Lateinnachhilfe: Wie ansprechend gestalten?

vom 22.03.2011, 17:42 Uhr

Ich gebe seit einigen Jahren Nachhilfe im Fach Latein und hatte auch schon diverse Schüler; manche von Anfang an motiviert und lernwillig und Andere mit anfänglichen Motivationsschwierigkeiten. Gerade letztere Gruppe frage ich dann auch regelmäßig, warum sie sich nicht für den Nachhilfeunterricht erwärmen können und was sie interessieren würde. In den meisten Fällen bekomme ich nur zu hören, dass ich gar nichts tun könne, weil sie einfach keine Lust auf Schule und Lernen am Nachmittag hätte, wobei ich viele dieser Kinder trotzdem noch ins Boot holen und zu guten Noten verhelfen konnte. Der letzte Junge, den ich nach den Gründen für sein Desinteresse fragte, antwortete mir aber, Latein und auch der Nachhilfeunterricht seien langweilig, weil man immer nur trockene Texte übersetze und Grammatik lerne.

Mit dieser Aussage konfrontiert habe ich mal darüber nachgedacht und muss ihm zumindest in dem Punkt zustimmen, dass die Nachhilfe nichts Anderes behandelt und wir immer sehr am Text kleben. Oft kann es auch sein, dass wir denselben Text mehrmals übersetzen müssen, bis die Schüler ihn verstanden haben, was natürlich nicht zu Begeisterung führt. Die meisten Schüler sind bei mir, weil sie massive Probleme mit dem Übersetzen haben, das wir dann natürlich auch üben müssen. Gerade in den unteren Klassen sind wir jedoch eng ans Buch gebunden, weil die Schüler noch keine ausreichenden Grammatik- und Vorkabelkenntnisse besitzen, um sie mit Texten von Cäsar oder Cicero zu konfrontieren. Die Texte im Buch sind objektiv betrachtet nicht schlecht, treffen aber mangels des Bezugs zur heutigen Zeit wohl nicht mehr den Geschmack vieler Schüler, zumal sie auch nicht immer spannend sind und man sie nur des Übersetzens Willen behandelt.

Auch Grammatikübungen dürfen in der Nachhilfe natürlich nicht zu kurz kommen. Wer sich schon mal mit Latein beschäftigt hat, der weiß, dass es ohne Grammatik unmöglich ist, einen Text zu übersetzen, immerhin erkennt man einzig an der Wortendung, um welche Wortart und welche Form es sich handelt. Da ist es nur logisch, dass wir oft Tabellen mit Formen durch kauen und auswendig lernen müssen, weil sie nun einmal die Voraussetzung für eine gute Übersetzung sind. Aber natürlich treffen auch Lückentexte zum einsetzen der richtigen Form nicht den Nerv vieler Schüler.

Andererseits bin ich wirklich überfordert, wie ich den Unterricht ausbauen und um andere Übungen erweitern kann. Latein ist immerhin eine tote Sprache, weswegen ich weder Übungen zum sprechen, noch zum Hören einbringen kann, zumindest wären mir keine Existierenden bekannt. Außerdem habe ich schon überlegt, ob man die Schüler nicht einmal vom Deutschen ins Lateinische übersetzen lassen könnte, damit sie eine neue Aufgabenstellung ausprobieren könnten, aber das ist wohl vor allem in den unteren Klassen sehr anspruchsvoll und wird vom Lehrplan auch nicht vorgesehen, weswegen man besonders schwache Schüler vielleicht gar nicht unbedingt damit belasten sollte.

Jetzt würde mich mal interessieren, welche Erfahrung ihr mit Nachhilfe in toten Sprachen gemacht habt. Besonders interessiert bin ich natürlich an Ideen, mit denen man den Unterricht ein wenig aufpeppen und die tote Sprache etwas interessanter machen könnte. Kennt ihr vielleicht Internetseiten mit Texten, die den meisten Schülern gefallen könnten? Oder habt ihr vielleicht einen ganz anderen Einfall für mich?

» Anemone » Beiträge: 1740 » Talkpoints: 764,26 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich hatte sieben Jahre Latein und mir hat es eigentlich immer Spaß gemacht, besonders wenn man einen sehr kniffligen Text hatte und den dann in ein gutes Deutsch übertragen musste. Aber ich kann durchaus verstehen, dass das nicht jedermanns Sache ist.

Ich habe jetzt ein bisschen darüber nachgedacht und bin leider auch nur zu dem Schluss gekommen, dass man in Latein eben bloß übersetzen und Grammatik üben kann. Dafür nimmt der Junge ja auch Nachhilfe bei dir.

Ich kann mich aber durchaus erinnern, dass wir im Lateinunterricht manchmal Spiele gemacht haben, zum Beispiel Memory mit Wortkarten. Das kann man entweder mit den Wortpaaren Latein-Deutsch oder aber auch mit Synonymen, Gegenteilen oder Verben in verschiedenen Zeitformen spielen. Das ist natürlich nicht besonders spannend, aber vielleicht steigert ja der Ehrgeiz die Motivation deines Nachhilfeschülers?

Du schreibst ja, dass Übersetzungen vom Deutschen ins Lateinische in den ersten Jahren zu schwer seien. Das ist auch aus der Mode gekommen, aber als ich in der fünften Klasse war (vor neun Jahren), hatten wir noch solche Übersetzungen. Die waren natürlich immer sehr einfach gehalten, so wie zum Beispiel: "Paulus arbeitet. Der Vater lobt Paulus." :D Aber immerhin übt man dabei Vokabeln und Grammatik. Auch für die Übersetzung in die andere Richtung könnte diese Übung sinnvoll sein, denn so werden Sätze mal "von der anderen Seite her" konstruiert. Vielleicht lernt dein Nachhilfeschüler so, worauf es bei der Übersetzung ankommt, wo man mit dem Übersetzen beginnen muss und so weiter. Vielleicht könntest du dir die deutsch-lateinischen Übersetzungen für ihn ausdenken und dabei "modernere", spannendere oder lustige Themen einbauen. Denn die Geschichten in den Lateinbüchern sind durchaus meistens langweilig.

Außerdem fällt mir noch ein, dass man die Vokabeln meist auf heutige Fremdwörter beziehen kann. Vor allem das PPP lässt ja oft Rückschlüsse auf die Entstehung von Fremdwörtern zu. Das könntest du auch in eine Aufgabe mit einbauen. Zum Beispiel das Fremdwort mit dem lateinischen Wort verbinden und die passende Verbform dazu bilden, sofern er das Thema in Grammatik schon hatte.

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» microonde » Beiträge: 231 » Talkpoints: 0,30 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Latein war mir immer ein Graus - da konnte auch meine Nachhilfe nie etwas daran ändern. Letztendlich war es die trockene Textarbeit, die ich nicht mochte. Mein Lateinlehrer sagte dazu nur immer, dass er den Unterricht gerne mehr mit Leben füllen würde, dies aber bei Latein unmöglich wäre. Es ist eben trockene Textarbeit und er liebte es zu betonen, dass seit 2000 Jahren so verfahren wird und dass man nicht von ihm verlangen sollte, das Rad neu zu erfinden. Damit hatte er auch meiner Meinung nach Recht.

Latein ist Grammatik, Texte und - noch mehr Texte und Grammatik. Eventuell etwas auswendig lernen, wie die ersten Sätze des "De Bello Galico" von Caesar. Aber daraus kannst du nur begrenzt interessante Nachhilfesitzungen machen, wenn deine Mitschüler nicht der historische Hintergrund an den Geschichten reizt, wie es bei mir glücklicherweise der Fall war. Deswegen würde ich mich in deiner Situation nicht verrückt machen lassen, denn du kannst am wenigsten für diese Sprache.

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» Malcolm » Beiträge: 3256 » Talkpoints: -1,99 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Anemone hat geschrieben:Außerdem habe ich schon überlegt, ob man die Schüler nicht einmal vom Deutschen ins Lateinische übersetzen lassen könnte, damit sie eine neue Aufgabenstellung ausprobieren könnten, aber das ist wohl vor allem in den unteren Klassen sehr anspruchsvoll und wird vom Lehrplan auch nicht vorgesehen, weswegen man besonders schwache Schüler vielleicht gar nicht unbedingt damit belasten sollte.


Meiner Meinung nach ist das ein sehr gutes Mittel, Latein interessanter zu machen. Und ich glaube auch nicht, dass das unbedingt zu anspruchsvoll ist. Du kannst doch den deutschen Text an die jeweiligen Kenntnisse anpassen, er muss ja auch nicht unendlich lang sein.

Als ich gerade angefangen hatte, Latein zu lernen, konnten wir in einer Arbeit mal zusätzliche Punkte bekommen, indem wir einen kurzen Text auf Latein geschrieben haben. Es sollten wirklich nur drei bis vier Sätze zu einem beliebigen Thema sein, aber das ist mir bis heute in Erinnerung, weil es mir so viel Spaß gemacht hat, die richtigen Grammatikformen zusammenzubasteln, um das zu sagen, was ich ausdrücken will.

Vielleicht könntest du ja jede Nachhilfestunde damit anfangen, zwei Sätze zu einem Ereignis der letzten Tage zu schreiben? Meiner Meinung nach erhöht es wirklich die Freude an Latein, wenn man es irgendwie selbst verwenden kann und nicht immer nur übersetzt.

» channale » Beiträge: 1371 » Talkpoints: 37,37 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Danke für eure Antworten. Dass man nach deiner Meinung, Malcolm, den Nachhilfeunterricht nicht völlig umstellen kann, beruhigt mich schon mal, denn mir sind ja auch keine besonders guten Methoden eingefallen. Immerhin ist Latein eine tote Sprache und wird auch als solche gelehrt, was nun einmal bedeutet, dass der Großteil meines Nachhilfeunterrichts weiterhin aus Text- und Grammatikarbeit bestehen muss, man kann eine tote Sprache ja kaum anderweitig verwenden und letztlich muss ich mich auch größtenteils an die Unterrichtsmethoden anpassen, weil die Schüler hauptsächlich mit diesen Aufgabenstellungen zurechtkommen müssen, um ihre Noten zu verbessern. Ich plane also nicht, meine stunden komplett umzustellen, ich suche eben nur nach einigen Möglichkeiten zur Auflockerung.

Ich sehe es weiterhin kritisch, genau diesen Schüler Sätze vom Deutschen ins Lateinische übersetzen zu lassen, auch wenn die Methode sonst vielleicht effektiv sein mag. Was seinen Wissensstand betrifft, sollte dieser eigentlich schon fortgeschritten sein, wir üben gerade Partizipialkonstruktionen und Ähnliches, mit Sätzen wie „Marcus liebt Atia“, wäre er vermutlich unterfordert. Andererseits hat er noch massive Probleme mit den Zeiten und den verschiedenen Fällen, weswegen ich nicht weiß, ob es wirklich sinnvoll ist, ihn mit dieser schwierigen Aufgabenstellung zu konfrontieren. Ich denke, ich werde ihm wohl erst einmal keine Sätze vorgeben, die er übersetzen muss, auch wenn ich mir diesen Vorschlag für andere Schüler merken werde, sondern den Tipp von Channale beherzigen und ihn bitten, ein paar selbst kreierte Sätze niederzuschreiben. Vielleicht könnte ihm das sogar Spaß machen, in einfachen Worten über seine Erllebnisse zu erzählen.

Microonde, dein Vorschlag mit den Spielen gefällt mir recht gut. Ein Memory mit Vokabeln oder Formen wäre zwar mit mehreren Mitspielern deutlich spannender, aber vielleicht hat er auch alleine Freude daran und man könnte seine Motivation steigern. Eventuell könnte man ein ähnliches Spiel ja auch mit den Fremdwörtern entwerfen, indem man auf ein Kärtchen das Fremdwort, auf ein Anderes eine deutsche Worterklärung und auf das Dritte das lateinische Ursprungswort schreibt. Diese Spiele-Idee werde ich mir auf jeden Fall mal durch den Kopf gehen lassen. Hättest du vielleicht noch weitere Tipps in diese Richtung für mich? Welche Spiele habt ihr denn im Unterricht noch gemacht?

» Anemone » Beiträge: 1740 » Talkpoints: 764,26 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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