Arbeiten nur für Fahrtkosten ?
Ich arbeite nun eine Weile schon in einem kleinen Unternehmen, dass sich darauf speziallisiert hat die Medizinsche Betreuung für Veranstaltungen zu übernehmen. Gerade im Bereich der Reitveranstaltungen ist die Firma viel unterwegs, da dort ein Sanitätsdienst von der LPO vorgeschrieben ist.
Nun kam mein Chef auf die Idee, man könnte die Preise für die Reitvereine senken indem man die Angestellten die dort Dienst machen nur noch die Fahrtkosten erstattet und keinen weiteren Lohn bezahlt. Ich kann mir ehrlich gesagt gar nicht vorstellen, dass es solche Idealisten gibt die nur noch für die Fahrtkosten arbeiten gehen und ansonsten zusätzlich nichts verdienen. Gerade weil diese Reitsportveranstaltungen nicht nur eine Sache von zwei Stunden sind sondern sich über komplette Wochenenden inkl. Donnerstag und Freitag ziehen und sich die wenigsten die bei uns angestellt sind sich für den Sport begeistern, dass sie sowieso privat hingegangen wären. Dazu kommt auch noch, die Veranstaltungen ziehe sicher quer durch Deutschland, dass es auch nicht selten ist, dass eine einfache Anfahrt für einen Angestellten mit dem privaten Kfz 300km beträgt. Natürlich hab ich mir das ganze auch aus Sicht der Veranstaltenten Reitvereine angeschaut, da dies meist kleinere Ställe sind haben die auch nicht die großen Einnahmen pro Tag für einen Sanitätsdienst 1000 Euro und mehr zu bezahlen, was bei einer mehrtägigen Veranstaltungsdauer sehr leicht mehrere Tausend Euro kostet.
Als ich selbst noch aktiv als Rettungsassistentin gearbeitet habe, habe ich zwar auch Sanitätsveranstaltungen mit betreeut, aber nur wenn ich dort auch meinen entsprechenden Stundenlohn bekommen habe. Es gab einige Ausnahmen, für die ich auch kostenlos arbeiten gegangen bin und zwar dann wenn das ganze einem gemeinnützigen Zweck zugekommen ist. Vielleicht hätte ich es zum Anfang direkt nach meiner Ausbildung gemacht um Berufserfahrung zu sammeln, aber selbst dann wäre ich wohl nicht jeden Tag zu einer Veranstaltung gegangen die mich nicht interessiert. Könntet ihr euch vorstellen, arbeiten zu gehen wenn ihr nur die Fahrtkosten erstattet bekommt ?
Leider sind hier ganz kurze Antworten nicht möglich. Deswegen muss ich mein "Nein!" hier etwas ausschmücken. Verstehe ich richtig, dein Chef beabsichtigt den Preis für sein Angebot zu senken, indem er keinen Lohn an seine Angestellten ausbezahlen möchte? Ich dachte, die Zeiten der Sklaverei wären vorbei.
Ist das nun eine Leistung, wo ein Reitverein das Unternehmen deines Chefs regulär beauftragt und bezahlt oder ist das eine freiwillige Betreuungsleistung des Unternehmens, die sozusagen neben dem normalen Geschäft läuft und normalerweise mit Fahrtkostenerstattung und einem minimalen Lohn entschädigt wird? Das ist mir nicht so ganz klar.
Das hört sich ja fast so an, als wenn man seine Arbeitskraft kostenlos zur Verfügung stellen soll und man nur die Unkosten erstattet bekommt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand nur als Spaß an der Freud zum Arbeiten geht und für seine Arbeit keinen wirklichen Lohn bekommt.
Unter den Umständen, die du hier geschildert hast, würde ich wohl auch nicht arbeiten gehen. Ich kann mir so ein Vorgehen in einer normalen Firma aber auch nicht wirklich vorstellen. Es gibt ja auch Leute, die auch im Sanitätsbereich ehrenamtlich arbeiten. Diese können anfallende Belastungen dann bei der Steuer geltend machen. Allerdings scheint es in deinem Fall ja nicht um eine ehrenamtliche Tätigkeit zu gehen, sondern um einen normalen Job, der anscheinend normal vergütet wurde. Zusätzlich gibt es bei euch eine Fahrtkostenerstattung. Das habe ich richtig verstanden, oder? Oder ist es so, dass die Fahrtkostenerstattung die normale Bezahlung ersetzen soll und du aktuell noch selbst für deine Fahrtkosten aufkommen musst?
Im Grunde genommen würde das ja bedeuten, dass der normale Lohn gestrichen beziehungsweise (stark) gekürzt wird. Ich wüsste auch keinen Grund, weiterhin bei der Firma zu arbeiten, außer Altruismus. Handelt es sich um normale Jobs, von denen die Angestellten bislang ihren gesamten Lebensunterhalt bestreiten? In dem Fall könnte sich der Chef doch ausrechnen, dass zukünftig niemand mehr für ihn arbeiten wird, allein deshalb, weil die Leute ja irgendwie auch zu ihrem Geld kommen müssen, um ihre Ausgaben zu bestreiten. Das würde nur dann funktionieren, wenn die Fahrtkostenerstattung so hoch wäre, dass sie nicht nur für das Benzin und die Abnutzung des Fahrzeuges reicht, sondern auch noch einen ordentlichen finanziellen Spielraum lässt. Allerdings will dein Chef ja scheinbar sparen, so dass vermutlich nur die wirklichen Fahrtkosten erstattet werden.
Ihr habt richtig erkannt, dass es sich bislang um eine reguläre Arbeit mit einem Haustariflichen Stundenlohn gehandelt hat. Da aber die Reitvereine immer mehr am nörgeln sind, dass sie es sich nicht leisten können für einen Tag hunderte Euro für einen Sanitätsdienst zu beauftragen, kam er auf die Idee man könnte ja so "sparen" und damit die Kosten für die Reitvereine zu senken.
Es handelt sich dabei um das Kerngeschäft des Unternehmens und keiner zusätzlichen Betreuungen. Allerdings die Veranstaltungen in denen die Firma ansonsten aggiert sind um einiges größer, z.B. größere Musikfestivals, Sanitätsdienste in Fussballstadien, Freizeitparks etc. Die Reitturniere werden nur so nebenbei mit abgefertigt, da es immer wieder einmal anfragen gibt.
Cologneboy2009 hat geschrieben:Es gibt ja auch Leute, die auch im Sanitätsbereich ehrenamtlich arbeiten. Diese können anfallende Belastungen dann bei der Steuer geltend machen.
Die ehrenamtlichen gibt es auch nicht mehr lange. Das Land Hessen muss nun ein gerichtliches Urteil umsetzen, dass es in Zukunft den ehrenamtlichen Hilfsorganisationen untersagt, die Fahrzeuge und das Personal aus dem Katastrophenschutz für ehrenamtliche Sanitätsdienste herzuziehen. Sprich, diese Organisationen können in Zukunft nicht kostenloses Personal und kostenlose Fahrzeuge gegen Spende auf solche Veranstaltungen stellen. Möchten die Hilfsorganisationen in Zukunft auch weitere solche Sanitätsdienste machen, müssen diese sich dafür regulär seperate Fahrzeuge kaufen, die Mitarbeiter ebenfalls selbst versichern und regulär anmelden.
Grund hierfür war eine Klage eines Unternehmenes, die wegen unlauterem Wettbewerb geklagt hatten da die Hilfsorganisationen quasi zum Nulltarif abarbeiten konnten und jedes private Unternehmen um ein vielfaches unterboten haben. Zudem haben sich die Hifsorganisationen lange genug mit Fahrzeugen die der Steuerzahler finanziert und trägt bereichert, das ist nun in Zukunft nicht mehr möglich.
Sorae hat geschrieben:Ihr habt richtig erkannt, dass es sich bislang um eine reguläre Arbeit mit einem Haustariflichen Stundenlohn gehandelt hat. Da aber die Reitvereine immer mehr am nörgeln sind, dass sie es sich nicht leisten können für einen Tag hunderte Euro für einen Sanitätsdienst zu beauftragen, kam er auf die Idee man könnte ja so "sparen" und damit die Kosten für die Reitvereine zu senken.
Dass er auf die Reitvereine zugehen will, ist ja ganz nett, aber dein Chef muss doch auch gesagt haben, wie er seinen Plan in die Realität umsetzen will. Bei der scheinbaren Perspektive, sofern das alles richtig ist (ich kann es mir immer noch nicht vorstellen, dass ein Chef das Gehalt ersatzlos streicht, wenn es vorher eines gab), wird doch wohl jeder in der Firma die Kündigung einreichen. Das ist doch einfach die logische Konsequenz aus so einem Vorgehen. Es gibt schließlich noch andere Jobs und wenn du nicht wahnsinnig an diesem Job und dieser Firma hängst, sollte sich auch etwas anderes finden lassen.
Die neue Regelung gilt doch sicher nur für ein paar Einsätze bei einigen wenigen Reitvereinen, die dann eben Sonderkonditionen bekommen? Ihr werdet ja nicht nur Reitvereine betreuen, sondern auch andere Veranstaltungen. Für den Einsatz dort werdet ihr aber normal entlohnt, oder ist das auch nicht angedacht? Selbst eine solche Regelung wäre sicher kaum umsetzbar, da die Leute dann an den Tagen, an denen sie lohnfrei arbeiten müssten, vermutlich "krank" wären.
@Sorae, irgendetwas scheint in der Firma deines Chefs faul zu sein. In Reitervereinen sind oft Mitglieder, die viel Geld haben und eigene Pferde. Warum sollten Mitarbeiter wie du für diese Leute umsonst arbeiten gehen. Wenn sie ihre Veranstaltungen abhalten wollen und Kunststücke vorführen möchten, sollen sie entsprechend Eintritt verlangen, wenn sie in der Vereinskasse nicht so viel Geld haben. Es kann nicht sein, dass dein Chef meint, auf Kosten anderer – in diesem Fall seiner Mitarbeiter – denen einen Gefallen tun zu wollen. Dann muss er das Geld aus seiner Privatschatulle nehmen. Aber darin scheint es auch mau zu sein, sonst würde er seine Kinder nicht seinen Angestellten aus Auge drücken, natürlich kostenlos.
Der Sanitätsdienst ist nun mal Vorschrift und kostet mit Recht auch Einiges. Wem das nicht passt oder zu viel an Kosten ist, darf derartige Veranstaltungen nicht durchführen. Darüber sind sich die Veranstalter durchaus auch klar. Nur die Einstellung deines Chefs ist nicht zu verstehen. Wenn er umsonst arbeiten will, kann er das ja machen, aber nicht von seinen Mitarbeitern verlangen. Das ist unverschämt.
So unverschämt das ist, aber am Ende ist es eine Sache von Angebot und Nachfrage. Wenn es tatsächlich Leute gibt, die das zu diesen Konditionen mitmachen, dann kann man es Deinem Chef nicht wirklich vorwerfen (wobei das wirklich kein moralisches Handeln ist!). Will er denn eine Kilometerpauschale zahlen? Könnte sein, dass jemand mit einem ganz sparsamen Auto, oder einem Dienstwagen, den er auch privat nutzen kann, dann Gewinn dadurch macht, dass die tatsächlichen Kosten geringer sind als die Kilometerpauschale.
Also so kann man das glaube ich nicht pauschal beantworte. Also ich persönlich würde es nicht machen, weil ich meine was hätte ich davon? Nur Zeit und dann kriege ich nur das Fahrtgeld erstattet... Also ich würde mir das gut überlegen, ob ich nicht einfach "Nein, tut mir Leid" oder so sagen würde, aber das ist natürlich deine Entscheidung.
Cid hat geschrieben:@Sorae, irgendetwas scheint in der Firma deines Chefs faul zu sein. In Reitervereinen sind oft Mitglieder, die viel Geld haben und eigene Pferde. Warum sollten Mitarbeiter wie du für diese Leute umsonst arbeiten gehen.
Das kommt schon sehr stark auf die Größe des Turniers an, meistens haben wir wirklich die "kleinen" betreut von denen die wenigstens überhaupt ein eigenes Pferd haben sondern das alles die von dem Stall waren oder Leihpferde von anderen Ställen. Ich halte das auch für falsch zu behaupten, dass in den Reitvereinen nur Leute mit viel Geld sitzen - kann zwar sein, kann auch im Bus passieren, jedoch hat der Veranstalter mit dem wir den Vertrag machen davon wenig wenn er minimale Mitgliedsbeiträge nimmt. Das ist ein
Problem das nicht direkt in meiner Macht liegt und auch nicht in der meines Chefs, indirekt könnte man über den höheren Preis die Vereine dazu zwingen höhere Mitgliedsbeiträge zu fordern um damit den geforderten Sanitätsdienst entsprechend zu bezahlen.
Und zum Verständnis, ich mache "nur" die Finanzgeschäfte und Personalabteilung mit den aktiven Diensten habe ich quasi gar nichts mehr am Hut. Entsprechend bekomme ich für meine Arbeit auch mein reguläres Gehalt bezahlt und bin nicht von Fahrtkosten abhängig.
Der Sanitätsdienst ist nun mal Vorschrift und kostet mit Recht auch Einiges. Wem das nicht passt oder zu viel an Kosten ist, darf derartige Veranstaltungen nicht durchführen. Darüber sind sich die Veranstalter durchaus auch klar. Nur die Einstellung deines Chefs ist nicht zu verstehen. Wenn er umsonst arbeiten will, kann er das ja machen, aber nicht von seinen Mitarbeitern verlangen. Das ist unverschämt.
Das kann ich genau so unterschreiben und ist auch meine Meinung. Wer es sich nicht leisten kann den Sanitätsdienst zu stellen, der soll es halt bleiben lassen. Problem dabei ist, viele Reitvereine hatten vorher die Hilfsorganisationen gebucht für solche Dienste die das ganze noch gegen "Spende" gemacht haben. Sprich, es hat die Reitvereine maximal 200 Euro gekostet für ein komplettes Wochenende, da diese mit Ehrenamtlichen arbeiten und illegal erweise die Katastrophenschutzfahrzeuge der Bundesländer für gewerbliche Zwecke missbrauchen. Das ist nach dem neuen Gesetz hier nicht mehr möglich, dass nun auch die Hilfsorganisationen sich für solche Dienste extra Fahrzeuge anschaffen müssen und ihr Personal nicht mehr als ehrenamtliche laufen lassen können.
Somit wurden die Reitvereine in den letzten 25 Jahren total verhätschelt und denen fehlt gerade absolut das Verständnis dafür warum sie auf einmal solche Preise bezahlen sollen. Es kommt auch schlichtweg vor, dass ein Angebot unterbreitet wird welches angenommen wird und hinterher nicht bezahlt wird oder es wird versucht, dass einfach nur 200 Euro überwiesen werden und der Rest erst mit Titel erwirkt werden kann ... Aus dem Grund heraus kam auch irgendwie die Idee, dass man den Reitvereinen entgegenkommen könnte mit dieser Maßnahme.
Inzwischen sieht es allerdings so aus, wie hier auch geschrieben wurde wurde das ganze System einmal getestet. "Seltsamerweise" waren die Mitarbeiter die an diesen Diensten eingeteilt waren an diesen Tagen krank, dass am Ende niemand mehr hin wollte. Somit konnte sich das nicht durchsetzen und es wird weiterhin reguläres Gehalt gezahlt und ich befasse mich mit den nicht bezahlen Rechnungen.
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