Muss man beim Vorstellungsgespräch eine Depression zugeben?
Wie ich in einem anderen Thread schrieb, hat eine Bekannte von mir massive Probleme einen Job zu finden. Da sie depressiv ist erfährt sie keine Unterstützung durch das Arbeitsamt. Nun ist es so, dass sie sich schon zig mal beworben hat und entweder den Job nicht bekommt, weil sie allein erziehend ist, oder eben oft auch, weil die Arbeitgeber schwer schlucken, wenn sie im Gespräch erfahren, dass meine Bekannte eine Depression hat, die aber inzwischen gut eingestellt und behandelt ist.
Ich würde ihr gerne raten, das künftig bei Vorstellungsgesprächen möglichst nicht mehr zu erwähnen. Meine Bekannte ist der Meinung, dass sie dazu verpflichtet ist, den Chef darüber zu informieren. Letztlich finde ich, das geht den Chef nichts an, so lange sie in einem Beruf arbeitet, wo sie niemanden gefährdet. Wenn man als Tischler beispielsweise arbeitet, dann ist das dem Holz doch egal, ob der Tischler bei der Arbeit gute oder schlechte Laune hat, oder? Wie ist das rechtlich geregelt?
Wie ist das eigentlich rechtlich geregelt? In welchen Fällen muss man einem Arbeitgeber von einer Depression erzählen? Oder ist das doch eher eine Privatsache? Oder reicht es doch, wenn man so etwas erst in oder nach der Probezeit erwähnt, damit der Chef sich erst mal ein persönliches Bild machen kann?
Das muss überhaupt nicht erwähnt werden! Es geht niemanden und erst recht nicht den Arbeitgeber etwas an, wenn jemand unter einer Depression leidet und mir fällt auch kein Beispiel ein, wo eine derartige Erkrankung die Arbeit stören oder gefährden würde. Deine Bekannte sollte das in jedem Fall zukünftig verschweigen!
Ich würde ihr raten, es auf keinen Fall zu erwähnen. Das muss ein Arbeitgeber einfach nicht wissen und gehört einfach zur Privatsphäre. So lange die Depression die Arbeit nicht einschränkt, geht es den Arbeitgeber nichts an. Wenn es aber zur dauerhaften Arbeitsunfähigkeit kommt, geht es ihn schon etwas an und er wird es mit Sicherheit heraus finden. Manche Arbeitgeber verlangen auch vor der Einstellung eine Einstellungsuntersuchung.
Nein, dass muss sie nicht angeben. Gesundheitsfragen dürfen in einem Vorstellungsgespräch genauso wenig gestellt werden, wie die Fragen nach einer Schwangerschaft. Auch wenn viele Firmenchefs diese Frage immer wieder gerne stellen, müssen diese nicht wahrheitsgemäß beantwortet werden.
Wenn man als Bewerber schon beim Vorstellungsgespräch angibt, dass man unter Depressionen leidet, wird sich der zukünftige Arbeitgeber doppelt überlegen, ob man so einen Menschen überhaupt einstellt. Denn damit gibt es früher oder später ja auch Probleme auf der Arbeit und die Qualität leidet darunter.
Daher würde ich von solchen Depressionen beim Vorstellungsgespräch gar nicht erst erwähnen. Das ist reine Privatsache und geht niemandem etwas an. Man erzählt dem Chef ja auch nicht, dass man auf bestimmte Nahrungsmittel allergisch reagiert und daher beispielsweise keine Milchprodukte zu sich nehmen kann.
Und wenn man überhaupt irgendwann einen neuen Job finden möchte, muss man alles versuchen, damit ein Arbeitgeber auch von einem begeistert ist und auch einstellt. Wenn man dann aber noch alle Nachteile aufzeigt, die einer Einstellung negativ beeinflussen würde, entscheidet sich jeder Arbeitgeber für einen anderen Bewerber.
Vielleicht hilft dieser Artikel aus ''Arbeit und Arbeitsrecht'' dir weiter, in dem es um einen vergleichbaren Fall geht. Auch hier gibt es einige Informationen zu rechtlichen Aspekten bei Gesundheitsfragen während Bewerbungsgesprächen.
Meines Wissens nach sind Fragen zu gesundheitlichen Aspekten genauso wie zu finanziellen Hintergründen und Vorstrafen im Bewerbungsgespräch nicht zulässig. Sollte danach gefragt werden, muss nicht geantwortet werden. Erzählt deine Bekannte allerdings schon von sich aus, dass sie Depressionen hat, ist im Grunde damit zu rechnen, dass ihre Chancen auf eine Einstellung damit erheblich herunter gesetzt werden. Sie schadet sich damit selbst und hätte sich vielleicht vorher gründlich darüber informieren sollen, ob dies nun wirklich ihre Pflicht ist oder nicht, denn durch diesen Irrtum hat sie sich nun möglicherweise einige gute Arbeitsstellen durch die Lappen gehen lassen.
Ergänzend sollte natürlich hinzugefügt werden: Gesundheitsfragen dürfen nicht gestellt werden, sofern sie die Arbeitsfähigkeit des Bewerbers nicht beeinträchtigen.
Meines Wissens ist der Bewerber nicht verpflichtet, Erkrankungen zu erwähnen, die nichts mit der künftigen Arbeit zu tun haben. Wenn man sich als Bäcker bewirbt und hat eine Mehlallergie ist das natürlich schon blöd, aber ich glaube kaum, dass man eine Depression erwähnen muss, es sei denn, sie hat was mit der Arbeit zu tun und würde bedeuten, dass der Arbeitnehmer deswegen häufiger ausfällt oder der Arbeitsablauf in sonst einer Weise gestört wird.
Deine Bekannte sollte in künftigen Bewerbungsgesprächen also vielleicht lieber mit ihrer Depression hinterm Berg halten, zumal sie ja richtig therapiert wird und die nötigen Medikamente erhält, sodass ihre Erkrankung für die Arbeit kein Problem darstellen wird. Privatangelegenheiten haben den Arbeitgeber nicht zu interessieren.
Ich würde das auch nicht erwähnen, zum einen mindert es ja anscheinend die Chancen auf die begehrte Arbeitsstelle, zum anderen geht das den eventuellen zukünftigen Arbeitgeber nichts an. Außerdem sagst du ja, dass die Depression schon gut behandelt und eingestellt ist. Vor allem aber verstehe ich nicht, warum das ein Problem ist, wenn die Depression schon behandelt und eingestellt ist, aber ich kann nicht in den Kopf einen Personalchefs gucken.
Jenna87w hat geschrieben:Manche Arbeitgeber verlangen auch vor der Einstellung eine Einstellungsuntersuchung.
Was aber hinsichtlich der Frage, ob man dem Arbeitgeber eine Erkrankung bekannt geben müssen völlig egal ist. Ein Arbeitgeber darf soviele Untersuchungen verlangen wie er will, er wird dadurch trotzdem nicht herausbekommen unter welchen Krankheiten Arbeitnehmer oder potentielle Arbeitnehmer leiden. Selbst der Betriebsarzt darf dem Arbeitgeber nicht einfach so mitteilen, welche Erkrankungen er nun diagnostiziert hat. Er gibt lediglich darüber Auskunft, ob die Arbeitnehmer arbeitsfähig sind oder ob es Einschränkungen gibt, er sagt aber nicht warum es diese Einschränkungen gibt.
Daher würde ich auch nichts von einer Depression erzählen, da es den Arbeitgeber nichts angeht. Gerade bei psychiatrischen Erkrankungen wäre ich da sehr zurückhaltend, da in breiten Teilen der Bevölkerung da viele Vorurteile herrschen und dies durchaus ein negativer Punkt bei der Auswahl der Bewerber sein kann.
Generell heikles Thema. Verpflichtet ist man nicht. Sprich man muss es an sich nicht von sich aus ansprechen, was deine Bekannte ja scheinbar bisher macht. Auf Nachfrage würde ich aber wahrscheinlich antworten. Beziehungsweise steht in vielen Arbeitsveträgen halt auch die Frage, ob man regelmäßig in ärztlicher Behandlung ist. Hatte ich zumindest schon. Allerdings bevor es eine genaue Diagnose gab. Da der Arbeitgeber aber keinen Wert auf den Arbeitsvertrag legte, habe ich auf das Unterschreiben nicht gedrängt und konnte so halt auch meine regelmäßigen Besuche von Ärzten nicht angeben. Ich hatte einfach Angst, man kündigt mir nun. Im nach hinein habe ich damit einen großen Fehler gemacht, denn es kam zu einem Arbeitsrechtsprozess und aufgrund des fehlenden Vertrages hatte ich da eher unschöne Konsequenzen zu tragen.
Das alle depressiven Menschen irgendwann für Betriebe nicht mehr tragbar sind, weil sie nicht 100 Prozent Leistung bringen, stimmt definitiv nicht. Mit Medikamenten kann man Depressionen gut in den Griff bekommen und eventuell sogar absetzen. Wobei generell immer die Gefahr besteht, dass es wieder depressive Phasen geben wird. Aber die Gefahr ist nicht wirklich höher, wie bei "gesunden" Menschen. Auch gesunden Menschen können psychisch erkranken oder halt andere Erkrankungen bekommen, die sie für den Arbeitgeber untragbar machen.
Ich selbst bin ja auch psychisch krank. ich stehe auch oft vor der Frage, falls ich mal wieder ins Berufsleben einsteigen kann, was sage ich den Arbeitgebern. Wobei ich nun schon ein paar Jahre Rente beziehe und die Zeit halt im Lebenslauf auftauchen wird. Bei mir sind das aber Zeiten, die ich nicht mehr mit Pflege von Angehörigen oder Auslandsaufenthalten erklären kann. Ich würde den Umstand der psychischen Erkrankung zugeben müssen. Allerdings habe ich einen Schwerbehindertenausweis. Der kann mir da schon Vorteile bringen, denke ich. Denn die Schwerbehindertenquote ist eventuell einfacher mit einem kranken Menschen zu besetzen, der halt keine körperlichen Beschwerden hat. Und die Einstellung von Schwerbehinderten wird ja auch oft mit staatlichen Geldern gefördert.
Auch mit Depressionen kann man einen Schwerbehindertenausweis bekommen, der auf keinen Fall negative Auswirkungen hat. Mit einem Schwerbehindertenausweis kann man auch den Integrationsfachdienst einschalten. Zumindest ist das in Hessen nun Vorraussetzung für die Zusammenarbeit mit dem Integrationsfachdienst. Der Integrationsfachdienst kümmert sich um die Eingliederung von psychisch kranken Menschen ins Berufsleben. Nicht nur vor der Einstellung, sondern bei Bedarf auch im Beruf selbst. Von einer ehemaligen Mitpatientin weiß ich, dass die auch durchaus mal zwischen Arbeitgeber und Angestelltem oder auch Kollegen vermitteln, was ihr unheimlich weiter geholfen hat. Die könnten deiner Bekannten vielleicht auch helfen, wann sie die Erkrankung erwähnen sollte und wann nicht.
Generell ist es dem Holz egal, wer es bearbeitet und welche Laune der Mensch hat. Aber um bei dem Beispiel zu bleiben, mit manchen Psychopharmaka darf man nicht an Maschinen arbeiten. Klar darf man auch mit manchen anderen Medikamenten an sich nicht an Maschinen arbeiten und es machen trotzdem viele Menschen. Nur wenn was passiert, dann haftet eventuell die Betriebshaftpflicht nicht und so. Das sollte man auch Bedenken.
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