Kranken Mitarbeiter gegen seinen Willen nach Hause schicken?

vom 24.06.2011, 16:56 Uhr

Herr X. hat eine chronische Erkrankung. Herr X. hat einen Arbeitsplatz, den er gerne behalten würde und hat große Sorge, in den Krankengeldbezug zu rutschen, wenn er zu oft krank daheim bleibt. Deshalb quält sich Herr x. regelmäßig zur Arbeit. Er versucht dann auch eine Arbeit unter großen Schmerzen zu erledigen. Allerdings empfinden die Kollegen es als störend, weil man deutlich merkt, dass Herr X. sich quält. Er sitzt schwer atmend am Schreibtisch und krümmt sich vor Schmerzen und stöhnt. Freiwllig nach Hause gehen möchte er nicht, weil er halt Angst vor einer Kündigung hat, beziehungsweise halt große Sorgen hat, in den Krankengeldbezug zu rutschen. Dem Betriebsklima ist seine akute Erkrankung allerdings auch nicht unbedingt zuträglich.

Darf der Arbeitgeber Herrn X. nach Hause schicken, obwohl Herr X. halt lieber am Arbeitsplatz bleiben möchte? Wie sehen die rechtlichen Grundlagen aus? Mit welchen Konsequenzen hat Herr X. zu rechnen, falls er sich weigert?

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge



Ich wäre für ein offenes Gespräch, anstatt irgendwelcher Paragrafen. Wohl auch, weil mir gerade ein Gespräch mit einem Lokführer in dem Sinn kam, der mir erzählte, wie sich auf einer bestimmten Strecke ein ehemaliger Bahnmitarbeiter von einem Zug überrollen ließ, nachdem man ihm gekündigt hatte, bzw. einen Vertrag nicht verlängerte. Er hatte nichts anderes mehr in seinem Leben und beendete dies somit.

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» Trisa » Beiträge: 3269 » Talkpoints: 20,14 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Solange Herr X. nicht von einem Arzt krank geschrieben wurde, kann er im Prinzip ja erst mal arbeiten gehen wie er möchte. Du schreibst nicht ob Herr X. seine Arbeit genauso gut oder schlecht man wie früher, als er gesund war. Erledigt er seine Aufgaben schlechter, wenn auch nur geringfügig schlechter, so wäre dies auf Dauer zusammen mit seiner Krankheit vielleicht ein Grund zur Abmahnung, allerdings nicht zwingend. Zumindest fristlos gekündigt werden kann Herr X. auf keinen Fall und auch nicht wenn er zwischen seinen kranken Tagen immer wieder arbeiten kommt.

Ich würde Herrn X. auch raten ein offenes Gespräch mit seinem Arbeitgeber zu führen. Dieser kann ihm vielleicht helfen. Es gibt sicher Tage an welchen es ihm besser geht, vielleicht kann er dann mehr arbeiten um so auf seine Stunden zu kommen und in etwa genauso viel Arbeit wie seine Kollegen zu schaffen. Vielleicht wäre der Übergang in eine Stelle mit einem dreiviertel der Stunden eine Möglichkeit? Natürlich bedeutet eine Teilzeitstelle weniger Geld, aber diese würde Herrn X. das Arbeitsleben eventuell auch ungemein erleichtern. Sollte es ihm irgendwann wieder besser gehen, kann er sicher noch einmal zu seinem Vorgesetzten gehen und nach einer erneuten Vollzeitstelle fragen. So würde er immer noch arbeiten, was ihm ja anscheinend sehr wichtig ist, sich aber nicht zu sehr verausgaben.

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» beere » Beiträge: 1325 » Talkpoints: 0,93 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



LittleSister hat geschrieben:Darf der Arbeitgeber Herrn X. nach Hause schicken, obwohl Herr X. halt lieber am Arbeitsplatz bleiben möchte? Wie sehen die rechtlichen Grundlagen aus? Mit welchen Konsequenzen hat Herr X. zu rechnen, falls er sich weigert?


Einen kranken Arbeitnehmer kann man immer nach Hause schicken auch wenn dieser nicht krank ist. Das kommt besonders dann zu tragen, wenn es sich um Erkrankungen handelt, die auch ansteckend für andere Mitarbeiter sind um diese damit zu schützen, aber auch für den betroffenen Arbeitnehmer selber, wenn der Arbeitgeber es nicht verantworten kann, dass sich die Erkrankung durch die Arbeit nicht verbessern kann. Im Grunde genommen muss ein Arbeitgeber sogar so handeln um seiner Fürsorgepflicht nachzukommen und solch einer Anweisung müsste Herr X dann auch nachkommen.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Meines Wissens kann ein Arbeitgeber seinen Angestellten dann nach Hause schicken, wenn eine Ansteckungsgefahr für die Mitarbeiter besteht und somit durch das Erscheinen des erkrankten Mitarbeiters eine unmittelbare Gefahr des Arbeitsausfalls der anderen besteht. Ist Herr X chronisch krank aber nachweislich nicht ansteckend für seine Kollegen ist, sehe ich keinen Grund, wieso der Chef ihn heimschicken sollte.

Wie Herr X auf seine Mitarbeiter wirkt, steht auf einem Blatt. Sollten sich Kollegen beim Chef darüber beschweren, daß Herr X durch seinen "Anblick" und sein Stöhnen die anderen bei der Arbeit "stört" (doofes Wort, ich weiß), weiß ich nicht, ob Herr X von höchster Stelle nach Hause geschickt werden kann, weil er mit seiner Anwesenheit den Betrieblablauf stört. Für möglich halte ich es aber, von wegen "Bertriebsklima" oder ähnliches.

Auf jeden Fall würde ich an Stelle des Herrn X ein Gespräch mit dem Chef und vielleicht auch mit den Kollegen suchen, in dem er sich erklärt und man berät, wie Herr X seine Arbeit fortführen kann. Wenn es ihm zwischendurch ja besser geht, läßt sich da doch unter Umständen eine Lösung finden, die alle Beteiligten zufriedenstellt. Vielleicht gibt es ja auch die Möglichkeit der Heimarbeit, da könnte Herr X seine Arbeit - sofern sie nicht unbedingt termingebunden ist - gemäß seiner Verfassung erledigen, gegebenenfalls von Bett oder Couch aus.

» Thaddäus » Beiträge: 1011 » Talkpoints: 22,78 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Thaddäus hat geschrieben:Ist Herr X chronisch krank aber nachweislich nicht ansteckend für seine Kollegen ist, sehe ich keinen Grund, wieso der Chef ihn heimschicken sollte.


Der Arbeitgeber hat aber eine Fürsorgepflicht für alle Arbeitnehmer, also auch für den der krank zur Arbeit kommt. Und wenn da jemand seine Arbeit nur keuchend, schnaufend und unter Schmerzen absolvieren kann, spricht das nicht gerade dafür, dass der Genesungsprozess damit unterstützt wird, sondern sich die Krankheit eher verschlechtert. Dazu dürfte ja auch eine Beeinträchtigung der Arbeit selber vorliegen und je nach Arbeitsplatz kann daraus ja auch eine Gefährdung resultieren.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Klehmchen hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Ist Herr X chronisch krank aber nachweislich nicht ansteckend für seine Kollegen ist, sehe ich keinen Grund, wieso der Chef ihn heimschicken sollte.

Der Arbeitgeber hat aber eine Fürsorgepflicht für alle Arbeitnehmer, also auch für den der krank zur Arbeit kommt. Und wenn da jemand seine Arbeit nur keuchend, schnaufend und unter Schmerzen absolvieren kann, spricht das nicht gerade dafür, dass der Genesungsprozess damit unterstützt wird, sondern sich die Krankheit eher verschlechtert. Dazu dürfte ja auch eine Beeinträchtigung der Arbeit selber vorliegen und je nach Arbeitsplatz kann daraus ja auch eine Gefährdung resultieren.

Ich würde sagen, da hat der Arbeitgeber dann eine moralische Verpflichtung, ja, natürlich aber wie sieht es mit der Rechtslage aus? Kann der Chef den Mitarbeiter, der nicht dazu bereit ist, nach Hause zu gehen, denn einfach vor die Tür setzen? Nichts anderes täte er ja in dem Fall. Eine schwierige Situation, würde ich sagen.

Wenn ich jetzt einfach mal davon ausgehe, daß Herr X an einem Schreibtisch sitzt und dort keine Gefahr für ihn von seinem Aufenthalt ausgeht und er seine Arbeit angemessen verrichtet (sonst hätte der Chef ihn doch schon beiseite genommen, oder?), dann wäre es Ermessenssache von Herrn X, ob er sich das zumutet, oder?

» Thaddäus » Beiträge: 1011 » Talkpoints: 22,78 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Wenn es sich um eine chronische Krankheit handelt, ist ja sicherlich auch nicht damit zu rechnen, dass sich die Krankheit bessert. Die Frage ist, wenn Herr X schwerbehindert ist aufgrund seiner Krankheit, kann er nicht entlassen werden. Dazu müsste man wissen, warum er so krank ist. Aber wenn er an seinem Arbeitsplatz nur unter großen Schmerzen tätig werden kann, ist der Arbeitgeber meiner Meinung nach verpflichtet, ihn nach Hause zu schicken. Er darf diesen Zustand des Arbeitnehmers nicht dulden und muss ihn nach Hause schicken in seinem eigenen Interesse. Denn für die anderen Mitarbeiterin bedeutet das eine große Zumutung, da sie ihm nicht helfen können, aber trotzdem mit ansehen müssen, wie er sich quält. Sinnvoll wäre es, wenn Herr X sich erst einmal etwas erholt, eventuell eine Kur macht und dann wieder zur Arbeit geht. Damit ist allen geholfen.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


Also ich finde auch dass beide Parteien erst einmal ein klärendes Gespräch führen sollten und so versuchen, eine gemeinsame Lösung zu finden. Herr X sollte aber verstehen, dass seine Anwesendheit nicht grad gut ist, wenn es ihm so schlecht geht. Sowohl für ihn als auch für die anderen und die Firma. Ich bin mir recht sicher, dass der Chef ihn zum Arzt schicken darf. Wenn er ihn krank schreibt muss er zuhause bleiben.

» milli23 » Beiträge: 1214 » Talkpoints: 2,62 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ich habe dazu war in einem anderen Forum gelesen, gebe ich zu. Aber ich fand die Thematik ziemlich interessant und wollte dazu einmal gerne eure Meinung hören und mich hatte auch die Rechtslage interessiert. Deshalb kann ich auch keine näheren Angaben über die Erkrankung geben.

Ich kann generell beide Seiten verstehen. Ich kann verstehen, dass der Arbeitnehmer natürlich gerne seinen vollen Lohn hätte, den er aber nur voll erhält, wenn er nicht im Krankengeldbezug ist. Und ich kann auch seine Sorge, wegen einer Kündigung, weil er zu oft krank ist, nach vollziehen. Auf der anderen Seite, kann ich nicht wirklich nachvollziehen, warum man um jeden Preis arbeiten geht. Ok bis zu einem gewissen Punkt. Aber eine Erkrankung wird ja nicht besser. Und in dem genannten Fall wird auch das Verhältnis zu den Kollegen nicht besser. Außerdem habe ich mich halt auch gefragt, ob der Arbeitnehmer in einem solchen Zustand wirklich in der Lage ist, seine Aufgaben vollkommen zu verrichten. Allerdings fehlen mir dazu halt auch Details zu seiner Arbeit und seinem Angestelltenstatus und so weiter.

Ich denke außerdem auch, wenn der Mann chronisch krank ist und nur unter großen Schmerzen zur Arbeit gehen kann, müsste ihm ja Rente zu stehen. Aber ich weiß halt auch hier zu nichts Näheres. Wobei längere Krankschreibungen einer möglichen Rente ja nur zuträglich wären.

Ich kann auch die Kollegen verstehen, die sicherlich nicht unbedingt wissen, wie sie mit ihrem Kollegen umgehen sollen. Einmal fällt es einem natürlich schwer, wenn man andere Menschen so leiden sieht. Auf der anderen Seite, fällt ja sicherlich auch Arbeit an, die dann auf die Kollegen sicherlich verteilt werden muss. Da wäre es manches Mal sicherlich einfacher, der Kollege würde gleich daheim bleiben und man könnte die Arbeit anders verteilen oder halt eine weitere Kraft kommen lassen. Und wenn der Kollege ja scheinbar auch offensichtlich so hörbar und sichtbar leidet, stört das ja auch den Arbeitsablauf. All das nimmt man mit Sicherheit mal in Kauf, aber auf Dauer ist es für alle belastend, denke ich.

Wie der Arbeitgeber handeln kann. Schwierige Sache. Auf der einen Seite wäre es für den Arbeitgeber sicherlich auf Dauer günstiger, wenn er besser planen könnte. Denn wenn er den Arbeitnehmer nach Hause schickt, bekommt er sicherlich auch nicht so schnell Ersatz. Und auch finanziell wäre eine längere Krankschreibung halt besser für den Arbeitgeber, da sein Arbeitnehmer dann ja von der Krankenkasse und nicht mehr vom Arbeitgeber bezahlt werden muss. Wobei ich halt nicht verstehe, so hart es klingen mag, dass der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer nicht kündigt. Die genannte Situation scheint ja öfters vor zu kommen.

Generell denke ich auch,der Arbeitgeber hat eine Fürsorgepflicht. Leider habe ich das auch schon anders erlebt, in dem der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer bis zum bitteren Ende da behielt oder sauer reagierte, wenn er den Arbeitnehmer doch heim schicken musste. Ich fände in dem genannten Fall ein Gespräch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ebenfalls sinnvoll. Wobei sich vielleicht auch eine gemeinsame Lösung finden würde. Möglichkeiten würden mir spontan einige einfallen. Eventuell wäre es in dem genannten Fall auch sinnvoll, wenn es ein Gespräch mit dem ganzen Team gäbe, damit einmal dem Arbeitnehmer bewusst wird, wie die anderen Kollegen die Situation empfinden, aber auch damit die Anderen vielleicht seine Beweggründe besser verstehen können und man vielleicht auch hier gemeinsam nach anderen Lösungen und Möglichkeiten suchen kann.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge


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