Die Neoliberalen bewegen sich ...
... die Frage ist, wohin?
Es ist erstaunlich, anders kann man das nicht sagen. Im Verlauf der laufenden wirtschaftlichen Krisen meldet sich der nächste stramm Neoliberale zu Wort und hegt Zweifel an seinem Glauben.
In einem anderen Thread hatte ich bereits angesprochen, dass sich im Angesicht dessen was sich in England, Europa und den USA derzeit abspielt, der offizielle Biograf Maggie Thatchers, Charles Moore, im Telegraph geäußert hatte, ob nicht sein ganzes Leben im Grunde ein Trugschluss gewesen war. Er fragte öffentlich, ob denn nicht doch vielleicht die Linke Recht habe. Reiche seien durch die Politik der letzten 30 Jahre immer reicher geworden, für Otto Normalverbraucher seien die Löhne aber gesunken. Freiheit sei nur doch die Freiheit für die reiche Schicht. Die meisten führen heute ein härteres und zunehmend unsicherereres Leben als früher und das nur, damit eine kleine Schicht im Geld schwimmen könne.Der Glaube, freie Märkte bedeuten freie Menschen, stelle sich als Irrglauben heraus, denn das Gegenteil sei passiert.
Und heute: Frank Schirrmacher, Mitherausgeber der FAZ, manchem vielleicht bekannt als Autor von "Das Methusalem-Komplott", Faktenverdreher und seines Zeichens völlig unverdächtig links zu stehen, ein konservativer Intellektueller, lässt sich heute in seiner FAZ in ähnlichem Ton aus. Ich glaube, mein Schwein pfeift.
Gespannt bin ich auf eine (hoffentlich) deutsche Übersetzung eines Buches, das derzeit in Frankreich ein Bestseller ist: "Manifeste d'économistes atterrés". Hier nehmen 4 Ökonomen die neoliberale Ideologie wohl komplett auseinander und damit praktisch das Fundament des wirtschaftlichen und politischen Handelns der letzten Jahrzehnte. Nicht dass das inhaltlich komplett neu sein wird, die Kritik ist ja hinlänglich bekannt, die Frage ist, ob es ihnen gelingt, das für jeden verständlich darzustellen, denn Aufklärung tut wirklich Not, damit die Menschen merken, wie sie verschaukelt werden. Schon vorher war Stéphane Hessels Büchlein "Empört euch" ein Bestseller, dieses Manifest wird vemutlich deutlich konkreter sein.
Wir laufen da in Europa auf etwas zu, was eventuell nochmal alles verändern wird. Die ersten Strammen fangen langsam an umzudenken. England hat gezeigt, was passieren kann und wenn sich so ein Mob erst einmal politisch organisieren lässt, kann das auch für die Klasse derer, die derzeit vom System profitieren, gefährlich werden. Oder es passiert etwas, wie es derzeit in Ungarn passiert. Ich habe keine Ahnung, warum Europa dem unfassbaren Treiben des Herrn Orban einfach nur zuschaut. Falls es noch keiner gemerkt hat, momentan gärt es an allen Ecken, "Geschichte wird gemacht."
Kümmert euch so etwas eigentlich? Gerade die jungen Leute? Kriegt ihr überhaupt noch mit, was da alles im In- und Ausland in dieser Hinsicht passiert? Kriegt ihr mit, wie eng es im Prinzip um Europa steht?
Tja, die Welt befindet sich in einem Wandel, der absolut vorhersehbar war und doch stur ignoriert wurde. Die Politiker der vergangenen Jahre sind gescheitert. In Afrika gibt es Hungersnöte und eine Überbevölkerung, ebenso in China und Indonesien. Die Weltbevölkerung explodiert und manche unsere Rohstoffe neigen sich dem Ende zu. Die Umwelt ist halb zerstört und in Europa steigen die Qouten der Arbeitslosen.
Und auch jetzt schert sich Europa einen Dreck um die Probleme (entschuldigt den Ausdruck bitte) und beschäftigt sich nur noch mit dem Geld, welches sowieso der Mittelpunkt der Politik zu sein scheint. Warum lebt ein Muammar Gaddafi, mit dem sich unsere Politiker noch vor einem Jahr friedlich trafen, noch? Warum kann die Regierung in Syrien machen, was sie möchte?
Und auch die Entwicklung von Ungarn ist erschreckend. Direkt vor unseren Augen wird eine neue Diktatur errichtet und die anderen Ländern erheben keinen Einspruch. Nicht, dass ich direkt eine Aufrüstung für einen folgenden Krieg fürchte (obwohl der Kurs von Viktor Orbán darauf hindeutet), aber müssen die Menschen so unterdrückt werden? Arbeitslager sollen errichtet werden! Hat die Geschichte uns den nichts gelehrt?
Ja, ich bekomme mit, was in der Welt geschieht. Aber was soll ich denn schon machen? Ich bin jung. Natürlich gibt es häufig Demonstrationen, aber diese sind meistens nur von links- und rechtsradikalen oder von Hippies, welche ich allesamt nicht unterstütze. Zudem, mal ehrlich: Was bringen solche Demonstrationen denn schon? Wenn man mich fragt, dann bräuchte Deutschland und Europa eine parlamentarische Diktatur, damit sich endlich etwas tut und nicht nur geredet wird. Demokratische Einflüsse wären gewollt, doch nicht jeder Daher gelaufene könnte Initiativen in Frage stellen und stoppen. Zudem wäre eine starke Währung (wie wir sie vor Einführung des Euros hatten) Pflicht!
Und wieder meldet sich einer zu Wort. Diesmal aus einer etwas anderen Perspektive. Warren Buffet fordert Steuererhöhungen für Reiche und Superreiche in den USA. Und das kann man auch locker und flockig auf hiesige Verhältnisse ummünzen. Dazu liefert er als Beispiel seine Steuererklärung.
So habe er in 2010 Einkommen- und Lohnsteuern von ca. 6,9 Mio. USD bezahlt. Das höre sich viel an, aber das entspreche gerade mal 17,4% seines zu versteuernden Einkommens. Die Angestellten in seinem Büro würden zwischen 33% und 41% zahlen, im Mittel 36% - also mehr als doppelt so viel wie er. Sein Vermögen wird übrigens auf 50 Mrd. USD geschätzt. Danke Mr. Bush.
Und was treiben sie - auch bei uns? Statt in dieser prekären Lage die Steuern zu erhöhen, wollen alle einen auf Sparweltmeister machen und berauben sich dadurch jeglicher Handlungsmöglichkeiten. Sarkozy und Merkel tanzen den gleichen Tanz. Man fragt sich, wer sonst, außer dem Staat in einer Krise investieren soll? Die Unternehmen wollen nicht und es wird auch immer unsinniger, wenn keiner kauft und die Mittel- und Unterschicht kann nicht, hier herrscht Vorsicht bis Angst. Das Ausland soll ja nach unserer Theorie auch nicht, die sollen ja noch mehr sparen. Also was jetzt?
Und wieder ist es die bei mir so ungeliebte FAZ.
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