Berufsferne Tätigkeiten

vom 13.08.2011, 18:34 Uhr

Angeregt durch einen anderen Thread, kam mir ein Kapitel aus einem Buch in Erinnerung. Dabei geht es darum, dass die eigentliche Arbeit nur etwa 10% der Zeit ausmacht. So würden Klempner nur während 10% ihrer Arbeitszeit ein Werkzeug in den Händen halten, der Klavierstimmer 10% seiner Zeit vor einem Klavier verbringen und eigentlich in jedem Beruf würde man zu 90% eher Dinge tun, die die eigentlichen 10% erst möglich machen.

In einem Verkaufsberuf verbringen Sie nur etwa 10 Prozent der Zeit mit dem eigentlichen Verkaufen. Die anderen 90% verbringen Sie damit, zu Terminen zu reisen, zu telefonieren, Bestellungen aufzugeben, zu Besprechungen zu gehen, mit anderen Abteilungen zu reden, Papierkram zu erledigen und mit vielen anderen Dingen, die wenig mit dem eigentlichen Verkaufen zu tun haben.[/i]

heißt es in "Halt den Mund, hör auf zu heulen und lebe endlich" von Larry Winget.

Ich selbst habe im Verkauf gelernt und dort ähnliches Erfahrungen gemacht. Zwar gehörte Reisen bei mir nicht dazu, dazu verräumen der Ware, Warenpflege, Sauberkeit im Unternehmen und für manche Kunden war ich eher ein besserer Wegweiser.

Auch in der Animation gab es viel davor, danach und zwischendurch zu erledigen. Wobei ich denke, dass es doch weniger als 90% der Zeit waren die ich mit Proben, Teammeetings, Dekorieren, Planen, Listen, Saubermachen, Aufräumen und Vorbereiten verbracht habe. Aber weit mehr als 50% waren es dennoch.

Auch in anderen Bereichen habe ich es ähnlich erlebt. Und manchmal kamen gar noch völlig berufsferne Tätigkeiten dazu. Als Animateurin habe ich auch mal bei den Zimmer geholfen, was letztendlich doch wieder meinem Job zu Gute kam, denn einen Bus voller deutscher Touris zu unterhalten, die mit viel zu viel Verspätung teilweise in einem anderen Hotel ankommen als in dem was sie gebucht haben und dann auch noch warten müssen ist schwieriger, als ihnen dann zumindest sofort ihr Zimmer präsentieren zu können. Auch bin ich dabei der nächtlichen Konfrontation nicht aus dem Weg gegangen, auch wenn Anmeldungen Sache der Rezeption waren und Begrüßungen durch die Reiseleitung erfolgten. Allerdings war ich die einzige die fließend Deutsch sprach an diesem Abend.

Auch in manchen Nebenjobs und bei Promo-Tätigkeiten machte ich ähnliche Erfahrungen und auch dabei waren es oft nicht mehr als 10% der Arbeitszeit, die ich mit den eigentlichen Tätigkeiten verbrachte. Welche Erfahrungen habt ihr gemacht? Könnt ihr die Zeiten in etwa bestätigen? Macht es euch etwas aus? Oder macht ihr euch gar keine Gedanken darüber, weil es einfach dazu gehört?

Benutzeravatar

» Trisa » Beiträge: 3269 » Talkpoints: 20,14 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Wenn ich über meinen momentanen Beruf nachdenke, trifft das nicht wirklich zu, würde ich sagen. Ich arbeite im Büro einer Rechtsanwaltskanzlei und habe in diesem Fall keine wirkliche Berufsbezeichnung, außer vielleicht „Bürohilfe“, wobei mein Chef uns Büroangestellte in der Regel „Sekretärin“ nennt. Zum Berufsbild einer Sekretärin gehört noch einiges mehr außer das Schreiben von Texten am PC, also die Bearbeitung sämtlicher Korrespondenz, wozu allerdings auch die telefonische gehört.

Das Berufsbild der Sekretärin beinhaltet ziemlich viele Tätigkeiten, von denen ich in dieser Rechtsanwaltskanzlei allerdings wieder nur einen kleinen Teil ausübe, zum einen, weil ich dort auf Stundenbasis angestellt bin, andererseits aber sicherlich auch, weil in einer Rechtsanwaltskanzlei andere Arbeitsabläufe anfallen als im Büro eines Unternehmens, das beispielsweise in der Bauberatung und Architektur tätig ist, wie das in meinem letzten Job der Fall war.

Wenn ich also nun arbeiten gehe, tue ich tatsächlich nichts anderes als Diktate zu schreiben, Telefonate entgegen zu nehmen, Mandanten zu empfangen, Termine zu vergeben, Mandantenzahlungen oder solche von Gegnern entgegenzunehmen, Faxe zu verschicken, die Post einzupacken und zu kopieren. Auch das Kopierpapier muss manchmal ausgetauscht werden, aber das ist äußerst selten der Fall. Und ansonsten tue ich wirklich nichts. Es gibt keine einzige Arbeit in dieser Rechtsanwaltskanzlei, die ich übernehmen muss, die nichts mit dem Berufsbild der Sekretärin zu tun hat.

In der oben erwähnten letzten Firma, in der ich gearbeitet habe, sah das etwas anders aus, allerdings bestand auch hier der Großteil meiner Arbeit aus tatsächlichen Sekretariatsaufgaben. Zwar kam es nicht selten vor, dass ich Kaffee oder irgendwelche anderen Dinge kaufen musste, weil jemand Sonderwünsche hatte oder neuen Kollegen oder Vorgesetzten irgendwelche baubranchenspezifischen PC-Programme erklären musste, weil sie sich damit nicht auskannten, wir Sekretärinnen diese aber zu bedienen hatten, aber insgesamt betrachtet bestanden locker 90 % meiner Arbeit wirklich aus Sekretariatsaufgaben.

Wenn ich so darüber nachdenke, gab es in meiner Vergangenheit überhaupt noch keinen Job, den ich ausgeübt habe, in dem ich sonderlich viele berufsfremde Tätigkeiten auszuführen gehabt hätte, nein. Vielleicht liegt das daran, dass ich eben der Meinung bin, dass diese Sicht, dass ein Verkäufer zu verkaufen hat und ein Architekt nur Häuser baut, viel zu einseitig und auch nicht wirklich richtig ist. Es gibt immer Tätigkeiten, die zu einem Berufsbild dazugehören, aber nicht gleichzeitig etwas mit der Berufsbezeichnung zu tun haben, das mag sein. Dennoch wäre es falsch und auch ziemlich einfältig, allein von der Berufsbezeichnung auf die Tätigkeiten zu schließen, die sich hinter dieser Berufsbezeichnung verbergen.

Benutzeravatar

» moin! » Beiträge: 7218 » Talkpoints: 22,73 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Ich denke, es gibt in jedem Job Tätigkeiten, die zum eigentlichen Berufsbild nicht dazu gehören, aber wenn sie nicht erledigt werden, wer soll sie erledigen? Soll man etwa jemanden dafür einstellen, oder jemanden abkommandieren, der eben für solche Aufgaben dann zuständig ist? Ein wenig Flexibilität schadet nicht, sofern es eben mit dem Beruf an sich zu tun hat und nicht etwas völlig Absurdes ist, was gemacht werden muss.

In meiner Ausbildung war ich unter anderem für die Küche zuständig. Der Kindergarten, in dem ich mein erstes Praktikum absolviert hatte, bestand aus zwei Stockwerken. Wir hatten unten für die beiden Gruppen eine gesonderte Küche, in der wir Essen für die Kinder vorbereitet und eben das Geschirr erledigt werden musste. Also wurde die Praktikantin dafür abkommandiert und das war dann in dem Fall ich. Da es sich aber um das Geschirr der Kinder handelte, gehörte es eben dazu und musste gemacht werden. Allerdings war man da dann auch durchaus bereit gewesen, den Praktikanten aus einer der oberen Gruppen, der nie Küchendienst hatte, eben diesen Dienst zu verrichten und ich durfte mich dann um die Kinder kümmern. Auch meine Praxisanleiterin hat mir den Küchendienst abgenommen.

Ansonsten muss ich sagen, dass ich schon immer etwas zu tun hatte, was eben mit den Kindern oder mit der Gruppenarbeit/ der Kindertagesstätte einherging. Dazu gehörten auch die Putztage, an denen die Gruppen und jeder Baustein gereinigt wurde, was eben auch die Arbeit der Gruppenmitarbeiter war und auch Inventur hat man gemacht, um die Bastelbestände zu überprüfen. All das gehörte eben schon "irgendwie" mit zu der Arbeit dazu und musste gemacht werden.

Bei meiner Tätigkeit als Kinderfrau beziehungsweise Tagesmutter sollte ich ausschließlich für die Kinder da sein. Aber wenn die verabredet waren, Termine hatten oder sonst irgendwie allein beschäftigt waren, habe ich auch schon mal etwas im Haushalt gemacht. Aber ich habe es ehrlich gesagt nicht eingesehen, dass ich vom Hund den Kot beseitigen sollte und eines der Kinder gesagt hatte, es kümmere sich darum, was auch nicht das erste Mal der Fall gewesen ist. Dazu muss ich sagen, dass ich im Haushalt der Kinder war und die einen großen im Haus lebenden Hund haben. Als ich angefangen hatte, war die Mutter noch woanders lebend und von einem Hund war nur als Besucherhund die Rede gewesen. Darüber kann man sich nun streiten, aber das soll hier nun nicht zur Debatte stehen.

Benutzeravatar

» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^