Beruf Lügner: Berufe in den Lügen normal ist

vom 21.08.2011, 10:19 Uhr

Diamante hat geschrieben:Dieser hat mir selber gesagt, dass er oft genau weiß, dass seine Mandanten schuldig sind.

Das will ich gar nicht in Abrede stellen. Und selbst dann darf der Anwalt sein Wissen auf Grund der Verschwiegenheitspflicht gar nicht preis geben. Er führt auch keine Ermittlungen, so dass er mögliche Beweise für/gegen seinen Mandanten vorzulegen hat. Es geht schlicht darum, dass er nicht lügen darf! Da ist ein Unterschied, ob er sagt: "Mein Mandant ist unschuldig" oder "Die Verhandlung hat die Schuld des Angeklagten nicht erwiesen". Außerdem, und genau dafür sind Anwälte da, geht es oft auch gar nicht mehr um Schuld/Unschuld, sondern um das Strafmaß.

Diamante hat geschrieben:Wenn der Anwalt dann vor Gericht die Wahrheit sagen würde, würde auch der Angeklagte immer verknackt werden.

Das ist aber doch so nicht richtig. Der Anwalt muss eben nicht alles sagen! Aber was er sagt, muss der Wahrheit entsprechen, bzw. dem, was er für die Wahrheit hält. Schließlich verlässt er sich letztlich auch auf die Aussagen seines Mandanten. Und das muss zunächst für ihn gesetzt gelten. Es ist aber keine Lüge, wenn er die Sache aus der Perspektive des Mandanten sieht und beurteilt.

Diamante hat geschrieben:Dieser Pflichtverteidiger hat einigen Leuten zum Freispruch verholfen, obwohl sie Dreck am Stecken hatten.

Er hat nicht zu einem Freispruch verholfen, sondern die Gegenseite konnte keine Beweise vorbringen, welche die Schuld eindeutig festgemacht haben! Es ist hier zu einfach, alles beim Verteidiger zu suchen.

Diamante hat geschrieben:Selbst, wenn ein Anwalt einen Mörder als Totschläger dastehen lässt ist es ja eine handfeste Lüge.

Ist es nicht, weil es offensichtlich mehr glaubwürdige Anzeichen dafür gibt, hier einen Totschlag zu sehen als einen Mord. Das hat doch mit Lügen nichts zu tun. Im Zweifel immer für den Angeklagten! Alles andere würde der Willkür alle Türen öffnen.

Diamante hat geschrieben:Oft wird dann aus einem Mord Notwehr.

Dieses "oft" halte ich für fragwürdig und wüsste nicht, woher man das beziehen könnte. Es ist nicht der Verteidiger allein, der ein Verfahren führt. Da gibt es Richter und Staatsanwälte sowie Nebenkläger und vor allem Prozessbeobachter. Es ist immer ein Abwägen von Beweisen, bei denen es um die Glaubwürdigkeit geht. Zweifelt der Anwalt die Glaubwürdigkeit der Gegenseite an, lügt er nicht!

Diamante hat geschrieben:Also ist das schon mal nicht richtig so, dass Anwälte nicht lügen dürfen.

Auch wenn ich kein Fachmann in der Beziehung bin, so kann man schon aus dem sog. Sachlichkeitsgebot des Paragraphen 43 a Absatz 3 Satz 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung ableiten, dass nicht gelogen werden darf. Ebenso z.B. aus der Zivilprozessordung (Paragraph 138). Daher: Lügen dürfen Anwälte eben nicht. Aber sie müssen (weil sie ihren Mandanten und dessen Interessen vertreten) auch nicht alles was sie wissen preisgeben! Und sie können natürlich im Interesse des Mandanten wider besseres Wissen einen Freispruch verlangen, wenn die Beweise eben nicht zur Verurteilung ausreichen können (letztlich entscheidet ja doch der Richter).

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Ich wundere mich auch immer wieder, wenn in entsprechenden Sendung wie Akte die Telefonwerber oder Agenturmitarbeiter als die Bösen dargestellt werden. Letztendlich machen sie auch nur ihren Job. Und leider ist es nun mal oft so, dass die Chefs von ihren MitarbeiterInnen bestimmte Aussagen verlangen. Verwehrt man sich dagegen ist es Arbeitsverweigerung und auch wenn man selbst im Recht ist, ist man seinen Job schnell wieder los.

Letztendlich muss jeder selbst entscheiden, was er bereit ist für Geld zu machen. Nicht nur dort, wo man mit Menschen zu tun hat, sondern letztendlich können letztendlich in jeder Branche Dinge verlangt werden, die man so nicht mit seinem Gewissen vereinbaren kann oder möchte. Ich stellte mir damals als Promoterin bei jedem Job diese Frage. Natürlich konnte ich keinem Interessenten erzählen, dass das Produkt der größte Mist ist, unabhängig davon, ob ich auf Provision arbeitete oder einen fixen Betrag bekam. Aber wenn ich nur Jobs angenommen hätte, wo ich 100%ig hinter den Produkten gestanden hätte, dann wären das sehr wenige gewesen. Trotzdem war für mich immer klar, dass ich nicht alles mache. Es liegt mir bis heute fern Menschen etwas anzudrehen, was ihnen Probleme bereiten kann oder Leute bewusst über den Tisch zu ziehen.

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» Trisa » Beiträge: 3269 » Talkpoints: 20,14 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Es gibt viele Berufsrichtungen in denen gelogen wird. Meist dann, wenn es um größere Beträge geht. Allerdings, so musste ich feststellen, wird man nicht selten auch angelogen, wenn ein Berater (in Geschäften, etc) die Antwort auf meine Frage nicht kennt und sich herauszureden versucht. Wenn ich mich zum Beispiel im MediaMarkt nach Geräten erkundigt habe (ich selbst kenne mich mit Technik aus), bekam ich sehr oft eine unpassende oder gar komplett falsche Antwort.

Aber den Job mit den meisten Lügen haben immernoch Wahrsager, Heiler etc. Hört man solchen Leuten zu, kann einem schon manchmal von so vielen Lügen schlecht werden. Da fragt man sich, ob die betreffende Person solch ein großer Betrüger ist oder ob sie gar an ihre eigene Lügen glaubt.

Ich persönlich wollte einen solchen Beruf nicht ausüben. Dass man aber mal ausnahmsweiße eine Notlüge an den Mann bringen muss, finde ich okay. Es gibt schließlich kein Mensch auf der Welt, der von sich behaupten kann, noch nie gelogen zu haben.

» nicohirsch » Beiträge: 7 » Talkpoints: 0,49 »



nicohirsch hat geschrieben:Es gibt viele Berufsrichtungen in denen gelogen wird.

Was aber hätte das mit der Berufsausrichtung zu tun? Es ging hier im Thread ja letztlich darum, ob ein bestimmter Beruf oder gar Berufszweig das Lügen systematisch bedingen würde, was ich - genau genommen - als großen Quatsch ansehen würde. Es würde sich dann ja anbieten, als Fach oder Lehrinhalt "Lügen" anzubieten. Wäre aber sicher einen Bericht wert, wenn es das als Studienfach gäbe oder aber zum Bestandteil einer Berufsschulausbildung wäre. Das gelogen wird liegt am Menschen der lügt, nicht an dessen Beruf.

nicohirsch hat geschrieben:Meist dann, wenn es um größere Beträge geht.

Auch hier wüsste ich nicht, woran man "größere" Beträge fest machen könnte. Wenn hier der Gebrauchtwagenhändler immer wieder genannt wird, ist wohl anzunehmen, dass es sich immer um gebrauchte Luxuskarossen handelt und wenn ich mir einen gebrauchten alten Opel kaufe, bestimmt nicht angelogen werde?

nicohirsch hat geschrieben:Allerdings, so musste ich feststellen, wird man nicht selten auch angelogen, wenn ein Berater (in Geschäften, etc) die Antwort auf meine Frage nicht kennt und sich herauszureden versucht.

Wie viel hat es mit Lügen zu tun, wenn man als Verkäufer versucht, einer Frage auszuweichen, weil man die Antwort u.U. nicht kennt? Oder hat es was mit Lügen zu tun, wenn auf Fragen zu einem Produkt auf alternativen Verwiesen wird? Das läuft vielleicht noch unter schlechtem Service. Wobei es ja auch möglich ist, dass der Verkäufer den gebildeten Kunden wirklich von einer möglichen Fehlentscheidung abbringen will.

nicohirsch hat geschrieben:Wenn ich mich zum Beispiel im MediaMarkt nach Geräten erkundigt habe (ich selbst kenne mich mit Technik aus), bekam ich sehr oft eine unpassende oder gar komplett falsche Antwort.

Auch hier unterscheidest du nicht zwischen Irrtum und Lüge? Das wäre ja letztlich fatal! Wenn ein Verkäufer völlig falsche Erklärungen bietet (was tatsächlich sein kann), dann mag das ja an seinem fehlenden Wissen liegen. Aber hier jemanden bewusst der Lüge zu bezichtigen, halte ich für sehr verwegen. Zumal ja so noch nicht mal klar ist, ob der sich irrende Verkäufer durch den begangenen Irrtum einen Vorteil für sich erhofft.

nicohirsch hat geschrieben:Aber den Job mit den meisten Lügen haben immernoch Wahrsager, Heiler etc.

Das ist aber mindestens Unsinn! Jedenfalls unterstellst du den Wahrsagern, dass sie den Quatsch (was es sein mag) selbst nicht glauben. Und das kann von außen kaum zu beurteilen sein. Als aufgeklärter Mensch müsstest du ja auch sehen, dass Pfarrer, Priester oder Geistliche im Allgemeinen "lügen". Schließlich existiert keine übergeordnete Kraft, keine Seele um deren Frieden es gehen kann oder aber ein Geisteswesen, welches uns umsorgt.

nicohirsch hat geschrieben:Hört man solchen Leuten zu, kann einem schon manchmal von so vielen Lügen schlecht werden. Da fragt man sich, ob die betreffende Person solch ein großer Betrüger ist oder ob sie gar an ihre eigene Lügen glaubt.

Wenn sie an das glauben was sie sagen, so wäre es keine Lüge mehr. Erst wenn der Vorsatz da ist, Dinge zu behaupten, von denen sie selbst wissen, dass es nicht stimmt, ist es eine Lüge. Das ist schon ein wenig komisch, weil ja der Papst von Gott sprechen kann ohne dass es eine Lüge ist und ich das Gegenteil von dem sage und es dennoch auch keine Lüge ist.

nicohirsch hat geschrieben:Ich persönlich wollte einen solchen Beruf nicht ausüben.

Was konkret lässt dich hiervon so überzeugt sein? In welchem Beruf siehst du dich als Wahrer des Wahren und Schönen? Und wieso glaubst du, wählen Menschen einen Berufszweig, in dem deinem Vernehmen nach gelogen werden muss?

nicohirsch hat geschrieben:Dass man aber mal ausnahmsweiße eine Notlüge an den Mann bringen muss, finde ich okay.

Wann beginnt bei dir die Scheinheiligkeit? Wo ist der Unterschied für den Belogenen, wenn du zwischen einer "ausnahmsweise" getätigten Notlüge und einer "Lüge" unterscheidest? Wieso findest du eine Lüge, deren Qualität du auch noch selbst bestimmst, moralisch für unbedenklich oder zumindest tragbar. Wohingegen du andere für unterstelltes Lügen verurteilst und gar von dir behauptest, so etwas nicht tun zu wollen. Obgleich das Lügen an sich nicht dein Problem zu sein scheint?

nicohirsch hat geschrieben:Es gibt schließlich kein Mensch auf der Welt, der von sich behaupten kann, noch nie gelogen zu haben.

Vielleicht gibt es Menschen, die behaupten in ihrem bewussten Leben immer nur auf "Notlügen" zurückgegriffen zu haben. Nachdem die moralisch Ok zu sein scheinen, kann man dies doch dann letztlich auf "noch nie gelogen" kürzen. Dann hätte man seine weiße Weste!

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Ich finde das mit dem Lügen ist grundsätzlich so eine Sache. Zum Beispiel wenn man unter Druck steht und gut dastehen will, kann es verführerisch sein, zu lügen. Mir kommt es so vor, als hätte sich unsere Gesellschaft längst ans Lügen gewöhnt und wollen auch gar nichts mehr daran ändern.

Wer den Fernseher anschaltet und Werbungen anschaut, wird die ganze Zeit über belogen. Politiker lügen uns die Hucke voll oder "beschönigen" die ein und andere Information, um wütende Reaktionen aus dem Weg zu gehen. Wie ein kleines Kind, das lügt, um den bösen Reaktionen der Eltern aus dem Weg zu gehen. Manche Leute glaube ich, werden nie erwachsen.

Kommt es mir nur so vor oder lernt man in jeder Familie, wie man durch Schwindeleien den ein oder anderen Euro spart. Ein Vater erzählt stolz seinem Sohn, dass er einen Strafzettel verschwinden lassen kann, weil er da jemanden von der Behörde kennt und was lernt er dabei?

Wir lehren zwar unsere Kinder die guten Werte aber wem nützt, wenn man nur anders überleben kann.

» AllenFanel » Beiträge: 24 » Talkpoints: 8,69 »


Diamante hat geschrieben:In manchen Berufen muss man anscheinend es mit der Wahrheit nicht so genau nehmen um Erfolg zu haben. Könntet ihr solche Berufe ausüben? Kann man auch in diesem Berufen ein grundehrlicher Mensch sein? Es gibt bestimmt noch mehr Berufszweige, in denen man es mit der Wahrheit nicht so ernst nimmt. Kennt ihr noch welche? Übt ihr vielleicht einen Beruf aus, dem man nachsagt, dass man in diesem Beruf nicht ehrlich sein kann?


Ich denke in jedem Beruf muss man Flunkern um überhaupt etwas zu bewegen. In meinem alten Beruf als Rettungsassistentin, frag mal nicht was ich meine Patienten anlügen musste, damit ich sie dazu bewegen konnte sich vom Arzt untersuchen zu lassen. Das fängt ja schon mit kleinen Lügen an vom Blut abnehmen "das tut gar nicht weh", jeder von uns weiß, dass das pieksen weh tut also war es schon einmal eine Lüge. Genauso überzeugte ich viele meiner Patienten mit solchen Aussagen "also wenn das mein Fuß wäre würde ich ihn auch Röntgen lassen", auch wenn das gelogen wäre und ich selbst wohl nicht gemacht hätte. Aber wenn ich das nicht gemacht hätte, und dennoch etwas am Fuß gewesen wäre und der Patient mir hinterher ans Bein pinkeln will, bin ich der dumme. Oder auch wenn ein Patient wirklich schlecht beieinander war und mich die Angehörigen gefragt haben "wir er es schaffen", und man selbst schon weiß, dass man das Omlett nicht mal lebend von der Stelle bewegen kann, gab ich die Antwort "wir geben unser möglichstes".

Quasi habe ich mich regelmäßig selbst belogen indem ich mir selbst, Patienten und Angehörigen Sachen gesagt habe, die nüchtern betrachtet überhaupt nicht den äußeren Tatsachen entsprochen haben. Es gibt halt solche und solche Lügen, das ist eine Auslegungssache - eng genommen tut jeder im Beruf lügen. Der Zweck heiligt halt die Mittel, würde ein Versicherungsvertreter nicht immer wieder flunkern um etwas zu verkaufen würde er auch kein Gehalt bekommen und so seine Familie nicht ernähren. Politiker beschönigen und lügen, warum tun sie das, damit nicht bei jedem Furz eine Massenpanik entsteht und eine Revolte angezettelt wird. Es kommt immer auf den jeweiligen Blickwickel drauf an, stehe aber zu der Meinung, jeder Beruf bringt es mit sich gelegentlich zu Lügen.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


Es gibt wohl keinen Beruf, von dem man sagen könnte, dass man in diesem Beruf immer lügen müsste. Und selbst wenn man in einem Beruf besser voran kommen würde, wenn man lügt, dann ist doch die Frage, wie lange man das durchhalten kann, bevor man sozusagen verbrannt ist. Außerdem stellt sich auch die Frage nach der Definition der Lüge. Um mal bei dem Beispiel des Anwaltes zu bleiben: ist es lügen, wenn man etwas nicht erwähnt, was unter Umständen zum Nachteil des zu Verteidigenden werden könnte? Und nicht alle Anwälte landen als Pflichtverteidiger, das muss man auch einmal sehen. Als Anwalt gibt es genug andere Möglichkeiten seinen Beruf zu leben.

Auch was Berater von Versicherungen und Banken angeht, sollte man vielleicht einfach mal bedenken, dass diese inzwischen ja ein Protokoll zur Beratung führen müssen. Aber auch sonst wurden ja schon Urteile zugunsten der Verbraucher gefällt. Das bedeutet natürlich, dass es auch einige schwarze Schafe gibt und dass vor diesen schwarzen Schafen Schutz nötig ist. Aber trotzdem gibt es mit Sicherheit auch in dieser Branche genug ehrliche Personen.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



In erster Linie kommt es doch darauf an, wie man seinen Beruf auffasst. Selbst ein Pförtner kann unter Umständen lügen, weil er gerade für einige Sachen zu bequem ist. Man kann es wohl einfach nicht so pauschal sagen, denn man sollte immer den speziellen Einzelfall sich dazu betrachten. Und manche Lügen kommen auch nie ans Tageslicht. Wie geht man denn damit um?

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


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