Proteste gegen Sparmaßnahmen
In Griechenland finden zur Zeit wieder heftige Proteste gegen die Sparmaßnahmen der Regierung statt. Die Demonstranten versuchten das Parlament, in dem die Entscheidung über die Sparmaßnahmen gefällt werden sollte, abzuriegeln und mussten durch Einsatz der Polizei daran gehindert werden. Schon seit über 20 Tagen demonstrieren die Bürger Griechenlands gegen die geplanten Sparmaßnahmen ihres Ministerpräsidenten Papandreou. Die Sparmaßnahmen sind jedoch keinesfalls freiwillig von der Regierung gewählt, sondern sind Auflagen der EU und des IWF, zur Bereitstellung von Milliardenkrediten. Was meint ihr? Sind die Auflagen zu hart und die Proteste der Bürger gerechtfertigt? Oder findet ihr, dass die Griechen Glück haben, überhaupt finanzielle Hilfe zu bekommen?
Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, in welcher Form da Sparmaßnahmen zur Auflage gemacht worden sind, aber mal erhlich, einen Kredit bzw. eine großzügige weitere finanzielle Unterstützung wollen aber nichts engegenbringen? Das kann ja wohl auch nicht sein. Ich gehe jetzt mal davon aus, daß die EU und der IWF da nichts unzumutbares verlangen. Wir kriegen ständig das Renteneintrittsalter und die Lebenshaltungskosten - angefangen beim Strom - raufgesetzt, da müßten unsere Leute auch mal Protest schieben.
Und aus irgendeinem Grund brauchen oder/und wollen die Griechen ja Hilfe haben, da müssen sie sich auch zum Einen Kritik an ihrem bisherigen Vorgehen gefallen lassen und zum Andern auch bereit sein, gewisse Voraussetzungen zu erfüllen, um die Hilfe zu bekommen. Ein Deutscher Bundesbürger kriegt, wenn er von HartzIV lebt, ja auch nicht mal eben eine Waschmaschine, da muß er schon nachweisen, daß er sie braucht. Und genauso muß sich eine Empfängerland gefallen lassen, daß es bestimmte Auflagen bekommt, wenn es Geld haben will.
rumkugeln hat geschrieben:Oder findet ihr, dass die Griechen Glück haben, überhaupt finanzielle Hilfe zu bekommen?
Es ist Quatsch zu glauben, die griechische Regierung hätte eine Chance, keine Kredite zu erhalten! Denn es geht ja gar nicht um das Geld für Griechenland. Vielmehr sind die anderen europäischen Staaten darüber besorgt, dass der Staat Griechenland die bestehenden Schulden nicht begleicht! Und dabei handelt es sich nicht um Schulden, welche deshalb entstanden sind, weil "die Griechen" über ihre Verhältnisse gelebt hätten! Ich verstehe sowieso nicht, weshalb das so gerne unkommentiert immer wieder betont wird, ohne gegen zurechnen, was es bedeuten würde, wenn man die Schulden den einzelnen Bürgern zusprechen würde. Nimmt man die Milliarden (an Krediten) und verteilt diese auf die elf Millionen Einwohner, müsste wohl kein Grieche jemals wieder arbeiten.
Sieht man nun aber, wozu und an wen die Regierung in Athen die Gelder hernimmt und auszahlt, wird klar, wer ein Interesse an den Darlehen hat. Und vor allem wer ein Interesse an der Verschuldung vorher hatte. Wie kann es nämlich sein, dass Griechenlands Militärausgaben in einer Höhe von sieben Milliarden Euro liegen? Ein Land, welches sich eben nicht an Einsätzen wie damals gegen Serbien beteiligt hat? Ein Land, welches als Nato-Mitglied eher keinen Militärischen Konflikt zu fürchten hat? Und wer hat was davon, das jährlich zig Milliarden für militärische Güter ausgegeben werden, die in dem Militärhaushalt noch nicht mal berücksichtigt werden? Guido Westerwelle war einer der Ersten, die betont haben, dass die Griechen unnötige Kosten zu vermeiden haben. Aber im gleichen Atemzug mahnte er an, dass die Bestellungen bei Krauss-Maffei natürlich abzunehmen und zu bezahlen sind! Wie hoch ist das Auftragsvolumen von staatlichen Aufträgen, die z.B. Siemens entgegen nimmt. Nur als Beispiele! Hier wird keiner wagen, Einsparungen oder Zahlungssaussetzungen zu fordern. Diese Ausgaben bedürfen keiner Überprüfung. Stattdessen wird darauf verwiesen, dass die Griechen zu wenig arbeiten würden. Was über die Menschen gerechnet sogar stimmt - wenn außer Acht gelassen wird, dass die offizielle Arbeitslosenquote bei deutlich über 10% liegt (siehe z.B. hier). Das sind aber nur die erfassten Arbeitslosen. Auch in Griechenland weiß man mit Statistiken umzugehen.
Es geht also gar nicht darum, "Griechenland" zu helfen. Das Rettungspaket dient erst mal dazu, Interessen Dritter (zu großen Teilen nicht zuletzt "Deutsche" Interessen) zu wahren. Es wäre gerade in der Bundesrepublik für deren Wirtschaft eine Katastrophe, wenn es hier zu einer unkontrollierten Insolvenz kommen würde und die Gläubiger einfach "Nichts" bekommen würden. Ähnlich dürfte es in den anderen Staaten des Südens sein (PIGS-Staaten).
Und um eben diese Gläubiger zu bedienen, werden Sparmaßnahmen gegen die Bevölkerung beschlossen - wogegen sich jetzt der berechtigte Protest richtet. Man kann nur hoffen, dass hier die Griechische Regierung - aber auch die EU - entsprechend schnell einlenkt, und die Erwartungshaltung der Gläubiger (!) zurückschraubt. Das hoffentlich, bevor die Konflikte so sehr eskalieren, dass nur noch militärische Mittel ausreichen, in einem Ausnahmezustand für Ruhe zu sorgen. Meine Sympathie jedenfalls gehört den griechischen Gewerkschaften, welche die Regierung in der Schuldenfrage so weit möglich bekämpft!
Die Griechen werden immer unverschämter. In Deutschland muss man schon Jahrzehnte sparen und die Bürger fügen sich. Wieso geht das nicht auch in Griechenland? Ich habe ja sogar letztens gelesen, das griechische Politiker unseren Bundestagsabgeordneten gedroht haben. So wird uns schlechtes geschehen, wenn wir nicht weiter an die Griechen bezahlen. So kann es doch nicht weitergehen. Wir schleppen immer mehr Geld ins Ausland. Die Griechen sollen sich nicht so anstellen. Schließlich haben sie lange genug die goldenen Zeiten gehabt. Man sieht ja wo diese hin geführt haben.
IamPirat hat geschrieben:Die Griechen werden immer unverschämter. In Deutschland muss man schon Jahrzehnte sparen und die Bürger fügen sich.
Äpfel und Birnen. Wo soll man da anfangen? Vielleicht an der Stelle: Die Deutschen mussten nie sparen, aber sie haben es sich erzählen lassen und sie haben es sich gefallen lassen. Und es war ein Fehler. Die Lohnzurückhaltung und der Steuersenkungswettbewerb der letzten 10 Jahre in Deutschland ist einer der Hauptgründe, warum Länder wie Griechenland überhaupt erst diese Probleme bekommen haben. Das war der größte Fehler, den Rot-Grün und die Nachfolger begangen haben, ohne ihn bis heute richtig zu erkennen. Und es ist einer der größten Fehler der Deutschen, dass sie sich das haben gefallen lassen. Man kann Franzosen, Griechen und auch Spanier nur bewundern, die kriegen den Arsch nämlich hoch und gehen auf die Straße. Die Folge der deutschen Strategie war, dass sich das Ausland jahrelang bei uns verschulden musste und es so zu enormen Verzerrungen, also Ungleichgewichten, im Handel gekommen ist. Die Finanzkrise war dann nur noch der Windstoß, der das Kartenhaus zum Einstürzen brachte. Mir ist es zu blöd, das hier im Detail zu erklären.
Bis vor der Krise ging es den Griechen relativ gut. Die Wirtschaft wuchs von 2000-2007 um ca. 4.1% jährlich und man konnte sogar die Gesamtverschuldung auf ca. 95% senken (von ca. 103% auf ca. 95% des BIP). Die Griechen haben wie wild investiert, in keiner Hinsicht hat Deutschland z. B. solch eine Entwicklung hingelegt. Zu behaupten, die Griechen seien unverschämt ist schon ziemlich unverfroren. Die Griechen haben jetzt ein Jahr wild gespart und zwar in einem solchen Maß, dass die OECD gerade erst bestätigt hat, dass KEIN anderes Industrieland in den letzten 25 Jahren so gespart hat. Das wusstes du sicherlich auch nicht. Dass ein Land sich nicht aus einer Krise heraussparen kann, weiß man eigentlich und genau so läuft es auch in diesem Fall. Spart ein Land, brechen die Steuereinnahmen weg, es kommt also noch weniger Geld herein. Die Katze beißt sich in den Schwanz, ein sinnloses Unterfangen.
Und was wollen EZB, EU, IWF und Deutschland? Die sollen noch mehr sparen. Da würde ich mir als Grieche auch nur noch an die Birne ticken und sagen: Habt ihr sie noch alle? Erstaunlich ist eigentlich, dass Griechenland momentan sogar den eigenen Haushalt ausgleichen kann, aber die Zinsen brechen ihnen das Genick. Und was wollen die Großkopferten noch? Das Land privatisieren, man kann auch sagen: Ausverkaufen. Und auch das hat in den meisten Fällen zu nichts geführt, außer zu noch höheren Kosten für die Bürger. Das Spiel haben wir doch schon zigmal durchgekaut.
IamPirat hat geschrieben:So kann es doch nicht weitergehen. Wir schleppen immer mehr Geld ins Ausland ...
Eigentlich ist es ja eher so, dass wir nicht Geld ins Ausland schleppen, sondern jahrelang die anderen Länder unterboten haben, indem wir einfach unsere Löhne und Unternehmenssteuern gesenkt haben, so dass wir neben Geld, vor allem Waren ins Ausland geschleppt haben. Gegen Zahlungsversprechen, die jetzt platzen. Aber darüber darf man sich nicht wundern, wenn man so eine absolut idiotische Wirtschaftsstrategie verfolgt. Wenn man andere zwingt, sich jahrelang bei einem zu verschulden, dann hat der andere nun mal irgendwann kein Geld mehr, um die Schuldenlast zu bedienen. Und was ist dadurch in unserer Gesellschaft passiert? Das solltest du mitbekommen haben. Den Unternehmen geht es gut, die Gesellschaft spaltet sich und der Anteil der Armen nimmt immer mehr zu, gleichzeitig auch der Druck auf die Mittelschicht.
Eigentlich muss man aber auch noch erwähnen, dass es natürlich noch eine ganz andere Ursache des ganzen Spiels gibt. Wir haben eine Systemkrise und die tiefere Ursache liegt in der Ausgestaltung des herrschenden, globalisierten und vor allem neoliberalen Wirtschaftsystems. Die derzeitige Gestaltung des Systems führt unvermeidlich zu einer zunehmenden Umverteilung von unten nach oben und zur Spaltung von Gesellschaften in wenige Reiche und viele Arme. Mal sehen, wie lange das noch gut geht. Dass es überall gärt und brodelt, dürfte jedem klar sein. Die Strategie, die wir auf der Welt seit ca. 30 Jahren (gezwungen werden zu) fahren, führt offensichtlich gerade auf die Wand zu. Das könnte noch ein blutiges Ende nehmen.
Richtlinie2 hat geschrieben:Erstaunlich ist eigentlich, dass Griechenland momentan sogar den eigenen Haushalt ausgleichen kann, aber die Zinsen brechen ihnen das Genick.
Na du bist ja lustig. Wie können einem bei einem ausgeglichenen Haushalt denn die Zinsen das Genick brechen? Entweder der Haushalt ist ausgeglichen oder nicht. In einen vernünftigen Haushaltsentwurf gehören die Zinsen, die zu zahlen sind als Ausgaben mit rein. Ich kann doch zu meiner Bank auch nicht sagen, ich wirtschafte super solide, wenn ich ihnen ihr Darlehen nicht zurückzahle. Das wird die aber nicht interessieren, schließlich habe ich mich bei der Gewährung des Kredites ja auch dazu verpflichtet das Geld wieder zurückzuzahlen.
Was meinst du denn was Deutschland für einen Haushalt hätte, wenn wir die Zinsen mal rausrechnen. Aber trotzdem müssen wir die zahlen, weil auch wir jedes Jahr genug neue Kredite aufnehmen in dem gleichen Wissen, wie es jeder Staat hat, dass dafür auch mal Zinsen gezahlt werden müssen. Und wenn man Kredite mit neuen Krediten bezahlt, dann ist das kein seriöses Wirtschaften und funktioniert nirgends auf lange Sicht.
Und ja die Griechen sind für mich selber Schuld. Hier zu argumentieren, alle anderen Staaten profitierten ja jahrelang davon, dass die Griechen viel Geld für Importe aus den Staaten ausgegeben hat, halte ich in diesem Zusammenhang für Unfug. Die einzigen die für die Ausgaben der Griechen verantwortlich sind, sind die Griechen selber. Sicher haben davon andere profitiert und die deutsche Exportwirtschaft wird einen Teufel tun, den Griechen von Käufen abzuraten. Aber dennoch haben am Ende die Griechen ganz allein entschieden, dass sie das Geld ausgeben und das sie 7 Mrd. Euro für ihr Militär aufbringen wollen. Hier geht es in erster Linie um ein griechisches Problem und nicht um die Folgen für andere Volkswirtschaften, wenn die Griechen früher mal gespart hätten.
Und ja die Griechen haben jahrzehntelang über ihre Verhältnisse gelebt. Das ist ganz einfach ein unwiderlegbarer Fakt. Das kann ich auch ganz einfach begründen ohne genau zu wissen, wofür da Geld ausgegeben wurde. Man kann nur Geld ausgeben, was man einnimmt. Gibt man mehr Geld aus, dann lebt man zumindest kurzfristig über seine Verhältnisse. Macht man das nur um damit Investitionen zu tätigen, die später zu soviel Mehreinnahmen führen, dass man die Kredite wieder abösen kann, dann ist das ja in Ordnung. Aber das kann heutzutage ja praktisch kein Staat mehr. Insofern lebt nahezu jeder über seinen Verhältnissen, nur der eine mehr und der andere weniger und das wird auch dazu führen, dass Griechenland kein Einzelfall bleiben wird.
Klehmchen hat geschrieben:Die einzigen die für die Ausgaben der Griechen verantwortlich sind, sind die Griechen selber.
Sorry, aber das ist so nicht haltbar. Zum einen natürlich, weil es keinen "Griechen" an sich gibt. Aber der Einfachhalthalber können wir nun mal das Kollektiv der Griechen vereinnahmen. Wenn man also von den Griechen spricht die "sich" verschuldet haben, darf man nicht vergessen, dass es sehr wohl auch Forderungen des IWF und z.B. der Nato gibt, welche die Griechen zu bestimmten Ausgaben (nicht zuletzt bzgl. des Militärs) zwingen. Wenn dann aber auch noch der eigene (Wirtschafts)Markt auf Grund von EU Richtlinien nicht gegen die wirtschaftlich überlegenen Konkurrenten politisch geschützt werden kann, verwundert es nicht, dass es auch aus dem Ausland keine Kritik gegen die Verschuldung gab! Hier "investiert" die griechische Regierung zig Milliarden, ohne das die eigene Wirtschaft davon profitieren kann.
Klehmchen hat geschrieben:Und ja die Griechen haben jahrzehntelang über ihre Verhältnisse gelebt.
Und diesen Satz höre ich ja nun auch schon wirklich sehr oft. Nicht nur in einem Forum wie diesem. Auch die sog. "Wirtschaftsexperten" überbieten sich ja damit, dies immer wieder zu wiederholen. Leider ohne zu erklären, was genau gemeint ist bzw. es werden untaugliche Beispiele angeführt. Es ist aber Fakt, dass der "Grieche" eben nicht über "seine Verhältnisse" gelebt hat. Denn dazu genügt es, sich die Wohlstandsverteilung anzusehen. Wenn hier dann behauptet wird, dass der durchschnittliche, abhängig Beschäftigte griechische Arbeitnehmer über seine Verhältnisse gelebt hat, weil sein Geld für Wohnraum und Nahrung ausgereicht hat, hat sehr seltsame Vorstellungen über die Verhältnisse, welche den Griechen angemessen sein sollen.
Klehmchen hat geschrieben:und das wird auch dazu führen, dass Griechenland kein Einzelfall bleiben wird.
Dies stimmt. Aber richtig ist auch, dass genau diese Fälle dafür Sorge tragen, damit Du und ich (sofern Du in der Bundesrepublik lebst) weiter "über unsere Verhältnisse" leben können und tatsächlich das Geld aufbringen können, den "Patienten nicht sterben" zu lassen. Schlimm ist eben nur, dass hier versucht wird, diese Gelder nicht bei den direkten Profiteuren zu holen, sondern den Weg über die Steuern zu gehen.
derpunkt hat geschrieben:Wenn man also von den Griechen spricht die "sich" verschuldet haben, darf man nicht vergessen, dass es sehr wohl auch Forderungen des IWF und z.B. der Nato gibt, welche die Griechen zu bestimmten Ausgaben (nicht zuletzt bzgl. des Militärs) zwingen. Wenn dann aber auch noch der eigene (Wirtschafts)Markt auf Grund von EU Richtlinien nicht gegen die wirtschaftlich überlegenen Konkurrenten politisch geschützt werden kann, verwundert es nicht, dass es auch aus dem Ausland keine Kritik gegen die Verschuldung gab! Hier "investiert" die griechische Regierung zig Milliarden, ohne das die eigene Wirtschaft davon profitieren kann.
Kann man so sehen, ich könnte jetzt aber auch sagen, dass ja niemand die Griechen in die NATO oder die EU gezwungen hat. Die Schweizer sind ja auch nicht mit drin. Klar das ist jetzt sehr stark vereinfacht und so einfach auch nicht zu erklären. Aber dennoch muss man eben auch immer wissen, ob man alles was man haben will, auch bezahlbar ist. Die Griechen hätten ja auch nicht den Euro einführen müssen. Die Eurozone wäre ohne Griechenland sicher nicht schlechter dran und die Griechen hätten sich die Chance bewahrt allein über eine Abwertung ihrer Währung zu entscheiden. Wollten aber beide Seiten nicht, nun müssen beide Seiten mit den Konsequenzen leben. Die Europäer damit, dass man jetzt Milliarden investieren muss und die Griechen, dass ihnen jetzt jeder der Geld gibt vorschreiben will was zu tun ist.
Und warum sollte man nicht behaupten dürfen, die Griechen haben jahrelang über ihre Verhältnisse gelebt? Das Geld spricht da doch eine sehr deutliche Sprache. Wir messen die Verhältnisse ja nicht an einer für alle Menschen gleichen Schwelle, sondern daran, was sich jeder einzelne leisten kann und was er sich dann tatsächlich leistet. Dazu gehört eben auch dass der Staat nur das ausgibt, was er einnimmt und wenn er weniger einnimmt, dann muss man überlegen wo gespart werden kann. Und es ist ja nun nicht so, dass kein Bürger etwas von den Ausgaben seines Staates hätte. Der Staat gibt ja auch Geld für Renten, Arbeitslose, Bildung usw. aus. Auch die Straßen die er baut, werden von allen benutzt, wenn er Betriebe fördert, damit die 50 Arbeitsplätze schaffen, profitiert sicher der Unternehmer davon, der viel Geld bekommt, aber eben auch die 50 Leute die dann da angestellt werden.
Ich mache das jetzt nicht mal daran fest, dass der europäische Steuerzahler den Griechen jetzt Milliardenhilfen zahlen muss. Ich sage ja auch, dass auch wir in Deutschland seit Jahrzehnten über unseren Verhältnissen leben, so wie es nahezu jedes Land macht. Nicht umsonst steigen nahezu überalle die Staatsschulden drastisch an. Und davon profitieren eben nicht nur ein paar Großindustrielle und Banker, sondern oftmals auch der einfache Steuerzahler. Oder meinst du bei weit über 8 Millionen Aktionären und Fondsbesitzern in Deutschland handelt es sich nur um "Oberschicht"? Und meinst du diese über 8 Millionen würden sich darüber freuen, wenn ein Ackermann statt 25% Rendite, nur noch 2,5% Rendite anpeilt?
Erstens würde ich gerne sagen dass ich die Sparmaßnahmen für nötig erachte. Würde man die Griechen nicht unter Druck setzen was zu ändern würden sie dies wohl nicht so schnell umsetzen. Irgendwie kann ich die Griechischen Bürger ja verstehen. Es mag im ersten Moment schon sehr einengend erscheinen wen sich plötzlich alles ändert. Gerade weil ja auch viele Griechen von der Hand in den Mund leben. Aber die Griechen müssen auch verstehen können dass es in anderen Ländern nicht anders läuft.
Warum sollten sie früher in Rente gehen wie die meisten anderen in Europa, oder warum sollten sie kaum Steuern zahlen? Die Griechen müssen einfach lernen das was sie bisher hatte unnormal gut war und sie sich nun dem restlichen Europa anpassen müssen oder sie werden Pleite gehen und halb Europa mitreisen. Es kann nicht sein das wir Geld in ihr Land pumpen und sie sich dann weigern Steuern zu zahlen oder später in Rente zu gehen. Das geht einfach nicht. Noch habe ich die Hoffnung dass die Griechen dies bald einsehen werden.
Klehmchen hat geschrieben:[...]Kann man so sehen, ich könnte jetzt aber auch sagen, dass ja niemand die Griechen in die NATO oder die EU gezwungen hat.
Die EU - und damit meine ich v. a. Deutschland und Frankreich - wollte so viele Länder wie möglich in den EU-Währungsraum hineinbekommen. Außerdem hat Griechenland geopolitische Bedeutung, was sich auch in den (eigentlich viel zu) hohen Rüstungsausgaben zeigt. Wer profitiert eigentlich davon? Die Frage ist nun eher rethorisch. Seit spätestens 2004 war bekannt, dass Griechenland nie die Kriterien zur Aufnahmen in den Währungsraum erfüllt hatte. Ein Ausschluss hätte spätestens an der Stelle auf die Agenda gemusst. Es gab aber nicht mal ein Vertragsverletzungsverfarhen o. ä. Merkel hat doch damals wie eine Weltmeisterin mit Karamanlis gekungelt. Die Griechen waren als erwischte Spitzbuben von da an natürlich im Rahmen von EU-Abstimmungen fest in deutscher Hand. Dafür hat man aber dann bei den Finanzen etwas weggeschaut.
Klehmchen hat geschrieben:[...]Die Europäer damit, dass man jetzt Milliarden investieren muss und die Griechen, dass ihnen jetzt jeder der Geld gibt vorschreiben will was zu tun ist.
Das ist jetzt die spannende Frage: Lässt sich das griechische Volk jetzt weiter ausnehmen und lassen sie ihr Land über Jahre ausbluten oder gehen sie vollends auf die Barrikaden?
Klehmchen hat geschrieben:[...]Und warum sollte man nicht behaupten dürfen, die Griechen haben jahrelang über ihre Verhältnisse gelebt? Das Geld spricht da doch eine sehr deutliche Sprache. Wir messen die Verhältnisse ja nicht an einer für alle Menschen gleichen Schwelle, sondern daran, was sich jeder einzelne leisten kann und was er sich dann tatsächlich leistet.
Das Geld spricht überhaupt keine Sprache. Zeige mir mal ein Land, das nicht in dem von dir (falsch) vestanden Sinn über seine Verhältnisse lebt? Es gibt bis auf Ausnahmen fast immer Budgetdefizite. Und anders herum? Nimm Irland, die haben 10 Jahre keine Defizite gehabt und was nützte das? Und wir? Zumindest der Staat verschuldet sich seit Jahren mehr, als er einnimmt. Und wieviel Zinsen zahlen wir? Man reißt sich um deutsche Schuldverschreibungen, trotz Schulden. Wir machen momentan ein Supergeschäft damit. Im Übrigen lag z. B. der Staatsausgabenanteil in Griechenland vor der Krise sogar unter unserem. Von 2000-2006 ist der in Griechenland von 47% auf 43% gesunken. Dort hat man also auch nicht übermäßig viel ausgegeben. Auch Ländern mit weit höheren Quoten geht es übrigens prächtig (Schweden liegt bei 50-55%). Oder nimm Japan, deren Schuldenstand ist weit höher, als der der Griechen. Und was zahlen die Japaner für Zinsen? Die Finanzkrise hat dann in Griechenland natürlich zu Problemen geführt, aber nicht ein "über die Verhältnisse leben" oder "faule Griechen" oder "reiche Rentner". Und als das dann die Finanzmärkte zum Spekulationsobjekt erhoben haben, da war es vorbei. Es sind die Zinsen, die das Land jetzt zerstören. Es gibt eine relative aktuelle Berechnung vom IMK. Die haben berechnet, dass bei einem Fallen der Zinssätze auf 3% für Griechenland 2015 das Defizit nur noch bei 110% läge (momentan geht es Richtung 150%). Das finde ich schon erstaunlich. Und auch wir profitieren momentan von den Griechen, denn wir kriegen das Geld natürlich billiger, als wir es von den Griechen zurückverlangen (weswegen die auch sauer sind).
Man tut immer so, als hätten die dort alle in Saus und Braus gelebt. Das stimmt doch so nun auch nicht. Das Problem in der EU ist doch viel eher, dass vor allem Deutschland 'unter seinen Verhältnissen lebt'. Wir haben bei uns die Löhne wie wild gedrückt, die Lohnstückkosten sanken und alle mussten quasi bei uns einkaufen. Unser (erzwungener) Erfolg hier baut also auf dem Misserfolg der Südländer auf, allerdings haben wir das teuer bezahlt durch eine völlige Stagnation des privaten Konsums, durch eine Prekarisierung des Arbeitsmarktes, durch zunehmende Armut und eine zunehmende Spaltung unserer Gesellschaft.
Klehmchen hat geschrieben:[...] Dazu gehört eben auch dass der Staat nur das ausgibt, was er einnimmt und wenn er weniger einnimmt, dann muss man überlegen wo gespart werden kann.
Alles hohle Theorie einer schwäbischen Hausfrau - du weißt, wen ich meine. Ein Staat funktoniert nicht nach haushalterischen Prinzipien, wie dein privater Haushalt. Das vergangene Jahr in Griechenland sollte doch deutlich gezeigt haben, dass ein Land sich nicht wieder Gesundsparen kann. Das Gegenteil ist der Fall. Die Griechen haben seit 2010 übelst gespart. Ca. 20% der Einkommen sind verloren. Das wurde auch alles schon offiziell bestätigt. Und was hat es genützt? Nichts - das Gegenteil. Aber das ist doch nur logisch. Kürzt der Staat die Ausgaben, fehlen an anderer Stelle die Einnahmen. Die Wirtschaftsleistung muss einbrechen, wenn Löhne und Renten gekürzt werden. Der private Konsum ist um fast 20% eingebrochen. Nicht die hohen Ausgaben sind dann ein Problem, es sind die fehlenden Einnahmen. Diese Politik hat noch nie irgendwo richtig funktioniert und sie wird es auch hier nicht. So wird das ein Fass ohne Boden und ändert nichts an den Ursachen, verschlimmert sie nur.
Klehmchen hat geschrieben:[...]Ich sage ja auch, dass auch wir in Deutschland seit Jahrzehnten über unseren Verhältnissen leben, so wie es nahezu jedes Land macht.
Wieso? Können wir etwa unsere Schulden in Deutschland nicht mehr bedienen? Haben wir hohe Schulden im Ausland oder in fremder Währung? Dumme Frage bei einem fast Exportweltmeister. Wie hat sich denn der Anteil der Zinslast am BIP in den - sagen wir - letzten 20 Jahren entwickelt? Na? Wo ist denn da die Explosion? Unsere Volkswirtschaft produziert so viel, dass wir einen großen Teil davon sogar ins Ausland verscherbeln müssen, wir können das alles gar nicht verfrühstücken. Für mich hört sich das alles absolut nicht nach "über die Verhältnisse" an. Eher ein wenig nach dem Gegenteil, wenn ich da nur an die Entwicklung der Löhne denke. Wo ist bloß das ganze Geld hin? Ich verrate dir so viel: Der Staat hat es nicht bekommen. Auch wenn Merkel, Köhler & Co. dieses Zeug zum 106. mal von sich geben, die Geschichte vom 'über die Verhältnisse leben' ist eine für das Volk in Zusammenarbeit mit Springer und der Bertelsmann-Stiftung zusammengeschusterte Idee und es wird nicht wahrer. Zudem hast du ein völlig falsches Verständnis von staatlichen Schulden. So schlimm sind die nicht, so lange es in einem Rahmen bleibt - den aber keiner so genau kennt. Du musst das auch immer so sehen, eine Ausgabe des Staates ist ja auch immer eine Einnahme eines anderen. Das Geld verschwindet ja nicht, es sei denn, es landet im Casino oder sammelt sich einseitig bei einigen wenigen Profiteuren und das alles wird heute zunehmend ein Problem.
Klehmchen hat geschrieben:[...]Oder meinst du bei weit über 8 Millionen Aktionären und Fondsbesitzern in Deutschland handelt es sich nur um "Oberschicht"? Und meinst du diese über 8 Millionen würden sich darüber freuen, wenn ein Ackermann statt 25% Rendite, nur noch 2,5% Rendite anpeilt?
8 Mio. hört sich viel an, ist im internationalen Vergleich aber eher Entwicklungslandniveau. Bei uns gibt es absolut kein Vertrauen des 'kleinen Mannes' in die Aktie, trotzdem tust du so, als wäre es so. Nicht einmal 2 Mio. Aktienbesitzer gibt es in Deutschland und die Tendenz zeigt nach unten. 1999 waren es noch ca. 3.5 Mio. Die 2 Mio. dürften sich in der Tat zum großen Teil aus dem Bereich der Oberschicht und gut verdienenden Mittelschicht zusammensetzen. Bei den Fonds schwankt es und es hat in den letzten Jahren eine leichte Zunahme gegeben. Das mag v. a. auch mit dem Riester-Spaß zusammenhängen. Und wenn Ackermann hohe Renditen ausruft, dann kann ich nur sagen: Wer bezahlt es denn bitteschön? Wo soll das Geld denn herkommen? Langfristig müssen ja all diese Casinorenditen bedient werden können. Wieviel produziert die Welt noch gleich langfristig im Durschschnitt an Rendite? Und wie soll sich diese Rendite langfristig mit solchen Forderungen vertragen? Aktien jedenfalls tragen so gut wie gar nicht zur gesellschaftlichen Wohlfahrt bei und wenn Ackermann u. a. hohe Renditeforderungen stellen, hat die Gesellschaft an sich herzlich wenig davon.
P. S. Der 'Wirtschaftsdienst' hatte da neulich einen schönen Schrieb über 'Staatsschulden als permanente Einnahmequelle'. Google ist dein Freund. Als kleiner, schneller Einstieg in die Finanzpolitik sollte das interessant sein, um dem Phänomen Schulden mal einen Schritt näher zu kommen.
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