Stundenlohn - Wo wäre bei euch die Schmerzgrenze?
Man hört ja immer soviel Gerede zu Gehaltsvorstellungen bei den verschiedensten Stellenangeboten. Nun sind gerade bei dem Thema sicher viel Stammtischparolen unterwegs wie "Unter 12 Euro die Stunde gehe ich nicht arbeiten", nur im Hinterkopf hat doch bestimmt jede(r) von uns einen bestimmten Stundenlohn, womit man seine Arbeit auch entlohnt haben möchte.
Meine Frage im Forum wäre nun dahingehend: Wo würdet ihr persönlich eure Schmerzgrenze sehen um ein Arbeitsangebot auch mit der entsprechenden Motivation anzunehmen? Sollte man nur der "Selbstverwirklichung" und/oder des Berufseinstiegs wegen, durchaus auch eine weniger gut bezahlte Arbeit aufnehmen? Wie seht ihr das, wie sind eure diesbezüglichen Erfahrungen?
Ich bin zwar noch Student, aber ich würde während meines Studiums keinen Nebenjob oder eine Werkstudenten-Tätigkeit unter 10 € netto / Std. nehmen. Selbst bei 12 € / Std. muss es schon gute Gründe für ein Unternehmen geben (gute Kontakte in die Wirtschaft, "renomierter" Arbeitgeber, o.ä.) Das liegt aber auch an meinem Studiengang Informatik. Nebenjobs auf diesem Gebiet sind auch deutlich anspruchsvoller als Zeitungen auszutragen. Nicht falsch verstehen, ich bewundere die Leute, die so früh aufstehen können. Aber was ich auf der Arbeit mache, unterscheidet sich nicht großartig von einem Bachelor- oder Master-Absolventen, der als Programmierer angestellt ist.
Deine Frage nach dem Mindest-Stundenlohn lässt sich bei vielen Angestellten gar nicht so einfach beantworten. Eher ist die Aussage, wie hoch das Jahresbrutto sein muss/sollte. Denn in vielen Firmen herrscht inzwischen "Vertrauensarbeitszeit" oder es wird im Homeoffice gearbeitet. D. h. man kann dann den Stundenlohn gar nicht genau bestimmen.
Da ich auf Lohnsteuerklasse 5 nicht allzuviel über hätte habe ich einen 400-Euro-Job angenommen. Dort bekomme ich 5,70 € netto pro Stunde. Ich habe diesen Job schon öfter gemacht und finde, das geht noch, auch wenn ich die Verantwortung für meinen Kassenbestand habe (will heißen wenn ich mich verrechne muss ich es auch wieder in die Kasse reinlegen - so wie es halt in fast allen Spielhallen ist).
Dennoch gibt es sogar Jobs, die für Vollzeit-Angestellte weniger zahlen, so zum Beispiel bei einem Unternehmen im Nachbarort. Dort hatte ich mich auf Vollzeit beworben und dort wurde mir ein Brutto-Stundenlohn von 4,66 € angeboten. Da habe ich dann nur geschmunzelt und bin gegangen, der nächste Weg führte mich dann direkt an eine Gewerkschaft. Dort habe ich mitgeteilt, wie hoch der Stundenlohn ist und bekam dann nur die Mitteilung, man würde sich um die Missstände dieses Berufsfelds kümmern. Ob die Durchsetzung des Mindestlohns auch dort funktionieren wird bleibt die Frage.
Ich selber arbeite einfach, solange es sich rechnerisch lohnt abzüglich der Fahrtkosten und der anteiligen anderen Kosten ist mir alles recht. Mein Mann verdient überdurchschnittlich viel in seiner Firma und würde hingegen nicht unter16 Euro arbeiten(wobei er bei einer Arbeitslosigkeit dann wohl in den sauren Apfel beissen müsste, da sein Job nur von 3 Firmen in Deutschland angeboten wird), dafür ist er zu lange im Betrieb und hat so viele Qualifikationen erworben. Vor einiger Zeit wurde wegen einer großen Kündigungswelle eine kleine Lohnanpassung nach unten gemacht, dennoch hat er über 23 Euro - diesen Standard möchte man natürlich halten, wenn man ihn schon so lange gelebt hat.
Ich finde, dass es eine solche Schmerzensgrenze gar nicht klar zu definieren ist. Wie viel Geld man für seine Tätigkeit verdient - oder verdienen sollte, hängt meiner Meinung nach von zwei wichtigen Faktoren ab. Zum einen wäre es wichtig zu wissen, von was für einem Berufsfeld wir hier sprechen. Ich bin der Meinung, dass Menschen, die sich körperlich stark betätigen oder irgendwelchen Gefahren aussetzen müssen mehr Geld verdienen sollten als solche, die den ganzen Tag über vor einem Schreibtisch hocken. Natürlich ist auch diese Arbeit eine Tätigkeit, die für die Gesellschaft genauso wichtig ist wie eine "anstrengende" Arbeit, aber trotzdem ist dies für mich nicht vergleichbar.
Der zweite Faktor, der hierbei eine Rolle spielt ist wie ich finde, ganz klar die Berufserfahrung. Das ein Lehrling auf keinen Fall eine Einstellung von "Unter 12 Euro die Stunde arbeite ich nicht" vertreten braucht, da dieser doch eh noch keine Ahnung von der Materie hat. Auch einem, der gerade erst seine erste echte Berufserfahrung sammelt, würde ich nicht so viel bezahlen, wie jemandem, der schon seit Jahrzehnten seinen Beruf ausübt.
Von daher finde ich es recht schwierig für mich persönlich eine solche "Schmerzensgrenze" festzulegen. Wenn man aber schon viele Jahre eine bestimmte Tätigkeit ausübt, und wenn man wirklich gut in seinem Beruf ist, dann finde ich schon, dass solche Sprüche, wie die von dir genannte "Stammtischparole" durchaus gerechtfertigt ist.
damomo hat geschrieben:Zum einen wäre es wichtig zu wissen, von was für einem Berufsfeld wir hier sprechen.
Ja, das wollte ich ja in meinem Beitrag eigentlich vermeiden, jetzt gezielt den Handwerker oder die Verkäuferin anzusprechen. Genau so gut hätte man ja jetzt auch die Rubrik "Gelernt" oder "Ungelernt" aufmachen können.
Es geht ja vielmehr darum, vielleicht ein subjektives Empfinden von mehreren Berufsgruppen, Arbeitsuchenden sowie in Arbeit befindlichen wiederzugeben.
Ich denke, das kommt darauf an, was man selber verlangen kann und welche Qualifikation man mitbringt. Wenn man keinen Abschluß, also nichts gelernt hat, wird man sicher damit leben müssen, für beispielsweise 6,- € pro Stunde arbeiten zu gehen. Ungelernte Kräfte werden ja heutzutage nicht gerade gut bezahlt.
Ich selber würde unter 11,- € pro Stunde nicht arbeiten gehen, da ich dieses Gehalt zum Leben brauche. Wenn man ein bestimmtes Gehalt über Jahre hinweg verdient, gewöhnt man sich ja auch daran und richtet sein Leben darauf ein. Mit weniger würde ich gar nicht auskommen. Aber ich habe auch einen Berufsabschluss als Industriekauffrau und mittlerweile 10 Jahre Berufserfahrung. In anderen Branchen wird dieser Beruf noch höher bezahlt, ich hatte mich mal im Internet informiert. Also es kommt immer darauf an, was man kann und an Erfahrungen mitbringt.
Ein Gehalt von 12 EUR pro Stunde würde bei einer Vollzeitstelle ja einem Brutto-Monatsgehalt von fast 2000 EUR entsprechen und bei der schlechtesten Lohnsteuerklasse I würden da etwa 1400 EUR Netto resultieren. Ich finde das – gerade für Anfänger in einem Beruf – gar nicht so wenig. Vor allem, wenn man bedenkt, dass das mittlere jährliche Einkommen (d.h. netto) 2006 pro Person etwa bei 18000 EUR lag. Das entspricht pro Monat etwa 1500 EUR; heute ist es sicherlich etwas mehr. In diesen Durchschnittswert gehen allerdings auch Bestverdiener wie Beamte und Selbstständige mit ein. Das Durchschnittsgehalt im Handwerk liegt sicherlich einiges darunter.
Und wenn ein Berufseinsteiger – gerade in Ausbildungberufen – schon fast soviel verdient, wie es im Durchschnitt aller Berufsgruppen zu erwarten wäre, dann kann er sich eigentlich nicht beschweren. Man darf sich mit zu hohen Gehaltsvorstellungen auch nicht selbst gewissermaßen ein Bein stellen.
Zudem wäre für mich nicht so wichtig, welcher Stundenlohn gezahlt wird, sondern was davon am Monatsende übrig bleibt. Es gibt ja verschiedenste Einkommensformen, vom 400-EUR-Job, über Honorartätigkeiten, nebenberufliche selbstständige Tätigkeiten, Aufwandsentschädigungen, Povisionen usw. Diese werden auch unterschiedlich besteuert, Aufwandsentschädigungen und Minijobs sind etwa komplett steuerfrei; hier hat man keinerlei Abzüge. D.h. jemand, der einen Minijob steuerfrei ausübt, hat trotz eventuell geringerem Stundenlohn vielleicht am Ende mehr davon, als jemand, der zwei Tätigkeiten hat, aber bei der Nebenbeschäftigung aufgrund der schlechteren Lohnsteuerklasse fast 50% Abzüge hinnehmen muss.
Meine Persönliche Schmerzgrenze wäre bei 10 € (Brutto). Ich verdiene zwar ein wenig mehr aber bei einer 40 Stunden Woche sind das circa 1800 €. Zu deiner Frage: Hm deine Frage ist meiner Meinung nach schwer zu beantworten. Besser ist es auf jeden Fall immer eine schlecht bezahlte Arbeit zu haben als keine. Wenn dies auch viel mit Moral zu tun hat. Du solltest dir deine monatlichen Ausgaben und deine monatlichen Einnahmen mal aufschreiben. Kleiner Tipp: Wenn du genau wissen willst wie viel Netto vom Brutto übrig bleibt, dann gib mal bei Google Brutto Netto Rechner ein.
Als Schüler gebe ich Nachhilfe und habe auch Ferienjobs. Bei der Nachhilfe hat sich der Preis bei 8 Euro die Stunde eingependelt, das finde ich auch nicht weiter schlimm, weil es teilweise auch wirklich nicht besonders anspruchsvoll oder schwierig ist. Bei meinem Ferienjob habe ich bislang nicht weniger als 10 Euro die Stunde bekommen, bei einigen Jobs auch an die 12 Euro, dass ist gar nicht ungewöhnlich, je nachdem wo man sich bewirbt. Wichtig ist mir nur, dass egal um welche Arbeitsstelle es sich auch handeln mag, der Arbeit mich nicht körperlich belasten darf, denn darauf bin ich nun wirklich nicht aus, ich brauche keine körperliche Belastung, sondern will lieber mit dem Kopf arbeiten, dass sagt mir deutlich mehr zu.
Nachdem ich mit dem Studium fertig bin, werde ich aber auch deutlich mehr als 12 Euro die Stunde verlangen, dass steht einem in der Phase dann aber eben auch zu und ist nicht weiter verwerflich. Irgendwo muss man auch schauen, was man zu bieten hat, um einen Mindeststundenlohn verlangen zu können.
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