Gehaltsverhandlungen - Was sind eure ko-Kriterien?
Ich arbeite jetzt schon mehr als vier Jahre bei meiner Firma, habe bisher aber noch nie eine Gehaltserhöhung bekommen. Natürlich ist es immer nicht ganz angenehm nach einer solchen Lohnerhöhung zu fragen, aber dennoch bin ich der Meinung, dass es so langsam an der Zeit wäre. 200 Euro Brutto mehr im Monat würden mir schon reichen, denn mit den bisherigen 2.200 Euro im Monat komme ich langsam nicht mehr aus.
Wie würdet Ihr das machen? Einfach einen Termin beim Chef vereinbaren und dann den Wunsch vortragen? Oder sollte man erst einmal bei seinem nächsten Vorgesetzen nachfragen, was er zu dem Thema meint? Das ist sicherlich die bessere Varianten, denn wenn ich direkt mit dem oberste Boss spreche, dann fühlt sich bei Teamleiter vielleicht übergangen, oder? Was sind eure vermeintlichen "KO-Kriterien" wo ihr in den Gehaltsverhandlungen punktet und was absolute No-Go´s?
Ich würde mir ersteinmal die Frage stellen, wie sicher ist denn mein Arbeitsplatz? Könnte man ihn ohne weiteres durch jemand anderes ersetzen? Das jeder gern etwas mehr in der Lohntüte hätte steht außer Frage, aber direkt nach einer Gehaltserhöhung fragen würde ich ehrlich gesagt nicht. Gibt es bei dir nicht die Möglichkeit sich hoch zu arbeiten vielleicht in eine andere besser bezahlte Stelle zu wechseln. Vielleicht könntest du dies als Anhaltspunkt für dein Vortragen beim Chef anwenden.
Auf der anderen Seite gesehen, wäre ich froh so viel zu verdienen wie du. Ich arbeite zwischen 8 bis 11 Stunden am Tag, 6 Tage die Woche und bekomme noch nichteinmal ansatzweise so viel wie du. Selbst mein Mann der es auf 15 Stunden am Tag und 5 Tage die Woche, darunter 1 mal im Monat noch zusätzlich am Wochenende arbeiten, kommt auch nicht auf dein Gehalt.
Ist denn deine Gehaltsvorstellung überhaupt realistisch in deiner Branche oder verdienst du eigentlich recht gut und möchtest einfach nur etwas mehr. Vielleicht gehst du die Sache auch falsch an. Hast du mal geschaut ob du nicht irgendwo zurück stecken kannst, damit du mit deinem Lohn aus kommst?
Wenn du nicht irgendwie studiert bist, weiß ich nicht, warum dir die 2.200€ nicht reichen. Nach einer ganz normalen Ausbildung in der Chemie Branche, die ja nicht gerade schlecht bezahlt ist, liegen die Gehälter laut Tarifvertrag der Chemie Gewerkschaft (BCE mein ich) bei ca. 2400€. Da du ja anscheinend nicht nach Tarifvertrag bezahlt wirst, ist es eigentlich relativ klar, dass du etwas weniger bekommst. Zweiter Punkt wäre, dass du hier von "gerade mal" 200€ brutto redest. Bekommt wer eine Gehaltserhöhung von fast 10%? Ist das nicht etwas sehr viel?
Meiner Meinung nach ist es ein No-go überhaupt nach einer Gehaltserhöhung zu fragen. Die kann man sich auch verdienen, wenn der Chef das z.B. nicht einsieht, wird er dir auch nach der Anfrage nicht mehr geben. Je nach Branche empfinde ich 2200€ auch nicht als unterbezahlt (wie gesagt, außer du hast ein Masterstudium).
Nach vier Jahren werden die sich sicher Fragen, was du zu verbergen hast, nachdem noch keinerlei Nachfragen zu dem Thema gekommen sind. Die Gehaltspflege ist eigentlich ein wichtiger Bestandteil eines Mitarbeitergesprächs. Das muss dann gar nicht sonderlich Formal sein, wie es vielleicht in großen Konzernen der Fall ist. Aber wenigstens ein Mal im Jahr sollte man mit seinem fachlichen und auch disziplinarischen Vorgesetzten hinsichtlich Leistung und Entwicklung sprechen. Dabei kann zum einen festgestellt werden, welche Punkte auf Arbeitnehmerseite noch zu verbessern sind und was der Arbeitgeber konkret in Zukunft erwartet. Zum anderen ist ja hier auch wichtig festzustellen, dass auch der Arbeitnehmer die Möglichkeit haben soll, sich und insbesondere seine Wünsche zu präsentieren! Hier kannst du dann deine Karriere lenken und beeinflussen. Und wenn Du mit der aktuellen Situation aber rundum zufrieden bist bzw. gar keine persönliche Änderung wünscht, kannst du immer noch hinsichtlich Weiterbildungen eben in dem Bereich anfragen. Besser werden kann man immer!
Gerade bei einem solchen Gespräch ist es dann auch möglich bzgl. der Bezüge und deren Erhöhung anzufragen. Dabei soll es gar nicht um so was wie den "Inflationsausgleich" oder ähnliches gehen. Denn ich unterstelle mal, dass du nach vier Jahren Erfahrung im Unternehmen dem Unternehmen deutlich mehr bringst, als eben noch als Anfänger. Wieso sollte sich das nicht auszahlen? Schließlich bringst du ja den Mehrwert und daher hättest du schon wesentlich früher anfragen sollen.
Konkrete Zahlen kann man natürlich nicht nennen. Schließlich weiß keiner, wie gut es dem Unternehmen für welches du arbeitest geht. Aber die Steigerung von etwa 10% sollte mit der Vorgeschichte schon möglich sein. Obwohl es dem Arbeitgeber vermutlich leichter gefallen wäre, jährlich z.B. 2-3% an Steigerung zu bieten - statt jetzt eben die ca. 10%.
Zwar weiß ich nun auch nicht, wie das allgemein in dem Betrieb bei dir gehandhabt wird. Aber ich würde schon mit dem direkten Vorgesetzten reden und da anfragen. Schließlich wird der deine Leistung am besten bewerten können und im Zweifel würde der dann sowieso befragt werden. Wenn der dich dann natürlich direkt weiter schickt, dann hast du zunächst nichts verloren. Daher ist es das Beste, bei dem das Thema in einem Vier-Augen-Gespräch anzusprechen. Dazu auch einen separaten Termin vereinbaren und nicht etwa zwischen Tür und Angel kurz vor dem Feierabend lapidar anschneiden.
Es gibt dann für das Gespräch (egal ob mit dem direkten Vorgesetzten oder dem großen Boss) schon auch ein paar Punkte, die in keinem Fall Erwähnung finden sollten. Richtige No-Gos bei Gehaltsverhandlungen.
Das wären (sicher keine vollständige Auflistung):
- - die Bezugnahme auf Kollegen. Eine Gehaltserhöhung kann nicht damit gerechtfertig werden, dass andere mehr erhalten.
- auf gestiegene Lebenshaltungskosten verweisen. Das ist sicher auch kein echter Grund für den Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mehr zu bezahlen.
- Drohungen aussprechen, die in die Richtung gehen, dass man kündigen würde, wenn es nicht mehr Geld gibt.
- ein Verweis auf die lange Firmenzugehörigkeit ist auch nichts, womit sich eine Gehaltserhöhung rechtfertigen ließe.
- Vergleichswerte mit anderen Unternehmen sagen letztlich auch nichts über der eigenen Wert aus!
Aus so einem Gespräch gehst du dann eigentlich immer gestärkt heraus. Denn selbst wenn kein Ausblick auf mehr Geld gegeben wird, kannst du anfragen, wie und was du anders machen kannst (mehr Verantwortung übernehmen), so dass - mindestens Mittelfristig - eine Verbesserung deines Einkommens doch durchgesetzt werden kann. Spätestens hier sollte der Arbeitgeber dann Vorschläge parat haben, die aber auch geprüft werden können (z.B. schon nach zwei bis drei Monaten). Wenn auch dazu nichts kommt, dann solltest du nach einem neuen Job suchen.
derpunkt hat geschrieben:Nach vier Jahren werden die sich sicher Fragen, was du zu verbergen hast, nachdem noch keinerlei Nachfragen zu dem Thema gekommen sind. Die Gehaltspflege ist eigentlich ein wichtiger Bestandteil eines Mitarbeitergesprächs. Das muss dann gar nicht sonderlich Formal sein, wie es vielleicht in großen Konzernen der Fall ist. Aber wenigstens ein Mal im Jahr sollte man mit seinem fachlichen und auch disziplinarischen Vorgesetzten hinsichtlich Leistung und Entwicklung sprechen.
In der Theorie ist das sicher richtig, allerdings verzichten etliche kleinere und auch mittelständische Unternehmen auf ein solches Gespräch und man muss als Angestellter dann schon regelrecht darauf drängen, dass es einmal zu seinem solchen Gespräch kommt. Daher ist es gar nicht mal so ungewöhnlich, wenn sich vier Jahre nichts getan hat. Das sollte dann aber auch nicht unbedingt ein K.O.-Kriterium für das Gehaltsgespräch sein.
@JotJot
Da werde ich Dir nicht widersprechen. Richtig ist, dass kleinere aber auch mittlere Unternehmen wohl keinen automatischen Prozess eingeführt haben, nach dem es mindestens ein Mal pro Jahr zu einem Gespräch bzgl. Entwicklung und Zufriedenheit des Mitarbeiters sowie Aufgabenstellungen und Gehaltspflege kommt. Aber gerade dann sollte der Angestellte von sich aus das Gespräch suchen und immer mal wieder seine Sicht der Dinge (was das Tätigkeitsfeld angeht) darlegen sowie nach Wegen zur persönlichen Verbesserung suchen. Das muss dann keine mehrwöchige Schulung sein - aber mit solchen Aktionen kann der Mitarbeiter zumindest sein Interesse am Job und seinen Einsatzwillen dokumentieren. Denn das die Arbeit gut gemacht wird, ist sowieso erwartet.
Hört sich gut an, derpunkt, aber ich arbeite derzeit selbst in einer Firma, in der man dann als Angestellter schon mal 8 Wochen quengeln muss, dass man dann wirklich mal einen festen Termin bekommt. Das ist nämlich auch so ein K.O.-Kriterium, dass man solch ein Gespräch nicht zwischen Tür und Angel führt und auch nicht mal eben an eine andere Besprechung dran quetscht. Da wird man dann auch nicht ganz so ernst genommen. Und das wiederum ist für Gehaltsgespräche schon recht wichtig, dass man Zeit hat und auch ernst genommen wird.
Ich würde jetzt das Nachfragen wegen einer Gehaltserhöhung nicht komplett ausschließen, denn man gefährdet damit nicht zwangsweise seinen Arbeitsplatz. Die Frage die sich mir hier stellt ist, ob deine Firma nicht in einem Tarifvertrag organisiert ist, denn dann hättest du durchaus mal eine Erhöhung bekommen müssen. Die zweite Frage die sich mir stellt ist, ob dein Job den du machst eine Gehaltserhöhung hergibt. Was verdienen andere bei euch, die das gleiche machen wie du?
Ich würde vermutlich das Gespräch mit meinem Vorgesetzten suchen, aber nicht direkt wegen einer Gehaltserhöhung, sondern ich würde fragen welche Möglichkeiten es für mich gäbe, um mich finanziell weiter zu entwickeln. Ich würde fragen, ob der derzeitige Job eine Entwicklung vor sieht oder nicht und wenn nicht, ob es die Möglichkeit gibt, dass ich mich in eine andere Position entwickle. Es muss ja einen Grund dafür geben, dass man dir 4 Jahre lang das Gehalt überhaupt nicht erhöht hat, den würde ich versuchen herauszufinden. Wenn es nicht an dir liegt, wovon ich jetzt mal ausgehen, dann liegt es vermutlich am Job selbst.
Auf jeden Fall würde ich schon das Gespräch suchen, einfach dass du weißt, wo du stehst. Es gibt ja auch Chefs, die so etwas gern mal vergessen, wenn man selbst nicht proaktiv auf sie zugeht, deshalb würde ich das Fragen nicht von vornhinein ausschließen.
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