Sozialer statt finanzieller Reichtum - immer noch der Trend?
Heute habe ich mal wieder ausgemistet und dabei alte Zeitschriften entsorgt und dabei kurz noch mal reingeschaut, weil ich die Zeitschriften ursprünglich mal aufgehoben habe, weil da irgendetwas drin war, was mir aufhebenswert erschien. In einer Zeitschrift aus dem Jahr 2009 habe ich noch mal einen Essay darüber gelesen, dass sozialer Reichtum zunehmend den finanziellen Reichtum ablöst, dass echtes Miteinander immer mehr die herkömmlichen Statussymbole ablöst. Immer häufiger sah man damals auch in Werbespots diesen Trend, so feierte man zusammen oder unternahm etwas zusammen und mehr Unternehmen bewarben ihre Produkte damit, dass diese Menschen verbinden würden.
Nun würde ich gern einmal von Euch wissen, wie Ihr den Trend heute seht? Ich für meinen Teil denke, dass sozialer Reichtum zwar immer noch wichtig ist, so werden soziale Netzwerke immer stärker, vereinen gerade im Web immer mehr Mitglieder. Gemeinsamkeiten sind immer noch schwer gefragt und es werden so neue Traditionen geboren und gepflegt. Trotzdem habe ich aber auch den Eindruck, dass die herkömmlichen Statussymbole wie mein Haus, meine Boot, meine Frau auch wieder mehr im Trend liegen und man irgendwie beides miteinander verbinden möchte. Wie seht Ihr das? Könnt Ihr meinen Eindruck bestätigen oder aber seht Ihr wieder mehr den sozialen Reichtum oder aber den finanziellen Reichtum im Vordergrund?
Durch deinen Post bin ich wirklich darauf gekommen, dass es wirklich so ist. Dass im Laufe der Zeit immer mehr Wert auf soziales Miteinander gelegt wurde. Beachtet man die Werbeindustrie, so findet man auch dort auch zahlreiche Werbeslogans wie "Wir verbinden...!" oder der Gleichen, alles im Sinne "Wir bringen Menschen zusammen!".
Außerdem lässt sich schließen, dass der finanzielle Reichtum zumindest als Medientrend in den Hintergrund gerückt ist und nun das Soziale immer mehr an Bedeutung gewann.
Ich denke die finanziellen Aspekte stehen bei sehr vielen Menschen immer noch im Vordergrund. Das ist aber auch ganz normal, denn die sozialen Netzwerke haben ja leider nicht nur positive Aspekte. Auch andere soziale Sachen sind nicht für alle Personen geeignet. Natürlich wird es stellenweise so empfunden als wäre der soziale Stellenwert etwas höher angesiedelt. Ich denke auch noch, dass die soziale Schicht eine gewisse Rolle mit dabei spielt.
Wenn die beiden Dinge, also sozialer und materieller Reichtum ausgeglichen sind, dann ist es wohl am besten und das höre ich auch immer wieder aus persönlichen Gesprächen heraus. Auch meine Einstellung ist da nicht großartig anders, wobei ich persönlich einen Unterschied zwischen dem wirklichen Reichtum und dann eben mit dem Auskommen des Einkommens mache. Denn da gibt es ja noch Stufen und Reichtum ist für mich mit Luxus gleichbedeutend.
Ich denke, wenn man sich auf das soziale Netzwerk mehr konzentriert oder es in den Vordergrund stellt, hat man nur selten mit dem finanziellen Schwerpunkt zu tun und kann sich eben auch auf den sozialen Reichtum hinarbeiten. Dazu benötigt man nun mal auch finanzielle Mittel, allein schon, wenn man jemanden an einen Ort treffen mag und man dort mit Auto oder auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln aufeinander trifft. Für mich also gehört es schon irgendwie zusammen, ohne eine Balance zu haben, wird auch der soziale Reichtum nicht funktionieren.
Also zumindest für bestimmte Ecken in meinem Stadtteil kann ich das bestätigen. Wenn sich hier jemand ein neues Auto kauft, dann spricht man mal drüber und gut ist. Man wird es nicht beobachten können, das dann in nächster Zeit diverse Nachbarn auch neue Autos kaufen. Irgendwie gibt es hier diesen Imageneid nicht, wie ich ihn von meinem früheren Wohnort kenne.
Und auch im Gegensatz zu meinem früheren Wohnort gibt es hier mehr Kontakte zwischen den Nachbarn, selbst wenn man mehrere Häuserblocks voneinander entfernt wohnt. Ohne das gemeinsame Schwätzchen, wenn man sich mal trifft, geht es irgendwie gar nicht. Und dabei ist es egal wie jemand sozial gestellt ist, solange man eben nicht den Neureichen raus hängen lässt oder nur am jammern ist, wie ungerecht die Welt doch sein kann.
Das man immer mehr auf das Soziale in der Werbung besteht, hat ja einen Grund. Wie kommt es denn an, wenn man da immer den finanziellen Reichtum anpreist? Sicherlich kommt es wesentlich besser rüber, wenn man so tut, als würde das Produkt dafür sorgen, dass das soziale Miteinander einwandfrei klappt.
Umsetzbar zu 100% ist das im richtigen Leben, wenn man es denn mal so bezeichnen will, aber nicht ausschließlich. Da ist es wirklich am Besten, wenn es ausgewogen ist. Allein davon leben, dass man viele Freunde hat, kann man einfach auch nicht, ein bisschen was an Geld ist da schon notwendig. Anders herum macht es aber mit Sicherheit auch nicht glücklich, wenn ich ausschließlich reich bin und keinen sozialen Kontakte mehr habe. Möglich ist, dass genau das einige behaupten, aber ich kenne niemanden, der so denkt.
Das beste Beispiel sind doch immer die Lottogewinner, die von jetzt auf gleich richtig reich sind. Die meisten "Freunde" wollen dann gleich etwas ab haben und die die das nicht wollen, entpuppen sich in so einer Situation als echte Freunde. Viele soziale Kontakte gehen dadurch dann auch schnell verloren und es gibt genug Gewinner, die sich hinter her gewünscht haben,dass sie besser nie gewonnen hätten. So was muss man dann sicherlich schon für sich behalten - wobei es fraglich ist, ob man dann solche Freunde behalten will, die eigentlich gar keine richtigen sind - und nur so bekommt man das ja leider bei einigen heraus.
Also, wenn der Bericht aus dem Jahr 2009 ist und womöglich keine zwei Jahre alt ist, dann denke ich nicht, dass sich der Wandel der Gesellschaft beziehungsweise der Einstellung der Gesellschaft innerhalb dieses Zeitraums vollzogen hat oder haben kann. Vor allem nicht, wenn vor zwei Jahren der Trend eher hin zu sozialem Reichtum war.
Natürlich glaube ich, dass man, wenn man die Möglichkeit hat, finanziellen mit sozialem Reichtum zusammenzulegen und zu verbinden, dies auch nutzen wird, da kann auch keiner etwas anderes glaubwürdig behaupten. Allerdings muss ich sagen, dass meiner Meinung nach (noch) der soziale Reichtum im Vordergrund steht. Ich sehe das gerade in meinem Praktikum.
Ein Vorgesetzter in keiner niedrigen Position arbeitet in der Woche teilweise von 08:00 Uhr bis 21:30 Uhr oder noch länger. Auch Sonntags hat er schon die ein oder andere Email verschickt, weswegen ich davon ausgehen muss, dass er selbst am Wochenende kaum ausruht oder so. Wenn ich mir dieses Verhalten betrachte und ableite, was das für mich persönlich für Konsequenzen hätte, nämlich viel Geld, dafür aber keine beziehungsweise kaum Zeit für Familie und Freunde, dann bevorzuge ich ein doch etwas geringeres Gehalt, dafür aber die Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden. Ich habe auch mal in meinem Umfeld herumgefragt und muss sagen, dass eigentlich alle genau so denken, wie ich, deswegen würde ich nicht sagen, dass finanzieller Reichtum wichtiger ist als der soziale Reichtum.
Ich würde das in den Bereich des Cocooning einordnen. In Zeiten der Unsicherheit, des Wandels, in finanziellen Krisen, zieht sich der Mensch zurück in seine eigenen vier Wände. Er sucht Geborgenheit, Nähe und Wärme. Und das natürlich auch im Rahmen seines sozialen Umfelds. Freunde, Familie, Umwelt, Garten, Wohnung, das sind die Themen, die dann in den Vordergrund rücken. Oberflächliche Dinge wie finanzieller Reichtum spielen dann weniger eine Rolle.
Medien und Wirtschaft springen in der Folge auf diese Trends auf und du findest entpsrechende Produkte in den Regalen. Das führte z. B. in den letzten Jahren zu diversen neuen Zeitschriftentiteln wie Landluft, Landhaus Living, Mein schönes Land usw. oder auch am Anfang zu einem Boom in den Baumärkten. Das Heim wird geschmückt, um dem traurigen Draußen zu entgehen.
Ohnehin haben wir ja in Mitteleuropa schon immer so ein bisschen ein Problem mit dem Zurschaustellen von Reichtum. Und im Verlauf der Banken-, später Finanz- und Schuldenkrise (immer noch eine Bankenkrise), ist das nicht besser geworden, weil man langsam realisiert, wem das ganze Theater eigentlich zugute kommt.
Das Traurige ist doch, dass zu keinem Zeitpunkt eine Abkehr von "klassischen" Vorstellungen des Guten abgewichen wurde. Es ist Quatsch zu behaupten, dass es irgendwann einmal gesellschaftlicher Konsens war, dass Reichtum (im gemeinen Sinn) einen wie auch immer gearteten sozialen Reichtum unterzuordnen wäre. Dieses Gerede sollte nur die Gesellschaft versöhnen, welche eben immer mehr in die Reichen und Armen zerfällt, versöhnen bzw. den Armen noch etwas mehr bieten, als man eben klassisch zu bieten hat. Wenn nicht dieser soziale Reichtum, so kann man sich an die "Nation" halten. Aber es geht immer darum, dass die Gesellschaft sich eben nicht wirklich teilt - dazu bedarf es Gemeinsamkeiten, welche die Klassen (scheinbar) versöhnen.
Niemand, mal von sog. Aussteigern abgesehen, wird die "Werte" mein Haus, mein Auto, mein Boot (oder was auch immer) gegen einen wie auch immer auszugestaltenden sozialen Reichtum eintauschen und niemand wird die Möglichkeit ausschlagen, Reich zu werden - obwohl er u.U. schon "sozialen Reichtum" besitzt.
derpunkt hat geschrieben:[...]Niemand, mal von sog. Aussteigern abgesehen, wird die "Werte" mein Haus, mein Auto, mein Boot (oder was auch immer) gegen einen wie auch immer auszugestaltenden sozialen Reichtum eintauschen und niemand wird die Möglichkeit ausschlagen, Reich zu werden - obwohl er u.U. schon "sozialen Reichtum" besitzt.
Vielleicht ist es eher so, dass sozialer und finanzieller Reichtum nicht zwangsweise sich einander ausschließende Gegensätze sind. Für die meisten Menschen stellt sich diese Frage auch nicht, weil sie nie die Gelegenheit haben finanziellen Reichtum zu erlangen. Wir reden hier von den "oberen" 2-3% der Gesellschaft. Vermutlich haben die meisten nichts dagegen, ein Auto oder ein Haus zu haben. Boote sind bei uns ohnehin für die meisten sinnlos. Als Reichtum würde ich das nicht bezeichnen und das Streben danach finde ich auch nicht weiter verwerflich.
Was mich mal interessiert, wer dieses Essay geschrieben hat und ob es sich auf unsere europäische Gesellschaft bezog oder z. B. etwa auf die US-amerikanische?
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