Falsche "Übersetzungen" von Buchtiteln

vom 03.06.2011, 15:02 Uhr

Mir ist heute zum wiederholten Mal aufgefallen, dass fremdsprachige Bücher in der deutschen Übersetzung nicht selten mit einem komplett neuen Titel versehen werden. Ich habe "Übersetzungen" deshalb auch in Anführungsstriche gesetzt, denn von übersetzen kann ja eigentlich keine Rede mehr sein, wenn zum Beispiel aus "Männer, die Frauen hassen" "Verblendung" wird.

Woran liegt es, dass sich die deutschen Verleger hier so große Freiheiten heraus nehmen und Bücher mit einem komplett neuen Titel versehen, der öfters überhaupt nichts mehr mit dem Inhalt des Buches zu tun hat? Stört euch als Leser diese Vorgehensweise? Wird es dadurch schwerer die deutsche Übersetzung von bestimmten Büchern zu finden?

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Nun, ich denke, dass hier lokale Befindlichkeiten und Marketing eine Rolle spielen. Der Titel wird eben an den Geschmack und die Zielgruppe des jeweiligen Landes angepasst. Zudem dürfte ziemlich häufig ein "griffiger" englischer Titel sich nicht ebenso "griffig" ins Deutsche übersetzen lassen, bzw. es durch eine wörtliche Übersetzung zu einer zu großen Ähnlichkeit mit einem bereits veröffentlichten Titel kommen.

» MentalistCGN » Beiträge: 3 » Talkpoints: 0,67 »


Das sind keine falschen Übersetzungen, sondern die freie Möglichkeit einem Buch jedem Titel zu verpassen, den der Verlag für richtig hält. Voraussetzung dafür sind natürlich, dass die Lizensrechte eingekauft wurden. Aber warum macht ein Verlag sowas? Das hat mehrere Gründe. Zum Beispiel unterscheidet sich der deutsche Leser erheblich von dem amerikanischen Leser. Je nach dem welche Zielgruppe der Verlag erreichen will, entscheidet er sich für ein Konzept und zieht dies durch, auch wenn es auf die Vorlage nicht zutrifft. Oft ist der deutsche Titel nicht das gelbe vom Ei. Als Leser ist es kaum nachvollziehbar was an den aus den Haaren herbei gezogenen Titel besser sein soll, als an dem sinnigen Originaltitel. Aber jene die dafür verantwortlich sind, ich nehme an das Marketing, wissen schon warum sie es handhaben wie sie es tun.

» JeanSmith » Beiträge: 422 » Talkpoints: 4,88 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Manchmal ist es auch keine Frechheit sondern einfach nötig. Wenn ich mir jetzt mal mein Bücherregal durchschaue und sehe, wie viele der Titel im Original total anders waren, dann wird das vermutlich sogar die Mehrheit sein. Einige dieser Übersetzungen finde ich schon ein bisschen frech und sinnlos, der englische Titel ''Moon Palce'' von Paul Auster wurde beispielsweise als ''Mond über Manhatten'' übersetzt, was wirklich nur bedingt zur Geschichte passt und ich einfach nicht verstehe, wieso man das nun nicht einfach bei ''Moon Palace'' lassen kann. Vielleicht wird das dann in der Form nur gemacht, weil man der deutschen Übersetzung auch einen deutschen Titel geben will, so unsinnig das auch sein mag.

Aber ich kenne auch genug Bücher, bei denen das einfach nötig ist, denn wenn man die Titel nicht belassen will, wie sie sind, dann kann man sie oftmals doch auch nicht einfach eins zu eins übersetzen, besonders viele französische und auch englische Buchtitel klingen danach ziemlich bescheuert, da ist es möglicherweise manchmal auch einfach nötig, den Titel leicht abzuändern oder gar ganz neu zu erfinden. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass das so auch nicht ohne die Genehmigung des Autor passieren darf und es ist für mich auch nicht schwer, ausländische Bücher in deutschen Übersetzungen zu finden, für gewöhnlich reicht es bei Google den Originaltitel einzugeben und ''Deutsch'' hinzuzufügen, um ans Ziel zu kommen.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Gerade bei deinem selbstgewählten Beispiel siehst du doch schon, warum man das macht. Würdest du wirklich lieber ein Buch lesen, was "Männer, die Frauen hassen" lesen als ein Buch mit dem schönen, knackigen Titel "Verblendung"? Man hat herausgefunden, dass der Titel auch ein Auswahlkriterium zum Kauf eines Buches ist. Und einige Titel sind nun mal in der "Übersetzung" nicht wirklich toll. Bei einigen Filmen macht man das ja auch nicht, dass man 1:1 übersetzt.

Nun ja. Hinzu kommt auch, dass eine 1 :1 Übersetzung im deutschen gar nicht DIE Bedeutung hat, wie im zb. englischen. Hast du dir mal einen Original englischen Film angeguckt oder ein Buch gelesen? Da merkt man das eigentlich am besten.

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge


Was du da bemerkt hast ist ja eigentlich keine Seltenheit und das ist natürlich auch nicht nur bei Buchtiteln so. Bei Filmen beobachte ich diese "falschen" "Übersetzungen" schon seit langer Zeit. Ich würde hier den bereits angebrachten Thesen aber vollkommen zustimmen.

Wenn zum Beispiel Kinofilme frisch in den deutschen Kinos erscheinen, dann haben diese im Original (Zumal sie ja meist aus den USA kommen) andere Titel. Zu meinen Lieblingsfilmen gehört zum Beispiel der Film "Das Attentat". Im Original heißt dieser Film "The Ghost of Mississippi". Wenn man dies übersetzen würde, also "Der Geist des Mississippi", dann klingt dies meiner Meinung nach einfach total schrecklich, geradezu abschreckend.

Um die Filme und auch Bücher attraktiver zu machen, werden dann hier einfach andere Titel benutzt. Auch gibt es für viele englische Titel einfach nicht die Möglichkeit, diese ins deutsche zu übersetzen, so, dass diese Sinn machen. Viele Wörter aus dem englischen gibt es außerdem in einer solchen Form nicht in Deutschland.

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» damomo » Beiträge: 3334 » Talkpoints: -0,80 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


winny2311 hat geschrieben:Würdest du wirklich lieber ein Buch lesen, was "Männer, die Frauen hassen" lesen als ein Buch mit dem schönen, knackigen Titel "Verblendung"?

Ich suche mir meine Bücher weder nach dem Cover noch nach dem Titel aus, von daher ist es mir erst mal völlig egal, was vorne auf dem Cover steht oder abgebildet ist. Außerdem mache ich mir auch keine Gedanken darüber, was "die Leute" von mir denken könnten, wenn ich ein Buch mit einem bestimmten Titel lese. Solche Gedanken habe ich spätestens in dem Moment begraben als ich einen Geschäftsmann im Zug ganz selbstverständlich einen Harry Potter Band aus seinem Aktenkoffer holen sah.

So oft lese ich nun keine übersetzten Bücher, weil das meiste eh in Deutsch oder Englisch geschrieben wird. Aber wenn das mal der Fall ist, wie bei besagten schwedischen Thrillern, dann wäre es mir schon lieber, wenn die Originaltitel so weit wie möglich beibehalten würden. Solche Phantasietitel wie "Verblendung" finde ich extrem irritierend, weil sie mit dem Inhalt nichts zu tun haben. Auch wenn der Titel für mich nicht sonderlich wichtig ist, frage mich dann trotzdem, wer denn nun der Verblendete war und komme natürlich zu keinem vernünftigen Ergebnis.

Hinzu kommt auch, dass eine 1 :1 Übersetzung im deutschen gar nicht DIE Bedeutung hat, wie im zb. englischen..

Na ja, ich bin es seit frühster Kindheit gewohnt zwischen diesen beiden Sprachen hin und her zu übersetzen und mir ist es noch nie passiert, dass ich etwas nicht irgendwie sinngemäß übersetzen oder umschreiben konnte. So verschieden sind die Sprachen nicht und man findet eigentlich immer eine Möglichkeit. Es werden doch selbst Gedichte übersetzt und die haben nach der Übersetzung immer noch den gleichen Sinn und sind immer noch in Gedichtform. Oder denkst du wirklich, dass "moon palace" nicht mit "Mondpalast" übersetzt werden könnte?

Wobei ich aber nicht bestreiten möchte, dass es sicher Sprachen gibt, bei denen selbst die sinngemäße Übersetzung Probleme machen kann. Ich denke da vor allem an Sprachen, die aus einem völlig anderen Kulturkreis kommen und an Begriffe mit denen kulturelle Dinge beschrieben werden, für die es bei uns absolut keine Entsprechung gibt.Aber das sind sicher Einzelfälle.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Ich denke, dass man die meisten Titel durchaus übersetzen könnte und nicht erst einen völlig anderen Titel erfinden müsste. Klar kann man nicht Wort für Wort übersetzen, aber eine sinngemäße Übersetzung ist da in der Regel problemlos möglich.

Mich irritieren einige Übersetzungen auch, insbesondere dann wenn ich nach dem Lesen zu der Überzeugung gelangt bin, dass der deutsche Titel dem Inhalt nur mit viel Phantasie gerecht wird, der original Titel aber durchaus den Inhalt treffend auf den Punkt gebracht hat. Allerdings wähle ich meine Bücher eher selten nach Titeln aus. Meist habe ich Vorlieben und lese dann auch Neuerscheinungen desselben Autoren. Außerdem lasse ich mich von Empfehlungen von Freunden oder in Foren inspirieren, aber auch vom Literatur-Teil einiger Zeitungen und Zeitschriften.

Dass ein Titel aber trotzdem für anderen Personen ein Auswahlkriterium ist und daher für das Marketing wichtig ist, das glaube ich trotzdem. Daher ist wohl die Übersetzung dann auch immer ein Teil des Marketing.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Zu einem Teil würde ich schon sagen, dass die PR-Strategen der Verlage da ein gehöriges Mitspracherecht haben, welcher Titel auf das übersetzte Werk kommt, denn jeder Verlag möchte natürlich die Übersetzungskosten wieder einfahren und möglichst auch noch satten Gewinn machen. Andererseits kenne ich flüchtig jemanden, der freiberuflich als Übersetzer für einen Verlag arbeitet. Diese Person ist an sich schon recht verschroben und versteht sich selbst auch als Künstler der Sprache. Zumindest bei diesem Übersetzer ist es so, dass er recht lange nach einer genialen Eingebung für den neuen Titel sucht, denn schließlich entscheidet der Verkaufserfolg auch teilweise über das Honorar für dieses Buch und teilweise auch darüber, ob der Verlag ihm wieder einen Auftrag geben würde.

Was ich schwieriger finde ist, dass diese Übersetzungsfreiheiten eben nicht nur im Titel vorkommen, sondern sich durch den ganzen Text ziehen. Je nach Haltung des Übersetzers richtet der sich mehr nach der Werktreue oder mehr nach der Sprachschönheit des neuen Textes, den er als Übersetzer erstellt. So wie mir das dieser Übersetzer erklärt hat, gibt es dann sowohl für die Titel, als auch für die ganzen Texte immer wieder Sitzungen im Verlag, wo lang und breit diskutiert wird, wie viel Freiheit nun gewollt wird und was schon zu frei ist. Das hängt natürlich dann auch von der Einstellung des Verlages ab, was letztlich gedruckt wird. Zwischendrin gibt es in der Regel noch eine Reihe an Überarbeitungen, die nicht selten mit Konflikten verlaufen. So kann es eben auch beim Titel passieren, dass die letztliche Übersetzung einfach ein Kompromiss ist, mit dem alle an der Entscheidung beteiligten leben können und nicht zwangsläufig diejenige, die vielleicht die kreativste oder texttreueste wäre.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Tja darüber könnte man ganze Bücher schreiben. Die gibt es auch schon. Wie übersetzt man Buchtitel am besten aus einer Fremdsprache in eine Zielsprache? Natürlich könnte man eine wörtliche Übersetzung anstreben. Allerdings wäre das nicht immer sinnvoll. Gerade Buchtitel drücken kulturelle Konzepte aus. Tja, und da liegt dann auch das Hauptproblem. Die Kulturen der Völker unterscheiden sich nun mal. Dass was für einen Engländer offensichtlich und leicht verständlich ist, kann für einen Deutschen absolut nicht nachvollziehbar sein. Somit ist es die Aufgabe des Übersetzers, eine Übersetzung zu finden, die nicht wörtlich ist, sondern das kulturelle Konzept verständlich macht.

Das ist nicht immer sehr einfach. Und oftmals scheitert der Übersetzer auch daran. Hinzu kommt noch, dass die Verlage auf kurze und einprägsame Titel bestehen. So entstehen dann immer wieder Buchtitel, die mit den originalen Buchtiteln scheinbar (und manchmal auch wirklich) nichts mehr zu tun haben. Übersetzung ist nun mal kein mechanischer Prozess, sondern immer auch ein schöpferischer Akt. Leider sind viele Übersetzer bei Buchtiteln oftmals etwas nachlässig. Und daher fällt es manchmal schwer, den Originaltitel ausfindig zu machen. Aber eigentlich sollte er in jedem Buch zu finden sein.

» bigfoot11de » Beiträge: 575 » Talkpoints: 3,11 » Auszeichnung für 500 Beiträge


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