandscheibenvorfall hätte und da seit zwei Jahren, nach der Not OP nicht noch solche Probleme hätte, würde ich es bestimmt nochmal machen, denn es ist gutes Geld, was man dafür bekommen kann und ich kann auch die Leute, die sich schon nach einem Tag gleich krankschreiben nicht verstehen. Entweder sind die Leute einfach zu faul geworden, das sie solche Jobs nicht machen oder sie haben einfach den Willen nicht dazu, mal etwas länger durchzuziehen. Man sollte zumindest mal eine Woche oder so durchhalten, denn wenn man z.B. längere Zeit nicht arbeiten war, dann ist man nach jedem Job am ersten Tag total ausgelaugt und platt, aber das ist, meiner Meinung nach, kein Grund, gleich das Handtuch zu werfen.
hooker hat geschrieben:Ich könnte es mir nur schwer vorstellen einen miesen Job mit noch schlechterer Bezahlung aufzunehmen nur um die staatlichen Transferleistungen nicht in Anspruch zu nehmen.[...]
Der eigentliche Witz an der Sache ist ja, dass man vom deutschen Arbeiter verlangt, sich den Wind des Wettbewerbs um die Nase wehen zu lassen, also mit dem armen Rumänen zu konkurrieren (früher hat man es auch mit nichteuropäischen Ostblocklern versucht, z. B. Ukraine), der im Endeffekt doppelt so viel für seine Arbeit erhält. Von der Agrarwirtschaft selbst, verlangt man das aber nur in eingeschränktem Maß, denn die wird durch Subventionen, Einfuhrbeschränkungen u. ä. vor dem Wettbewerb von Außen geschützt. D. h. seinen Markt schützt man, aber der Malocher wird schief angeguckt, wenn er sich lieber subventionieren lässt.
Dieser Muster zieht sich übrigens durch viele Bereiche der Wirtschaft.
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