Keine Chance auf eine Stelle im Öffentlichen Dienst?

vom 08.07.2011, 16:35 Uhr

Als ich im Jahr 2009 aufgrund der Finanzkrise vorübergehend arbeitslos wurde, habe ich natürlich viele Bewerbungen geschrieben. Unter anderem gab es auch öfter Stellenausschreibungen im Landkreis unserer Stadt. Da sitzen verschiedene Behörden, u.a. das Jugendamt und auch die Stelle fürs Hartz IV, ich weiß jetzt nicht, ob sich das auch ARGE nennt, ist ja in jedem Bundesland und Kreis anders organisiert.

Jedenfalls habe ich mich auf einige dieser Stellen auch beworben, zumindest, wenn nicht explizit ein abgeschlossenes Studium oder eine ganz bestimmte Richtung an Berufserfahrung verlangt wurde. Wenn also in der Ausschreibung stand, dass Erfahrungen im Verwaltungsbereich gefragt sind, habe ich mich auch beworben, denn ich komme ja quasi aus dem Verwaltungsbereich. Ich habe zwar bisher nur in produzierenden Firmen gearbeitet, aber ich denke mir, dass es nicht so schwer sein kann, in die Materie eingearbeitet zu werden.

Zum einen hat es aber endlos lange gedauert, bis eine Absage kam, zum anderen habe ich nie die Chance bekommen, mich wenigstens mal vorzustellen. Ich habe in dieser Zeit bestimmt an die 5 oder 6 Bewerbungen an den Landkreis geschickt, aber keine Chance. Meine Freundin erzählte mir dann, dass die Stellen in Wirklichkeit schon längst weg sind, bevor sie überhaupt ausgeschrieben werden. Man muss eben Beziehungen haben, sonst kommt man da nicht rein. Es ist wohl so, dass der Landkreis verpflichtet ist, die Stellen auszuschreiben, aber in Wirklichkeit kann man sich die Bewerbung eigentlich schon sparen, weil die Stellen entweder "unter der Hand" weggehen oder eben schon weg sind.

Ich finde, dass das eine Schweinerei ist, immerhin macht man sich die Mühe und schreibt die Bewerbung, legt noch einen frankierten Rückumschlag bei, weil die das ja so haben möchten und rennt extra noch zur Post, denn Online-Bewerbungen werden ja nicht akzeptiert. Was ich auch beknackt finde, im heutigen Zeitalter sollte das normal sein, Bewerbungen online schicken zu können! Und das alles für Umsonst! Was meint Ihr dazu?

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» Jacqui_77 » Beiträge: 2718 » Talkpoints: 19,87 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Wenn eine Behörde oder generell eine staatliche Stelle eine Stellenausschreibung hat, kann man davon ausgehen, dass diese Erfahrungen im Verwaltungsbereich wollen. Damit sind aber keine normalen kaufmännischen Tätigkeiten gemeint, so wie du sie wohl bisher gemacht hast. Damit meint man tatsächlich, dass jemand als Verwaltungsfachangestellter tätig war oder zumindest in einer Stadtverwaltung oder ähnlichem gearbeitet hat. Ich nehme einfach mal an, dass eine normale kaufmännische Ausbildung hier nicht ausreichend ist.

Ich finde das keine Schweinerei, denn es wird nicht nur bei staatlichen Einrichtungen so gemacht. Auch andere Firmen machen das so, nur merkt das keiner. Es gab mal einen Bericht über Firmen denen es eigentlich finanziell schlecht geht, die aber Stellenanzeigen schalten, um einen anderen Eindruck zu erwecken. Im Grunde genommen hast du dort auch keine Chance, aber trotzdem bewerben sich dort viele Leute. Das ist aus meiner Sicht nichts anderes wie dein Beispiel.

Ich denke, man muss sehr viel Glück und sehr gute Referenzen haben, um eine Stelle im öffentlichen Dienst zu bekommen. Solche Stellen wissen, dass sie viele Bewerbungen zu erwarten haben, denn Stellen im öffentlichen Dienst sind beliebt. Da kann man sich die Bewerber aussuchen und wenn man nicht ausgerechnet wirklich die passende Ausbildung, Erfahrung und Referenzen mitbringt, hat man dort keine Chance.

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» Vampirin » Beiträge: 5979 » Talkpoints: 30,32 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Bei einer freien Stelle in der Verwaltung, die dann im öffentlichen Dienst ausgeschrieben ist, ist es am besten, man kann auch eine Ausbildung im öffentlichen Dienst vorweisen. Kommt man aus der freien Wirtschaft, wird es wohl generell recht schwierig sein, dann so unterzukommen oder man hat eben die entsprechenden Kontakte, von denen man mitbekommt, dass dafür Stellen ausgeschrieben sind. Es ist schon richtig, dass es ein internes Ausschreibungssystem im öffentlichen Dienst gibt, aber nicht jede Stelle kann intern besetzt werden, so dass es dann durchaus zu Ausschreibungen kommt, die man als normaler Bürger eben mitbekommt.

Ich würde es nicht als Schweinerei sehen, vielleicht hast Du einfach nur Pech gehabt, weil sie Bewerber gefunden haben, die im öffentlichen Dienst ihre Ausbildung absolviert haben und dadurch auch die Strukturen bereits kennen. So muss man weniger Zeit für eine Einarbeitung investieren und solche Dinge. Das wäre zumindest eine logische Erklärung.

Die hiesigen Gemeinden haben im Übrigen auch die Möglichkeit, die Bewerbung online zu lesen. Eigens dafür hat man ein spezielles Bewerbungssystem online gestellt, was man mit eigenen Scans, Bewerbungsfoto, Lebenslauf und Anschreiben gestalten kann. Natürlich wäre es schön, wenn es diese Option auch bei anderen Verwaltungen gebe, aber ich denke, das wird nun Stück für Stück eingeführt werden.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



Wenn die Erfahrung des Bewerbers zu den geforderten Tätigkeiten passt, dann bekommt man auch eine Chance sich im öffentlichen Dienst vorzustellen. Das ist kein Problem. Allerdings sehe ich es so, dass Deine Erfahrungen als Industriekauffrau, das lese ich zumindest in anderen Threads, nicht wirklich zu den gewünschten Fähigkeiten der Verwaltung im öffentlichen Dienst passen. Da sind dann meist andere Fähigkeiten gefragt und ich glaube schon, dass man darauf dann explizit eingehen sollte, wenn man wirklich so scharf auf die Stelle ist. Denn in einer Bewerbung macht man doch letzten Endes für sich selbst Werbung und das sollte man beherrschen. Ebenso hilft es vor der Bewerbung mit einer angegebenen Kontaktperson darüber zu sprechen, was ein absolutes Muss-Kriterium ist und was vielleicht entbehrlich weil schnell erlernbar ist.

Was den frankierten Rückumschlag anbelangt - ich habe bisher nur solche Ausschreibungen gelesen, bei denen es auch möglich war, die Bewerbungen selbst wieder aus einem entsprechenden Dezernat abzuholen. Meist werden diese Unterlagen dann zwischen drei und sechs Monaten nach Ende des Bewerbungsverfahrens aufbewahrt und können in diesem Zeitraum auch abgeholt werden. Aber auch in der freien Wirtschaft ist es doch üblich, dass Bewerbungen nur mit einem beigelegten frankierten Rückumschlag zurück gesendet werden.

Dass eine Bewerbung per Mail nicht möglich ist, das liegt sicher daran, dass an vielen Stellen dort noch immer die Anhänge aus der Mail gefiltert werden und dann nur das Anschreiben übrig bliebe, weitere Unterlagen müssten mühselig nachgefordert werden. Und nicht jede Kommune hat die Möglichkeit ein von *steph* erwähntes Portal zur Online-Bewerbung bereit zu stellen.

Im übrigen finde ich, dass im öffentlichen Dienst genauso viele Stellen durch Beziehungen vergeben werden wie in der freien Wirtschaft. Ich finde das so schlimm nun auch nicht. Denn bewähren muss man sich so oder so. Tut man das nicht, dann bleibt man eh nicht lange auf der Stelle. Mein Verständnis rührt aber vielleicht auch daher, dass ich selbst meine Karriere plane und schon etliche Personen Kenntnis darüber besitzen, welche Stelle ich in Zukunft bekleiden würde und mich dann auch schon mal zeitig über eine frei gewordene Stelle informieren und bei Nachfrage zu meiner Bewerbung dann schon mal etwas sagen. Wenn Dir also an einer Stelle im öffentlichen Dienst etwas liegt, Jacqui_77, dann solltest Du Beziehungen zu Entscheidern und deren Beeinflussern herstellen und pflegen.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich habe ähnliches auch schon mal gehört. Aber hören kann man so ziemlich alles, wenn man sich etwas umhört. Ob wirklich etwas dran ist, wissen die wenigsten. Ich wüsste auch nicht, was es einem etwas bringt sich darüber aufzuregen? Man könnte sich vielleicht bemühen Beiweise für diese Thesen anderer zu sammeln und dann irgendwann gerichtlich gegen das Unternehmen vorgehen. Damit könnte man sich wahrscheinlich sein halbes Leben lang befassen.

Wobei ich mich sowieso frage, warum man für ein Unternehmen arbeiten möchte, dessen Arbeitsabläufe man "beknackt" findet und dessen Bewerbungsverfahren eine "Schweinerei" ist. Aber wenn die Freundin sich doch auskennt, dann kann man doch diese Beziehung ausbauen.

Ich kann dabei dennoch nachvollziehen, dass man sich ärgert, wenn man perfekte Bewerbungsunterlagen einreicht und dann eine Standardabsage bekommt. Wobei ich niemals wochenlang warte, sondern nach einer angemessen Zeit nachfrage. So besteht immerhin die Chance aus dem Stapel von hunderten Bewerbungen heraus gefischt zu werden.

Einige hundert Bewerbungen dürften nämlich gerade bei ausgeschriebenen Stellen eingehen. Und davon unabhängig gibt es immer mehr Initiativbewerbungen. Für eine Vollzeitstelle würden viele Leute durch das ganze Land ziehen, vor allem, wenn es im öffentlichen Dienst ist. Deshalb würde ich auch nicht davon ausgehen, dass nur Bewerbungen aus dem Landkreis kommen, sondern teilweise aus ganz Deutschland. Und wie hier ja bereits geschrieben wurde, gibt es genügend Bewerber, die in diesem Bereich gelernt haben oder aus anderen Gründen besser qualifiziert sind. Zudem werden Schwerbehinderte und Gleichgestellte glaube ich bei fast allen öffentlichen Posten bei gleicher Eignung bevorzugt eingestellt.

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» Trisa » Beiträge: 3271 » Talkpoints: 20,99 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ich arbeite selbst im öffentlichen Dienst und in meinem Amt hat es in den letzten 20 Jahren nicht eine Neueinstellung gegeben. Ich denke wo anders wird es ähnlich sein, die Sparzwänge und der vorgeschriebene Stellenabbau lassen da einfach keinen Spielraum. Bewerbungen kommen natürlich jede Menge, entweder einfach nur so oder auch auf Grund von Ausschreibungen. Die meisten werden nur umgetütet und ungelesen zurück geschickt, auch wenn kein Rückporto dabei ist. Das mit dem Rückporto liegt aber eher an meinem Chef der ein Herz für die Bewerber hat.

Es wurde ja schon angedeutet dass bestimmte Stellen bundesweit per gesetzlicher Verpflichtung ausgeschrieben werden müssen, auch wenn schon völlig klar ist wer den Posten später besetzen wird. Das ist nun einmal so und das ist auch so einfach nicht zu ändern. Ich glaube bei Chefärzten oder kulturellen Einrichtungen wie Theaterintendanten ist das am geläufigsten.

Vielleicht mal ein Beispiel aus unserem Haus. Befördert wurde in den letzten zwanzig Jahren auch niemand aber jetzt will man zwei Beamtinnen aus dem mittleren Dienst von der A6 auf die A7 befördern. Das geht nur wenn ein Beamter auf einem Beförderungsposten sitzt. Da das in der Praxis nicht vorkommt muss also erst ein Beförderungsposten geschaffen werden. Es wird also dieser Beförderungsposten ausgeschrieben und haargenau so auf die Person zugeschnitten die ihn bekommen soll so dass es keinen Sinn macht wenn sich ein anderer Bewerber darauf bewirbt. Alles klar?

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» hooker » Beiträge: 7217 » Talkpoints: 50,67 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Die von hooker beschriebene Handhabung finde ich dann doch etwas ungewöhnlich und irgendwie nicht richtig. Allerdings ist dies weniger ein Vorwurf, den ich der entsprechenden Behörde machen würde, denn von dort kommen diese Gesetze nicht. Das eine Behörde in dem Fall natürlich erfahrenen und langjährigen Mitarbeitern die Möglichkeit einräumt ist nachvollziehbar für mich. Aber wer ist denn dafür verantwortlich, dass es solche Ausschreibungen geben muss? Und bedeutet das, dass die meisten Ausschreibungen beim BUND nur darauf beruhen?

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» Trisa » Beiträge: 3271 » Talkpoints: 20,99 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Nun ja, man kann es immer auf andere Gründe schieben, wenn eine Bewerbung nicht geklappt hat, aber vielleicht warst du in diesem Fall einfach nicht geeignet und andere Bewerber waren besser als du. Dafür kann es eine Vielzahl von Gründen geben. Dass auch schlechte Bewerbungen ein Grund für eine Absage sein kann, ist ja bekannt, aber ich gehe auch gar nicht mal davon aus, dass deine Bewerbung vor Rechtschreibfehlern nur gewimmelt hat. Es gibt auch etliche andere Erklärungen.

Wie du selbst sagst, kommst du "quasi" aus der Verwaltung. Ich weiß zwar nicht, was du gelernt hast, aber das hört sich für mich so an, als wenn du direkt in diesem Bereich noch keine Erfahrung hast, sondern bisher nur ähnliche Tätigkeiten ausgeführt hast. Stellen im öffentlichen Dienst sind begehrt, es haben sich sicherlich viele Leute beworben, die daher besser in das Anforderungsprofil gepasst haben als du und Erfahrung in der öffentlichen Verwaltung haben. Wenn ich es richtig herauslese, hast du eine kaufmännische Ausbildung gemacht und diese ist nun mal nicht die perfekte Voraussetzung für eine Verwaltungstätigkeit im öffentlichen Dienst.

Es mag sicherlich auch Stellen geben, bei denen bereits vorher feststeht, wer genommen wird, jedoch ist dies wohl eher bei internen Ausschreibungen der Fall. Bei den Stellen, die öffentlich ausgeschrieben werden, kann man nicht sagen, dass man nur mit Beziehungen eine solche Stelle bekommen kann.

» SuperGrobi » Beiträge: 3876 » Talkpoints: 3,22 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Trisa hat geschrieben:Die von hooker beschriebene Handhabung finde ich dann doch etwas ungewöhnlich und irgendwie nicht richtig. Und bedeutet das, dass die meisten Ausschreibungen beim BUND nur darauf beruhen?


Wem sagt du das. Ich nehme an das einmal irgend jemand geklagt hat dass bestimmte Stellen nicht ausgeschrieben sondern nur intern das bekannt gemacht haben. Ich weiß nicht wo das geschrieben steht aber ich könnte mir das so vorstellen dass es so ähnlich wie bei den zu vergebenen Leistungen ist die auch immer öffentlich ausgeschrieben werden müssen. Bei besonders umfangreichen Sachen sogar bundesweit, oder hier bei besonders hohen Posten. Aber bitte mit Vorsicht genießen mein Beispiel, ich weiß es nicht besser.

Ob du nun beim BUND überhaupt keine Chance hast kann ich auch nicht beurteilen weil mir deine Qualifikationen unbekannt sind und auch die erforderlichen Anforderungen an die Bewerber. Eine Kollegin von mir hat sich aber dort als völlig Außenstehender und Quereinsteiger und ganz ohne Beziehungen beworben und ist sofort genommen worden. Man hat ihr sogar nach einem halben Jahr eine Beförderung versprochen die sie inzwischen auch schon bekommen hat. Ich stehe mit ihr noch in Kontakt und sie meint dass dort wo sie arbeitet auch nur alte Säcke sind die kurz vor der Pensionierung stehen. Von der Seite betrachtet ist es also überall gleich im öffentlichen Dienst, man muss nur Geduld haben und zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein.

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» hooker » Beiträge: 7217 » Talkpoints: 50,67 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Sicher ist die Art und Weise der Ausschreibung wie hooker sie beschreibt nicht ungewöhnlich. Allerdings kenne ich auch zwei Personen, die sich in der letzten Zeit auf eine ausgeschriebene Stelle im öffentlichen Dienst beworben haben und sofort genommen wurden, natürlich lag noch ein Vorstellungsgespräch dazwischen. Daher besteht ganz sicher eine Chance.

Allerdings ist der öffentliche Dienst ja nicht nur Bundesregierung und Landkreisverwaltung sondern beispielsweise auch Universitäten und einige Stiftungen gehören zum öffentlichen Dienst. Vielleicht sollte man auch einfach mal den Blickwinkel ausweiten, wenn es denn eine Stelle im öffentlichen Dienst sein soll.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


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