Darf man einen Demenzkranken hinrichten?

vom 18.05.2011, 20:12 Uhr

Hufeisen hat geschrieben:[...]Da ich aber allgemein gegen die Tötungsstrafe bin, bin ich auch der Meinung, dass die Tötung immer unangebracht ist.
Endlich mal einer. Sind hier alle verrückt, das überhaupt zu akzeptieren? Ich verweise noch mal auf die Verfassung, auf den EU-Vertrag bzw. die Europäische Menschenrechtskonvention. Für uns Europäer ist das indiskutabel. Man könnte an dieser Stelle Italien, Lettland, Polen und Spanien theoretisch ausnehmen, die haben ein Protokoll zur EMRK noch nicht ratifiziert (zumindest ist das mein Kenntnistand). Wen es interessiert, hier das 13. Protokoll zur EMRK. Und wer er kurz und knapp haben möchte, der behelfe sich mit unserem Grundgesetz, Art. 102.

Hufeisen hat geschrieben:[...] Die Menschen sollen ja "leiden", weil sie für ihr Verbrechen büßen sollen. Jedoch ist es ja so, dass er sich nicht mehr daran erinnern kann und da ist die Todesstrafe dann, meiner Meinung nach, doppelt sinnlos.
Richtig. Aber wenn du hier konsequent weiterdenkst, musst du dich fragen, wozu der Mann dann überhaupt noch im Gefängnis steckte. Er war nicht in der Lage Einsicht zu zeigen. Wenn jeden Morgen das Murmeltier grüßt, ist das fast schlimmer, als die Todesstrafe. Ob er überhaupt leidet, ist dann auch noch mal eine Frage. Wer letztlich sich selbst nicht mehr erkennt und einordnen kann, andere und die Vergangenheit sowieso nicht, der ist doch praktisch nicht bestrafbar.

Das einzige Argument, was dann noch zählt, ist Rache. Genugtuung für die noch lebenden Opfer. Nur frage ich mich, in welcher Welt man lebt, wenn man einen Menschen nach über 20 Jahren Haft nicht als genug bestraft ansieht und immer noch Rachegefühle hegt.

Studia hat geschrieben:[...] Wenn man in zwei Jahren nicht die Schuld/Unschuld eines Angeklagten zweifelsfrei beweisen kann, kann man das meist auch in 20 Jahren nicht.
"Meist" kann man das vielleicht nicht. Aber hier geht es um Einzelschicksale, um Menschenleben. Deine Ansicht strotz leider vor Naivität. Justizirrtümer kann es in jedem einzelnen Fall geben und die gibt es auch immer wieder - denke nur an die Möglichkeiten der Gentechnik.

Zudem gibt es so etwas wie Rechtsbeugung und vor allem ist die Todesstrafe ein Privileg der armen Schichten und es steckt eine Menge Rassismus im US-amerikanischen Strafsystem. Schwarz, arm, schlecht gebildet - dann hast du in den USA deutlich höhere Chancen zum Tode verurteilt zu werden. Als Arbeiter liegt die Chance bei einem Mord zum Tode verurteilt zu werden ca. 8 mal so hoch, wie als Beamter bzw. Angestellter. Ermordest du einen Weißen, ist die Wahrscheinlichkeit der Todesstrafe zehnmal so groß, wie bei einem Mord an einem Schwarzen. Glaube bloß nicht, dass vor Gericht alle gleich wären. Und was glaubst du, wie die Jurys ausgewählt werden? Auch da steckt der Wurm drin. Und auch wegen all dieser Gründe müsste diese Barberei abgeschafft werden.

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» Richtlinie2 » Beiträge: 1872 » Talkpoints: -0,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Er hat trotzdem diese Tat begangen egal ob er sich daran erinnert oder nicht. Irgendwie richtig finde ich es auch nicht aber was soll man machen so ist das Rechtssystem und dem kann man nicht entgehen egal ob man sich an seine Taten erinnert oder nicht.

» EaTTa3 » Beiträge: 1 » Talkpoints: 0,07 »


EaTTa3 hat geschrieben:[...]aber was soll man machen so ist das Rechtssystem und dem kann man nicht entgehen egal ob man sich an seine Taten erinnert oder nicht.

Mit so einer undifferenzierten Einstellung wären wir wohl noch immer in der Steinzeit verhaftet. Natürlich kann man Gesetze ändern, so etwas passiert ständig. Und auch in Sachen Todesstrafe ändert sich ständig etwas - nicht immer zum Guten.

Die Hinrichtung von geistig Behinderten und psychisch Kranken ist im Prinzip weltweit geächtet, auch dank der Vereinten Nationen. Ich weiß nicht, wie es momentan aussieht, aber vor ca. 3-4 Jahren war es so, dass nur noch 3 Staaten dieses barbarische Verhalten zeigten: Iran, Japan und die USA. Ähnlich ist es bei Kindern.

Und man sollte immer bedenken, in der Justiz gibt es immer wieder Irrtümer. So wurden in den USA 2009 9 Menschen aus den Todeszellen freigelassen - der Hammer oder nicht?

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» Richtlinie2 » Beiträge: 1872 » Talkpoints: -0,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Was diesen Fall angeht, stecke ich in einer Zwickmühle. Die Tat die er begangen hatte war grausam und nicht entschuldbar. Das steht schon einmal fest. Allerdings hatte er eine Krankheit, die ihn dazu brachte, dass er nicht mehr wusste was er einmal getan hatte. Ich finde es nicht richtig, dass so gehandelt wurde.

Man sollte sich einmal in die Lage von ihm versetzen. Man sitzt in dieser Zelle und ist völlig panisch, weil man eigentlich zu Hause sein will. Zudem hört man dann noch, dass man hingerichtet wird. Und das obwohl man, als diese Person die sich neu entwickelt hat, gar keine Straftat begangen hat. Ich finde es sehr kritisch und ich ringe um meine Meinung.

» IamPirat » Beiträge: 431 » Talkpoints: 24,64 » Auszeichnung für 100 Beiträge



IamPirat hat geschrieben:[...] Ich finde es sehr kritisch und ich ringe um meine Meinung.

Da gibt es kein Ringen. Die Welt ist sich weitestgehend einig und ächtet so ein Verhalten. Für mich heißt das, sich noch weit unter die Stufe eines Mörders zu stellen. Da könnte ich auch ein Kind hinrichten, das nicht die Fähigkeit hat, seine Tat in irgendeiner Weise einzusehen. Was hat eine Gesellschaft davon?

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» Richtlinie2 » Beiträge: 1872 » Talkpoints: -0,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


In verschiedenen Bundesstaaten in den USA sind zahlreiche Menschen in geradezu pathologischer Weise auf die Todesstrafe fixiert. Moraltheologisch dürften viele davon irgendwo im Alten Testament hängengeblieben sein. Auch wenn verschiedene Bundesstaaten in den USA das autoritärste Strafrecht aller Demokratien haben, ist man dort weit davon entfernt, die signifikant größere Kriminalität als in Westeuropa in den Griff zu bekommen. Darum geht es wohl auch garnicht, sondern nur um Rache - wo wir wieder beim Alten Testament wären. Die Debatte um die Hinrichtung eines Demenzkranken zeigt zudem, dass die religiös motivierten Befürworter der Todesstrafe noch nicht einmal ihre eigene Religion verstehen. Denn im Neuen Testament steht bekanntlich etwas ganz anderes.

» Katzenbuckel » Beiträge: 14 » Talkpoints: 3,26 »


Richtlinie2 hat geschrieben:Da könnte ich auch ein Kind hinrichten, das nicht die Fähigkeit hat, seine Tat in irgendeiner Weise einzusehen. Was hat eine Gesellschaft davon?


In meinen Augen ist das kein guter Vergleich, da er einfach nicht dem einem Gerechtigkeitssinn entspricht. Hier geht es ja nicht mal um die Todesstrafe, sondern generell darum ob man sojemanden bestrafen sollte. Und dafür sollte maßgeblich sein, ob man zum Tatzeitpunkt seine Tat beurteilen konnte. Beim Kind dürfte das egal sein, da man davon ausgehen kann, dass es das nicht konnte, wenn es das auch nicht mehr bei der Verhandlung kann.

Aber ein Demenzkranker dürfte sehr wohl in der Lage sein anhand seiner Moral und Ethik einzusehen, was er da tut. Erst recht, wenn sich die Erkrankung erst nach der Tat entwickelt. Damit sollte er in jedem Fall für seine Tat verurteilt werden können. Es stellt sich da eben nur die Frage welche Strafe er bekommen sollte. Hier kann man durchaus Unterschiede machen wie er diese anzutreten hat und da würde dann wohl eine Unterbringung in einer Psychiatrie mehr Sinn machen als ein Gefängnis. Aber man sollte ihn deswegen nicht von einer Bestrafung freistellen.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Ob nun Demenz krank oder nicht, ich glaube nicht, dass irgendjemand das Recht hat, das Leben eines Menschen einfach so zu beenden. Durch die Hinrichtung macht sich ein Staat meines Erachtens genauso schuldig, wie der Strafgefangene, der einen Mord begangen hat. Und wenn sich der Mensch schon gar nicht mehr an seine Tat erinnern kann und auch so immer mehr Erinnerungen verliert, so ist er doch schon genug gestraft.

Auch die 27 Jahre Haft sind eine lange Zeit. Also ich bin auf jeden Fall gegen die Todesstrafe. Diejenigen, die die Hinrichtung durchführen, müssen auch ein ganzes Leben mit der Schuld verbringen, die sie sich dabei aufbürden. Auch ist es doch immer fraglich, ob der Gefangene wirklich schuldig war. Zu 100% klann das doch nie jemand wissen. Und jetzt, wo er Demenz krank ist, kann er sich nicht mal mehr verbal verteidigen.

» bigfoot11de » Beiträge: 575 » Talkpoints: 3,11 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ich halte es für vollkommen richtig, ein Urteil zu vollstrecken, auch wenn der Verurteilte inzwischen demenzkrank geworden ist. Zur Zeit der Tat, als er den Doppelmord begangen hatte, war er voll zurechnungsfähig. Meiner Meinung nach ist es gerechtfertigt, ihn hinzurichten, denn wenn ein anderer Schwerverbrecher nun an einem Leber- oder Nierenleiden erkrankt wäre, würde man ihn auch nicht begnadigen. Was ich nicht für richtig erachte ist die sehr lange Wartezeit bis zur Vollstreckung des Urteils.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


Ich glaube dem Demenzkranke ist nicht geholfen wenn er weiterhin im Knast vegetiert, ich denke eine Hinrichtung ist völlig in Ordnung, als sein Urteil rechtskräftig wurde, war er noch bei vollem Verstand.

Letztendlich denke ich ist es für ihn und seine Familie fast eine Erlösung, meine Oma ist schwer demenzkrank, mittlerweile Bettlägerig und ein schwerer Pflegefall, ich finde das ganz furchtbar und gehe sie nur noch selten besuchen. Ich fand es schon in der Zeit furchtbar wo sie nicht mehr immer wusste wer ich war, mittlerweile liegt sie wirklich nur noch im Bett und muss gefüttert, gewaschen und und und werden, ich persönlich finde das keinen Zustand und ganz ehrlich, vielleicht mag das hart klingen, aber ich glaube fast eine Hinrichtung ist angenehmer als das man so ein Leben führt.

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» aries24 » Beiträge: 1748 » Talkpoints: 9,84 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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