Welche Dinge vom Patienten muss ein Arzt nicht wissen?

vom 11.07.2011, 14:50 Uhr

Die Person A hat schon 20 Jahre den gleichen Hausarzt und ist nun ein Betreuungsfall geworden. Sein jetzt für ihm zuständiger Betreuer erkennt allerdings sehr schnell, dass die Person A nicht sehr gut lesen und auch schreiben kann. Person A konnte diese Tatsache eben sehr lange vor anderen Personen verbergen.

Aber muss diese Tatsache ein Arzt überhaupt wissen? Hat die Person A vielleicht hier etwas absichtlich verschwiegen? Sie kann ja in der Tat überhaupt nicht real einschätzen ob sie diese Fähigkeiten richtig kann. Nur der Betreuer ist durch die beginnende Betreuung der Tatsache auf der Spur gekommen. Hat sich die Person A richtig verhalten in seiner Situation?

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich glaube, dass es für einen Hausarzt völlig belanglos ist, ob der Patient Lesen oder Schreiben kann, denn der Arzt ist schließlich für das körperliche Wohlbefinden da und nicht für lese und schreib schwächen. Diese Dinge sind meiner Meinung nach Privatsachen und gehören nicht zu einem Arzt.

Selbst wenn der Arzt von diesen Mängeln gewusst hätte, wären auch keinerlei andere Untersuchungsergebnisse oder Behandlungen nötig gewesen. In letzter Instanz muss natürlich jeder für sich selbst entscheiden, was er seinem Hausarzt anvertrauen möchte und was nicht. :uebel:

» spyro666 » Beiträge: 37 » Talkpoints: 0,27 »


Natürlich gibt es Dinge, die der Hausarzt nicht wissen muss, die ihn eben einfach nichts angehen. Und es gibt sogar Dinge, die zwar mit dem körperlichen Befinden zu tun haben, die man unter bestimmten Umständen aber trotzdem verschweigen möchte.

Ich denke da gerade an einen Artikel, den ich vor einiger zeit gelesen habe. Darin ging es darum, dass ein Arzt der Krankenkasse gemeldet hat, dass ein Patient SM praktiziert. Dadurch wurde der Patient in der Krankenkasse hochgestuft und musste mehr zahlen beziehungsweise bekam einige Behandlungen dann in Rechnung gestellt, da er die "Erkrankung" angeblich durch seinen Fetisch selbst verursacht hatte. Sowas würde ich mir dann auch gut überlegen, ob ich sowas meinem Arzt erzählen würde.

Aber generell ist es doch so, es gibt Dinge, die sind einem peinlich, die soll am Besten nie jemand erfahren und da ist der Hausarzt sicher auch keine Ausnahme. Gerade ältere Menschen geben ja auch Probleme ungern zu, sie hören doch noch gut (nur nicht mehr so gut wie früher) oder sie sehen noch alles (nur eben unscharf und berschwommen). Da ist doch eine Schreib- und Leseschwäche noch etwas sehr Normales, was man dem Arzt verschweigen kann.

» türkis87 » Beiträge: 149 » Talkpoints: 0,61 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich bin auch der Meinung, dass der Hausarzt vor allem die Umstände kennen sollte, die auch wirklich von Belang in Bezug auf die jeweilige Diagnose sind und der Heilung des Patienten dienlich sind, weniger aber alles, was damit eben überhaupt nichts zu tun hat. Und ich wüsste nun nicht, wann das Lesen und Schreiben in Bezug auf meinen Hausarzt mal besonders wichtig gewesen wäre, höchstens vielleicht dann, wenn mir Medikamente verschrieben wurden und ich den Beipackzettel lesen wollte, um noch einmal abzuklären, ob ich das jeweilige Medikament überhaupt nehmen sollte.

Ich denke aber, dass man hier als Patient, der unter Analphabetismus leidet, entsprechend vorbeugen kann, indem man den Arzt ganz konkret während der Behandlung nach den Medikamenten und ihren Nebenwirkungen befragt. Dass diese Vorgehensweise ein Kontrollverlust ist, liegt zwar auf der Hand, allerdings ist ein Analphabet damit ohnehin des Öfteren konfrontiert, sodass ich meine, dass dieser Zustand für ihn ein alltäglicher sein dürfte. Sein Analphabetismus sollte für die jeweilige Behandlung aber ohne Belang sein, denke ich.

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» moin! » Beiträge: 7218 » Talkpoints: 22,73 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Der Arzt muss gar nichts wissen, was der Patient nicht bereit ist, offen zu legen. Aber sicher erschwert es die Arbeit des Arztes, wenn gewisse Dinge verheimlicht werden. Die Fähigkeit des Lesens gehört zwar nicht zwingend zu den Dingen, die Erwähnung finden sollten. Wenn aber der Arzt regelmäßig seine Anweisung auch noch schriftlich mitgibt oder aber gewisse Einnahmevorgaben von Medikamenten mit auf das Rezept schreibt, weil er annimmt, dass der Patient dies liest, kann es eben zu fatalen Missverständnissen kommen. Richtig ist natürlich, dass der Arzt seine Patienten durchaus mündlich über alles informiert. Aber im Laufe der Jahre kann es dazu kommen, dass ein Arzt hier nachlässiger wird.

Jetzt haben wir hier aber den Fall, dass auf Grund der Tatsache, dass Person A nun betreut wird, der Arzt auch nicht mehr erfahren braucht, dass A eben nicht lesen kann. Schließlich dürfte hier jetzt der Betreuer oder die Betreuerin zusätzlich um die Belange von A kümmern, und wenn nun schriftliche Anweisung vorliegen, sollte von Seiten der Betreuung sichergestellt sein, dass diese verstanden werden und Anwendung finden.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ich finde schon, dass es relevant ist, ob ein Patient vernünftig lesen und schreiben kann oder nicht. Ich finde es auch ziemlich naiv, wenn User hier einfach meinen, dass man dann doch den Arzt fragen könnte, wie man welches Medikament wann einzunehmen hätte. Erstens nehmen sich nicht alle Ärzte diese Zeit und stehen unter Zeitdruck je nach Patientenmenge, zweitens kann ein (analphabetischer) Patient da auch mal durcheinander kommen.

Könnt ihr euch immer alles merken, was man euch sagt oder was? Warum sollte das bei Analphabeten anders sein? Haben die automatisch ein besseres Gedächtnis, nur weil sie nicht lesen und schreiben können oder was? Ein Alphabet kann sich wenigstens Notizen machen, um sich Dinge zu merken, das kann ein Analphabet nicht.

Man kann auch hier nachlesen, dass es Analphabeten gesundheitlich schlechter geht. Nicht nur, weil sie eben Arztbesuche meiden, damit ihr Unvermögen nicht auffällt. Sie kommen auch durcheinander, was die Medikamenteneinnahme angeht. Nicht zu vergessen, dass bildungsferne Schichten häufiger bestimmte gesundheitliche Probleme haben.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


Hattest du noch nie den Fall, dass du irgendwas vom Arzt bekommen hast, das du lesen musstest? Ich meine jetzt nicht nur Beipackzettel von Medikamenten. Selbst bei kleinen Eingriffen, wenn zum Beispiel ein Weisheitszahn gezogen wird, bekommst du vor dem Eingriff mehrere Seiten Aufklärung zu lesen und danach einen Zettel mit Hinweisen, wie die Wunde versorgt werden muss.

Ich habe auch schon öfter Fragebögen ausfüllen müssen wenn ich mich bei einem Arzt neu angemeldet habe. Klar entfällt das beim langjährigen Hausarzt, aber eine Überweisung zu einem Facharzt kommt doch öfter mal vor.

Wenn man niemanden hat, der bei diesen Dingen behilflich ist sollte man seinem Arzt natürlich sagen, dass man nicht Lesen und Schreiben kann. Ist sicher nicht einfach das zuzugeben, aber die eigene Gesundheit sollte doch wichtiger sein als "was werden die Leute sagen?". Außerdem hat der Arzt eh Schweigepflicht.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Ich finde es aus schon genannten Gründen durchaus wichtig, dass medizinisches Fachpersonal weiß, ob und wie gut die PatientInnen lesen oder auch Deutsch verstehen können. Der schon erwähnte Beipackzettel ist ja nicht zu unterschätzen, und viele Leute haben auch nicht das Glück, nur alle heiligen Zeiten mal eine Schmerztablette zu brauchen. Wenn es da zu Verwechslungen und falschen Dosierungen kommt, dann gute Nacht!

Aber spontan fallen mir auch genügend andere Aspekte ein, die den Arzt oder die Ärztin durchaus etwas angehen, egal wie scheinbar banal oder "peinlich" sie wirken mögen. Es kommt auf den Zusammenhang an. Natürlich ist es bei einer Zeckenimpfung nicht so relevant, wie mein Sexleben oder meine Ausscheidungen beschaffen sind, aber andere medizinische Fachkräfte interessiert das dagegen brennend.

Auch was ich so esse (Gewicht, Allergien), welches Waschmittel ich verwende (Ausschlag), wie oft ich pinkeln gehe (Nierenfunktion) oder meine Stimmungen und Launen (Hormone), sowie auch meine Arbeitsbelastung (Stress, Burnout) muss der entsprechende Arzt durchaus wissen, wenn etwas offensichtlich behandlungsbedürftig ist. Solange mir selber der Zusammenhang einleuchtet, sprich nicht gerade der Orthopäde wissen will, wie es um meine Monatsblutung bestellt ist, würde ich also nur sehr selten behaupten, dass den Arzt mein Privatleben nichts angeht.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Ein Arzt muss und kann sicherlich nicht alles über seine Patienten wissen. Gerade in deinem Beispiel kann ich mir gut vorstellen das es tatsächlich niemanden aufgefallen ist das er nicht (oder sehr schlecht) lesen konnte. Als der Patient vor zwanzig Jahren aufgenommen wurde muss es noch nicht unbedingt Standard gewesen sein das man beim ersten Besuch einen Fragebogen ausfüllen muss.

Vielleicht wurde der Mann damals nur nach seinen Daten gefragt und die Arzthelferin hat diese Eingetragen, das Schreiben (und lesen) war also zu dem Zeitpunkt nicht nötig gewesen. Und spontan fällt mir gerade keine Situation ein in der ich wirklich einmal etwas hätte ausfüllen müssen außer eben wenn ich Neu zu einem Arzt komme. Also halte ich es für realistisch das man die Tatsache das man nicht lesen und schreiben kann Geheim halten kann.

Natürlich bekommt man auch hin und wieder eine Infobroschüre oder ein Merkblatt mit nach Hause. Aber in der Regel wird einem ja auch alles vorher erklärt. Gerade bei einschneidenden Erlebnissen wie einer Operation. Kein Arzt drückt seinen Patienten einfach ein Heftchen in die Hand und sagt Sie müssen sich selbst belesen. Jeder Arzt erklärt in einem Vorgespräch wie eine Operation und die Nachsorge aussieht. Das Heft dient nur dazu das man sich zu Hause nochmal alles durchlesen kann wenn man das wünscht. Aber in der Regel weiß man schon alles durch das Gespräch.

Der Arzt muss also definitiv nicht alles wissen. Genaugenommen muss er nur Dinge wissen die mit der Gesundheit seiner Patienten zusammenhängen.

» Anijenije » Beiträge: 2730 » Talkpoints: 53,02 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Ich hätte auch Bedenken, dass es zu Missverständnis bei der Einnahme von Medikamenten kommen könnte, wenn ein Patient nicht lesen und schreiben kann. Man kann nicht voraussetzen, dass der Arzt die Einnahme schon genau erläutern wird. Auch erfährt man ja möglich Nebenwirkungen meist nicht unbedingt vom Arzt oder Apotheker, sondern erst aus der Packungsbeilage. Ich würde das schon bedenklich finden und denke, dass es besser ist, wenn man dem Arzt so etwas mitteilt und sich dieser darauf einstellen kann.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


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