Bevorzugung auf Grund von Religon

vom 22.04.2011, 16:03 Uhr

Person X arbeitet als Personal Controller in einem Teil eines Unternehmens mit einem kirchlichen Hintergrund. Eigentlich würde Person X schon längst aus der Kirche ausgetreten sein, doch für seinen Job muss er der Kirche angehören, die der Hintergrund des Unternehmens ist, sonst hat er eigentlich keine Chance auf die Stelle.

Meine Frage ist nun ist, ob es mit dem Gesetz vereinbar wäre, wenn zum Beispiel Leute die keiner Religion angehören bei der Job Auswahl stark benachteiligt werden würden. Es wird ja immer gesagt, dass ein Arbeitgeber nicht auf Grund von Religion entscheiden dürfte und dass das sonst Diskriminierung sei. Würde das aber auch bei solchen der Kirche sehr nahe stehenden Unternehmen gelten?

» animus128 » Beiträge: 522 » Talkpoints: 0,54 » Auszeichnung für 500 Beiträge



In kirchlichen Einrichtungen dürfen nur Christen beschäftigt werden, die deren Kirche angehören. Die fehlende Konfession mancher Mitarbeiter die zur Zeit der deutschen Vereinigung in sozialen und Gesundheitseinrichtungen der DDR tätig waren wurde ihnen durch die Übernahme der Wohlfahrtsverbände zum Verhängnis. Wer sich nicht zwangschristianisieren ließ, verlor nach kurzer Zeit seinen Arbeitsplatz. Aus dem Grunde sind manche aus dem Leben geschieden. Muslimische Frauen, die Krankenschwester werden wollen, werden als Schwesternschülerinnen nicht eingestellt.

Besonders in der katholischen Kirche werden abhängig Beschäftigte gezwungen, das gesamte Verhalten - die Lebensführung - dem christlichen Grundsatz anzupassen.

Das alles konnte nur passieren, weil der Gesetzgeber 1951 dem Druck der evangelischen und katholischen Kirchen nachgab und als Privileg das Betriebsverfassungsgesetz für kirchlich Beschäftigte ausschloß.

Wer also in den krchlichen Einrichtungen wie Kindergarten Krankenhaus, Altenheimen und anderen arbeiten möchte, tut gut daran, sich nur mit der entsprechenden Glaubenszugehörigkeit zu bewerben. Ansonsten stehen die Chancen gleich Null.

Um deine Frage zu beantworten, die kirchlichen Mitarbeiter, egal ob Putzfrau oder Arzt, unterliegen nicht dem Betriebsverfassungsgesetz.Die Kirche hat ihre eigenen Gesetze.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


Ist das nicht eigentlich unvorstellbar, dass solche Organisationen komplett andere Recht haben? Bei allen anderen Organisationen würde es einen Aufschrei geben, wenn sie nur Leute einer bestimmten Religion einstellen würden. Aber die christlichen Kirchen nehmen sich da mal wieder ein Sonderrecht raus. Ich finde, dass das überhaupt nicht angeht!

» animus128 » Beiträge: 522 » Talkpoints: 0,54 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Du hast vollkommen Recht. In Deutschland ist das leider etwas anders als in anderen Europäischen Staaten. In Deutschland gibt es nicht die rigorose Trennung von Kirche und Staat, leider. Es ist ja bei uns so wie in keinem europäiscorbildlicheshen Staat, dass die Kirchensteuer eingetrieben wird für die Kirche. Die Regierung Kohl hat massenweise aus der Konkursmasse die sozialen und Gesundheitseinrichtungen den christlichen Wohlfahrtsverbänden in den Rachen geschmissen.

Statt des Betriebsverfassungsgesetzes stellten sie ein vorbildliches Mitwirkungsmodell 1951 in Aussicht. Was dabei herauskam entpuppte sich als schamlose Täuschung. Da wir keine Abgeordneten mit sozialem Gewissen hatten, hat auch niemand etwas unternommen.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



animus128 hat geschrieben:Meine Frage ist nun ist, ob es mit dem Gesetz vereinbar wäre, wenn zum Beispiel Leute die keiner Religion angehören bei der Job Auswahl stark benachteiligt werden würden.

Natürlich gibt es hierzu das Antidiskriminierungsgesetzt. Auch wenn es traurig ist, dass das überhaupt notwendig ist. Dieses Gesetzt verbietet Diskriminierung auf Grund von Geschlecht, Religionszugehörigkeit, Alter usw. usf. In der Praxis bedeutet dies, dass der Arbeitgeber im Falle einer Absage auf Begründungen verzichten muss. Denn natürlich wird keiner erwarten können, dass wenn ein Arbeitgeber keine Moslems einstellen will, diese auf Grund des Gesetztes jetzt eben doch einstellt. Es darf aber nicht als Begründung dienen!

animus128 hat geschrieben:Es wird ja immer gesagt, dass ein Arbeitgeber nicht auf Grund von Religion entscheiden dürfte und dass das sonst Diskriminierung sei.

Wenn, wie geschrieben, nachweislich z.B. die Religion oder das Geschlecht oder das Alter der Grund für die Ablehnung darstellt, dann ist das eine Form der Diskriminierung, gegen die man vorgehen kann und eigentlich muss. Nur ist der Nachweis natürlich in der Praxis recht schwer, dass der Arbeitgeber hier eben auf Grund dieser Kriterien seine Angestellten aussucht!

animus128 hat geschrieben:Würde das aber auch bei solchen der Kirche sehr nahe stehenden Unternehmen gelten?

Die Kirche (wie aber auch z.B. Parteien oder Gewerkschaften usw.) sind grundsätzlich dem Gesetz unterworfen und es gelten auch hier die bestehenden Verordnungen und Gesetze. Allerdings wird hier das Unternehmen als sog. Tendenzbetrieb aufgeführt, für welchen gewisse Ausnahmen gelten. Es ist nämlich so, dass die Kirche oder eine Partei nicht als gewöhnlicher Arbeitgeber zählt (es handelt sich nun mal um "Betriebe", die nicht der ausschließlich Profitmaximierung dienen). Es ist eben nicht zumutbar, dass ein überzeugter Christdemokrat bei den Grünen arbeitet und die Mitglieder eben diese Arbeitskraft bezahlen. Ebenso kann die Kirche eben verlangen, dass deren Angestellte sich mit dem Arbeitgeber identifizieren! Schließlich liegen hier auch Ideelle Gründe für die Aufnahme eines solchen Jobs vor.

Allerdings schränkt der Gesetzgeber diese Verbindung zum Arbeitgeber bei Tendenzbetrieben immer mehr ein. Es ist also schon so, dass eine Reinigungskraft bei der Kirche ihren Job behalten darf, auch wenn sie z.B. aus der Kirche austritt oder einen der Kirche nicht genehmen Lebenswandel führt. Anders aber, wenn tatsächlich Positionen bekleidet werden, die mehr zum Wesen des Arbeitgebers gehören. Verkürzt kann man sagen: je höher in der Hierarchie, desto eher kann eine starke Identifikation verlangt werden. Das gibt meines Wissens auch für NGOs, die dann zu den Tendenzbetrieben gehören.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Jemanden beispielsweise wegen seines Geschlechts, des Aussehens oder eben der religiösen Einstellung auszuschließen oder bei der Jobvergabe zu bevorzugen bzw. benachteiligen ist eigentlich verboten. Im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz ist jedoch von „zulässigen unterschiedlichen Behandlung" die Rede, auf welche in diesen Fällen häufig zurückgegriffen wird. Wenn der Glaube oder die Religion Einfluss auf das Tätigkeitsfeld der Arbeitnehmer hat, dann kann man in diesen Situationen eine Ausnahme machen. Oft wird auch gesagt, dass in solchen Einrichtungen ein gewissen Grundverständnis benötigt wird um den Beruf auszuüben. Ob das fair ist oder nicht sollte jeder für sich selber entscheiden.

Eine Diskriminierung auf Grund der Religion kann man aber nicht nur in der Arbeitswelt feststellen. Als ich beispielsweise in die Schule kam suchten meine Eltern mir damals eine katholische Einrichtung aus, obwohl ich evangelisch bin. Die Schule war für beide Religionsrichtungen offen, jedoch hat man schon als Kind schnell gemerkt wie in manchen Kreisen unterschieden wird. Bei Gottesdiensten und anderen religiösen Veranstaltungen mussten wir zwar anwesend sein, wurden aber größten Teils ausgeschlossen und missmutig geduldet. Das war kein schönes Gefühl und vor allem als Kind bzw. Jugendlichen prägt einen diese ungerechte Behandlung natürlich für ein ganzes Leben. Ich selbst kann nicht wirklich verstehen, warum heutzutage immer noch so eine starke Trennung bzw. Unterscheidung bei der Religionszugehörigkeit gemacht wird.

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» Sissley » Beiträge: 1131 » Talkpoints: 5,54 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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