Meine Oma freut sich aufs Sterben

vom 03.03.2008, 19:01 Uhr

Meine Oma ist schon vor langer Zeit gestorben (mit 78 Jahren), ich kann mich aber noch sehr gut an die letzte Zeit davor erinnern. Sie hat oft vom Tod gesprochen, allerdings in der Form "wenn ich einmal nicht mehr da bin", sie hat nicht offen gesagt, daß sie darauf wartet, zu sterben.

Allerdings hatte sie ca. ein halbes Jahr, bevor sie gestorben ist, einen leichten Schlaganfall erlitten und danach ist sie immer stiller geworden. Hat viel geschlafen, auch tagsüber und nicht mehr viel geredet. Irgendwie war mir damals aber schon klar, daß sie sich innerlich aufs Sterben vorbereitet und nicht mehr weiterleben möchte. Sie hatte ihren Mann auch um ca. 16 Jahre überlebt und fühlte sich bestimmt einsam, obwohl sie uns als Familie täglich um sich hatte. Ich habe dann halt noch soviel Zeit wie möglich mit ihr verbracht und mich besonders um sie gekümmert.

Aber es ist wirklich eine schwierige Situation, wenn deine Oma direkt sagt, dass sie eigentlich nicht mehr leben möchte. Wie du schon geschrieben hast, besuch sie einfach öfter, das wird ihr bestimmt viel geben.

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» wölfchen » Beiträge: 2280 » Talkpoints: 13,46 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Ich kann so was eigentlich relativ gut verstehen, da ich selber nicht gerne lebe, auch wenn ich mir immer wieder das Gegenteil einrede. Hab das mehrere Male von verschiedenen Personen täglich gehört, als ich noch im Heim gearbeitet habe, aber man kann da meiner Meinung nicht wirklich viel machen. Man kann denen deren Wunsch nicht erfüllen oder sie ermutigen es selber zu tun.

Ich persönlich fragte sie immer, warum sie ihr Leben nicht mehr lebenswert finden und ob sie was ändern würden, wenn sie ihr Leben noch mal von vorne beginnen könnten. Was ich auch des öfteren wissen wollte, ob sie noch was bestimmtes erleben wollen würden, wenn sie wirklich nur noch wenige Tage hätten.

Und bevor ich ging meinte ich auch fast immer, dass ihnen da zwar nicht helfen kann, aber wenn sie reden wollen, dann brauchen sie nur nach mir rufen, sofern ich da bin werde ich dann kommen.

Ich finde es schrecklich, wenn dann irgendwer daher kommt und ihnen das ausreden will bzw. gar ein schlechtes Gewissen macht. Die meisten werden ihre Gründe haben, warum sie nicht mehr leben wollen, auch wenn sie das nicht so deutlich äußern. Keiner der Betroffenen hat was davon, wenn man dem das Leben schmackhaft machen will, obwohl der nicht will.

Würde man selber ja wahrscheinlich auch nicht willkommen heißen, oder?
Ich tat das zumindest nicht, und mache es deshalb auch bei anderen nicht!!

» Todesengel » Beiträge: 174 » Talkpoints: 0,64 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich würde es auch schrecklich finden wenn meine Oma über so was offen und ehrlich reden würde, da ich auch Angst vorm Tod habe und wenn sie dann noch damit anfangen würde wüsste ich auch nicht was ich dazu sagen soll.

Es kommt ja auch immer darauf an wie das Leben der Großeltern gewesen ist und ob sie schon in einem Alter sind wo man das gut und gerne darf ich finde so wie meine Oma mit 92 darf darüber offen und ehrlich sprechen es ändert aber nichts daran das diese Vorstellung schrecklich ist. Ich sage meistens ach was du wirst noch nicht sterben du wirst noch viel erleben um sie einfach auf zu muntern. Aber wenn schon jemand Lust auf den Tod hat sage ich mal kann man auch nichts mehr machen. Einfach nur das beste aus der Situation machen und noch viele schöne Stunden zusammen erleben.

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» dauschi » Beiträge: 1246 » Talkpoints: 5,11 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Meine Oma hat das auch zu mir gesagt kurz bevor sie gestorben ist. Das war selbstverständliche eine, mit Verlaub, beschissene Situation in diesem Moment, aber ein alter Mensch hat viele Beschwerden. Die Knochen fangen an zu schmerzen, und man kann vieles nicht mehr alleine erledigen, und irgendwann kommt, zwangsläufig, die Zeit in der ein Mensch nichts mehr alleine schafft. Dessen bist du dir wahrscheinlich nicht bewusst, aber deine Oma hat sich Jahre lang mit dem Tod auseinander setzen können, und somit vielleicht sogar indirekt Vor- und Nachteile abwägen können. Und deiner Oma werden da bestimmt viele Dinge einfallen in denen sie Nachteile erkennt, bestimmt auch mehr als dir. Das ist der natürliche Prozess des Alterns, und das hat deine Oma erkannt.

» christophd » Beiträge: 17 » Talkpoints: 8,37 »



Ich finde das irgendwie nicht schlimm, wenn sie sich auf den Tod freut. Es ist auf jeden Fall besser als Angst zu haben (für sie selber meine ich). Natürlich ist es nicht so toll sich das immer wieder anhören zu müssen, aber vielleicht geht es ihr ja wirklich besser nachdem sie stirbt. Wer weiß das schon?

» CokeLine » Beiträge: 135 » Talkpoints: 0,26 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich kann Dich verstehen, man füllt sich sehr schlecht, wenn einem die eigenen Oma sagt, dass sie sterben will. Bei uns ist es genauso. Meine Oma erzählt auch immer, dass sie sterben will. Ich weiß auch nicht so richtig, wie ich damit umgehen soll. Zu Hause weine ich dann manchmal, weil ich eigentlich nicht will, dass sie stirbt, aber leider gehört es zum Leben dazu und meine Oma ist auch schon 86 Jahre und damit nichtmehr die Jüngste.

» sibs » Beiträge: 711 » Talkpoints: 3,91 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Das selbe war auch bei meiner Oma. Vor ca 6 Jahren erfuhren wir dass sie Krebs hat. Das Geheule war riesengroß und ihre Ruhe bzw Vorfreude immer größer. Konnte sie damals nicht verstehen und wollte auch mit ihr nicht mehr reden als ich im Krankenhaus war und sie dann vor mir sass und mir immer Dinge sagte auf die ich noch garnicht vorbereitet gewesen war.

Nun 6 Jahre später lebt sie und ich kriege immer noch Dinge dieser Art zu hören. Jetzt da ich alter geworden bin und mehr von diesen Dingen verstehe ist es zwar nicht so schlimm aber verstehen werde ich so was erst wenn ich selbst in dieser Lage bin, also alt und so krank dass ich einfach nicht mehr weiter will bzw. kann.

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» loolek » Beiträge: 391 » Talkpoints: 2,23 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ein sehr sensibles Thema. Vor allem wenn einem der Mensch, der so etwas sagt, sehr nah steht. Ich finde es auch nachvollziehbar und glaube auch, dass nicht nur Menschen, die ein sehr schwieriges Leben hatten, so denken. Auch Menschen mit einem erfüllten und glücklichen Leben können sicherlich im Alter so denken, wenn sie des Lebens müde werden. Im Grunde ist es ihnen auch nicht zu verdenken und ich finde, wenn es soweit ist, kann es auch Trost spenden, wenn der Verstorbene keine Angst vor dem Tod hatte.

» Jules » Beiträge: 19 » Talkpoints: 3,63 »


Das ist auf jeden fall eine ganz schwierige Situation. Ich habe es oft von meiner Großtante gehört, sie ist jedoch 94 geworden. Ich bin dann immer zu ihr hin und hab sie einfach in den Arm genommen oder ihre Hand gedrückt, viel dazu sagen kann man nicht, gerade weil wir uns gar nicht vorstellen können, wie es ist wenn man so etwas sagt. Wir freuen uns alle noch so sehr auf das was noch kommt und sind sehr neugierig, was mit uns in 20 Jahren ist.

Jedoch, wenn jemand selber nicht mehr möchte ist es leichter deren Tod dann wirklich zu verarbeiten. Meine Großtante ist vor 1 1/2 Monaten gestorben, ich habe erst viel geweint aber später habe ich mich an ihre Worte erinnert und das hat mich aus der Trauer schnell wieder erhoben.

» PinkBaby » Beiträge: 10 » Talkpoints: 0,05 »


Ich denke in einem solchen Fall muss man nicht unbedingt reagieren, einfach zuhören ist meist mehr als irgendetwas zu sagen. Die älteren Menschen sind an einem Punkt gekommen wo sie vieles erlebt haben und einfach ausgelaugt sind. Dies ist der Lauf der Natur. Es ist ein Kreislauf und deshalb auch verständlich dass solche Äußerungen im Fordergrund stehen. Besonders wenn sich die Personen einfach nicht mehr fit fühlen oder einfach spüren dass es bald zu Ende ist. Deshalb ist zuhören und Ernstnehmen, das beste was man selbst machen kann!

Meine Erfahrung:: Mein Opa war schon längere Zeit erkrankt und äußerte sich des Öfteren dass er bald nicht da sein würde und es gut so wäre. Die komplette Familie wollt dies gar nicht hören und sagte immer „Quatsch, Du wirst noch lange unter uns weilen“! Nun, sie haben ihn einfach nicht ernst genommen. Sie verdrängten diese Worte von ihm, was meiner Meinung nach der verkehrte Weg ist!

Ich hörte ihm aber zu trotzt meines unguten Gefühls. Als er noch mal sein komplettes Leben Revue passieren lies, habe ich einfach nur zugehört und ihn ernst genommen. Er war sehr entspannt dabei und erzählte voller Emotionen und Leidenschaft. Er zog eine Bilanz seines Lebens, Gutes und Schlechtes und was er meint was er hätte besser machen sollen. Mir war klar, dass dies eine tiefere Bedeutung haben musste! Er selbst musste dies wohl gespürt haben, dass es bald vorbei sein würde, denn er deutete dies auch immer an. Er offenbarte mir auch einige Geheimnisse und dies beweist nur, dass er vertrauen zu mir gehabt hatte.

Einige Tage später war er verstorben und die Familie war schockiert. Sie haben sich alle nicht wirklich von ihm verabschiedet, obwohl er immer dies angemerkt hat! Echt traurig! Im Nachhinein bin ich froh, bei ihm gewesen zu sein und trotz meiner Traurigkeit und Verlustängsten ihm zugehört zu haben.

Das wir alle sterben müssen ist eigentlich jedem klar! Umso trauriger, dass so viele Menschen kurz vor ihrem Tod ganz alleine sind, nur weil die Familie dies total verdrängt und einfach nicht wahr haben will.

@ Grooovegirl: Ich finde Deinen Beitrag einfach toll, denn es bestätig mir, dass ich richtig reagiert habe, als ich ihm einfach nur zuhörte und Zeit mit ihm verbrachte. Du hast durch diese Erfahrung etwas Wertvolles gewonnen, nämlich eine ganz besondere Bindung zu Deiner Oma. Du warst bei ihr als sie Dich wirklich brauchte!

Meine Oma ist seit dem Verlust Ihres Mannes auch nicht mehr so Lebensfroh und gibt auch hin und wieder solche Äußerungen, aber ich lasse die zu und versuche Sie vieles aus Ihrer Vergangenheit erzählen zu lassen.

Ich habe das Gefühl, dass wenn ich mit ihr über ihre Vergangenheit rede, etwa was sie in ihrer Jugend so alles gemacht hat, lebt sie wieder auf. Oft fehlen älteren Menschen auch soziale Kontakte und sie fühlen sich nicht mehr gebraucht. Wenn Enkeln und Kinder dann wenn es hoch kommt, einmal die Woche sich blicken lassen, ist es schwer für die Älteren dem Leben noch was Positives abzugewinnen.

Deshalb versucht so viel Zeit mit Euren Großeltern oder Eltern zu verbringen wie es nur geht, denn unsere Zeit auf diesen Planenten ist begrenzt und das wertvollste Gut!

» mimi » Beiträge: 263 » Talkpoints: 0,43 » Auszeichnung für 100 Beiträge


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