Rais Bhuiyan vergibt Täter und will Hinrichtung verhindern

vom 22.05.2011, 14:38 Uhr

Rais Bhuiyan, ein junger Immigrant aus Bangladesh, arbeitete erst wenige Monate in einer texanischen Tankstelle als ein bewaffneter Mann in den Laden trat, ihn fragte woher er stamme und ihm ohne die Antwort abzuwarten ins Gesicht schoss. Bhuiyan überlebte schwer verletzt, verlor jedoch in einem Auge das Sehvermögen.

Der Täter war Mark Ströman, ein weißer Amerikaner, der glaubte auf diese Weise die Anschläge des 11. September zu rächen. Der in Amerika als „9/11 Rage Killer“ bekannte Täter erschoss in seiner Rage zwei weitere Immigranten, die durch die Schüsse ihr Leben verloren. Als Gründe für seine Tat gab Ströman zum einen Rache für sein Land an, zum anderen den Schmerz und die blinde Wut verursacht durch den Verlust seiner Schwester bei den Anschlägen auf das World Trade Center. Zum Tode verurteilt sieht Mark Ströman nun 10 Jahre nach seinen Taten seiner Hinrichtung entgegen. Sie ist für den 20. Juli diesen Jahres angesetzt und wird voraussichtlich um 18:00 texanischer Zeit durch tödliche Injektion vollstreckt werden.

Kurz nach Bekanntgabe des Hinrichtungstermins trat nun das überlebende Opfer, Rais Bhuiyan, auf den Plan und ließ die Öffentlichkeit wissen, dass er vergeben habe was man ihm angetan hat. Er sagte, man müsse den Kreislauf der Gewalt an dieser Stelle durchbrechen und spricht sich für die Aussetzung der Hinrichtung und eine Umwandlung des Strafmaßes in „lebenslänglich“ aus. Offenbar plant Bhuiyan sogar eine Website zu diesem Zweck zu errichten und den zweifachen Mörder vor dem Tode zu bewahren. Sein Glaube, so sagte er in einem Interview, sei es der es ihm ermögliche zu vergeben. Er sagte er denke darüber nach, wie Ströman sich wohl fühlen müsse, angesichts der Tatsache, dass ein schrecklicher Fehler seinem Leben diese Wendung gegeben hatte.

Tatsächlich findet Bhuiyan sogar positive Aspekte an den Geschehnissen, so sagt er beispielsweise dass er daran gewachsen und nun stärker sei als zuvor, das er viele Menschen nie kennengelernt hätte wenn er nicht Opfer geworden wäre und die Karriere, die er nun hat wohl nicht hätte. Weiterhin sagt er, er empfände nun mehr Liebe und Verständnis für die Menschen und dass er zwar auf einem Auge nicht mehr sehen könne, seine Vision aber nie klarer gewesen sei.

Ich persönlich finde diesen Mann - Rais Bhuiyan – bemerkenswert. Er vergibt, was eigentlich nicht vergeben werden kann. Seine Geschichte und seine Erklärungen wie er es schaffen konnte zurück ins Leben zu finden und dem Mann, der ihm das angetan hat, zu vergeben, berühren mich. Nicht zuletzt auch deshalb, weil es mein Brieffreund ist dem er vergibt. Ich bin vollkommen überwältigt dass es Menschen gibt, die fähig sind zu vergeben was eigentlich nicht vergeben werden kann.

Jetzt würde mich interessieren wie ihr zu der Sache steht. Könnt ihr nachvollziehen, dass Rais Bhuiyan dem Menschen verzeihen kann, der ihm das Augenlicht und fast das Leben genommen hat? Dass er sich jetzt sogar gegen die Hinrichtung einsetzt? Könnt ihr euch vorstellen ebenso zu reagieren wie er? Und findet ihr diesen Mann ebenso bemerkenswert wie ich? Ich bin gespannt.

Mehr Hintergrundinfos gibt es übrigens entweder durch die Eingabe des Namens bei google oder auf der org.- Website executionchronicles im Bereich "close up".

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» ichwars » Beiträge: 562 » Talkpoints: 3,76 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Von der Geschichte habe ich bereits gehören und ich finde es ebenfalls bemerkenswert, was Bhuiyan vor hat. Ich weiß nicht, wie ich handeln würde, aber dieser Mensch hat einen ganz besonderen Glauben und er hat ein dermaßen großes Vertrauen in diesen Glauben, dass er seine Leiden in ein Licht rückt, dass das Fass der Grausamkeit zum Überlaufen bringt für ihn und er daraufhin beschließt die Grausamkeit zu beenden.

Ich kenne den Glauben nicht, aber es gibt eine japanische Glaubensweise, die sich ähnlich verhält. Durch meinen Beruf bin ich ein wenig in diese Glaubensansätze reingerutscht und habe mich viel damit beschäftigt. Ich fange langsam an zu verstehen, was diese Menschen so beeinflusst. Sie denken an eine Art Kette des Leidens, der das friedliche Leben unmöglich macht und versuchen durch Verzicht auf Rache und Vergebung diese Kette zu unterbrechen. Menschen wie Bhuiyan versuchen den Schmerz des anderen nachzuvollziehen, zu spüren, um vergeben zu können.

Ich selbst habe viele Aspekte mitgenommen, nicht alles natürlich, das ginge in unserer westlichen Welt gar nicht. Aber ich finde es toll und menschlich sehr wertvoll, dass Bhuiyan diesen Schritt getan hat und auf eine höhere Ebene aufgestiegen ist. Er wird damit keinen Erfolg haben und er wird auch keine breite Masse dazu anstiften können, ebenso nachsichtig und vergebsam zu werden, aber man liest es doch immer wieder gern.

» benutzer7 » Beiträge: 2116 » Talkpoints: 49,80 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Ich finde es auch beeindruckend, daß das Opfer oder besser gesagt eines der Opfer so über sich selbst hinauswächst und die Aussetzung der Todesstrafe wünscht. Der Mann kann selbst in seiner persönlichen Katastrophe, die ihm absolut unverschuldet ein Auge nahm, etwas für sich Gutes entdecken: neue Freunde, neue Karriere.

Er wird im Laufe der letzten 10 Jahre einigen Abstand dazu gewonnen haben und er weiß, daß Rache eigentlich einer der niedrigsten menschlichen Instinkte ist, womit ich jetzt den persönlichen Horror des Marc Ströman, der seine Schwester in den Anschlägen auf das World Trade Center verloren hat, nicht herunterspielen oder schmälern möchte. Der Schmerz hat ihn zu dieser Tat veranlasst, und wir, die wir Gott sei Dank nicht an seiner Stelle waren und sind, können nicht nachfühlen, wie es jemandem geht, der auf diese Weise ein enges Familienmitglied verloren hat.

Es ist ein schrecklich pathetisches Wort, aber eigentlich würde ich Rais Bhuiyan an dieser Stelle schon als großmütig bezeichnen, allein dafür, daß er sagt, er hat vergeben und möchte nicht, daß Marc hingerichtet wird. Daß er aber so weit geht, und selbst aktiv die Hinrichtung zu verhindern versucht durch eine Website und sonstige Öffentlichkeitsarbeit, das ist wirklich bemerkenswert, das erfordert eine ganz schöne menschliche Größe, und ich wette, nicht viele Menschen können das so annehmen und sich danach auch noch für den Täter stark machen.

Ich weiß nicht, welchem Glauben Rais Bhuiyan angehört, aber für mich hört es sich, auch wenn ich keine Ahnung habe, welche Religion in Bangladesh vorherrscht, nach Buddhismus oder Hinduismus an. Vielleicht sollte man sich mit der Religion mal etwas intensiver auseinandersetzen, wenn sie einen Menschen innerlich so stark und ausgeglichen machen kann, daß er mit seinem Schicksal nicht mehr hadert und sich sogar für den Verursacher einsetzt.

» Thaddäus » Beiträge: 1011 » Talkpoints: 22,78 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



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