Ex-Dr. zu Guttenberg verlässt Deutschland

vom 14.06.2011, 10:49 Uhr

Der ehemalige Verteidigungsminister und frühere Polit-Star Karl-Theodor zu Guttenberg möchte, zusammen mit seiner Familie, mindestens zwei Jahre ins Ausland gehen. Er wolle sich dabei eine Art Auszeit nehmen und die Geschehnisse in Deutschland, die Aberkennung des Titels und die Aufgabe aller politischen Ämter, hinter sich lassen.

Für die Zeit danach schleißt er eine Rückkehr nicht aus. Das heißt nicht nur eine Rückkehr nach Deutschland, auch ein erneuter Anlauf, in der Politik Fuß zu fassen, sei nicht ausgeschlossen. Im Moment ist dies sicherlich noch nicht denkbar, aber beim schnellen Wandel der Meldungen, Nachrichten und Themen in den Medien, weiß man ja nicht, was 2013 vom ehemaligen Dr. Guttenberg noch erwartet werden kann.

Was haltet Ihr davon? Könnt Ihr Euch einen Rückkehr zu Guttenbergs in die Politik in einigen Jahren vorstellen? Glaubt Ihr, er hat noch eine Chance? Oder sollte er sich lieber endgültig aus der Öffentlichkeit zurückziehen? Sollte er sein politisches Glück vielleicht lieber in anderen Ländern suchen - etwa wie "Arnie" in den USA?

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Also ich finde es gut, dass sich dieser Schummler hier aus dem Staub macht. Allerdings heißt das noch lange nicht, dass er für immer von der Bildfläche verschwunden ist. Vielleicht macht er es wie Cem Özdemir, der 2003 auch für einige Zeit in die USA ging. Er wollte dorten seinen Flugmeilenskandal vergehen lassen.

Lange Rede, kurzer Sinn. Ich hoffe er bleibt der deutschen Politik erspart. Nicht nur, weil er ein Betrüger war, sondern auch weil sein ganzer Habitus und seine Art Politik zu machen dem Land geschadet hat. Man schaue nur einmal die vielen Skandale in der Bundeswehr an und die halbgare Reform des ganzen Ladens. Zum Glück gibt es nun einen besseren Verteidigungsminister.

» Drughi » Beiträge: 10 » Talkpoints: 1,91 »


Aber findest Du nicht, dass jeder eine zweite Chance verdient hat, mit Ausnahme von Schwerverbrechern vielleicht? Hast Du in der Schule nicht auch ab und an mal abgeschrieben oder bei Klassenarbeiten geschummelt? Hast Du Dich nicht auch mal besser dargestellt als Du vielleicht bist, um zu imponieren?

Was er gemacht hat, ist im Prinzip das gleich, nur auf einer anderen Ebene und natürlich als öffentliche Person. In wie vielen Diplom- und Doktorarbeiten würde man wohl ähnliche Fehler finden, wenn man genau sucht. Ich habe schon in mehreren Diplomarbeiten auffallende Ähnlichkeiten mit ganzen Buchpassagen gefunden, das scheinen viele Stundeten so zu praktizieren. Aber für unwichtige Studenten interessiert sich eben keiner, für den Ex-Dr. hingegen schon.

Damit will ich natürlich nicht sagen, dass es nicht schlimm wäre, so massiv zu betrügen. Aber unserer gesellschaftliche Kultur der Titel-Versessenheit mag eben ab und an dazu führen, dass Leute auch etwas erschleichen. Wer fordert, dass gerade Politiker ganz tolle Lebensläufe vorweisen müssen und keine Fehler machen dürfen, darf sich hinterher nicht wundern, wenn geschummelt und vertuscht wird.

Daher fände ich es eigentlich begrüßenswert, wenn er irgendwann mal wieder eine Rolle im öffentlichen Leben spielen würde; auch wenn ich kein CDU-Wähler bin ;)

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Anhand des Falls von Herrn zu Guttenberg konnte man wieder einmal erleben, wie schnell Glanz doch verblassen kann. In den einem Moment liegen die Deutschen ihm noch zu Füßen und loben seine Arbeit. Ich fand den ganzen Verlauf, den diese unschöne Entdeckung genommen hat, typisch für das deutsche Bewusstsein. Kaum findet man auch nur den kleinsten Fleck auf einer weißen Weste, wird noch ordentlich darauf herumgerieben, bis schließlich alles verdreckt ist.

Man vergisst viel zu schnell, wie sehr sich zu Guttenberg für die Bundeswehr in Afghanistan eingesetzt hat. Ebenfalls genoss er auch international höchstes Ansehen, bis schließlich die Boulevardblätter und etliche Diskussionsrunden im Fernsehen ihn förmlich zerissen haben. Jedoch glaube ich noch an eine Art Comeback für diesen fähigen Mann.

» Mint » Beiträge: 22 » Talkpoints: 10,10 »



Es ist genau das eingetreten, was ich mir schon vorher gedacht habe. Nach dem großen Fall, kommt die Pause und danach die Rückkehr. Das sind wohl die drei klassischen Phasen

Der Fall

Karl Theodor zu Guttenberg tritt von all seinen Ämtern zurück. Der Grund dafür ist, dass er seine Doktorarbeit nicht komplett selber geschrieben hat und auch viele Quellen vergessen hat. Dadurch hat er an Ansehen verloren und muss die wenigen retten, die noch an ihn glauben. Der Rücktritt ist die logische Schlussfolgerung. Natürlich nicht, ohne vorher noch einmal deutlich zu machen, dass er sich auch in der Provinz um die Bürger kümmert. Wer sich an den letzten Auftritt von Karl Theodor von Guttenberg erinnert, weiß was ich meine. Dort verkündete er ja, dass er ein Büro in seinem Wahlbezirk behalten wird.

Die Pause

Jetzt wird Karl Theodor von Guttenberg erst einmal genug Zeit haben, um sich zu überlegen, was als nächstes folgt. Dafür bietet sich natürlich ein Auslandsaufenthalt an. So kann er Gras über die Sache wachsen lassen und niemand beklagt sich mehr. Vor allem ist er auch von den Medien geschützt.
Auch wird er nun neue Kraft tanken können.

Die Rückkehr

Die Rückkehr wird, denke ich gegen Ende 2012 stattfinden, wenn nicht vorher die Welt untergeht. Karl Theodor von Guttenberg wird voll entspannt aus dem Ausland zurückkommen und sich in die Arbeit stürzen. Er wird wieder ein Bundestagsmandat bekommen und sich wahrscheinlich durch provozierende Aussagen profilieren. Danach wird er bestimmt wieder einen Ministerposten bekommen. Und er steht wieder da, wo er zum Anfang seiner Karriere stand. Nämlich ganz oben.

» IamPirat » Beiträge: 431 » Talkpoints: 24,64 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Zitronengras hat geschrieben:Aber findest Du nicht, dass jeder eine zweite Chance verdient hat, mit Ausnahme von Schwerverbrechern vielleicht? Hast Du in der Schule nicht auch ab und an mal abgeschrieben oder bei Klassenarbeiten geschummelt? Hast Du Dich nicht auch mal besser dargestellt als Du vielleicht bist, um zu imponieren?

Wer mit diesem Argument kommt, und da bist du leider bei weitem nicht der einzige, hat leider immer noch nicht verstanden um was es hier eigentlich geht. Eine Dissertation ist KEINE Klassenarbeit und auch nicht so etwas ähnliches oder irgendwie damit vergleichbares.

Außerdem geht es gar nicht so sehr darum, dass der Herr Ex-Doktor und Ex-Minister systematisch betrogen hat bei seiner Doktorarbeit, sondern, dass er diese Tat bis zum Schluss genauso systematisch und konsequent geleugnet hat. Selbst in seiner abschließenden Erklärung hat er ja noch die Schuld bei anderen gesucht, obwohl nun auch von Seiten der Universität der Betrug bestätigt worden ist.

Und genau das disqualifiziert ihn für mich auch für sämtliche öffentliche Ämter in der Zukunft. Im Prinzip bin ich schon der Meinung, dass jeder eine zweite, vielleicht sogar dritte Chance verdient hat und ich schließe auch Schwerverbrecher davon nicht konsequent aus. Aber wenn jemand so wenig Reue und Einsicht zeigt verdient er diese Chance einfach nicht.

Von mir aus kann er jedenfalls gerne ins Ausland gehen. Wir haben schon genug unehrliche Politiker hier, da kann einer weniger nur gut sein. Und es ist ja auch nicht so, als hätte er während seiner Amtszeit irgendwas überragendes geleistet. Was mich aber viel mehr interessiert - was will er denn während dieses Auslandsaufenthalts machen? Ich meine, Juristen, die mit ihrem Studium anscheinend überfordert waren, gibt es doch anderswo auch genug, da muss man doch niemanden aus dem Ausland anwerben.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


was will er denn während dieses Auslandsaufenthalts machen? Ich meine, Juristen, die mit ihrem Studium anscheinend überfordert waren, gibt es doch anderswo auch genug, da muss man doch niemanden aus dem Ausland anwerben.


Dazu war nichts Genaueres zu lesen; aber ich nehme mal an, dass sich - trotz der Ereignisse der letzten Monate – in seinen Kreisen jemanden finden wird, der ihn beschäftigt; als Berater oder sonst irgend etwas. Also das stelle ich mir nicht schwer vor, dass ein Jurist irgendwo unterkommt.

als hätte er während seiner Amtszeit irgendwas überragendes geleistet.


Welcher Politiker hat das schon? Die meisten Amtsträger des ehemaligen oder jetzigen Kabinetts kennt man doch noch nicht einmal, geschweige denn, dass die durch überragende Leistungen aufgefallen wären. Was nicht heißen muss, dass sie inkompetent sind, aber es ist eben nicht so leicht, das alltägliche Wirken im politischen betrieb so herüber zu bringen, dass anderen (Außenstehenden) da etwas Besonderes auffällt. Zumindest hatte er die Idee, die Wehrpflicht abzuschaffen und damit eine Bundeswehrreform zumindest begonnen. Das ist doch auch was.

Wer mit diesem Argument kommt, und da bist du leider bei weitem nicht der einzige, hat leider immer noch nicht verstanden um was es hier eigentlich geht. Eine Dissertation ist KEINE Klassenarbeit und auch nicht so etwas ähnliches oder irgendwie damit vergleichbares.


Ich möchte auch nicht behaupten, dass eine Klassenarbeit und eine Dissertation dasselbe sind. Beides kann man aber als eine Art Leistungsbewertung oder Wissens- und Fleißtestung bezeichnen. Das eine in ganz kleinem Rahmen, das andere hat eine sehr viel weiterreichende Bedeutung und ist auch mit viel Ansehen verbunden.

Da ich selbst an der Uni arbeite, habe ich damals sogar auch den Aufruf zugesendet bekommen, in dem Doktoranden Fr. Merkel baten, sich von Guttenberg zu distanzieren. Ich habe das bewusst nicht unterschrieben; nicht, weil ich Plagiate „ok“ fände oder weil ich Betrug als legitim erachte, sondern weil mir diese Aktion übertrieben schien. Es ist natürlich nicht in Ordnung, bei einer wissenschaftlichen Arbeit mehrheitlich Fremdtexte zu „klauen“, aber verglichen mit anderen Taten ist das für mich trotzdem nichts, was solch eine öffentliche Hetze rechtfertigt.

Es hätte gereicht, ihm den Titel zu entziehen, das Amt hätte er doch behalten können. Man hätte ihn nicht zum Rücktritt nötigen müssen. Eine Verfehlung in einem Lebensbereich disqualifiziert für mich nicht den Menschen als Ganzes. Hier mag es einige Ausnahmen geben, aber Plagiate zählen für mich nicht zu den Dingen, die jemandem gleich das komplette Berufsleben zunichte machen sollten.

sondern, dass er diese Tat bis zum Schluss genauso systematisch und konsequent geleugnet hat. Selbst in seiner abschließenden Erklärung hat er ja noch die Schuld bei anderen gesucht, obwohl nun auch von Seiten der Universität der Betrug bestätigt worden ist.


Na ja, wer gibt das schon offen und ehrlich und von Anfang an zu, wenn er etwas falsch gemacht hat. So vorbildlich ist doch niemand. Natürlich versucht jeder, wenn er seine Karriere gefährdet sieht, sich irgendwie herauszureden. Das finde ich menschlich absolut verständlich. Mag sein, dass perfekte Menschen in einer idealen Welt anderes reagieren sollten und sofort mit der Sprache herausrücken sollten – aber so handelt in der Realität doch keiner. Und wenn man einmal angefangen hat, sich eine Erklärung zurecht zu legen, dann kommt man da eben nicht mehr so leicht heraus. So sind Menschen eben.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Ich persönlich glaube nicht, dass Herr Guttenberg nochmals in der Politik Fuß fassen kann. Das würde mich sehr wundern. Nach dem Skandal mit dem Doktortitel ist er einfach nicht mehr glaubwürdig. Man sagt zwar, dass die Zeit alle Wunden heilt, aber die Medien vergessen nichts.

Sobald Herr Guttenberg aus dem Ausland zurückkommt und wieder ein Amt anstrebt, werden sich die Medien erneut auf ihn stürzen. Ich glaube kaum, dass er das möchte oder nötig hat. Finanziell dürfte er ja wohl abgesichert sein.

Eine Auslandskarriere ist zwar nicht ganz abwegig, aber auch da wird sich sowas sehr schnell rumsprechen. Insofern sollte sich Herr Guttenberg lieber aus der Politik in Zukunft heraushalten. Ich denke mal, es gibt genügend Jobs in der freien Wirtschaft, die er machen könnte. Beziehungen konnte er bei seiner politischen Karriere bestimmt genügend sammeln.

Aber im Großen und Ganzen muss ich sagen, dass es mir eigentlich völlig egal ist, wie die Karriere von Herrn Guttenberg weiter geht. Vielleicht will er ja ins Ausland, um seinen Doktortitel nachzumachen. Unter Umständen kann er sich da ja einen neuen kaufen.

» bigfoot11de » Beiträge: 575 » Talkpoints: 3,11 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Zitronengras hat geschrieben:[...]Na ja, wer gibt das schon offen und ehrlich und von Anfang an zu, wenn er etwas falsch gemacht hat. So vorbildlich ist doch niemand.

Dabei vergisst du nur eines, nämlich das Gutti sich immer als das personifizierte Gute, als das Licht der Ehrlichkeit, der Korrektheit und der Tugend überhaupt, gegeben hat. Du vergisst, dass er selber immer extrem schnell und häufig auch vorschnell von anderen genau jene Korrektheit eingefordert hat. Zusammen mit dem Wirken seiner Frau und in Zusammenarbeit mit der BILD haben sich die beiden ja geradezu zum moralischen Gewissen der Nation erhoben. Und das ist dann die Stelle, wo für mich jegliche Argumentation in Richtung "wir haben ja alle mal abgeschrieben" oder "so vorbildlich ist doch niemand", wie ein Kartenhaus zusammenbricht. Wenn man sich so weit aus dem Fenster lehnt, dann sollte man auch gut gesichert sein. Guttenberg aber war ein enormer Blender und dazu noch einer, der das durch eine gut inszenierte Show zu vertuschen suchte.

Ebenfalls ist jeglicher Vorwurf gegenüber der geifernden Medienmeute absurd, denn niemand anders als die Guttenbergs haben sich der Springer-Presse bis zum Erbrechen bedient. Es ist ja eine (leicht zu durchschauende) Strategie, vom eigenen Fehlern abzulenken, indem man dem Gegner mit lautem Getöse eben jenen Fehler vorwirft und so lief es auch im Fall der Presse, die sich angeblich plötzlich verschworen hatte.

Daneben muss man immer wieder erwähnen, dass Guttenberg auch in seinem politischen Wirken eigentlich grandios gescheitert ist. Nicht zuletzt die Bundeswehrreform, ein Scherbenhaufen.

Was also sollen wir mit einem solchen Menschen, der sich öffentlich selbst bis zur letzten Minute demontiert hat und bereits eingehend bewiesen hat, dass er den bisherigen politischen Ämtern nicht gerade gewachsen war? Soll er es sich doch irgendwo auf der Welt mit seinen mehreren Hundert Millionen gut gehen lassen, soll er weiter sein Vermögen verwalten. Nach seinem ganzen skandalösen Verhalten, halte ich ihn politisch nicht mehr für tragbar, auch nicht in Zukunft. Aber als Berater, Verkäufer, Strippenzieher, Lobbyist, da kann er diese Talente sicherlich gut einsetzen.

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» Richtlinie2 » Beiträge: 1872 » Talkpoints: -0,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Zitronengras hat geschrieben:Dazu war nichts Genaueres zu lesen; aber ich nehme mal an, dass sich - trotz der Ereignisse der letzten Monate – in seinen Kreisen jemanden finden wird, der ihn beschäftigt; als Berater oder sonst irgend etwas. Also das stelle ich mir nicht schwer vor, dass ein Jurist irgendwo unterkommt.

Ich habe bei der Frage gar nicht so sehr an die Ereignisse hier in Deutschland gedacht, sondern einfach an die Tatsache, dass Juristen nicht gerade selten sind und, dass er ja nur das erste Staatsexamen hat und keinen Doktortitel, der das fehlen des zweiten Staatsexamens wohl irgendwie kompensieren kann. Sprich, ich denke einfach, dass jemand, der einen Juristen einstellen will, zig Bewerber haben wird, die besser qualifiziert sind. Aber du hast natürlich recht - irgendwie wird man ihm irgendwo schon einen Posten zuschustern, denn das ist in seinen Kreisen ja keine Seltenheit.

Welcher Politiker hat das schon? Die meisten Amtsträger des ehemaligen oder jetzigen Kabinetts kennt man doch noch nicht einmal, geschweige denn, dass die durch überragende Leistungen aufgefallen wären.

Die Tatsache, dass andere Politiker auch nicht besser sind, was ich nicht bestreiten will, qualifiziert den guten Mann aber nun auch nicht wirklich für den Job, oder? Ganz im Gegenteil, du sagst damit ja, das jeder andere den Job genauso gut oder schlecht machen könnte.

Zumindest hatte er die Idee, die Wehrpflicht abzuschaffen und damit eine Bundeswehrreform zumindest begonnen. Das ist doch auch was.

Erstens ist die Idee nicht alleine auf seine Mist gewachsen, wie man so schön sagt und zweitens scheint diese Reform wohl alles andere als gut durchdacht gewesen zu sein. Aus dem, was ich so mitbekommen habe, scheint er seinem Nachfolger ja eine ziemliche Baustelle hinterlassen zu haben, die sich nicht damit rechtfertigen lässt, dass er sein Amt recht plötzlich niederlegen musste.

Ich möchte auch nicht behaupten, dass eine Klassenarbeit und eine Dissertation dasselbe sind. Beides kann man aber als eine Art Leistungsbewertung oder Wissens- und Fleißtestung bezeichnen.

Was mich an diesem Vergleich am meisten stört ist die Tatsache, dass man so tut, als könnte man einen Schüler mit einem erwachsenen Menschen, der sein Studium abgeschlossen hat, vergleichen. Schon alleine von der geistigen Reife her kann man einen abschreibenden Schüler nicht mit einem wild kopierenden Doktoranden vergleichen. Ich habe in meiner Schulzeit selbst Mitschüler erlebt, denen erst richtig klar geworden ist, was sie da eigentlich gemacht haben, als sie die sechs wegen Abschreibens rot auf weiß vor sich hatten. Von einem erwachsenen Menschen, vor allem von einem Juristen, erwartet man aber schon, dass er sich von vorne herein bewusst ist, was sein Handeln für Konsequenzen haben kann. Ich denke es hat einen guten Grund, warum im Strafrecht zwischen Jugendlichen und Erwachsenen unterschieden wird.

Es hätte gereicht, ihm den Titel zu entziehen, das Amt hätte er doch behalten können. Man hätte ihn nicht zum Rücktritt nötigen müssen. Eine Verfehlung in einem Lebensbereich disqualifiziert für mich nicht den Menschen als Ganzes. Hier mag es einige Ausnahmen geben, aber Plagiate zählen für mich nicht zu den Dingen, die jemandem gleich das komplette Berufsleben zunichte machen sollten.

Es geht hier aber nun mal nicht um den Privatmenschen Guttenberg sondern um den Politiker. Als Politiker hat man nun mal einen bestimmten Vorbildcharakter und zu den Werten, die ein Politiker unbedingt vertreten sollte, gehört auf jeden Fall Ehrlichkeit. Und die Frage die sich dann eben stellt ist - wenn jemand in einem Bereich seines Lebens, der nicht unmittelbar etwas mit seiner Arbeit als Politiker zu tun hat, so konsequent unehrlich war, wie ehrlich kann er dann als Politiker überhaupt sein? Charaktereigenschaften beschränken sich schließlich nicht nur auf einen Lebensbereich.

Das finde ich menschlich absolut verständlich. Mag sein, dass perfekte Menschen in einer idealen Welt anderes reagieren sollten und sofort mit der Sprache herausrücken sollten – aber so handelt in der Realität doch keiner.

Du vergisst hier, dass er genau diese Eigenschaften aber von anderen eingefordert hat und auch schnell mal Leute entlassen hat, die seinen Standards nicht entsprochen haben. Im Prinzip gebe ich dir recht, aber wenn jemand von anderen fordert, dass sie sich moralisch absolut korrekt verhalten, muss er damit rechnen, dass er später auch an diesen Standards gemessen wird.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


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