Überstunden mit Gehalt abgegolten = Sklavenhaltung?

vom 20.06.2011, 07:30 Uhr

A hat vor kurzem in einem neuen Unternehmen angefangen. Ihr Gehalt beträgt 1.900,- € brutto. Zusätzlich zum Arbeitsvertrag gibt es noch eine Betriebsvereinbarung, in der steht, dass alles bis 20 Überstunden mit dem Gehalt abgegolten sind. Ab der 21. Stunde würde somit erst eine Vergütung erfolgen. Da stellt sich mir doch die Frage, ob das normal ist? Ich meine, die Sklavenhaltung wurde doch eigentlich schon längst abgeschafft? :x

Gut, wenn man vielleicht vom doppelten Gehalt ausgehen würde, wäre die Regelung für mich noch nachvollziehbar, aber das halte ich schlichtweg für Ausbeuterei, denn 20 Überstunden pro Monat sind schon echt heftig! Das Schärfste war, als A ihre Vorgesetzte darauf ansprach, bekam sie nur ausweichende Antworten. Sie kommt nämlich auf mehr als 20 Stunden und fragte demzufolge nach der entsprechenden Vergütung, so, wie es in der Vereinbarung auch steht.

Da wurde ihr dann gesagt, naja, sie könne ja dafür auch mal eine oder zwei Stunden früher gehen, wenn sie mal was vorhat und solche Sachen. Das Problem ist nur, dass sie so viel zu tun hat, dass sie ihre Überstunden gar nicht abbummeln kann! Was meint Ihr, ich habe A geraten, zum Betriebsrat zu gehen, denn ich finde, das geht echt zu weit! :twisted:

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» Jacqui_77 » Beiträge: 2718 » Talkpoints: 19,87 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Das kann man sehen wie man will. Denn wenn ich in einer Firma bei Bedarf auch ohne grössere Probleme mal früher gehen kann, dann sehe ich das schon als recht sinnvoll an, wenn ein Teil der Überstunden nicht bezahlt wird. Ich habe dadurch ja auch den Freizeitausgleich.

Da aber A erst seit kurzem in der Firma ist, würde ich mir nur die Überstunden notieren und schauen, ob es es längerfristig so ist, das man immer mehr arbeitet. Es kann ja durchaus sein, das A als Neuling halt nur noch länger für die anfallenden Arbeiten benötigt und sich das mit der Zeit einpendelt. Auch kann es sein, das es Zeiten gibt, wo weniger zu tun ist und man daher nicht zum bis eigentlichen Feierabend bleiben muss. Damit würden sich dann auch Überstunden wieder ausgleichen.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Prinzipiell ist das eine Regelung, die sicherlich in vielen Firmen angewandt wird und auch recht weit verbreitet ist, zumindest in bestimmten Branchen. Ich kenne sogar die etwas verschärfte Variante, bei der Überstunden überhaupt nicht bezahlt werden, egal wie viele man hat. Es ist also nicht unüblich und der ein oder andere, der Deinen Beitrag hier liest, denkt vielleicht, dass es ihm genauso geht. In welcher Branche arbeitet der Betreffende denn?

Eine andere Frage ist es natürlich, ob das Ganze moralisch in Ordnung ist. Denn ein Unternehmen, dem seine Mitarbeiter etwas bedeuten und diese nicht nur als Arbeitsmaschinen sieht, würde hier sicherlich anders handeln. Am Tag mehr als acht Stunden zu arbeiten, ist schon hart, erst recht, wenn man dafür nicht die entsprechende Entlohnung erhält.

20 Überstunden im Monat würden ja bedeuten, dass man fast jeden Tag mindestens eine Stunden länger bleibt – das erscheint mir wirklich recht viel. So oft kann man gar nicht eher gehen, um das zu rechtfertigen. Von daher finde ich den Vorschlag, sich hier einmal an den Betriebsrat zu wenden, sinnvoll. Aber man muss auch bedenken, wie schon erwähnt, in manchen Bereichen ist so etwas üblich, wenn auch nicht schön. Vielleicht erhält derjenige dann vom Betriebsrat also auch nur die Auskunft, dass man nichts gegen diese Vereinbarung machen kann.

Als generelle Empfehlung würde ich mit auf dem Weg geben, dass man sich – sollte es keine Änderung der Vereinbarung geben – nebenbei mal etwas anders suchen sollte, um dann in ein Unternehmen mit besseren Arbeitsbedingungen wechseln zu können.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



In der heutigen Zeit versucht jedes Unternehmen, die Lohnkosten so niedrig wie möglich zu halten. Dabei lassen sich dir Firmen immer mehr Tricks einfallen. Eine Regelung, dass bis zu 20 Überstunden mit dem Gehalt abgegolten sind, ist da wahrscheinlich kein Einzelfall. Nun hat Person A ja dieser Regelung beim Abschluss des Arbeitsvertrages zugestimmt. Damit muss sie sich auch daran halten.

Gleiches gilt natürlich andererseits auch für die Firma. Auch diese ist theoretisch dazu verpflichtet, alle über diese 20 Überstunden pro Monat hinausgehenden Überstunden entweder zu vergüten oder abbummeln zu lassen. Dabei steht es der Firma frei, das Abbummeln vorzuschlagen. Soweit ist das ja auch kein Problem. Schwierig wird es, wenn man die Frage stellt, in welchem Zeitraum das Abbummeln zu erfolgen hat. Das muss nämlich nicht immer zeitnah passieren, und außerdem sollte es von der Firmenleitung genehmigt werden. Und somit kann es passieren, dass man fleißig Überstunden sammelt und dann nicht weiß, wann man sie abbummeln kann. Zumindest sollte man aber peinlichst genau aufschreiben, welche Überstunden man wann gemacht hat.

Eine Bezahlung der zu viel geleisteten Überstunden ist zwar prinzipiell auch möglich, aber nicht immer erstrebenswert. Einerseits werden die Überstunden ja auch versteuert, so dass davon nicht viel übrig bleibt, andererseits ist der Betrieb nicht daran interessiert, die Überstunden zu bezahlen, da es sich um zusätzliche Lohnkosten handelt. Nun befindet man sich als Arbeitnehmer also in einem Dilemma. Man kann natürlich auf den Arbeitsvertrag pochen, zum Betriebsrat gehen und versuchen, seine Überstunden einzuklagen. Damit macht man sich aber bei der Betriebsleitung nicht unbedingt beliebt.

Eine weitere Möglichkeit ist die Aussprache mit der Betriebsleitung. Vielleicht findet sich ja doch eine Lösung für das Überstundenproblem. In jedem Betrieb gibt es Zeiten hoher Auslastung und Zeiten, wo nicht so viel los ist. Vielleicht kann die Person A ja doch die Überstunden in solchen Zeiten geringer Auslastung abbummeln und sich so ein paar zusätzliche freie Tage machen? Das wäre in meinen Augen eine akzeptable Lösung des Problems.

» bigfoot11de » Beiträge: 575 » Talkpoints: 3,11 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich schätze, diese Regelung dient nur dazu, Kosten zu sparen. 20 Überstunden macht wahrscheinlich fast keiner pro Monat. Die Frage ist aber, ob das wirklich monatlich gilt, oder ob man generell, auch über den Monat hinaus angesammelte Überstunden dann abgegolten bekommt? Wenn ich also innerhalb von 2 Monaten 20 Überstunden ansammle, bekomme ich dann auch alles was darüber liegt abgegolten, oder hätte das innerhalb 1 Monats sein müssen?

Ich bekomme bei meiner Firma gar keine Überstunden ausbezahlt, egal wie viele ich davon mache. Und manchmal sammle ich da schon einiges an, zwar nicht innerhalb eines Monats, aber über Monate hinweg. Da kam es schon vor, dass ich irgendwann mal 100 Überstunden hatte und diese so nach und nach abgebaut habe. Mir wäre es lieber, ich bekäme mal etwas davon ausbezahlt, nicht weil ich dann unterm Strich mehr habe, sondern weil dieses Geld steuerlich auch in die Rente geht, was ja im Laufe der Zeit auch nicht so ohne ist.

Nun hat A die Vereinbarung unterzeichnet und ist erstmal an diese Regelung gebunden. Sie muss sich daran aber auch nicht weiter stören, denn wenn sie keine Überstunden in dem Maße macht, bekommt sie eben nichts ausbezahlt. Wenn siei aber damit nicht leben kann, bleibt ihr wohl nur die Suche nach einer anderen Arbeitsstelle mit anderen Bedingungen. Wobei ich davon überzeugt bin, dass alle Firmen in irgendeiner Form versuchen, hier Kosten zu sparen, wenn es um Überstunden geht. Oder es zumindest zu erschweren, viele Überstunden anzusammeln, damit da nicht so große Kosten kommen.

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» Vampirin » Beiträge: 5979 » Talkpoints: 30,32 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Also ich kenne es auch das Überstunden gar nicht bezahlt werden. Sowas ist aber normalerweise bei besser bezahlten Jobs. Und nicht bei unter 2000 im Monat. Also bei unter 2000 finde ich es nicht okay, zumal wenn regelmäßige Überstunden normal sind. Also ich würde schon versuchen ob man da nicht vielleicht was machen kann. Allerdings muss sie vorsichtig sein wen sie neu ist damit sie damit nicht doch Probleme bekommt.

» llohv » Beiträge: 250 » Talkpoints: 0,39 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Da bleibt es nur abzuwarten, wie sich die Überstunden-Sache in der Realität umsetzen lässt, sprich, ob die Arbeitnehmerin wirklich monatlich auf 20 Überstunden kommt und wenn es jeden Monat ist, sollte sie da vielleicht doch versuchen, etwas herauszuhandeln und gegegenfalls die Überstunden abbauen zu können. Dass die Firmen sich so etwas erlauben, liegt mitunter auch daran, dass man froh ist, überhaupt eine Arbeitsstelle zu haben und manch ein Mitarbeiter nimmt es dann so in den Kauf.

Mein Freund arbeitet leider auch sehr viel, aber bei ihm ist es vertraglich geregelt, dass er bis zu einer gewissen Anzahl an Überstunden diese ausbezahlt bekommt und der Rest wird dann für freie Tage aufgewendet. Damit lässt es sich ganz gut leben und nicht selten hat er dafür dann zusätzliche freie Tage und zusätzliches Geld erhalten.

Bei mir ist es anders. Ich habe keine wöchentliche Arbeitszeit, sondern muss meine Arbeit bis zu einer bestimmten Uhrzeit im Grunde erledigt haben. Das ist organisatorisch aufgrund von äusseren Einflüssen nicht handzuhaben und das weiss auch mein Arbeitgeber. Aber da ich in der Regel nicht mehr als 2 bis 3 Stunden brauche, je nachdem, wieviel an Post oder sonstigen Verteilaufgaben dazu kommt, ist das auch alles halb so tragisch. Dafür gibt es aber bei so etwas wie Telefonbüchern, gelben Säcken, Informationspost und so etwas einen kleinen Obulus.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



Sowas ist nicht in Ordnung, aber ich habe da noch ein anderes Beispiel. Gehalt liegt ein wenig über deiner Person A. Die Wochenstunden hat meine Person Z schon am Donnerstag zum Feierabend vollständig geleistet. Da es aber weder ein Stechuhr gibt noch die Zeit sonst irgendwie erfasst wird, gibt es etwas wie Überstunden einfach gar nicht.

Person Z macht so im Monat fast 30 Überstunden, die sie weder bezahlt bekommt noch ausgleichen kann. Arbeit ist mehr als genug vorhanden und sie leistet gute Arbeit, es wurde ihr auch gesagt, dass sie durchaus mal ein paar Stunden früher gehen kann, wenn ein wichtiger Termin ansteht, wenn sie sonst immer zeitig (sprich fast 1 Stunden vor offiziellem Abreitsbeginn) da ist. Wenn Z aber einmal sagt, dass sie mal eine halbe Stunde früher weg muss, wird sie vom Kollegen schon schief angeguckt.

Auf Anfrage beim Chef kam die Antwort, dass das schon immer so geregelt ist und wegen Person Z jetzt sicher nicht plötzlich Überstunden ausgeglichen oder ausbezahlt werden würden. Eine bodenlose Frechheit, wie ich finde. Alle anderen Mitarbeiter hätten damit ja auch kein Problem und der Chef konnte es gar nicht nachvollziehen, wie Person Z als neuster Mitarbeiter das jetzt in Frage stellen könne.

Die Methoden finde ich auch total daneben. So etwas ist nicht in Ordnung, wer seine Arbeitet leistet, sollte auch das entsprechende Geld dafür bekommen. Generell wird in dieser Firma aber so ein Druck ausgeübt, dass sich alle an die unausgesprochene Vereinbarung halten, dass Überstunden eben einfach hingenommen werden und durch das kleine Team im Unternehmen gibt es nicht einmal einen Betriebsrat, den man da einschalten könnte.

» türkis87 » Beiträge: 149 » Talkpoints: 0,61 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Aus einem ähnlichen Anlass habe ich mal den Thread Pünktlicher Feierabend - kein Recht mehr darauf? gestartet. Der Ursprung war, dass es zunehmend mehr Firmen gibt, die einfach erwarten, dass ihre Mitarbeiter nur noch für sie da sind und sogar ausfallend werden, wenn beispielsweise ein Mitarbeiter wichtige private Gründe nennt, die dagegen sprechen, dass neben den gerade geleisteten Überstunden weitere Überstunden geleistet werden. Tenor in meinem Umkreis: das ist nun mal so und mit einer Überstunde pro Tag hätte man es doch noch gut. Woanders wären es noch mehr und die würden auch weder vergütet noch mit Freizeitausgleich abgegolten. Eine Ausnahme ist so etwas also sicher nicht.

Allerdings finde ich so etwas auch nicht in Ordnung. Ich denke, dass Überstunden bei Bedarf sicher erlaubt bleiben sollten. Aber wenn ich so etwas lese und auch in meinem Umkreis höre, dann hält sich bei mir die Vermutung, dass manch Arbeitgeber aus der Not am Arbeitsmarkt zusätzliches Kapital schlagen möchte und daher einfach darauf baut, dass Arbeitnehmer so etwas mitmachen.

An As Stelle würde ich auf jeden Fall einmal beim Betriebsrat Rat suchen. Andererseits hat der Betriebsrat zwar schon das Recht die entsprechenden Formularverträge einzusehen, aber kein Recht bei der Ausgestaltung der Verträge mitzuwirken. Daher kann vielleicht eher ein Gang zur Gewerkschaft ratsam sein, um prüfen zu lassen, ob der geschlossene Arbeitsvertrag so in Ordnung ist.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Bei meiner Schwester ist es genauso. Also sie bekommt generell keine Überstunden bezahlt. Allerdings verdient sie auch mehr als das doppelte, demnach kann man das denke ich fast nicht vergleichen. Ich denke ich würde es nicht so hinnehmen und versuchen dort etwas mehr rausschlagen, allerdings nur wenn ich schon eine Zeit in der Firma arbeite und bewiesen habe dass ich gut und fleißig arbeite. Ich verstehe das Unternehmen dass sie nicht von sich aus dies ändern aber vielleicht sind sie bereit dies zu tun, wenn sie jemand freundlich fragt.

» milli23 » Beiträge: 1214 » Talkpoints: 2,62 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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