Kinder auf Beerdigungen - was ist das Problem?

vom 15.05.2011, 08:00 Uhr

Ich bin auch der Meinung, dass du deinen Sohn ruhig zu der Beerdigung hättest mitnehmen können. du hast ja selbst gesagt, dass er ein sehr gutes Verhältnis zu ihr hatte und du hast auch sein Argument erwähnt: Er möchte sich von ihr verabschieden. Wenn ein Kind mit so einem Argument kommt, dann denke ich, dass es geistig reif genug ist und das mit dem Tod verstanden hat. Er hat verstanden, dass eure Nachbarin weg ist und dass er sie nie wieder sehen wird. Daher will er ihr "die letzte Ehre" erweisen. Daher würde ich deinen Sohn mitnehmen. Vielleicht lernt er ja dadurch mit dem Tod umzugehen. Aber wenn du vorher mit ihm alles besprochen hast, dann wird es kein Problem sein.

» Hufeisen » Beiträge: 6056 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Ich persönlich finde es nicht schlimm, wenn du deinen Sohn auf die Beerdigung mitgenommen hättest. Zumal er ja wirklich einen Bezug zur Verstorbenen hatte und es auch das Recht des Kindes ist, sich von ihr zu verabschieden. Ich selber war auch schon in diesem Alter bei Beerdigungen dabei, eben von weiter entfernten Verwandten, die ich zwar nicht gekannt habe, weshalb ich das ganze auch ein wenig seltsam, ja sogar langweilig fand.

Allerdings muss man auch sagen, dass es verschiedene Entwicklungsphasen bei den Kindern gibt, wie sie den Tod sehen. Den Tod als dieser, wie wir Erwachsenen ihn verstehen, können Kinder glaub ich erst im Volksschulalter mit ca. 8 Jahren begreifen. Zuvor stellen sie sich den Tod als Person (Sensenmann etc.) vor.

Alles in Allem muss ich sagen, dass du als Mutter sicher am besten weißt, was du deinem Kind zumuten kannst und was nicht. Das vorbereitende Gespräch finde ich, hast du auch prima hinbekommen- großes Lob. Also falls es nochmals der Fall sein sollte (natürlich hoffen wir es nicht), dass in naher Zeit eine andere Person stirbt, ich würde den Sohn auf jeden Fall mitnehmen, wenn er das auch möchte.

» nordseekrabbe » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Vielleicht gehen einige Leute noch davon aus, dass die Toten im offenen Sarg aufgebahrt werden könnten und das Kind dann eine Leiche sehen muss. Ich habe auch vor kurzem in einen anderen Thread hier erfahren, dass es heutzutage wohl ganz schwierig ist, auf einer Beerdigung überhaupt noch mal den Leichnam zu sehen. Vielleicht glauben diese Leute, dass das heute noch üblich ist. Aber selbst wenn das noch so wäre, dann müsste man einem Kind ja die Leiche nicht zeigen.

Ich vermute eher, dass die Leute ein sehr persönliches Problem mit dem Tod haben, die dich da so kritisiert haben. Wenn für einen selber der Tod eine unvorstellbare Belastung ist, dann kann man sich wohl auch nicht einfühlen, dass das für ein Kind erträglich sein könnte. Allerdings sind Kinder manchmal robuster als man meint. Ein normales Kind, das Vertrauen zu seinen Eltern hat, würde bei einer Überforderung sicherlich auch sagen, dass es jetzt keine Lust mehr hat da zu bleiben und sich von der Veranstaltung abseilen. Das sollte man dem Kind dann meiner Meinung nach auch gewähren und ggf. einen Babysitter auf Abruf mit zur Beerdigung nehmen. Ich meine jemanden, der an der Beerdigung kein Interesse hat und bei Bedarf sich um das Kind kümmert. Das könnte zum Beispiel eine gute Freundin von Dir sein, die sich mit deinem Kind gut versteht.

Mit sieben ist man denke ich nicht zu jung um sich mit dem Tod auseinander zu setzten. In dem Alter haben wir als Kinder mit Vorliebe erforscht was mit den toten Tieren passiert. Natürlich waren wir damals geschockt, und gleichzeitig fasziniert als wir feststellen mussten, dass die von uns liebevoll begrabene Amsel von einer Armee Maden verzehrt wurde. Schön war der Anblick wirklich nicht, aber wir lernten, dass das dazu gehört. Erwachsene hätten uns solche Experimente sicher nicht gestattet, aber damals in den 80ern hatte man als Kind noch so viel Freiräume, dass man solche Experimente starten konnte, ohne auf Schritt und Tritt begleitet zu werden.

Als eine von mir sehr geliebte Tante starb, war ich etwa im selben Alter wie dein Sohn. Ich wäre gerne zur Beerdigung gegangen. Allerdings war das damals nicht so einfach, weil die Beerdigung unter der Woche lag und ich mindestens 3 Tage für die Anfahrt in ein weiter entferntes Bundesland von der Schule eine Freistellung bekommen hätte müssen. Eine geliebte Tante war nach Ansicht des Direktors offensichtlich nicht wichtig genug, um Unterrichtsausfälle zu rechtfertigen. So musste ich also zu Hause bleiben und fand das ganz schrecklich. Ich hätte mich auch gerne von meiner Tante verabschiedet und bis heute ist da irgendwo bei mir das Gefühl, dass ich mit ihrem Tod noch nicht so ganz abgeschlossen habe. Irgendwie fehlt das Ritual der Beerdigung. Bei anderen Verwandten fiel es mir doch leichter Abschied zu nehmen, auch wenn ich auf Beerdigungen als Kind jedes Mal Rotz und Wasser geheult habe. Aber ich denke, dass es einem Kind durchaus gut tut in der Gemeinschaft die Trauer zu teilen. Man sollte nur vor dem Ereignis mit dem Kind gut vorbereiten, was Tod bedeutet und wie so ein Begräbnis abläuft. Dafür gibt es ja genügend Bilderbücher und Kindergeschichten, die das hervorragend unterstützen können.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



Ich kann beide Seiten, sprich dich und auch die Kritiker, sehr gut verstehen. Wenn dein Sohn ein so gutes Verhältnis zu eurer Nachbarin hatte und es wünscht, dann finde ich es durchaus sinnvoll ihn mit zur Beerdigung zu nehmen. Besonders toll finde ich es, dass du mit ihm darüber gesprochen hast und er den eindringlichen Wunsch äußerte, sich von der Dame verabschieden zu wollen. Das ist schließlich das Wichtigste und in meinen Augen auch der ausschlaggebende Grund, warum er hätte mitgehen sollen. Wenn dein Sohn diesen Wunsch hat, dann sollte man ihm diesen auch erfüllen und ihm somit die Gelegenheit geben an der Trauerfeier teilzunehmen. Ein Kind nicht mitzunehmen, weil es dafür noch zu jung sei halte ich für Schwachsinn. Jeder sollte die Gelegenheit zum Abschied haben und wenn da Kind dafür bereit ist, dann sehe ich absolut kein Problem darin.

Kritiker wollen die Kinder so lang wie möglich vor den unangenehmen Tatsachen des Lebens schützen und so auch vor dem Tod. Wenn die Kinder nur aus Anstand mitgeschleift werden, dann finde ich das auch nicht richtig und sie sollten lieber Zuhause bleiben. Ein generelles Ablehnen oder ähnliches sollte es in keinem Fall geben, da jeder Mensch verschieden ist und unterschiedlich weit in seiner Entwicklung. Man kann die Kinder nicht ewig vor den schlimmen Sachen schützen und daher sollte man ihnen auch die Chance geben an einer Beerdigung teilnehmen zu können, gerade wenn sie es, wie in deinem Fall, ausdrücklich wünschen.

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» Sissley » Beiträge: 1131 » Talkpoints: 5,54 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



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