''Vermisst'' - peinlich oder normal?
Ich schaue sehr wenig Fernsehen, meistens mache ich mir eine DVD an, wenn ich etwas schauen möchte, weil mich die Fernsehprogramm nicht ansprechen und ich daher im Grunde nur dann Fernseh schaue, wenn ich darum gebeten werde. So ein Tag war beispielsweise gestern. Mein Vater hatte frei und hat mir meiner Mutter was gekocht, wir haben dann zusammen gegessen und anschließend haben meine Eltern den Fernseher angemacht und mich gebeten noch nicht zu gehen, sondern noch ein wenig bei ihnen sitzen zu bleiben. Ich habe mich dann dazu überreden lassen eine Folge von einer Serie namens ''Vermisst'' zu schauen, die vermutlich die meisten von euch kennen werden. In dieser Sendung geht es eben darum, dass vermisste Familienmitglieder gesucht und gefunden und zusammen gebracht werden.
Nun kann ich mich nicht daran erinnern diese Serie zuvor schon einmal gesehen zu haben und sehe mir gestern eine Folge an, in der ein Mann seinen Sohn sucht, der laut Jugendamt eine Ausbildung zum Hotelfachmann in einer Stadt gemacht hat, die nur wenige Kilometer vom Wohnort besagten Mannes lag. Als ich das gehört habe, war ich erst mal ein bisschen verdutzt, habe aber weiter geschaut. Auf jeden Fall hat dann diese Frau in Hotels nachgefragt, ihn schließlich gefunden und seinen Namen notiert. Ab da kam sie dann erst mal nicht mehr weiter, weil die neue Arbeitsstelle des Sohnes nicht bekannt war und sie sich bei Kollegen die sich noch an ihn erinnerten durchfragen musste. Schließlich fand sie ihn, nachdem dieser Kollege ihr mitgeteilt hatte, dass die Pflegefamilie des Sohnes eine Goldschmiederei betreibt.
Merkwürdig erschien mir dabei schon ganz am Anfang einfach die Tatsache, dass der Vater doch im Grunde genügend Informationen hatte, um selbst herauszufinden, wo der Sohn lebte. Wenn man doch weiß, dass der Sohnemann gleich nebenan wohnt und eine Ausbildung im Hotel macht, ja hallo? Da muss man sich an einen Fernsehsender wenden, damit er diesen findet? Gehen dem Sender die Kandidaten aus, dass sie so was bringen müssen? Einige Anrufe bei benachbarten Hotels hätten das Problem gelöst. Das wäre ein einfaches gewesen! Warum hat er es nicht selbst versucht, das geht einfach nicht in meinen Kopf!
Was mich dann auch noch aufgeregt hat war die Tatsache, dass der neue Nachname des Sohnemann bekannt war. Diesen hat die Frau gleich erfahren, nachdem sie das Hotel gefunden hatte, in dem er die Ausbildung angefangen hatte. Und es war auch keineswegs ein Nachname wie Müller oder Schmidt, sondern ein eher ausländisch klingender Nachname, denn es sicherlich nicht überall gibt. Also latschte die Frau da in dieser Sendung durch die Gegend und fragte Kollegen und Arbeitsstellen, ob sie denn den XY kennen würden und ich war einfach nur verdutzt. Erwartet habe ich, dass man nun erst mal nach dem Namen sucht, heißt also, alle kontaktiert, die in der Nähe so heißen, denn das wären nicht viele gewesen. Klar hätte es sein können, dass die Pflegefamilie weggezogen ist, aber davon muss man ja nicht automatisch ausgehen, man kann ja erst suchen, wo doch die Erfolgschancen hierbei recht hoch liegen.
Stattdessen aber hat sich die Frau einfach weiter gefragt, vom Hotel zu einer anderen Arbeitsstelle, von dort zu einem Kollegen des Sohnemannes, der ihnen schließlich den Tipp mit der Goldschmiede gab. Damit hat man die Sendung natürlich um einige Minuten verlängert, denn ansonsten hätte sich das ganze ja relativ schnell gelöst und das wäre dann noch lächerlicher gewesen, als es ohnehin war, weil es einfach total einfach gewesen wäre, den Sohnemann zu finden.
Mein Vater meinte dann, dass die Folgen bei ''Vermisst'' nicht immer so blödsinnig sind, oftmals wären die Verwandten auch im Ausland zu finden, was natürlich dann aus Kostengründen oder mangelnden Sprachkenntnissen die Suche für einige Menschen erschweren könnte. Das sehe ich ja noch ein. Außerdem sind einige der Kandidaten wohl auch schon etwas älter und manchmal seien Vor- und Nachname der gesuchten Person geändert worden. So eine Folge wie diese aber fand ich einfach nur lachhaft und für den Mann auch absolut peinlich. Wie sehr ihr das? Findet ihr auch dass es bei ''Vermisst'' teilweise ziemlich armselige Fälle gibt oder könnt ihr es nachvollziehen, dass Leute sich sofort an diese Sendung wenden, ohne selbst einen versuch zu starten, wenn man gute Anhaltspunkte hat?
Bei dieser Art von Sendung sollte einem doch klar sein, dass die meisten Fälle einfach erfunden sind oder es der Moderatorin eben auch ein wenig leichter gemacht wird, damit ein Erfolgserlebnis da ist. Oftmals hat sie aber auch Schwierigkeiten und würde wahrscheinlich gerade im Ausland Schwierigkeiten haben was zu erfahren, wenn die Kamera nicht dabei wäre.
Ich denke, dass man bei den Formaten, die im Fernsehen laufen nicht den Wahrheitsgehalt sehen sollte und ob die Leute sich "zum Affen" machen. Da spielt der reine Unterhaltungswert eine Rolle und es scheinen ja auch genug Leute zu schauen, wenn es nicht abgesetzt wird und der Sender so viel Geld investiert für diese Auslandsreisen.
Crispin hat geschrieben:Mein Vater meinte dann, dass die Folgen bei ''Vermisst'' nicht immer so blödsinnig sind, oftmals wären die Verwandten auch im Ausland zu finden
Dann wirds aber fast noch peinlicher.... dann klingelt die Moderatorin irgendwo fernab von Europa und sagt auf deutsch und grinsend in die Kamera zu 30jährigen "Dieser Mann soll hier vor 50 Jahren mal gewohnt haben. Erinnern Sie sich?"
Letztendlich scheint sowas billiger in der Produktion zu sein, als anständige Unterhaltung und da auch immer mehr Leute Laienschauspieler werden möchte, ist das für sie ein ideales Betätigungsfeld.
Ich habe die Sendung noch nie selber angeschaut, aber wenn ich die Beschreibung lese stellt sich mir erst mal die Frage, wer hier eigentlich Schuld an der dummen Geschichte ist. Der Kandidat oder der Drehbuchschreiber?
Aber ganz davon abgesehen denke ich schon, dass es Leute gibt, die nicht in der Lage sind so eine Suche selbständig zu planen und durchzuführen. Entweder weil es an der nötigen Intelligenz mangelt oder weil sie sich vielleicht auch einfach nicht trauen. Ich könnte mir jedenfalls schon vorstellen, dass es keine einfache Situation ist, wenn man sein Kind seit Jahren nicht mehr gesehen hat. Wenn dann die Tante von Fernsehen beim ersten Treffen mit dabei ist erwartet man wohl, dass die Reaktion positiver ausfällt oder, dass eine negative Reaktion nicht so schlimm wie befürchtet ausfällt.
Ich kann Deinem Vater erstmal insofern zustimmen, dass nicht alle dieser Folgen so ablaufen wie die, die Du hier geschildert hast. Die erste Vermisst-Staffel habe ich mir wirklich gern angesehen und ich kann mir vorstellen, dass viele dieser Eltern, die ihre verschollenen und teilweise zur Adoption freigegebenen Kinder suchen lassen, sich ganz absichtlich der Hilfe Dritter bedienen, weil sie eine Art Mediator brauchen und sich selbst einfach nicht trauen, selbst zu suchen und Kontakt aufzunehmen, sondern es ihnen eben leichter fällt, wenn ein anderer erstmal vorfühlt, ob dieser Kontakt überhaupt auf der anderen Seite erwünscht ist.
Wenn man die Sendung also allein deshalb verreißt, kann man das auch mit anderen Formaten wie beispielsweise „Nur die Liebe zählt“ tun, in denen es ebenfalls entsprechende Sequenzen gibt, die sich aber schon lange auf dem Markt halten können. Ich denke nicht, dass allein dieser Fall oder diese Vorgehensweise des Mannes, den Du beschreibst, die Sendung gleich schlecht macht.
Und was die anderen Fälle betrifft, in denen beispielsweise im Ausland Menschen gesucht werden, so kann ich sagen, dass ich vor einiger Zeit in einer Folge gesehen habe, wie die Schwester einer Kandidatin in den USA gesucht wurde und dass sich das Fernsehteam hier an öffentliche Stellen und Personen gewandt hat, auf die ich selbst als Suchender gar nicht erst gekommen wäre, weil ich die Gegebenheiten im Ausland dafür vielleicht zu wenig kenne oder gar nicht erst den Zugang zu diesen Personen habe, weil sie nicht für jeden Otto Normalverbraucher zu sprechen sind, so zum Beispiel der Richter, mit dem die Moderatorin in der Folge, die ich meine, angesprochen hat.
Sprüche, wie sie Trisa hier nennt, meine ich zwar auch schon gehört zu haben, aber ich finde es gar nicht so weit hergeholt, auch eine jüngere Person zu fragen, ob sie davon weiß, dass jemand Bestimmtes dort vor einer Zeit gelebt hat, in der diese Person noch gar nicht auf der Welt war, denn es besteht immer noch die Möglichkeit, dass die Moderatorin hier jemanden anspricht, der wirklich sein Leben lang in dieser Gegend wohnt und möglicherweise noch Eltern oder Großeltern hat, die diese Person kennen könnten, vielleicht auch schon einmal von ihr erzählt haben oder als weitere Ansprechpartner genannt werden könnten.
So abwegig wäre der Versuch also gar nicht, hier auch jemanden zu fragen, der selbst eigentlich nicht zwingend in Betracht kommt. Und selbst, wenn meine Eltern die gesuchte Person nicht kennen können, so kann mir der Name des Gesuchten doch auch dann geläufig sein, wenn ich selbst erst nach der Zeit geboren wurde, in der die gesuchte Person dort gelebt hat, wo ich nun lebe.
Die Sendung habe ich jedenfalls bisher immer ganz gern gesehen und ich werde wohl auch wieder einschalten. Klar ist sie sehr sentimental gemacht, aber immerhin berührt sie auch ein sentimentales und emotionales Thema, also würde es wohl sehr merkwürdig wirken, wenn dort alles sehr sachlich behandelt werden würde.
Ich muss ja erst einmal mich outen und sagen, dass ich, egal, ob da nun fingiert wurde oder nicht (ich gehe davon aus, es ist und bleibt eine RTL-Produktion) diese Sendung schon hin und wieder gern schaue und mich manche Fälle auch berühren. Wobei mir schon klar ist, dass manchesmal die Fälle dermaßen einfach sind, dass man sich selbst auf die Suche begeben könnte. Im Zeitalter des Internets kann man durchaus selbst recherchieren und nicht selten kommt man auch so zusammen, wenn es unbedingt daran liegen sollte.
Warum sich nun manche Leute an RTL wenden, um die Suche zu gestalten - ja, man kommt eben ins Fernsehen oder es wurden Laiendarsteller engagiert, die sich diese Fälle ausdenken. Ich meine, es muss doch auffallen, wenn jemand mit einem Kamerateam unterwegs ist und das ist hier ja definitiv der Fall. Man kann auch mal darauf achten, ob die "Darsteller" nicht ein kleines Mikrofon am Oberteil hängen haben, denn daran sieht man doch, was spontan und was nicht spontan ist.
Die Fälle im Ausland sind schon nicht uninteressant, auch im Inland gibt es Fälle, bei denen die Hinweise nicht ausreichen oder aber, was auch oft vorkommt, dass der Mut fehlt. Angenommen, diese Fälle sind nun der Wahrheit entsprechend, ist es ja nicht so verkehrt, sich dann an einen Fernsehsender zu wenden. Da ist vielleicht die Gefahr geringer, eine Abfuhr zu erhalten oder es wurde schon mehr unternommen, hat aber den eigentlichen Weg nicht geschafft, weiterzugehen. Wie gesagt, bei RTL und solchen Formaten bin ich selbst ja sehr skeptisch, aber immerhin halte ich die "Moderatorin" dieser Sendung für authentisch und sympathisch. Ich denke, das macht auch viel aus.
Auch um Leute im Ausland zu finden, braucht man mittlerweile wohl kein Kamerateam mehr! Nicht nur genügend Auswanderer, sondern auch das Internet machen vieles möglich. In einem Forum suchte letztens jemand seinen Onkel, er hatte auch ein paar Angaben. Und ganz schnell meldeten sich einige Urlauber, die wussten, in welchem Land und Hotel dieser Onkel arbeitete und vermutlich immer noch arbeitet.
Was hat denn ein Mikrofon am Hemd damit zu tun, ob etwas gespielt ist oder nicht? Ob ich nun in ein großes Mikro spreche oder in ein kleines an der eigenen Kleidung, ist doch völlig unerheblich.
Ich schaue sowas ja nicht regelmäßig und kenne mich da nicht großartig mit aus, aber selbst wenn es erfunden ist, wieso werden dann derart armselige Folgen erfunden? Also wenn man schon die Wahl hat und sich einen vermissten Menschen und dessen Aufenthaltsort aussuchen darf, dann würde selbst RTL oder SAT1 sich doch was besseres aussuchen oder sehe ich das jetzt falsch?
Nee, diese Erwartungen darfst Du an die Sender gar nicht erst haben, sie werden grundsätzlich nicht erfüllt. Und armselig vielleicht, weil die Ideen ausgehen und man dann so auf die einfachsten Dinge kommt, die eigentlich völlig daneben sind. Ich habe das schon bei anderen Sendungen bemerkt und je häufiger diese Sendungen gelaufen sind, desto haarsträubender waren die Geschichten.
Crispin, hast du schonmal diese Nachmittagssendungen gesehen "Mitten im Leben", die Kommisarsendungen oder Gerichtsshows? Da könnte ich mir sogar besseres ausdenken- mir hat nur noch niemand erklärt, wie man Drehbücher schreibt. Vor allem entspricht vieles überhaupt nicht den Tatsachen und ist schlichtweg falsch! Und trotzdem läuft es seit Jahren und es kommen immer wieder neue Formate.
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