Sicherheitsrisiko/-mängel bei Veranstaltungen/Events

vom 31.07.2011, 15:30 Uhr

Wenn ich im Love-Parade-Thread lese, dass man genervt ist, weil nun wegen der Love-Parade viele Veranstaltungen um geplant werden müssen, dann frage ich mich schon, ob nicht einige auch früher schon Risiken wahrgenommen haben, bzw. brenzlige Situationen bei Veranstaltungen erlebten?

Mir kommen ganz spontan so einige in den Sinn, die ich selbst miterlebte. Passiert ist glücklicherweise selten etwas, aber bei so einigem, was ich erlebte, hätte es schnell schief gehen können. Als Teenie hat es mal ein Schauersteller geschafft, zwei Tage vor Ende der Kirmes sein halbes Fahrgeschäft abzubauen. Das führte zu einer längeren lauten Diskussion (vermutlich war es das Ordnungsamt) und schließlich baute er komplett ab. Natürlich konnte man dabei auf die kleinlichen Ordnungshüter schimpfen, aber stattdessen konnte man auch bedenken, dass das Fahrgeschäft nun mal nur komplett abgenommen wurde und halb aufgebaut durchaus ein Sicherheitsrisiko darstellte.

Bei einem Festival brach ein Bierzelt zusammen, das völlig überfüllt war. Immerhin war genügend Sicherheitspersonal anwesend und das Zelt konnte zeitnah geräumt werden, wohl auch, weil jeder auch im betrunkenen Zustand einsah, dass es weh tun könnte, wenn einem von oben die Träger auf den Kopf fallen. Dadurch das rund herum genügend Platz war, man die Situation unter Kontrolle hatte und vor allem sofort reagierte, ging es glimpflich aus.

Ebenfalls Glück war es bei einem großen Open-Air mit orkanartigem Wind. Dabei wurde die Gefahr erkannt, dass die Boxentürme und vor allem die riesigen Banner daran, kippen könnte, wenn der Wind zunehmen würde. So gab es sogar eine Durchsage der Band, die wohl von den Veranstalter, der Feuerwehr oder Sicherheitsfachleuten gewünscht war. Was mich dabei jedoch erschreckte war, dass viele die Ansage gar nicht wirklich verstanden haben, weil wild gejubelt und gekreischt wurde. Ich war froh, dass es nicht soweit kam, dass das Gelände geräumt werden mussten, weil sich der Wind etwas legte.

Das Menschenmassen sich Gefahren oftmals wenig bewusst sind und ein Abbruch die absolute Notlösung ist, zeigte auch der Todesfall bei den Toten Hosen vor einigen Jahren. Wo viele Menschen dicht gedrängt stehen, wird zumindest hierzulande meist etwas auf die anderen geachtet. Natürlich bedeutet dies bei Konzerten und Festivals nicht, dass man jemanden mehr Platz verschaffen kann, aber wer Kreislaufprobleme hat, wurde zumindest dort wo ich ich bisher war, immer sehr schnell aus der Menge heraus befördert.

Dazu gehört aber auch eine vernünftige Security, die im Idealfall sogar bestimmte Personen im Auge behält und vor allem sofort reagiert. Ich habe beides schon erlebt. Security-Leute, die selbst in die vollbesetzte Menge sprangen (ohne Rücksicht auf Verluste) und andere, die erst kaum reagierten und dann erst nicht wusste, wie sie jemanden aus der fünften Reihe herausziehen können und dann Konzertbesucher dazu animieren mussten zu helfen. Ich erkenne meist sofort, wie viel Erfahrung die Leute haben. In Österreich standen einmal recht viele weibliche Security-Frauen vorne im Graben, einige gar über gewichtig und mit Kippe mit Mund. Das geht vielleicht bei irgendwelchen Volksmusikern, aber nicht wenn Teenies und teilweise auch übergewichtige Rocker zusammenbrechen und schnell Hilfe brauchen. Da sind mir harte Kerle, die sich im Notfall auch mal ein Mädel über die Schulter werfen und damit zu den Sanitätern rennen doch wesentlich lieber, als wenn man umständlich mit 5 Leuten jemanden aus der Menge zieht, dabei noch vergisst, dessen Hose festzuhalten und dann erst warten muss, bis Sanitäter mit einer Trage angetrabt kommen.

Da es durchaus auch vorkommen kann, dass jemand reanimiert werden muss, sind oft Sekunden entscheidend. Auch bei der medizinischen Versorgung gibt es riesige Unterschiede. Sitzt im Krankenwagen ein Fahrer, der auch damit klar kommt, wenn sich ein Haufen Betrunkener an den Einsatzwagen dran hängt und dabei gröhlt "Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin"? Wobei ich solches Verhalten sehr daneben fand und froh war, dass die entsprechenden "Mitfahrer" dann nicht nach Berlin fuhren, sondern von der Polizei eingesammelt wurden und sich das Festival für sie erledigt hatte! Aber dabei kommt es auf ein engmaschiges Netz und gute Zusammenarbeit zwischen allen Einsatzkräften an.

Nicht erst nachdem ich einmal selbst im Sanitäter-Zelt war und dort so einige Notfälle mitbekam, war mir klar, wie schnell Menschenmassen zu einer Gefahr werden können. Und auch wenn mich manches Male zusätzliche Abtrennungen im Innenraum gestört haben, so ist mir immer klar gewesen, dass diese nicht zum Spaß da sind, oder um Fans zu ärgern.

Ebenfalls kein Spaß war wohl die Durchsage in einem Club mit Empore. Normalerweise ist dies wohl eher eine Diskothek mit Sitzgelegenheiten oben, bei einem ausverkauften Konzert hüpften dort mehrere hundert Leute rum und hatte Spaß. Nicht nur für den Techniker oben, dem es dadurch nicht mehr möglich war, die Köpfe der Anlage zu bedienen, war dies wenig witzig, sondern von unten sah es erschreckend aus, dass diese Empore sich quasi im Takt mit bewegte. Ich war nicht nur froh, nicht da drunter zu stehen, sondern auch über die regelmäßigen Aufforderungen an die Leute dort oben, es doch bitte etwas ruhiger angehen zu lassen. Das zeigt auch, dass man sich eben nicht dachte "wird schon gut gehen, hat schließlich immer gehalten", sondern eine potentielle Gefahr erkannte.

Richtig Angst bekam ich bei einem Konzert mit wenigen tausend Menschen, in einer Location, die völlig überfüllt war. Durch vermutliche fehlende Belüftung war es schon vor Beginn so heiß, dass Kondenswasser von der Decke tropfte. Dazu war es recht dunkel und die Luft war sehr schlecht. Aber das machte mir nichts, schließlich nimmt man als Fan so einiges in Kauf. Und so wartete ich völlig durchnässt in der Reihe und war froh halbwegs normal atmen zu können. Die Bühne war etwa auf Kopfhöhe recht nah vor mir. So mag ich das, dachte ich noch. Als dann die Vorgruppe auf die Bühne kam und sich die Wellenbrecher merklich nach vorne bewegten, fand ich das natürlich nicht mehr ganz so schön. Zu viel Nähe zu den Stars muss dann doch nicht sein. Nüchtern und aufmerksam fiel mir dann auf, dass die Security anfing über die Wellenbrecher zu diskutieren. Einige waren wohl der Meinung, diese könnten den Ansturm nach vorne bei dem Hauptact nicht aushalten. Es wurde diskutiert und schließlich kam auch der Chef. Quasi in letzter Sekunde, in der Umbaupause, entschied man sich Europaletten, die irgendwo verfügbar waren zur Sicherheit zwischen Bühne und Wellenbrecher zu legen. Natürlich sehr provisorisch, aber vielleicht war das meine Lebensrettung. Denn Halterungen der Wellenbrecher biegten sich sehr und einige brachen sogar weg. Ob die Wellenbrecher auch ohne diese Stützen gehalten hätten, kann ich natürlich nicht beurteilen. Nach 3/4 des Konzertes gab ich auf, weil ich ständig Ellenbogen in den Rippen oder vor dem Kopf hatte, gefühlte 100 Personen über meinen Kopf nach vorne durch gereicht wurden und die ganze Menge hinter mir regelmäßig gesammelt umkippte. Die verkeilten Paletten störten natürlich auch beim Herausziehen über den Wellenbrecher und auch dahinter gab es keinen Platz. Während man anderswo ganz einfach seitlich wieder in die Menge konnte, ging dort nichts mehr. Immerhin hatte man sich vorher entschlossen einen Notausgang zu öffnen. Man glaubt gar nicht, wie gut frische Luft tun kann! Selbst wenn man schweißdurchnässt nur im T-Shirt nach draußen in die Kälte kommt!

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» Trisa » Beiträge: 3269 » Talkpoints: 20,14 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Dort, wo viele Menschen zusammen treffen, eben bei einem Konzert, einer Loveparade, einer Demonstration, gibt es immer und ständig ein erhöhtes Risikofaktor. Man hört ja auch immer wieder von Massenpaniken, die ausbrechen, mir sind gerade einige südamerikanischen Massenpaniken eingefallen und ich denke, man selbst als Veranstaltungsbesucher ist sich dessen schon bewusst. Dass man gerade nach der Loveparade 2010 einige Veranstaltungen plötzlich abgesagt hat, war zu erwarten, wobei ich es gleichzeitig etwas merkwürdig fand. Die Rahmenbedingungen waren doch andere und die Genehmigungen wurden längstens verteilt. Man ist wohl teils nach der Katastrophe in Duisburg die Sicherheitsbestimmungen durchgegangen und da gab es dann doch Mängel. Dieses Jahr hingegen habe ich noch von keinerlei Veranstaltungen gehört, die aufgrund der Sicherheit abgesagt wurden.

Natürlich habe ich es auch schon mal erlebt, dass bei Konzerten Menschen herausgezogen werden mussten, weil ihr Kreislauf nicht mehr damit klar kam. Aber so etwas wie einen Todesfall wie es bei den Toten Hosen der Fall war, ist mir nicht untergekommen. Wie Du schon sagtest, man nimmt, auch, wenn man in der Masse steht, doch noch die Umgebung wahr und kümmert sich. Gerade bei Konzerten habe ich es so oft erlebt. Ein Nachteil hierbei ist, dass man selten Getränke mit auf das Gelände nehmen kann, denn ich denke, dass viele Ohnmächtige einfach nicht mit der Hitze, mit der Enge und eben aus Gründen von Flüssigkeitsmangel klar gekommen sind. Nach einem Getränk ging es dann wieder.

Mich wundert es vor allem, dass bei Festivals wie Rock am Ring oder auch Wacken komischerweise vieles glatt geht. Sicherlich gibt es da auch Fälle, wo Menschen herausgezogen werden mussten, aber von Todesfällen ist mir noch nichts zu Ohren gekommen. Lediglich dieses Jahr gab es bei einem ausländischen Festival wohl ein Todesfall, welcher aber wohl eher ein Selbstmord gewesen sein soll. Ich habe diese Sache nicht weiter verfolgt, aber gerade bei Wacken geht es doch gern mal laut und heftig zur Sache. Der Mann einer Bekannten fährt jedes Jahr dort hin und erlebt es mit, daher weiß ich auch, dass noch nichts geschehen ist.

Ich persönlich bevorzuge auch eher die Open Air-Konzerte und muss nicht immer ganz vorn stehen. Das kommt allerdings auch darauf an, für wie viele Menschen das Gelände ausgelegt ist und wie viele Besucher darauf passen. Bei einer Open Air-Veranstaltung, die mir erst gar nicht so voll erschien, habe ich hinterher Luftbilder gesehen. Es hieß dann auch, dass man bei 20 000 Leuten etwa keinen mehr auf das Gelände hätte lassen können. Ich stand da relativ mittig, und habe mich dann doch erschrocken, als ich solch ein Bild gesehen habe. Bei den Hallen- oder Clubkonzerten stehe ich lieber weiter hinten, weil diese in der Regel auch sehr schlecht belüftet werden und da ist mir auch schon immer mal schwummerig geworden. Hier habe ich es auch mehr erlebt, dass man irgendwelche Leute hat herausziehen müssen, selbst, als sie es nicht wollten.

Auf den Veranstaltungen, in denen ich bislang gewesen bin, kann ich sagen, dass es doch hauptsächlich männliche Securities gegeben hat, vielleicht war mal eine Frau mit dazwischen gewesen, aber die war dann nur die berühmte Ausnahme gewesen. Meistens hat sie da irgendetwas koordiniert, aber sonst waren es doch eher kräftige Männer, die aufgepasst und geschaut haben. Sie geben in der Tat doch ein sichereres Gefühl, selbst, wenn sie scheinbar böse wirken, aber das sind sie gar nicht, nur konzentriert.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge


Es sind längst nicht alles Musterknaben, auch bei den Security nicht. Einmal haben sie wen direkt hinter mir vermöbelt, bzw. ruhig gestellt zum Abtransport. Er nervte etwas, aber letztendlich wollte ich nur, dass er seine Ellenbogen nicht dauerhaft in meinen Rippen parkt. Und meinen Platz gab es nicht. Das wollte er nicht einsehen. Nach der zweiten oder dritten Aufforderung der Security, weil er auch versuchte andere wegzuziehen und so was, gab es dann eine Geste und irgendeinen dreisten Spruch von ihm. Und dann ging alles ganz schnell- und ich hatte Angst. Drei Security kämpfen mit dem Kerl, der schlug, tritt, biss und boxte. Und musste dann auch noch irgendwie über mich drüber. Letztendlich wurde er dann mit Kabelbindern fixiert weggetragen. Wirklich sanft war das nicht.

Ebenso Einsätze, wenn plötzlich ein Dutzend Security in die Menge springt. Einmal fand ich das auch erst übertrieben. Musste aber später erfahren, dass jemand mit Bengalischem Feuer und Knallkörpern herumspielte, was in einer Menschenmenge und im betrunkenen Zustand schon keine gute Idee ist. Es gab wohl Versuche ihn aus der Ferne zum Aufhören zu animieren, und man versuchte sogar mit Feuerwehrschläuchen zu "löschen". Ich glaube sein Abend endete im Krankenhaus. Aber besser er, als wenn wirklich jemand durch diese Dinger verletzt wird.

Wobei es mir mehr um Sicherheitsmängel ging in diesem Thread. Dazu gehört natürlich auch die Security und wenn zu wenig und/oder die falschen eingeplant sind, kann natürlich schnell einiges schief gehen. Wacken ist da schon recht gut organisiert, wobei ich einmal dort war und es jemand schaffte an der Security vorbei auf die Bühne zu kommen. Dort war er aber nicht lange.

Ein größeres Risiko als daheim hat man natürlich immer, wenn man in großen Menschenmassen ist. Allerdings gibt es dort erhebliche Unterschiede. Ich war schon bei unangemeldeten Protestmärschen dabei, wo die Polizei sehr besonnen reagierte und es dadurch auch ruhig blieb. Wenn plötzlich mehrere Hundertschaften voll maskiert und in Kampfausrüstung stürmen, wundert es mich auch nicht mehr, wenn dann alles außer Kontrolle rät.

Bei Veranstaltungen ist es mir immer lieber, wenn auch auf vermeintliche Kleinigkeiten geachtet wird und man zum Beispiel seinen Stuhl nicht in den Fluchtweg stellen darf- auch wenn sich regelmäßig Leute darüber höllisch aufregen. Wenn es zu Durchsagen kommt wie im Eingangsposting sehe ich das schon als Risiko an, vor allem da dies die letzte Möglichkeit ist, da man natürlich nicht unnötig Unruhe schaffen möchte.

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» Trisa » Beiträge: 3269 » Talkpoints: 20,14 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ob und was Mitarbeiter der Security auf dem Kerbholz haben, weiß ich nicht. Ich jedenfalls habe es bei meinen paar Konzerten noch nicht mitbekommen, dass dort jemand verhauen wurde, weil er herumgesponnen hat. Da reichte dann ein Machtwort und gut war, ansonsten wurden sie eben gebeten, zu gehen und auch das lief relativ harmlos ab und ich hatte dann meine Ruhe. Letztes Jahr war ich auf einem Stadtfest, da meinten dann auch welche angetrunkenen Idioten herumstänkern zu müssen und da bekam man es dann doch mit der Angst zu tun. Sie hatten gedrängelt, geschubst und fanden alles unheimlich lustig und haben das Ganze als ihr gutes Recht angesehen. Da wir mit mehreren dort waren, konnte man sich auch ganz gut wehren. Ich glaube nicht, dass da die Security eingegriffen hat, die hat davon gar nichts mitbekommen. So etwas bezeichne ich aber auch als Sicherheitsmangel, nicht nur technische Absicherungen und all so etwas.

Ich muss sagen, dass ich ansonsten nicht davon berichten kann, irgendwelche Sicherheitsmängel festgestellt zu haben. Vielleicht lag es auch daran, dass doch alles relativ glimpflich ablief und nichts passiert ist. Möglich, dass dort die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden sind, möglich aber auch, dass einfach nur Glück im Spiel war und eben nichts weiter passiert ist. Es ist manchmal schon ganz interessant, wie voll die Plätze gewesen sind und da ist nichts weiter passiert, gerade Luftaufnahmen können da ganz schön beeindruckend sein. Von schwankenden Gittern, Bühnen oder Massenpaniken habe ich immer nur etwas aus der Ferne gesehen oder erlebt . und ich denke, würde ich so etwas einmal live mitbekommen, würde ich selbst etwas Panik bekommen, um weiterhin auf Konzerte zu gehen.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



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