Reaktion bei Todesfall während Prüfung

vom 28.05.2011, 16:46 Uhr

Ich war letztens in dem Film ''Wasser für die Elefanten'', der zur Zeit im Kino läuft. Es soll hier aber nicht speziell um den Film gehen, sondern nur um eine ganz bestimmte Szene relativ zu Anfang dieses Filmes, die mich doch ein wenig verwirrt hat. Kurzum ging es in dieser Szene um einen Mann, der gerade seine Prüfung als Tierarzt schreiben wollte und damit das Studium abgeschlossen hätte. Allerdings kam er dazu nicht mehr, denn bevor die Prüfung noch richtig begann, rief man ihn wieder raus, um ihm mitzuteilen, dass seine Eltern bei einem Autounfall verstorben waren.

Bei dieser Szene konnte ich irgendwie nicht verstehen, wieso man nicht wartet, bis die Prüfung geschrieben wurde. Ich möchte jetzt gar nicht den Film kritisieren oder so, aber angenommen nun jemand schreibt gerade seine letzte Prüfung bevor er ein Jura- oder Medizinstudium abschließt, dass ist ja nun doch eine recht wichtige Sache. Und wenn man nun diese Person unterbricht, um ihr mitzuteilen, dass jemand gestorben ist, dann ist ja eigentlich bei besonders schweren Fällen vorherzusehen, dass diese Person dann die Prüfung nicht weiterschreiben wird oder so und sich vielleicht auch nicht in der Lage dazu sieht, diese Prüfung in nächster Zeit nachzuholen, eben weil man zu sehr damit beschäftigt ist, den Todesfall zu betrauern und zu bearbeiten.

Andererseits klingt es vielleicht auch etwas hart, dass man jemanden nun während dieser Prüfung in Unwissenheit lässt, aber wäre es nicht letztendlich nur zum Besten dieser Person, diese Information ein wenig aufzuschieben, so dass sie noch in aller Ruhe die Prüfung schreiben kann und dann wenigstens etwas in der Hand hat. Viele Leute brechen ja innerlich wirklich zusammen, wenn sie erfahren, dass ihr Partner oder eben auch die Eltern gestorben sind und möglicherweise brechen sie dann das Studium ganz ab, so aber haben sie wenigstens noch eine gewisse Chance auf eine gute Zukunft.

Das ging mir auf jeden Fall so durch den Kopf, als ich diese Filmszene gesehen hatte. Wie empfindet ihr das? Angenommen ihr wärt in einer solchen Lage und ein Verwandter würde in einer solchen Prüfung sitzen, während ihr gerade erfahren habt, dass seine Frau oder seine Eltern gestorben sind. Würdet ihr diese Person dann sofort darüber informieren oder warten?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Das ist eine schwierige Situation, aber ich denke, es wäre wirklich besser, solch eine Nachricht nach einer Prüfung dem Angehörigen mitzuteilen. Eine Nachricht in dieser Grössenordnung haut jemanden den Boden unter den Füssen weg und nicht jeder kann es dann schaffen, sich auf die Prüfung zu konzentrieren oder sie sogar zu bestehen. Manche Menschen befinden sich in eine Art Trance und schaffen es schon, zumindest für eine gewisse Zeit so etwas auszublenden, aber eben nicht alle Menschen. Daher wäre mir das Risiko auch zu gross, wenngleich ich auch bei Zurückhaltung von so etwas ein schlechtes Gewissen hätte. Die Abschützung, wem es wann mitzuteilen ist, muss man aber dem Übermittler selbst überlassen.

Ende letzten Jahres hatte ich im Bekanntenkreis einen ähnlichen Fall gehabt, allerdings haben sich da mehrere Bekannte und ich mich auf einem Konzert befunden. Eine der Besucherinnen erhielt während des Konzertes, dass eine Freundin von ihr einen schweren Unfall erlitten hat. Dadurch war meine Bekannte natürlich komplett durch den Wind und konnte nun auch nichts machen, weil sie mehrere hundert Kilometer von ihrer Freundin entfernt war. Sie hätte sich die Nachricht dann auch eher nach dem Unfall erwünscht. Aber ich denke, dass der Partner ihrer Freundin, der meine Bekannte informiert hat, nicht wusste, was zu tun ist und in Panik diese Nachricht weitergeleitet hat.

Diese Panik oder diese Ohnmacht, nichts tun zu können, bringt Menschen auch nicht immer dazu, besonnen über etwas nachzudenken, ob und wie etwas richtig ist. Ich denke, dass es da auch kein richtig und kein falsch gibt, sondern manchmal einfach aus dem Bauch heraushandelt. So eine Situation ist wie gesagt alles andere als eine einfache und der Menschenverstand setzt dann nicht selten aus.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge


Grade wenn jemand eine so wichtige Prüfung vor sich hat würde ich ihn keinesfalls über einen Todesfall informieren, ganz egal wie nahe sich diese beiden Personen standen. Ich finde dies auch ganz normal, ich möchte doch jemandem nicht die Prüfung verbaseln, auch wenn es hart und makaber klingt, aber dieser Mensch ist auch nach der Prüfung noch ums Leben gekommen. Diese wenigen Stunden könnte ich mit gutem Gewissen abwarten, dieser Mensch soll sich doch nicht die Zukunft verbauen, grade wenn eine nahe stehende Person gestorben ist wird man kaum in der Lage sein diese Prüfung in einer angemessenen Zeit nachzuholen.

Andersherum kann ich auch verstehen das man selbst als Beteiligter und nahestehende Person unverzüglich informiert wird, wenn es wirklich einen Todesfall oder einen schweren Unfall gab. Vielleicht wäre ich sogar auf die Person die mir diese Information für einen bestimmten Zeitraum vorenthält sauer und vor allem wütend, im nachhinein würde sich dies aber sicher legen. Nach dem großen Schock sieht man vieles ja doch anders.

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» beere » Beiträge: 1325 » Talkpoints: 0,93 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Es handelt sich wie du gesagt hast, eben nur um einen Film und in der Realität sieht das ganze, denke ich, etwas anders aus. Ich kenne den Film jetzt leider nicht, aber was ist denn im Film passiert, nachdem dem Protagonisten gesagt wurde, dass dessen Eltern bei einem Autounfall gestorben sind? Ist dieser einfach in die Prüfung gegangen und hat diese dann trotzdem mitgeschrieben? In der Realität wäre wohl kein Mensch nach einer solchen Nachricht in eine wichtige Prüfung gegangen. Für solche Prüfungen gibt es immer Nachschreib-Termine, und selbst für die Nachschreib-Termine gibt es Nachschreib-Termine. Hierbei wird man dann mit Sicherheit auch kein Attest vom Arzt oder sonst irgendetwas benötigen.

Wie ich mich persönlich in einem solchen Fall verhalten hätte ist nur schwer zu sagen. In gewisser Weise hätte ich dort echt in einer Zwickmühle gesteckt. Auf der einen Seite kann man natürlich davon ausgehen, dass der Prüfling sich in diesem Moment auf der geistigen Höhe befindet - So sollte es zumindest sein, wenn dieser in eine solche Prüfung geht. Wenn man ihm dann davon erzählen würde, dass gerade eben seine Eltern verstorben sind, könnte ich mir gut vorstellen, dass dies sein Leben versauen könnte. Man wird sich danach mit Sicherheit nicht wieder auf einem so hohen geistigen Stand befinden. Auch in der Trauerzeit danach, wird dieser mit Sicherheit viel vom Lernstoff vergessen haben und zum erneuten lernen wird dieser vielleicht gar nicht erst wieder kommen, da er noch trauert.

Moralisch wäre es aber für mich das richtige, demjenigen hier sofort Bescheid zu sagen. Natürlich würde es dann die gerade eben geschilderten Umstände geben, aber alles in allem würde ich als betroffene Person es ebenso wollen, dass ich sofort davon unterrichtet werde, wenn Jemanden, der mir nahe steht, etwas passiert wäre. Würde ich dies erst im Nachhinein erfahren, dann würde ich mir schon etwas komisch vorkommen, zumal man ja in einem solchen Fall so schnell wie möglich zu seinen verstorbenen möchte, etc.

Wenn ich aber selbst entscheiden müsste, ob ich die Zukunft desjenigen "opfern" möchte, oder ob ich keine moralisch richtige Entscheidung treffen will, dann würde ich eher sagen, dass ich der Person erst von diesem Vorfall berichten würde, wenn diese die Prüfung abgelegt hat. Vielleicht ist diese dann erst einmal darüber erbost oder ähnliches, aber ich glaube früher oder später wird die Person mir dafür danken.

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» damomo » Beiträge: 3334 » Talkpoints: -0,80 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich finde auch, dass man wegen so einer Sache nicht die Prüfung unterbrechen sollte. Schließlich behindert man diejenige Person dadurch ja und man versaut ihr ja in gewissem Maße auch die Prüfung und vielleicht auch das Leben, weil von der Prüfung vielleicht sehr viel abhing. Daher finde ich es auch in Ordnung, wenn man bis zum Ende der Prüfung wartet. Vielleicht wird derjenige ja die Prüfung sonst nie nachschreiben können, weil er den Tod seiner Eltern zu sehr mit der Prüfung verbindet und sich dann ständig daran erinnert.

» Hufeisen » Beiträge: 6056 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


In Filmen sieht alles etwas anders aus, als in der Realität. Den Film kenne ich nicht, wüßte aber jetzt gerne, was mit dem angehenden Tierarzt passiert ist. Ich könnte mir vorstellen, dass er die Prüfung nie mehr gemacht hat, weil der Tod seiner Eltern ein Schock für ihn war. Wenn ich der Unglücksbote sein müßte, der die Trauerbotschaft überbringt, ich würde nicht zögern, sie zurückzuhalten, bis die Prüfung geschafft wäre. Ich glaube jedoch, dass der Prüfling nicht nur Trauer zeigen würde, sondern eine sehr große Wut auf mich, die er auch ausdrücken würde und die ich schlucken müßte.

Allerdings würde ich unterscheiden, ob es sich bereits um einen Todesfall handelt, oder einen Unfall, bei dem der Tod unweigerlich folgt. Im letzteren Fall würde ich die Nachricht sofort weitergeben. Dann wäre vielleicht noch die Chance gegeben, sich zu verabschieden. Du hast hier eine sehr schwere Frage aufgeworfen und stürzt die User in schwere Konflikte, aber theoretisch könnte solch ein Fall wirklich mal eintreten.

Diesem Menschen, den ich erst später benachrichtigt hätte, würde ich nach einer angemessenen Zeit einen Brief schreiben und meine damaligen Gründe darlegen. Auch wenn er nie wieder etwas von mir hören oder sehen wollte, bekäme er zur Erklärung den Brief.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


Cid hat geschrieben:In Filmen sieht alles etwas anders aus, als in der Realität. Den Film kenne ich nicht, wüßte aber jetzt gerne, was mit dem angehenden Tierarzt passiert ist. Ich könnte mir vorstellen, dass er die Prüfung nie mehr gemacht hat, weil der Tod seiner Eltern ein Schock für ihn war.


In dem Film hat er dann die Prüfung nicht mehr nachgeholt, weil er auch das Haus verlassen musste, seine Eltern hatten damit sein Studium bezahlt, so in der Art, also saß er erst mal auf der Straße und hat sich dann einem Zirkus angeschlossen, um dort als Tierpfleger zu arbeiten. Da es mal wieder eine Liebesgeschichte war, war nachher noch die Rede davon, dass er die Prüfung nachholt und sich einen guten Job sucht, was aber leider nicht mehr passiert ist.

Ich kann mir übrigens auch gut vorstellen, dass eine solche Person sehr sauer auf mich wäre, wenn ich ihr sagen würde, dass ihre Eltern oder andere Verwandte zwei oder drei Tage zuvor gestorben sind und ich nichts gesagt habe. Aber ich schätze diese Wut würde ich in diesem Fall auch einfach auf mich nehmen, letztendlich wäre es für die besagte Person nur zum Besten.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich denke mal, dass ich warten würde, wenn es eben wüsste, damit so etwas nicht passiert und die Prüfung nicht in den Sand gesetzt wird. Ich denke allerdings auch, dass man in einem solchen Moment da nur in den seltensten Fällen daran denkt und deshalb eigentlich nichts dafür kann. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand dann absichtlich dort anruft, wenn man sich dem bewusst ist, dass der andere gerade eine wichtige Prüfung hat. Da würde ich dann schon warten, wenn es mir eben in dem Moment so einfallen würde.

Ich selber würde das wahrscheinlich auch begrüßen, wenn es sich wirklich um einen Todesfall handelt, kann man sowieso nichts mehr tun. Das klingt jetzt vielleicht hart, so ist es aber nicht gemeint. Was bringt es denn, wenn man es vor beziehungsweise während der Prüfung erfährt? Die drei Stunden später würde man auch nichts mehr daran ändern können. Anders sähe es aber dann natürlich aus, wenn jemand quasi im Sterben liegt. Dann würde ich wahrscheinlich schon Bescheid sagen.

In dem Film war das Ganze natürlich auch sehr krass dar gestellt, denn in Wirklichkeit würde wahrscheinlich so gut wie jeder die Prüfung wiederholen und solche Extrembedingungen sind da wohl eher selten der Fall.

» Wunschkonzert » Beiträge: 7184 » Talkpoints: 42,56 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Ich stelle mir den Ablauf bei dem Tod einer Person etwa so vor. Zumindest bei einem Autounfall. Wen die Person sofort am Unfallort verstorben ist, wird das die Polizei machen, wenn sie noch in ein Krankenhaus kommt, eventuell auch das Krankenhaus. Man versucht man die nächsten Angehörigen zu erreichen. Zumindest die Polizei hat da einige Möglichkeiten. Die werden natürlich erst mal die üblichen Adressen abklappern. Dann wird man es beim Arbeitgeber, oder wie halt im Film, bei der Universität oder der Schule versuche. Der Polizei ist höchstwahrscheinlich nicht bekannt, dass er Hinterbliebene gerade eine Prüfung schreibt. Die rufen dann halt im Sekretariat an. Kommen eventuell vorbei. Ich kenne den Film nicht, weiß also nicht, wer den jungen Mann informiert hat, noch wie genau. Im Eröffnugspost steht nur, man holte ihn kurz vor Beginn der Prüfung aus dem Raum.

Die Polizei will den Tod mitteilen und steht nun im Sekretariat und sucht den Studenten. Die sagen ihnen eventuell noch, dass man den Studenten holt. In einer Universität ist denen ja nicht unbedingt bekannt, wer nun Prüfungen schreibt. Ok wird am Raum klar sein. Es ist aber wohl in dem Moment auch klar, in ein paar Minuten beginnt die Prüfung und während dieser kann man den Studenten schlecht raus holen. Und die wird sicherlich länger als eine Stunde oder so gehen. Also wird man den Studenten wohl noch vorher raus holen. Kommt halt generell auf die Umstände und so an. Drängen die Polizisten und so weiter.

Ich stehe da auch gerade ein wenig gespalten dazwischen. Wenn ein mir nahe stehender Angehöriger stirbt und ich sitze in einer wichtigen Prüfung, würde ich es wissen wollen? Oder würde ich lieber erst die Prüfung schreiben? Auf der einen Seite kann ich nichts am Tod ändern und das Schreiben der Prüfung kann aber mein Leben ändern. Klingt aber auch recht gefühlskalt gegenüber dem Angehörigen.

In dem Film, denke ich, ging es aber auch um ein möglichst schlimmes Szenario. Denn der Tod der Eltern ändert doch alles im Leben des Mannes. Hätte er die Prüfung noch geschrieben, wäre er mit dem Studium fertig gewesen und wäre nicht auf Hilfsjob angewiesen gewesen. Sprich die Story, um die es wohl geht, wäre nie zu Stande gekommen.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge


Ich denke wie LittleSister, dass der Film einfach dieses Szenario brauchte weil es sonst nie zu der Handlung gekommen wäre oder man eine andere Katastrophe hätte erfinden müssen. Trotzdem denke aber auch ich, dass eine solche Handlung auch real stattfinden könnte. Denn wie schon skizziert, weiß man ja nicht unbedingt, ob ein Student in Kürze einen Prüfungstermin hat, wenn man diesem Studenten nicht gerade näher steht. Wenn dann ein Unfall passiert, dann ist es doch durchaus plausibel, dass dann Polizei oder andere Rettungskräfte bemüht sind, so schnell wie möglich die nächsten Hinterbliebenen ausfindig zu machen und diese über den tragischen Vorfall zu informieren.

Sicher ist es da etwas anderes, wenn die informierende Person da dem Studenten näher steht. Dass man dann die kurze Zeit bis nach der Prüfung abwartet ist da schon eher zu erwarten. Vielleicht ist das demjenigen dessen Eltern verunglückt sind, nicht recht. Aber die Sache ist doch, dass dieser wahrscheinlich bald einsehen wird, dass es die Sache doch nicht geändert hätte, wenn man denn eher Bescheid gesagt hätte. Anders sieht es da schon wieder aus, wenn noch Hoffnung bestünde, dass der Prüfling die Eltern noch einmal lebend sehen kann, dafür aber eben die Prüfung versäumen wird - da ist die Entscheidung wohl sehr schwer.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


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